der großdenker 13das politische buchdas parlament – nr. 28 bis 30 – 7. juli 2014 s ie wolle „einfach erzählen“, schreibt marianne birthler am an- fang ihrer erinnerungen „halbes land. ganzes land. ganzes le- ben.“, als sie von ihren – nicht untypischen – zweifeln an ihrem vorhaben berichtet, ei- ne „politische biographie“ zu schreiben. tatsächlich liest sich das ihren enkelkin- dern gewidmete buch so, als würde ihnen die großmutter erzählen, was sie erlebt hat in der vor fast 25 jahren untergegangenen ddr und im wiedervereinten deutschland: birthler schreibt mit unprätentiöser offen- heit, unterhaltsam und nachdenklich, kri- tisch und selbstkritisch; der bogen reicht von familiären alltagsgeschichten über dis- sidenten-porträts bis hin zur großen politik. da hat diese frau, 1948 in berlin geboren, eine ganze menge zu berichten: von den jahren in der opposition gegen das sed-re- gime etwa mit bürgerrechtsaktionen und stasi-repressionen, die schließlich 1989 in die friedliche revolution und den mauerfall mündeten, oder von ihren monaten als volkskammer- und bundestagsabgeordnete 1990. sie war erste bildungsministerin des wiedergebildeten landes brandenburgs, bis sie 1992 im zusammenhang mit den stasi- kontakten ihres damaligen regierungschefs manfred stolpe (spd) zurücktrat; sie war zwei jahre lang vorsitzende der frisch fusio- nierten bündnisgrünen und schließlich von 2000 bis 2011 bundesbeauftragte für die stasi-unterlagen – stationen mit ihren je ei- genen auseinandersetzungen, siegen und niederlagen, die auch ein stück jüngster deutscher zeitgeschichte widerspiegeln. nicht minder interessant nimmt sich birth- lers rückblick auf ihre ersten lebensjahr- zehnte aus, in denen sie noch nicht in öf- fentlichen funktionen wirkte. da berichtet sie etwa von der 15-jährigen marianne, die ihre tagebücher verbrannte aus furcht, sie könnten in die hände der stasi gelangen. sie schreibt von lehrern, die als „gedan- kenpolizisten“ bekenntnisse zum sozialis- mus erwarteten, und von solchen, die „klei- ne inseln der angstfreiheit schufen“. sie schildert, wie sie sich als jugendliche, vor die wahl zwischen fdj und kirchengemein- de gestellt, für letzere entschied. mit knapp 26 jahren dreifache mutter, brandmarkt sie die „militaristische erziehung“ staatlicher kindergärten, die der tochter erspart blieb, auch wenn der tägliche besuch des sechs ki- lometer entfernten kirchlichen kindergar- tens „etwas umständlich“ war“. persönliche einblicke so entsteht nicht nur ein bild der ddr und ihres untergangs, sondern auch das einer frau, die ein selbst- bestimmteres leben anstrebte als vom staat gewollt, und die auch im vereinten deutschland einmischen als bürgertugend versteht. dabei gibt marianne birthler auch sehr persönliche einblicke in ihr seelenle- ben, die im politischen geschäft eher unüb- lich sind – etwa wenn sie beschreibt, wie ihr die knie weich wurden, als sie am 4. no- vember 1989 auf dem berliner alexander- platz vor hunderttausenden demonstran- ten reden sollte, oder wenn sie die frustrier- te bilanz ihrer zeit an der spitze der bünd- nisgrünen mit den worten „nie wieder ein parteiamt!“ beschließt. politiker, erkennt der leser, sind keine übermenschen, und engagement kein vorrecht eines arrivierten establishments. auch das macht diese bio- grafie lesenswert. helmut stoltenberg ❚ selbstbestimmter als vom staat gewollt biografie marianne birthlers lesenswerter rückblick auf ddr und einheit a n superlativen über max we- ber hat es nie gemangelt. der philosoph karl jaspers titu- lierte den ihm vertrauten denker 1932 als „größten deutschen unseres zeitalters“ und „galilei der geisteswissenschaften“. zwei- fellos gilt der nationalökonom und mitbe- gründer der soziologie, der am 21. april 1864 vor 150 jahren in erfurt geboren wurde, bis heute als einer der wirkungsmächtigsten geis- tesgrößen deutschlands. der mann großbür- gerlicher herkunft wurde zum sezierer des verglimmenden bürgertums an der wende zum 20. jahrhundert und der sich entwickeln- den modernen industriegesellschaft. seine thesen zum kapitalismus als „stählernem ge- häuse der hörigkeit“, die worte über politik als „bohren harter bretter“, seine gegenüber- stellung von „verantwortungs- und gesin- nungsethik“ oder sein wort von der „entzau- berung der welt“ durch den rationalismus finden sich auch heute in vielen vorträgen. es gab zeiten, da hatte weber seinen platz im kanon der großen deutschen denker verlo- ren.nach1945unterdemeinflusseinerwest- deutschen soziologie, die sich im zuge der „reeducation“ auf us-wissenschaftler bezog undverschärftimzugeder1968errevolte,als der großbürgerliche bei linksorientierten so- ziologen als reaktionärer karl-marx-antipode galt. mit seiner these über „charismatische politiker" mutierte er gar zum ideologischen vorbereiter faschistischen führerkults. solche verrenkungen sind heute vorbei. aus anlass des runden geburtstags max we- bers, der 1920 in münchen mit nur 56 starb, sind in deutschland zwei neue biografien er- schienen. im zentrum der aufmerksamkeit steht das 1000-seiten-werk des emeritierten marburger soziologen dirk kaesler, der sich seit jahrzehnten mit max weber beschäftigt. zu erwähnen ist auch die nur halb so große biografie des feuilletonredakteurs der „frank- furter allgemeinen zeitung“, jürgen kaube („max weber. ein leben zwischen den epo- chen.“ rowohlt, 496 s., 26,93 euro). beide werke müssen sich messen mit der biografie des historikers joachim radkau von 2005, der sich mit der erotischen welt max webers beschäftigte und dessen leben als selbstbe- freiung von zwängen interpretiert hatte. sein werk ist jetzt überarbeitet wiederaufgelegt worden („max weber. die leidenschaft des denkens.“ dtv, 927 s., 19,90 euro). familiengeschichte kaesler taucht tief in die familiengeschichte der webers und die welt deutscher städte und bürger der kaiserzeit ein, um das leben des universalgelehrten zu erklären. alle details bei max weber und sei- nerfamiliewerdenaberimübermaßserviert, so dass der leser erst nach über einem drittel des buches bei webers erster professur mit 29 jahren angelangt ist. bis dahin beschreibt derautoreinebürgerlichegroßfamiliemitei- nem nationalliberalen vater, einer reichen mutter und einem hochbegabten, lesewüti- gen sohn, der in der akademischen welt schnell hochsteigt. er heiratet die wohlhaben- de marianne schnitger, mit der er eine „ka- meradenehe“ lebt. ein glücksfall für max we- ber, denn diese frau kann (mit seiner mutter) webers leben finanzieren, als er wegen einer nervenkrise seine lehrtätigkeit an der univer- sität heidelberg 1898 aufgeben musste. wie im untertitel beschrieben, fokussiert sich der autor bei weber auf die aspekte preuße, denker, muttersohn bei max weber. der preuße: das war der im preußischen er- furt geborene weber nur eingeschränkt. ge- wiss stand er dem nach 1871 aufstrebenden deutschen macht- und nationalstaat unter preußens führung positiv gegenüber. aber er hatte auch eine hassliebe zu bismarck und nur verachtung für kaiser wilhelm ii. übrig. und er führte sein leben in freiburg und heidelberg im liberalen baden, dann in wien und münchen, aber nicht in preußen. der denker: da gehört er gewiss zu den gro- ßen. seine these, wonach die protestanti- sche askese-ethik erfolg in der wirtschaft bringe, machte ihn weltberühmt. kaesler hält diese these für längst widerlegt. mit journalistischen beiträgen vor allem am en- de der kaiserreichs zur demokratischen neuordnung deutschlands hat weber bis zuletzt wichtige geistige impulse gegeben. der muttersohn: kaesler hält von den prä- genden frauen webers mutter helene für die bedeutendste. sie ist sein halt im leben und mit ihrem erbe finanziert sie wesent- lich webers existenz als privatgelehrter nach seiner erkrankung. seine ehefrau marianne befestigt den ruhm webers nach dessen tod als herausgeberin seiner vielen fragmenta- rischen schriften. mit webers geliebten, mi- na tobler und else jaffé, bilden die drei frauen nach seinem tod eine art „vereh- rungsgemeinschaft“. die lektüre der monumentalbiografie erfor- dertvieldisziplin.manmusssichdurchüber- lange briefe mit oft wenig aussagekraft durch- wühlen. irritierend wirken manche zeitgeist- geprägte wertungen über „nationalismus“ und „rassismus“ bei weber, wie auch die hin- geschnodderte bemerkung, das deutsche kai- serreich habe den ersten weltkrieg „angezet- telt“. trotz aller materialfülle und mancher unwucht von nebensächlich- und wichtig- keiten hat kaesler aber eine sehr informative biografie über max weber geschrieben. am ende des ersten weltkriegs versucht sich weber als politiker – als mitgründer der libe- ralen deutschen demokratischen partei, als sachverständiger bei den versailler verhand- lungen, als zeitungspublizist. vergebens. kaesler: „im scheitern an der entwicklung ei- ner einheit seiner person lag die selbst emp- fundene tragik des seit jahrzehnte kranken und zugleich so streitbaren mannes.“ was kann uns max weber heute noch sagen? da ist zurückhaltung angesagt, denn all sein wirken war auf die erklärung einer welt vor über 100 jahren ausgerichtet. gleichwohl ragt ein solcher universaldenker immer in die ge- genwart hinein. scharfsichtig hat er die kon- flikte seiner zeit wie zwischen beharrenden politischen ordnungen und sich entfesseln- dem kapitalismus erklärt. die forschung hat aber stets auf die widersprüche und unerklär- lichkeiten webers verwiesen. so resümiert auch kaesler: „wir verabschieden uns von der vorstellung, es gebe eine sichere wahrheit über ihn und sein leben.“ hans krump ❚ der großdenkerbiografie dirk kaesler hat das faszinierende leben des vor 150 jahren geborenen max weber breit durchleuchtet marianne birthler: halbes land. ganzes land. ganzes leben. erinnerungen hanser-verlag, münchen 2014; 432 s., 22,90 € r ichard van emden ist nicht nur ein bekannter britischer histori- ker, journalist und experte für den ersten weltkrieg. er ist auch der enkel einer deutschen, die in den 1930er-jahren nach großbritannien zog und dort bis zu ihrem tod blieb. für das neueste werk des autors ist diese biografi- sche komponente nicht unbedeutend, auch wenn er sie am ende lediglich mit einem fo- to der besagten großmutter würdigt und ansonsten nicht weiter darauf eingeht. in „mit dem feind leben. alltag im ersten weltkrieg“ geht van emden der frage nach, welche auswirkungen dieser erste große krieg des 20. jahrhunderts auf den einzel- nen hatte, auf das zusammenleben von freund und feind im alltag, hinter und abseits der front. was geschah zum beispiel mit engländerinnen, die mit einem deut- schen verheiratet waren, oder mit deut- schen, die zum zeitpunkt des kriegsaus- bruchs 1914 schon jahrzehnte in großbri- tannien gelebt haben? was passierte mit menschen, die ganz harmlos als touristen unterwegs waren und sich plötzlich im feindlich gewordenen ausland wieder- fanden? dabei geht es emden nicht darum, das kriegsgeschehen in die zweite reihe zu ver- bannen. natürlich begibt er sich auch in die berüchtigten schützengräben auf beiden seiten der frontlinie, schildert nicht nur den berühmten „weihnachtsfrieden“ von 1914, sondern auch die weniger bekannte, weihnachtsruhe ein jahr später. trotz sol- cher gesten wird klar, dass es nichts zu be- schönigen gibt und dass die beziehung zwi- schen deutschen und briten auch von hass, mord und vergeltung geprägt waren. van emden gelingt es, die richtige balance zu finden und ganz in der tradition britischer wissenschaftler ein stilistisch brillantes werk zu komponieren, geschichte in form von geschichten lebendig werden zu lassen. deutscher aus versehen „krieg bedeutet immer widersprüchlichkeit, irrsinn, chaos. er macht das außergewöhnliche zur norm und liefert die bühne für die unwahrschein- lichsten szenarien“, schreibt van emden. die geschichte eines britischen dozenten an der münchner universität ist nur eine der grotesken episoden, die van emden in archiven ausgegraben hat. dieser dozent nämlich wurde, lange vor kriegsbeginn, in den bayerischen staatsdienst übernommen und glaubte irrtümlicherweise, dass dies auf seine britische staatsbürgerschaft keinen einfluss besitze. er hätte jedoch beim briti- schen konsulat die beibehaltung seiner na- tionalität beantragen müssen. so erlosch diese. „offenbar bin ich seit 1912 kein bri- tischer staatsbürger mehr“, notiert er drei jahre später trocken. überhaupt nahm er die sache offenbar nicht so tragisch und so war es für ihn bürgerpflicht, nun auf deut- scher seite in den krieg zu ziehen – wäh- rend ihm sein bruder als brite auf der ande- ren frontseite gegenüberstand. van emden berichtet aber auch von der schwierigen situation von mit deutschen verheirateten engländerinnen, die mit der heirat automatisch ihre britische staatsbür- gerschaft verloren und 1914 plötzlich als ehefrauen feindlicher ausländer im ge- fängnis landeten. auch konnte es sein, dass gebürtige deutsche mit britischem pass und wohnsitz in deutschland sich unversehens unter spionageverdacht im internierungsla- ger wiederfanden. van emden geht es vor al- lem um solche „erlebnisse jener, die die last des krieges mit all seiner grausamen ungerechtigkeit zu tragen hatten“. das lässt den krieg nicht in einem neuen, aber doch anderen licht erscheinen. claudia heine ❚ und plötzlich ist man ein spion alltag im krieg wie briten und deutsche die last des ersten weltkrieges tragen richard van emden: mit dem feind leben. alltag im ersten weltkrieg. hoffmann u. campe, hamburg 2014; 432 s., 22,90 € g renzen trennen und verbinden gleichermaßen. sie sind flie- ßend und doch fest. sie geben bewegungsspielräume vor und grenzen ihn gleichzeitig ein. sie sind eine feste konstante der menschlichen ge- schichte, deren funktionen sich in tausen- den von jahren nicht geändert haben. des- halb widmet der politikwissenschaftler wil- fried von bredow ihnen sein buch „gren- zen. eine geschichte des zusammenlebens von limes bis schengen“. „die menschen haben schon immer großen wert darauf gelegt, ihr territorium zu mar- kieren“ schreibt von bredow. dabei ging es immer um schutz durch symbolische und reale macht sowie um das einbeziehen und das ausschließen von menschen diesseits und jenseits der grenzen. letzteres spielte immer auch eine große rolle für die identi- tät der eigenen gruppe. staatenbildung die ersten grenzen entwi- ckelten sich aus revieren zum jagen und sammeln und seien noch relativ offen ge- wesen. mit dem beginn der sesshaftigkeit wurden die reviere kleiner, dafür aber deut- licher markiert. in der modernen staaten- welt wurden grenzen immer wichtiger, so von bredow, denn jetzt dienten sie nicht nur als markierung eines territoriums, sondern auch der kennzeichnung dieses territori- ums als staat. mit dem nationalismus wurden grenzen außerdem zu trennlinien zwischen natio- nalen identitäten. mit dem ende des kalten krieges und der globalisierung seien gren- zen zwar poröser geworden, siehe schen- gen-raum. der 11. september 2001 habe diese tendenz jedoch wieder gestoppt. „grenzen fungieren als schlüsselkonzept politischen handelns“, schreibt er. wilfried von bredow vermittelt einen guten überblick über geschichte, sinn und zweck sowie den wandel von grenzen im laufe der zeit. dabei geht er auch über die rein geografischen aspekte hinaus, beleuchtet zum beispiel „grenzgänger“ wie schmugg- ler oder die ambivalenz von hüben und drüben. besondere aufmerksamkeit erhal- ten deshalb die „hybriden grenzen“ wie die amerikanisch-mexikanische grenze, an der die kulturellen unterschiede langsam ver- schwinden. die texte sind gut zu lesen und werden von vielen anschaulichen bildern flankiert. auf diesen sind beispiele für grenzen aus aller welt zu sehen, welche die entwicklung, die vielfältigkeit, aber auch die brutalität und zufälligkeit von grenzen optisch gelungen verdeutlichen. julian burgert ❚ marken der macht geschichte grenzen im wandel der zeit wilfried von bredow: grenzen. eine geschichte des zusammenlebens von limes bis schengen. theiss verlag, darmstadt 2014; 208 s., 39,95 € v on neugier getrieben, den osten europas zu erkunden, ist die amerikanerin marci shore zu lan- gen reisen aufgebrochen und hat erlebnisse mitgebracht, die mehr sind als die grundlage für ihre geschichtswissen- schaft. in ihren aufzeichnungen mit dem titel „der geschmack von asche“ kommt shore zu der erkenntnis, dass es nicht reicht, eine mauer zu brechen, einen kom- munistischen staatenblock abzuschaffen, in die westliche konsumwelt einzutauchen und reisefreiheit zu erleben, um auch die gedanken- und verhaltensmuster der men- schen in der „welt danach“ abzulösen. im- mer bleibt etwas, manchmal nostalgie, oft gewohnheit, auch überzeugung und die wurzeln der erziehung. gehorsame kinder der restkommunis- mus in den köpfen der menschen ist nicht gut oder böse, sondern eine tatsache, mit der umzugehen und die zu verstehen sich die historikerin zur aufgabe gemacht hat. der reiz dieses buches liegt in den persön- lichen illustrationen einer jungen frau, die tagebuchähnlich den alltag von tschechen oder polen, slowaken oder rumänen skiz- ziert. shore erzählt von ihren begegnungen mit menschen, für deren schicksal sie sich authentisch interessiert: für ihre sorgen, ih- re art, das leben zu meistern, ihre jobs, fa- milien, begabungen, freuden und krisen. hin und wieder lugen intellektuelle analy- sen durch die zeilen, dann setzt sich jedoch schnell wieder die facettenreiche erzählung durch, geprägt von persönlichen erfahrun- gen, auch trostlosen erlebnissen, denn vie- le menschen in den postkommunistischen staaten tragen ein politisches trauma mit sich herum, sind auch jahre und jahrzehn- te nach dem umbruch ende der 1980er jah- re noch verunsichert, in gewissem sinne heimatlos und suchen nach einer zukunfts- festen, neuen identität. mitte der 1990er jahre übernimmt shore in einer böhmischen stadt eine stelle als eng- lischlehrerin und schildert, wie die kinder strammstehen und sie mit „frau professor“ ansprechen, früher hieß es „frau genossin“. shore schreibt: „man hatte den unterricht zwar von kommunistischem gedankengut bereinigt, aber ein gewisser totalitarismus oder vielmehr das durchdringende gefühl allgemeiner beschränkung bestand nach wie vor.“ als der winter durchbricht, steht die junge frau entwaffnet vor einer schar frierender kinder, die ihre warmen stiefel den vorschriften gemäß in der unbeheizten schule gegen hausschuhe ausgetauscht ha- ben. die lehrerin empört sich über den skandal, und die schulleitung empört sich über die junge frau, die es gewagt hat, die regeln zu ändern. keine frage: ein buch zum nachdenken. claus peter kosfeld ❚ das frieren in den köpfen geschichte aufzeichnungen über den umbruch in osteuropa marci shore: der geschmack von asche. das nachleben des totalitarismus in osteuropa. verlag c.h. beck, münchen 2014; 376 s., 26,95 € max weber, aufgenommem am rande einer tagung 1917 auf burg lauenstein ©picture-alliance/akg-images dirk kaesler: max weber – preuße, denker, muttersohn. eine biographie c.h. beck verlag, münchen 2014; 1.007 s., 38 € weiterführende links zu den themen dieser seite finden sie in unserem e-paper