streit um gerechte ernte das parlament – nr. 4 – 23. januar 2012 der umgang mit sponsorengeldern für par- teien soll nach dem willen der bundestags- fraktionen gesetzlich geregelt werden. eine entsprechende übereinkunft wurde in der vergangenen woche im ältestenrat des par- laments erzielt. bundestagspräsident nor- bert lammert (cdu) hatte in seinem ende vergangenen monats vorgelegten parteienfi- nanzierungsbericht angeregt zu prüfen, ob eine gesonderte darstellung von sponso- ring-einnahmen in den rechenschaftsbe- richten der parteien zur erhöhung der transparenz beitragen könnte. rund 479 millionen euro wie aus dem als unterrichtung (17/8200) durch den bun- destagspräsidenten vorgelegten bericht über die rechenschaftsberichte 2008 und 2009 der parteien sowie über die entwicklung der parteienfinanzen hervor- geht, verzeichneten die sechs im deutschen bundestag vertretenen parteien im jahr 2009 gesamteinnahmen von zusammen rund 479 millionen euro. im jahr zuvor hatten sich die gesamteinnahmen von cdu, csu, spd, fdp, die linke und bünd- nis 90/die grünen noch auf rund 450 mil- lionen euro summiert. der unterrichtung zufolge kam die spd 2009 auf gesamteinnahmen in höhe von gut 173,32 millionen euro und damit auf ein plus von 3,47 prozent im vergleich zum vorjahr. die cdu erzielte laut bericht 2009 mit gesamteinnahmen von knapp 162,73 millionen euro einen anstieg um 9,97 pro- zent im vergleich zum vorjahr. die csu ver- buchte im jahr 2009 mit gesamteinnah- men von gut 41,97 millionen euro im ver- gleich zum jahr 2008 einen rückgang von 16,93 prozent. die fdp verzeichnete 2009 gesamteinnah- men in höhe von mehr als 43,25 millionen euro und damit eine steigerung um 35,49 prozent, wie aus der vorlage weiter hervor- geht. die grünen konnten den angaben zu- folge 2009 ihre gesamteinnahmen im ver- gleich zum vorjahr um 11,61 prozent auf gut 30,55 millionen euro steigern. die lin- ke erzielte 2009 laut bericht gesamteinnah- men in höhe von 27,26 millionen euro und damit ein plus von 8,24 prozent im vergleich zu 2008. wichtigste einnahmequellen die mit- glieds- und mandatsträgerbeiträge sowie die spenden und die mittel der staatlichen teilfinanzierung sind dem bericht zufolge durchgängig die wichtigsten einnahme- quellen der parteien: „sie umfassten im jahr 2009 bei den bundestagsparteien zwischen etwa 70 und 90 prozent der gesamteinnah- men“, heißt es in der unterrichtung. dabei entfielen von den gesamteinnahmen der cdu 2009 der unterrichtung zufolge 25,8 prozent auf staatliche mittel, 25,4 pro- zent auf mitgliedsbeiträge, 25,3 prozent auf spenden und 11,3 prozent auf mandatsträ- gerbeiträge. die gesamteinnahmen der csu kamen zu 27,9 prozent aus staatlichen mitteln, zu 22,3 prozent aus mitgliedsbei- trägen, zu 21,6 prozent aus spenden und zu 7,2 prozent aus mandatsträgerbeiträgen. bei den sozialdemokraten trugen die mit- gliedsbeiträge 2009 laut bericht zu 26,6 prozent der gesamteinnahmen bei, die staatlichen mittel zu 22,9 prozent, die man- datsträgerbeiträge zu 12,9 prozent und spenden zu 10,8 prozent. bei der fdp machten 2009 die spenden 37,4 prozent der gesamteinnahmen aus, die staatlichen mittel 29,2 prozent, die mit- gliedsbeiträge 18,1 prozent und die man- datsträgerbeiträge 6,0 prozent. von den gesamteinnahmen der partei die linke entfielen 39,3 prozent auf staatliche mittel, 36,6 prozent auf mitgliedsbeiträge, 10,6 prozent auf spenden und 9,9 prozent auf mandatsträgerbeiträge. von den gesamteinnahmen der grünen waren 36,3 prozent staatliche mittel, 19,6 prozent mitgliedsbeiträge, 18,7 prozent mandatsträgerbeiträge und 17,8 prozent spenden. helmut stoltenberg ❚ b rigitte pothmer hat mitge- zählt. die siebte debatte zum thema mindestlohn führe man nun in dieser legislatur- periode des bundestages, stellte die arbeitsmarktpoliti- sche sprecherin der grünen-fraktion fest. und es sei ein ergebnis dessen, dass heute nicht mehr darüber diskutiert werde, ob man einen mindestlohn brauche, sondern wie dieser umgesetzt werden könne, sagte pothmer in der debatte am vergangenen freitag. um das wie einer sol- chen umsetzung drehte sich folglich auch diese aussprache, denn es standen ein gesetzent- wurf der spd-fraktion (17/4665), ein antrag der grünen (17/7483) zur abschließenden und ein antrag der fraktion die linke (17/8026) zur ersten beratung an. alle drei vorschläge fanden keine mehrheit bei den koalitionsfraktionen, wurden demzufolge abgewiesen oder, wie der linken-antrag, zur weiteren beratung an den ausschuss für ar- beit und soziales überwiesen. gefahr für die tarifautonomie der uni- ons-arbeitsmarktexperte peter weiß (cdu) begründete die ablehnung seiner fraktion mit dem verweis auf die tarifautonomie. lohnpolitik gehöre nicht ins parlament, sondern müsse aufgabe der tarifpartner bleiben. eine aufgabe, die grundsätzlich in der vergangenheit auch zu guten ergebnis- sen geführt habe, sagte weiß. denn derzeit würden in deutschland vier millionen ar- beitnehmer in bereichen arbeiten, in denen mindestlöhne gelten, ausgehandelt von ar- beitnehmern, arbeitgebern und gewerk- schaften. „so viele mindestlöhne gab es noch nie in deutschland“, sagte weiß. die spd dagegen gehe mit ihrem entwurf einen anderen weg, der einen „misstrauensantrag gegen die ta- rifpartner“ darstelle. die spd- fraktion will mit ihrem gesetzent- wurf einen flächende- c k e n d e n mindestlohn von mindestens 8,50 euro brutto je stunde einführen. über die genaue höhe der lohn- untergrenze soll eine mindestlohnkommis- sion aus arbeitnehmer- und arbeitgeberver- tretern entscheiden; die 8,50-euro-grenze dürfe sie jedoch nicht unterschreiten. kön- ne sich die kommission nicht einigen, dann müsse das bundesministerium für arbeit und soziales einen mindestlohn festsetzen, heißt es in dem gesetzentwurf. eine aushöhlung der tarifautonomie sei keineswegs das ziel seiner fraktion, vertei- digte sich hubertus heil (spd). natürlich solle es weiter der regelfall bleiben, dass die tarifpartner die löhne aushandeln. den- noch „brauchen wir einen mindestlohn. es muss schluss sein damit, dass wir mit steu- ergeldern immer mehr armutslöhne aufsto- cken müssen“, sagte heil. den jüngsten cdu-parteitagsbeschluss, wonach lohnun- tergrenzen nur in den bereichen festgelegt werden sollen, in denen keine tarifverträge existieren, bezeichnete er als völlig unzurei- chend. denn die „berühmte thüringische friseurin“ bekomme trotz tarifbindung nur einen armutslohn, sagte heil. ähnlich argumentierte auch brigitte poth- mer. sie bemühte allerdings nicht die thü- ringische, sondern die sächsische friseurin als beispiel: „sie können diese frau doch nicht dafür bestrafen, dass sie in einer bran- che mit tarifbindung arbeitet“, empörte sich die grüne in richtung koalition. die grünen machen sich in ihrem antrag für einen allgemeinen mindestlohn stark, allerdings vermeiden sie, eine konkrete hö- he zu benennen. sie fordern, dass mindest- löhne durch eine unabhängige kommission festgelegt werden, um angemessene arbeits- bedingungen und faire wettbewerbsbedin- gungen zu schaffen. ursachenforschung ungewohnte einigkeit herrschte in einigen punkten zwischen der fdp und der linken. beide fraktionen war- fen der spd vor, für das rasante ansteigen des niedriglohnsektors seit ende der 1990er jahre verantwortlich zu sein. „da hat herr kolb recht. denn sie müssen sich schon die frage stellen, wer hat denn da regiert?“, frag- te der parteivorsitzende der linken, klaus ernst die spd. und auch in einem anderen punkt gab er seinem vorredner recht. der fdp-arbeitsmarktexperte heinrich kolb hatte zuvor darauf hingewiesen, dass auch ein stundenlohn von 8,50 euro nach 40 beitragsjahren nicht für eine rente oberhalb des grundsicherungsniveaus ausreiche. »grobe skizze« damit endeten dann aber auch die gemeinsamkeiten. denn während kolb den gesetzentwurf der spd als „hinge- schmiert“ und den grünen-antrag als eine „grobe skizze“ und als „nicht der rede wert“ abkanzelte, bezeichnete er den vorschlag der linken gar als „abgedreht“. diese fordert in ihrem antrag nämlich die einführung ei- nes gesetzlichen mindestlohns von 10 euro pro stunde noch in dieser wahlperiode. ab- wegig ist das für die fraktion allein schon aus rentenpolitischen gründen nicht. so rechnete klaus ernst vor, dass ein solcher stundenlohn nötig wäre, um später 684 euro rente zu bekommen. eine summe, die auch nur knapp oberhalb der grundsiche- rung liege. claudia heine ❚ lohnuntergrenze union und fdp lehnen vorschläge der opposition nach bundesweiter regelung ab streit um gerechte ernte schutz von biopatenten recht die bundesregierung soll sich für ei- ne konkretisierung und änderungen der biopatentrichtlinie einsetzen. das fordern die koalitionsfraktionen der cdu/csu und fdp sowie die fraktionen der spd und bündnis 90/die grünen in einem gemein- samen antrag (17/8344). in einer halbstündigen plenardebatte ver- gangenen donnerstag im bundestag legten die vier fraktionen ihren standpunkt dar. klarzustellen sei unter anderem, dass keine patente auf konventionelle züchtungsver- fahren, mit diesen gezüchtete landwirt- schaftliche nutztiere und -pflanzen sowie deren nachkommen und produkte erteilt werden. soweit die europäischen vorgaben abweichungen im nationalen patentrecht zuließen, sei zu diesen zwecken auch eine änderung des deutschen patentgesetzes notwendig. für den wissenschaftsstandort deutschland sei die möglichkeit, erfindun- gen durch patente zeitlich befristet zu schüt- zen, von großer bedeutung. die linksfraktion hingegen forderte die bundesregierung auf, ein weltweites, konse- quentes verbot der patentierung von leben durchzusetzen, unabhängig davon, ob es sich um klassische oder gentechnische ver- fahren handelt. zur gentechnik in der landwirtschaft lasse der antrag fragen of- fen, hieß es. abschließend wurde interfrak- tionell die überweisung der vorlage an den federführenden rechtsausschuss sowie vier mitberatede ausschüsse vereinbart. ver ❚ debatte über hasskriminalität strafrecht menschenverachtende ziele von tätern sollen strafverschärfend berück- sichtigt werden. das fordert die spd-frakti- on in einem antrag (17/8131), der vergan- genen donnerstag thema im plenum des bundestags war. insbesondere rassistische oder fremden- feindliche beweggründe und ziele eines tä- ters müssen nach ansicht der sozialdemo- kraten strafverschärfend berücksichtigt wer- den. das strafrecht müsse deutlicher als bis- her zum ausdruck bringen, dass die gesellschaft straftaten nicht duldet, die sich gegen personen richtet allein oder vorwie- gend wegen ihrer politischen einstellung, nationalität, hautfarbe, religion, weltan- schauung oder aufgrund ihres äußeren er- scheinungsbildes, ihrer behinderung, ihrer sexuellen orientierung oder ihres gesell- schaftlichen statuts. derartige straftaten wiesen im vergleich zu sonstigen gewaltta- ten einen erhöhten unrechtsgehalt auf, be- tonten die sozialdemokraten. die mordserie der zwickauer terrorzelle lie- ferte der spd-fraktionen in der plenarde- batte argumente für die verschärfung des strafrechts. die linksfraktion hingegen lehnt den gesetzentwurf in dieser form ab. sie fürchtet eine missbräuchliche verwe- nung der gesetzesbestimmungen. auch die fdp-fraktion sprach sich gegen den antrag aus. für eine diskussion des antrags im rechtsausschuss plädierte die fraktion bündnis 90/die grünen. die cdu/csu- fraktion hingegen will sich der überprü- fung des aktuellen strafrechts nicht ver- schließen. es müsse aber geprüft werden, ob es sich bei einer gesetzesänderung nicht nur um ein symbolisches gesetz handele. im anschluss an die halbstündige ausspra- che wurde interfraktionell die überweisung des antrags zur beratung in den rechtsaus- schuss sowie in den innenausschuss be- schlossen. ver ❚ »so viele mindestlöhne gab es noch nie in deutschland« peter weiß (cdu) ©bundestag/frankossenbrinck regelung zu sponsorengeldern geplant rechenschaftsberichte einnahmen der bundestagsparteien 2009 insgesamt gestiegen wer glaubt, abgeordnete hätten den bezug zu den alltagsproblemen der bürger verlo- ren, der wurde während der debatte über die sozialen bürgerrechte eines besseren be- lehrt. am vergangenen donnerstag debat- tierte der bundestag über einen antrag (17/7032), mit dem die grünen-fraktion mehr rechte für nutzer von sozialleistun- gen durchsetzen will. und gleich ihr erster redner, markus kurth, hatte mehrere bei- spiele aus dem alltag parat, um zu illustrie- ren, wie diese rechte oft missachtet werden. er berichtete etwa von einem einbeinigen, dem die sozialbehörden die finanzierung einer prothese verweigerten, woraufhin es zu einem 15monatigen rechtsstreit kam. sozialleistungsträger befänden sich auf ei- nem gefährlichen weg in die rechtlosigkeit, beklagte kurth deshalb. „die verweigerung von leistungen gehört zum system“, fügte der sozialpolitiker hinzu. hier habe es in den vergangenen jahren eine „dramatische zunahme“ gegeben. bürger würden zu bitt- stellern und die leistungsfähigkeit der sozi- alsysteme werde geschwächt. bessere beratung bündnis 90/die grünen fordern deshalb einen gesetzentwurf, der die verfahrens-, leistungs- und partizipati- onsrechte der nutzer sozialer leistungen stärkt. ferner solle der beratungsanspruch gegenüber leistungsträgern verbessert und vorhandene beratungsstrukturen zu einer trägerunabhängigen beratungsinstanz wei- terentwickelt werden. leistungsberechtigte sollten einen rechtsanspruch auf aufstel- lung eines hilfeplanes erhalten. bezogen auf das sozialprozessrecht verlangen die abgeordneten, die sozialgerichtsbarkeit als eigenständigen gerichtszweig zu erhalten. für die union dokumentiert der vorstoß „eine gewisse themennot der grünen“. ei- nen dringenden handlungsbedarf könne er nicht erkennen, betonte johann wadephul (cdu). bei mehr als 3.000 paragrafen in den sozialgesetzbüchern sei nicht für jeden fall eine „wasserdichte lösung“ zu finden. pascal kober (fdp) sagte, es sei wichtig, so viele menschen wie möglich aus der abhän- gigkeit des sozialstaates zu befreien. außer- dem müssten die mitarbeiter der behörden etwa durch entsprechende ausbildungs- chancen besser unterstützt werden. „wenn wir über soziale bürgerrechte disku- tieren, dann geht es darum, dass menschen nicht bittsteller sind“, betonte anette kram- me (spd). hier gebe es tatsächlich „verbes- serungsbedarf“. sie unterstützte die vor- schläge für eine bessere beratung und den erhalt einer eigenen sozialgerichtsbarkeit. matthias w. birkwald (die linke) betonte: „ein würdevolles leben kann der mensch nur in freiheit führen“. damit meine er aber nicht die freiheit der märkte, sondern eine freiheit, die vor staatlicher willkür schützt. denn die freiheit der armen, sich als bitt- steller an den staat zu wenden, sei eine „würdelose freiheit“. ohne soziale rechte blieben freiheit und würde nur eine mög- lichkeit, die viele sich hierzulande nicht leisten könnten. che ❚ »die bürger sind keine bittsteller« sozialgesetze grüne wollen rechtsanspruch der leistungsempfänger stärken >stichwort > mindestlöhne gibt es derzeit in elf branchen, unter ande- rem in der abfallwirtschaft, dem dachdeckerhandwerk, bei den gebäudereinigern und der zeitarbeit. > im niedriglohnsektor arbeiten 6,5 millionen menschen. die niedriglohngrenze liegt bei 9,50 euro (west) und 6,87 euro (ost) pro stunde. 40 prozent der niedrigverdiener ha- ben ein einkommen unter der armutslohngrenze. 2,1 mil- lionen bürger erhalten weniger als sechs euro je stunde. > die opposition macht unterschiedliche vorschläge. die spd plädiert für einen flächendeckenden mindestlohn von 8,50 euro pro stunde, die grünen wollen die höhe von ei- ner kommission bestimmen lassen und die linke verlangt einen gesetzlichen mindestlohn von zehn euro pro stunde. mindestlohn – ende der debatte nicht in sicht ©picture-alliance/dpa innenpolitik4 millionen arbeitnehmer arbeiten für niedriglöhne, oft unterhalb der armutsgrenze. alle parteien wollen dies ändern – jede auf einem anderen weg. undurchsichtiger paragrafendschungel ©picture-alliance/dpa