das gift wirkt 6 zehn jahre 11. september das parlament – nr. 35/36 – 29. august 2011 d er guerillakämpfer be- setzt das land, der terro- rist besetzt das denken. der terrorist okkupiert nämlich die schaltzentra- len der legislative und der exekutive, er verseucht den geist der ge- setze und verdirbt das vertrauen in den rechtsstaat. die islamistischen terroristen haben mit ihren attentaten die parlamente der demokratischen staaten dazu getrieben, grundrechte einzuschränken; sie haben de- ren sicherheitsorgane dazu verleitet, an der grenze und jenseits der legalität zu operie- ren; sie haben die rechtsstaaten dazu ge- bracht, ihre prinzipien in frage zu stellen. und sie tun es immer noch. terrorismus hat langzeitwirkung. beherrschender einfluss überall in den ländern der westlichen welt wurden und werden vergiftete paragraphen und geset- zesartikel produziert, rechtsstaatliche grundsätze geopfert, die privatsphäre der bürger missachtet. die terroristen sind zwar nicht, wie nach dem 11. september 2001 be- fürchtet, in atomkraftwerke und wasserver- sorgungsanlagen eingedrungen, nicht dort haben sie unheil angerichtet. sie haben es auf andere, subtil-gefährliche weise getan. sie nahmen beherrschenden einfluss auf die apparate und brain-trusts, in denen das recht produziert wird, sie veränderten die sicherheitsarchitektur grundlegend, sie ver- kürzten die freiheitsrechte, sie entwerteten das klassische strafrecht. der 11. september 2001 ist ein schreckensdatum. und die zehn jahre seitdem waren keine guten jah- re für die bürgerrechte. unter der herrschaft des terrorismus verän- dert sich das aufgeklärte strafrecht in funda- mentaler weise. um terroristen auf die spur zu kommen (die unauffällig als „schläfer“ unter der bevölkerung leben), wird die ge- samtbevölkerung subtil ausgeforscht – mit abhöraktionen, mit überwachungs- und datenspeicherungsmaßnahmen, mit der kontrolle der bankkonten, mit ausgeklügel- ten kontrollarrangements und datensamm- lungen, bei denen geheimdienste und poli- zei kooperieren und die darauf zielen, mo- bilität und informationsverhalten der bür- ger kontrollieren zu können. es wird national und international eine infrastruk- tur der überwachung etabliert. verändertes strafrecht vom normalen strafrecht wird mehr und mehr ein feind- strafrecht abgespalten, in dem dinge er- laubt werden, die ansonsten nicht erlaubt sind; und das verbleibende normale straf- recht verwandelt sich in ein gefahrenvor- beugungsrecht: je größer die gefahr ist oder erscheint, um so einschneidender werden die maßnahmen, die (auch gegen völlig un- verdächtige) ergriffen werden in der hoff- nung, so die gefahr zu bannen oder zu mi- nimieren; das führt etwa zur staatlich ange- ordneten speicherung aller telekommuni- kationsdaten auf vorrat, das führt zu immer umfassenderer kontrolle. das bundesver- fassungsgericht hat sich redlich bemüht, „stopp“ und „halt“ und „so nicht“ zu rufen – ohne den gesetzgeber wirklich zum um- denken zu bringen. in den längsten phasen der menschheitsge- schichte sind täter, die tatsächlich oder ver- meintlich die staatliche rechtsordnung oder ihre repräsentanten angegriffen ha- ben, als feinde und damit als rechtlos be- handelt worden. womöglich geht nun die kurze geschichte zu ende, in denen staaten auch ihre feinde dem recht entsprechend behandelten, und sich, auch deswegen, rechtsstaaten nannten. innere sicherheit wächst damit nicht. die garantien des straf- rechts sind keine garantien mehr, wenn sie gerade dann nicht mehr gelten sollen, wenn es darauf ankommt. wer nichts zu verbergen hat, der hat nichts zu befürchten: das ist der erste hauptsatz der inneren sicherheit. mit ihm begründen politiker in ganz europa jede neue maßnah- me, jedes neue gesetz. von jeder dieser neu- en maßnahmen und jedem dieser neuen gesetze hängt angeblich die zukunft der in- neren sicherheit ab: so war und ist es beim biometrischen personalausweis; bei der zentralen speicherung von klassischen und digitalisierten fingerabdrücken; bei der staatlich verordneten gesichtsvermessung; beim heimlichen abhören. wer nichts zu verbergen hat, der hat ja, angeblich, nichts zu befürchten – auch nicht bei der heimli- chen überwachung von telefonen, nicht bei der rasterfahndung, nicht bei der video- überwachung des öffentlichen raums, nicht bei der staatlichen speicherung von telefon- und internetdaten auf vorrat, wie dies in ganz europa üblich geworden ist. auch nicht bei der abfrage von kontodaten durch steuerbehörden, sicherheitsbehörden und sozialbehörden, und auch nicht beim zu- griff der geheimdienste auf private bank- konten, wie dies in deutschland zur terror- vorbeugung erlaubt worden ist. potenziell verdächtig seit dem 11. sep- tember 2001 ist die politik der westlichen welt dabei, ihre rechtsstaaten in präventi- onsstaaten umzubauen: das recht wird ver- dünnt, um so angeblich besser mit den glo- balen risiken fertig zu werden. die beruhi- gungsformel dabei lautet, wie gesagt: wer nichts zu verbergen hat, der hat nichts zu befürchten – allenfalls, ja nun, dass er, sein telefon oder sein konto ab und zu heimlich und „verdachtsunabhängig“ kontrolliert wird, insbesondere, wenn er nicht so aus- schaut oder sich nicht so verhält, wie sich ein polizist, ein grenz- oder verfassungs- schützer einen braven bürger vorstellen. es kann auch passieren, dass man ins schlepp- netz einer fahndung gerät, die im ungewis- sen nach daten und fakten fischt. aber sol- che kontrollen müsse man, meinen die po- litiker, im interesse von mehr innerer si- cherheit in kauf nehmen. im fürsorglichen präventionsstaat sind die grenzen zwischen unschuldigen und schuldigen, zwischen verdächtigen und un- verdächtigen aufgehoben. bisher hat das recht hier sehr genau unterschieden, bisher hat es beweise, konkrete fakten gefordert, um jemanden verdächtigen zu können. nun aber gilt jeder einzelne zunächst ein- mal als risikofaktor und muss es sich gefal- len lassen, dass er – ohne einen konkreten anlass dafür geliefert zu haben – „zur si- cherheit“ überwacht wird. wenn sich dann ergibt, dass der so beobachtete, registrierte, belauschte und geprüfte nicht gefährlich ist, wird er wieder zum bürger. bis dahin gilt jeder einzelne als potenziell verdächtig – so lange, bis sich durch die kontroll- und überwachungsmaßnahmen seine entlas- tung ergibt. bisher war das umgekehrt: wer keinen anlass für staatliches eingreifen ge- geben hatte, wurde in ruhe gelassen. jeder konnte also durch sein eigenes verhalten den staat auf distanz halten. umfassendes frühwarnsystem präventi- ve logik ist expansiv: wer vorbeugen will, weiß nie genug. deshalb wird der staat, im namen der sicherheit, immer mehr in er- fahrung bringen wollen – und immer wei- ter in die intimsphäre eindringen, um am tatort zu sein, bevor der täter da ist; um ein- zugreifen, bevor aus dem gedanken die tat geworden ist, ja schon bevor der gedanke daran manifest geworden ist; um also ge- walt gar nicht erst aufkommen zu lassen, um sie zu verhindern statt zu bestrafen. es geht der neuen politik der inneren sicher- heit vor allem darum, ein frühwarnsystem zu errichten – ein frühwarnsystem, das re- gungen potenzieller normabweichung auf- spürt, das auffälligkeiten registriert, das den terroristen wie den dieb erkennt, schon be- vor er sich entschließt, wirklich einer zu sein, das flächendeckend und umfassend daten einfängt und sicherheitshalber spei- chert, um daraus sicherheitsrelevante er- kenntnisse zu gewinnen. es werden, und das ist der preis dieses frühwarnsystems, ohne konkreten anlass und ohne konkreten anhaltspunkt, solche mittel (wie das heim- liche abhören oder heimliche kontrollen) potenziell gegen jedermann zum einsatz ge- bracht, die bisher im strafrecht nur gegen verdächtige möglich waren. weit im vorfeld einer straftat sollen also geringere anforde- rungen an den massiven grundrechtsein- griff gelten als dann, wenn der täter schon konkret zur tat angesetzt hat. wachsamkeit versprechen wir reden, wenn es um innere sicherheit geht, viel vom starken staat. wie sieht ein wirklich starker staat aus? ein starker staat ist der staat, der seine regeln verteidigt und nach ihnen han- delt, nicht der, der sie aufgibt. stark ist nicht der staat, der seinen bürgern mit einem ge- neralverdacht gegenübertritt und grundsätz- lich jedem misstraut. stark ist der staat, der weiß, dass die menschen- und bürgerrechte noch immer die besten garanten der inne- ren sicherheit sind. stark ist der staat, der seine prinzipien mit kühlem kopf und mu- tiger gelassenheit verteidigt. dieser staat muss seinen bürgern alle wachsamkeit ver- sprechen – und dieses versprechen halten. und er muss seinen bürgern die wahrheit sagen, dass er, bei aller wachsamkeit, risi- ken nicht ausschalten kann und den terro- rismus nicht ersticken kann. was dürfen die sicherheitsapparate? die si- cherheitsapparate eines polizeistaats dürfen alles, was sie können. die sicherheitsappa- rate eines rechtsstaats können alles, was sie dürfen. die sicherheitsapparate eines rechtsstaats dürfen und können ziemlich viel, aber das hat eine grenze. das galt vor dem 11. september 2001, und das muss auch nachher so sein. diese grenze zu zei- gen ist aufgabe der politik, die aufgabe der höchsten gerichte, die aufgabe der ganzen gesellschaft. und diese grenze zu befesti- gen – das ist prävention. heribert prantl ❚ der autor ist mitglied der chefredaktion der „süddeutschen zeitung“ und leitet das ressort innenpolitik. das gift wirkt innere sicherheit i demokratien dürfen ihre prinzipien trotz terrorgefahren nicht preisgeben – eine brandrede infrastruktur der überwachung: um möglichen attentätern auf die spur zu kommen, wird modernste technik eingesetzt. © picture-alliance/dpa nach dem 11. september 2001 wurden in deutschland zahlreiche gesetze verabschie- det, die auf den terroranschlag zurückgin- gen. eine übersicht. sicherheitspaket i nach dem 11. september reagierten bun- desregierung und parlament schnell: am 9. november 2001 wurde das religionsprivileg aus demvereinsrecht gestrichen und der pa- ragraf 129 b ins strafgesetzbuch eingefügt. damit ist die mitgliedschaft in und die un- terstützung von terroristischen vereinigun- gen auch dann strafrechtlich verfolgbar, wenn diese nicht in deutschland ansässig sind. gleichzeitig wurden tabak- und versi- cherungssteuer für sicherheitsaufgaben er- höht. terrorismus-bekämpfungsgesetz am 14. dezember 2001 verabschiede- te der bundestag ein zweites sicher- heitspaket. es sollte den informations- fluss zwischen un- terschiedlichen be- hörden verbessern und die kompeten- zen der sicherheits- behörden ausbauen, um etwa die einreise extremistischer straftäter nach deutschland zu verhindern. die verfassungsschutzbehör- den erhielten die möglichkeit, bei banken oder luftfahrtunternehmen kundendaten anzufordern.einteil der regelungen des ge- setzes war zunächst auf fünf jahre befristet. das terrorismusbekämpfungs-ergänzungs- gesetz, das am 10. januar 2007 im bundes- gesetzblatt verkündet wurde, verlängerte diese befugnisse um weitere fünf jahre. im juni 2011 hat sich die regierung auf ei- ne erneuteverlängerung deranti-terror-ge- setze um vier jahre verständigt (s. gastkom- mentare auf seite 2). dabei sollen die mög- lichkeiten, auskünfte über den postverkehr und postfächer einzuholen, auslaufen. gleichzeitig ist geplant, dass die geheim- dienste flugdaten künftig zentral bei den buchungssystemen der flugbetreiber abfra- gen dürfen und zudem auch kontostamm- daten anfordern können, ohne vorher die entsprechende bank befragen zu müssen. behördengründungen zum 1. mai 2004 wurden die aufgaben der zentralstelle für zivilschutz auf das neue bundesamt für bevölkerungsschutz und ka- tastrophenhilfe verlagert. das gemeinsame terrorismusabwehrzentrum in berlin nahm im dezember 2004 die arbeit auf und soll seither „analysespezialisten des bundeskri- minalamtes und des bundesamtes für ver- fassungsschutz“ zentral zusammenführen. eingebunden sind auch bundesnachrichten- dienst, die verfassungsschutzämter der län- der, die bundespolizei, das zollkriminalamt und der militärische abschirmdienst. luftsicherheitsgesetz am 15. januar 2005 trat das umstrittene luftsicherheitsgesetz in kraft. es sollte an- schläge wie den vom 11. september verhin- dern,indem es als letzte maßnahme denab- schuss einer gekidnappten maschine er- laubte. das bundesverfassungsgericht ent- schied am 15. februar 2006, dass diese ermächtigung nicht vereinbar ist mit dem grundgesetz. das gesetz ist damit nichtig. gemeinsame-dateien-gesetz am 1. dezember 2006 stimmte der bundes- tag dem gemeinsame-dateien-gesetz zu. dieses lieferte die grundlage zur schaffung einer gemeinsamen anti-terror-datei ver- schiedener ermittlungsbehörden. die datei enthält zusätzlich zu angaben wie namen, alter und geschlecht auch telefon- und bankverbindungen, religionszugehörigkeit und besuchte orte sowie angaben zu be- stimmten gruppierungen, die zur abwehr einer akuten gefahr weitergegeben werden dürfen. kritiker befürchten, dass so die grundgesetzlich gebotene trennung von po- lizei und geheimdiensten hinfällig wird. vorratsdatenspeicherung am 9. november 2007 wurde das „gesetz zur neuregelung der telekommunikations- überwachung und anderer verdeckter er- mittlungsmaßnahmen sowie zur umsetzung der richtlinie 2006/24/eg“ beschlossen,das die vorratsdatenspeicherung zuließ. damit wurden anbieter von telefondiensten ver- pflichtet, mindestens sechs monate lang verschiedene verbindungsdaten zu spei- chern und behörden für die strafverfolgung auskunft zu erteilen. im märz 2010 kippte das bundesverfassungsgericht die rege- lung;im juni 2011 stellte bundesjustizminis- terium sabine leutheusser-schnarrenberger (fdp) einen neuen entwurf vor, nach dem daten nur nach einem konkreten anfangs- verdacht gespeichert werden sollen. suk ❚ gesetze die usa sind heute ein anderes land als vor dem schicksalstag 2001. die bürger leben im gefühl, der nächste anschlag komme bestimmt; es sei nur eine frage der zeit. aber sie haben gelernt, mit der bedrohung umzugehen. wer regierungsgebäude oder museen in washington betreten will, muss taschen und rucksäcke für eine kontrolle öffnen und durch einen metalldetektor ge- hen. ähnliches gilt für die meisten öffentli- chen gebäude in new york und anderen millionen-städten. viele forschungsein- richtungen sind jetzt durch metallzäune ge- schützt. früher durfte zum beispiel jeder das gelän- de der national institutes of health betre- ten und befahren. dort wird unter anderem an gefährlichen viren geforscht. besucher haben weiter zutritt – darunter patienten aus allen landesteilen, die an seltenen oder schwerwiegenden krankheiten leiden und auf heilung durch neue therapien hoffen. sie müssen sich nun aber ausweisen, ihre autos werden auf sprengstoff untersucht. wer in die usa einreist, muss am flughafen seine fingerabdrücke und ein porträtfoto hinterlassen. wer abfliegt, muss bei der si- cherheitskontrolle die schuhe ausziehen. »live free or die« andererseits soll man sich die veränderungen durch 9/11 nicht zu umfassend und schon gar nicht flächende- ckend vorstellen. sie sind vor allem in den metropolen sichtbar und an orten, die schon immer einen höheren sicherheits- standard hatten wie flughäfen, regierungs- gebäude und militärische einrichtungen. der großteil amerikas ist davon nicht be- troffen. fern der hauptstadt washington und des finanzzentrums manhattan leben die bürger so unbesorgt wie eh und je. das capitol in concord, der hauptstadt new hampshires, kann man weiterhin ohne je- de kontrolle betreten, obwohl das parla- ment und der gouverneur dort ihren sitz haben. der neuenglandstaat ist generell eine trot- zige bastion der bürgerfreiheiten. „live free or die“, steht als wahlspruch auf den auto- kennzeichen. auch in cheyenne, wyoming, ist man stolz darauf, dass jeder ungehinder- ten zutritt zum capitol hat und dass die tür zum amtszimmer des gouverneurs offen steht. wer nicht nur new york und wa- shington, los angeles und san francisco besucht, sondern sich in die weiten der usa aufmacht, nach montana und north dako- ta, nach iowa und missouri, nach arizona und texas, der wird vom einfluss des terror- angriffs vom 11. september auf den alltag wenig spüren. joe average, der durchschnittsamerikaner, fühlt sich von der verschärfung der sicher- heitsgesetze, den erweiterten abhörmög- lichkeiten und der praxis der terrorabwehr persönlich nicht sehr stark betroffen. die meisten der 309 millionen einwohner glau- ben nicht, dass ihre telefonate und e-mails überwacht werden. ihre namen rutschen nicht versehentlich auf no-fly-listen, die sie am fliegen hindern. und sie haben kei- ne angehörigen in guantanamo. robuste abwehrmaßnahmen der rück- blick der amerikaner auf die letzten zehn jahre ist vergleichsweise milde. mag sein, dass ihr land aus heutiger sicht damals überreagiert hat. aber unter dem schock des anschlags konnte niemand wissen, wie groß die gefahr war. 9/11 war der erste an- griff auf amerikanisches territorium seit 60 jahren – seit dem überfall der japaner auf pearl harbor 1941. das wichtigste für die bürger ist, dass seit 2001 kein weiterer terroranschlag mit unzähligen toten in den usa gelungen ist. versuche dazu gab es, doch das land hatte glück: etwa in den weihnachtstagen 2009, als ein kenianer sprengstoff in seiner unterwäsche an bord eines us-flugzeugs von amsterdam nach detroit schmuggelte. oder am 1. mai 2010, als eine am new yorker times square depo- nierte autobombe nicht explodierte. für die zeit um den jahrestag 2011 warnen exper- ten vor angriffen auf züge und ölraffine- rien. deshalb hat eine mehrheit der bürger wenig dagegen einzuwenden, wenn der staat zu robusten abwehrmaßnahmen greift. ein teil der methoden, die bush ein- geführt hatte, erklärten gerichte später für rechtlich bedenklich. auch das bereitet den meisten bürgern wenig gewissensbisse. sie sehen darin vielmehr den beleg, dass ihr system von „checks and balances“ funktio- niert. anwaltsverbände und bürgerrechts- gruppen erzwangen diese korrekturen. die öffentliche stimmung der angst vor neuen anschlägen lebte freilich fort und auch der populismus der meisten abgeord- neten. sie stimmten 2006 lieber für ein neu- es gesetz zum umgang mit terrorverdäch- tigen, das immer noch eine reihe fragwür- diger bestimmungen enthielt, als sich dem vorwurf auszusetzen, sie seien „zu weich“ und „zu liberal“ bei der terrorabwehr. bei dieser feigheit der parlamentarier vor den bürgern ist es bis heute geblieben. sie ist das haupthindernis für präsident obamas plä- ne, guantanamo zu schließen. der kon- gress legte ihm immer neue hindernisse in den weg – und zwar nicht erst, seit die re- publikaner im november 2010 die mehr- heit zurück erobert haben. auch in den jah- ren 2006 bis 2010, in denen die demokra- ten das parlament dominierten, hatten die versuche, amerika von den überzogenen reaktionen auf 9/11 zu befreien, wenig er- folg. christoph von marschall ❚ der autor ist usa-korrespondent der zeitung „der tagesspiegel“. in die usa einreisende flugpassagiere müssen ihre fingerabdrücke abgeben. © picture-alliance/dpa © picture-alliance/dpa © picture-alliance/zb der nächste anschlag kommt bestimmt usa die bürger haben gelernt, mit der bedrohung umzugehen. ein land zwischen erhöhten sicherheitsstandards, populismus und freiheit