wut auf alles urknall in teheran nahost peter scholl-latour über den »fluch der bösen tat« sag, wie hältst du es mit putin? peter scholl- latour, der im august 90-jährig verstarb, hat- te dazu eine eindeutige haltung. mag man russlands präsidenten als expansionssüchti- gen autokraten oder als glühenden patrioten einordnen, selten sei ihm ein „dümmerer ausdruck“ begegnet, als der vorwurf, ein „putin-versteher“ zu sein. „der fluch der bösen tat“ ist der titel des letzten werks des unermüdlichen welterkun- ders. ob ukraine, syrien oder irak – das heil- lose durcheinander ethnischer, religiöser und ideologischer konflikte ordnet scholl- latour gewohnt souverän in historischen analysen ein, unterfüttert durch den augen- schein und die wiedergabe seiner gespräche mit akteuren. seine these: solche konflikte sind immer auch teil eines „great game“, eines „versteckspiels der weltpolitik“ – und so mancher faden des knäuels führe in den westen. kette des versagens „utopisch“ mutet für scholl-latour die vorstellung einer demokra- tischen neuordnung des orients an. eine kette des versagens und des wunschdenkens durchziehe die interventionen des westens – angefangen von den grenzziehungen der kolonialmächte nach dem ersten weltkrieg bis hin zum irak-krieg. als „fluch der bösen tat“ gilt ihm der sturz des iranischen regie- rungschefs mossadeq im jahre 1953 mit der hilfe der usa: „hier fand der urknall statt für die endlose und tragische gegnerschaft“ zwischen teheran und washington. immer wieder kommt der autor auf die spaltung der islamischen welt zurück, die er in eine „alte todfeindschaft zwischen des ka- lifats der omayyaden und der abbassiden“ einbettet. so gesehen erscheint der krieg in syrien und im irak im lichte eines alten reli- giösen bruderzwistes, als versuch sunnitisch geprägter länder eine „schiitische landbrü- cke“ zwischen levante und persischem golf zu verhindern. kritiker haben scholl-latour oft einen kalten blick vom feldherrenhügel vorgeworfen. in seinem letzten werk zeigt er sich als ein dem orient zutiefst zugewandter beobachter, der weniger „westliches wunschdenken“ und mehr „psychologisches einfühlungsvermö- gen“ in mentalität und geschichte der ande- ren einfordert. alexander heinrich t peter scholl-latour: der fluch der bösen tat. propyläen, berlin 2014; 252 s., 24,99 € 10 das politische buch das parlament - nr. 52 - 22. dezember 2014 d er junge ist sechs, als die probleme beginnen. in der 1. klasse der grund- schule soll jeder schüler sagen, wie er heißt, wo- her er kommt und was die eltern machen. yehya, sohn palästi- nensischer kriegsflüchtlinge, geht nach vorne und sagt wahrheitsgemäß über seine eltern: „die arbeiten nicht.“ die lehrerin beginnt zu schimpfen und erklärt dem jungen, dass alle eltern arbeiten müssten und seine eltern den anderen damit quasi das geld wegnähmen. der grundschüler ist geschockt, und sein vater will die sache klären. die antwort der pädagogin lautet: „lernen sie erst mal deutsch, herr e., und kommen sie dann wieder.“ nun ist auch der vater geschockt. rund 17 jahre später, in einer persönlichen erklärung vor dem kriminalgericht in ber- lin-moabit, erinnert sich yehya, einst jüngster und nun prominentester intensiv- straftäter aus berlin-neukölln, an diese schlüsselszene zurück: „ich wusste nicht, warum meine eltern nicht arbeiten durf- ten. ich hatte keine ahnung von asylbe- werbergesetzen und von irgendwelchen dingen wie einem duldungsstatus, den der staat uns gibt. ich war sechs!“ die geschichte des staatenlosen jungen ye- hya, aufgeschrieben von dem berliner jour- nalisten christian stahl, sollte eigentlich mut machen und auswege aufzeigen aus dem kreislauf von ausländerbehördlichen verboten, kriminalität und vagen hoff- nungen. aber dann wurde der für seine in- telligenz ebenso geachtete wie für seine brutalität berüchtigte junge, der einst als vier wochen altes baby aus einem flücht- lingslager im libanon nach deutschland gekommen war, doch wieder rückfällig, landete vor gericht und im gefängnis. zwar ist erst unlängst im bundestag die asylgesetzgebung reformiert worden, aber noch immer können asylbewerber und geduldete mit arbeitsverbot und residenz- pflicht belegt werden, auch wenn klar ist, dass flüchtlinge wie im fall der familie e. nicht in einen staat zurückkehren werden, den es formal gar nicht gibt. mit ihrem er- messensspielraum, das wird in diesem krassen einzelfall yehya deutlich, prägen behördenmitarbeiter einen lebensweg und ruinieren ihn womöglich auch. das leben von asylbewerbern in den grenzen der asylgesetze ist ohnehin nicht einfach, wer aber kriminell wird, kann nicht mehr auf behördliche nachsicht setzen. machogehabe neukölln, rund 320.000 einwohner, als berliner problembezirk mit derzeit 167 dokumentierten intensivtätern bundesweit bekannt, kommt in dem buch nicht gut weg, auch wenn der kiez, um den es hier geht, sich seit beginn der recher- chen 2007 fundamental ge- wandelt hat. aus dem frü- heren brennpunkt nord- neukölln ist ein beliebter treffpunkt geworden mit künstlern, studenten, jun- gen familien und einem originellen kulturleben. die deutschen sind hier in manchen gegenden in der minderheit und werden, wie stahl anmerkt, von den arabern despektierlich als (vermutlich weiche) „kar- toffeln“ bezeichnet. die brutalität der „gangs von neukölln“ ist, so hat stahl herausgefunden, ebenso erschre- ckend wie vorhersehbar, und erklärt dies so: „in all der wut, die die selbsternannten gangster von neukölln in sich tragen, in all dem machogehabe und dem brutalen straßenleben schwingt diese unausgespro- chene sehnsucht mit: einer von uns zu sein.“ aber nicht jeder ausländer in neu- kölln ist araber und nicht jeder araber ist kriminell, tatsächlich gerät nur eine kleine minderheit auf abwege, das dann aber bis- weilen spektakulär. mit seinem film „gangsterläufer“ verhilft stahl seinem damaligen nachbarn yehya, dem jungen mit dem ge- winnenden lächeln, zu prominenz weit über das lokale milieu hinaus. poli- tiker werden auf den smar- ten jugendlichen aufmerk- sam, der als „boss der son- nenallee“ in der szene ei- nen gefürchteten ruf hat, sich blutige schlägereien liefert und „opfer“ in der ebenfalls berüchtigten rüt- li-schule sadistisch unter- drückt. der junge ist aber auch einsichtig, selbstkri- tisch und kann mäßigend wirken auf ande- re jugendliche, er schafft zugänge in eine schwer zugängliche randgesellschaft. kein pass yehya ist zu intelligent und re- flektiert für einen gewöhnlichen schläger. dass leute von der ausländerbehörde ihn einmal hilfsweise in die ukraine abschie- ben wollen und deutlich machen, dass in ihn nicht investiert wird und daher das abitur auch nicht in betracht kommt, ver- stärkt die in dem jugendlichen energie- bündel flackernde wut. der begabte junge, schreibt stahl, wollte immer nur raus aus der kettenduldung, einen pass, einen füh- rerschein, eigenes geld, abitur, eine per- spektive in deutschland und keine ab- schiebeandrohung in einen fremden staat. einmal beschreibt der autor, wie der zwi- schenzeitlich geläuterte yehya auf den ber- liner innensenator ehrhart körting (spd) trifft und fragt, warum er nicht arbeiten und steuern zahlen dürfe. körting schweigt lange und räumt dann ein: „da haben wir vielleicht einen fehler im system.“ integrationsfragen stahl verteidigt die ir- ren gewalteruptionen des jungen nicht, die auch dessen vater, der einst im nahen osten ein angesehener und sehr erfolgrei- cher geschäftsmann war, entmutigen, und wirkt an vielen stellen hilflos und ratlos. er würde gerne eine erfolgsgeschichte der in- tegration dokumentieren, aber der erfolg stellt sich letztlich nicht ein. am 24. märz 2014 wird der 23-jährige yehya vom berli- ner landgericht wegen raubes zu fünf jah- ren haft verurteilt. gerade wer mit asylfragen und integrati- onspolitik zu tun hat, sollte das aufwühlen- de buch, das von der ersten bis zur letzten seite spannend und differenziert aufge- schrieben ist, lesen und seine schlüsse zie- hen. die botschaft des buches ist gleich- wohl zwiespältig: niemand hat den jungen araber gezwungen, in diese sackgasse ein- zubiegen, und auch die reaktionen der ausländerbehörde und gerichte sind je- weils nachvollziehbar. dennoch lugt da ei- ne dunkle seite hervor, ein verdacht, dass dieser demokratische deutsche rechtsstaat, der für viele flüchtlinge die letzte rettung ist, über jahrzehnte hinweg integrationsun- willig war und womöglich immer noch in- tegrationsunfähig ist. claus peter kosfeld t das ende aller träume für den jungen yehya: bis voraussichtlich 2018 wird er im gefängnis sitzen. © picture-alliance/dpa christian stahl: in den gangs von neukölln. hoffmann & campe hamburg 2014; 245 s., 17,99 € wut auf alles der fall yehya der journalist christian stahl schreibt über eine tragisch gescheiterte integration in berlin die feiertage stehen vor der tür und das heißt auch: zeit für bücher. hier zwölf empfehlungen der redaktion. ein dramatisches leben rassismus ein deutscher aus mosambik blickt zurück „leben wie die götter“ – bei ibraimo al- berto geht es dabei nicht um zeus & co, sondern um menschen wie antonio ferrei- ra, „dem weißen gott, dem mann, dem wir alle gehörten“. so war das jedenfalls in den 1960er jahren in charonga, wo der kleine ibraimo aufwächst, „weit draußen im dschungel“ mosambiks. das land im südosten afrikas war noch portugiesische kolonie, charonga „teil einer portugiesi- schen sklavenfarm“ und ferreira der mann, „der über unser leben und über un- seren tod verfügte“. als der schwarze junge erstmals dessen haus betritt, wird ihm schwindlig angesichts der „pracht“ – ti- sche, stühle, schränke –, hat er doch bisher „fast nur strohhütten gesehen, in denen es so gut wie nichts gab“. massaker er sollte noch weit mehr zu se- hen bekommen, im guten wie im bösen. das kind erbettelt sich die erlaubnis, als einziges seines stammes zur schule zu ge- hen, 18 kilometer hin, 18 kilometer zu- rück. als er von der dschungelschule in die stadt wechselt, entkommt er nur knapp weißen „fängern“, die schwarze kinder entführen und als arbeitskraft verkaufen; später, nach der unabhängigkeit des nun vom bürgerkrieg zerrissenen landes, über- lebt er 1977 als einer von acht ein massa- ker, das weiße an seiner schule verüben. 1981 kommt alberto als vertragsarbeiter in die ddr, wo er in ost-berlin als fleischer arbeitet und in einem boxverein karriere macht, aber auch erleben muss, dass ein freund aus mosambik „eines der ersten mordopfer rechtsradikaler in der ddr“ wird. die liebe zieht ihn 1990 nach schwedt, er gründet eine familie, lässt sich einbürgern, boxt in der bundesliga, wird ausländerbeauftragter der stadt, „der erste schwarze ausländerbeauftragte der bun- desrepublik“. von ministern als „botschaf- ter für demokratie und toleranz“ geehrt, muss er sich ständigen drohungen, schmähungen und angriffen von neona- zis erwehren, eine belastung, an der schließlich seine ehe zerbricht und die ihn 2011 nach karlsruhe wechseln lässt. ibraimo alberto und sein co-autor daniel bachmann erzählen diese erstaunliche le- bensgeschichte unprätentiös und doch pa- ckend, mal bedrückend, mal belustigt, ob es nun um den alltag im afrikanischen dschungel geht oder um den alltäglichen rassismus, den alberto hier – auch – erlebt hat. das buch ist nicht nur angesichts der aktuellen flüchtlingsdebatten zu empfeh- len, berichtet es doch unausgesprochen auch von der würde eines jeden men- schen, die „unantastbar“ und gleichwohl so oft bedroht ist. helmut stoltenberg t ibraimo alberto: ich wollte leben wie die götter kiepenheuer & witsch, köln 2014; 254 s., 14,99 € nur die liebe zählt ehe die einstellungen ändern sich seit der romantik verliebt – verlobt – verheiratet: dieser kin- derreim ist in vielen patchworkfamilien fast schon in vergessenheit geraten, gab aber gleichwohl dem buch von monika wienfort den titel. darin schildert sie die geschichte der modernen ehe seit der ro- mantik. und sie lässt in ihrem facettenrei- chen und lesenswertem werk kein thema aus, das mit der ehe verbunden ist: sie be- handelt rechtsfragen, regionale heirats- muster, hochzeitsgeschenke, heiratsan- noncen, die schwiegermutter sowie gesetz und sitte. freie entscheidung dabei wird deutlich, dass sich im 19. jahrhundert die einstel- lung der ehe fundamental änderte. da werden einerseits die rechtlichen bestim- mungen über die ehe immer präziser, in dem name, wohnsitz, mitgift und erb- schaftsfragen geklärt werden, andererseits wird die romantische liebe erstmals zum motiv einer verbindung. unter den patriar- chalischen bedingungen des 19. jahrhun- derts bedeutete deshalb die liebe für die frauen eine erste möglichkeit zu freier ent- scheidung. besonders anschaulich wird dies in den fünf kapiteln über auch heute noch be- kannte ehepaare und ihre gemeinsames leben. da geht es um caroline und wil- helm von humboldt, clara und robert schumann, das kaiserpaar victoria und friedrich iii., katia und thomas mann und freya und helmut james von moltke. wienfort konstatiert am ende ihrer ge- schichte der ehe, dass sich diese „in einem prozess der individualisierung zu einer rei- nen liebesfrage entwickelt“ habe, „in der es um die dichotomie von freiheitsgewinn und abhängigkeit geht“. die liebe habe in der epoche seit der romantik an bedeu- tung gewonnen, weil geliebt zu sein eine „persönliche anerkennung“ bedeute und ein „positives selbstwertgefühl“ verschaffe; die ehe sei „als eine möglichkeit, das ge- liebtwerden sozial zu dokumentieren“, er- kannt worden und bleibe daher bis heute eine wichtige institution. doch diese institution scheint zu bröckeln, wie die historikerin feststellt. jede dritte ehe in deutschland wird geschieden. im- mer mehr paare heiraten erst gar nicht, zie- hen nicht einmal mehr zusammen: 40 prozent aller haushalte sind ein-perso- nen-haushalte. noch gibt es 18 millionen ehepaare in deutschland, aber auch schon 2,7 millionen alleinerziehende. während die ehe einst mit bestimmten lebensvor- stellungen eng verknüpft war, so haben sich diese verbindungen inzwischen bei vielen aufgelöst. michael klein t monika wienfort: verliebt, verlobt, verheiratet. c. h. beck, münchen 2014; 336 s., 24,95 € der späte held biografie thomas kielinger über winston churchill „im grunde war winston churchill ein anachronismus“, schreibt thomas kielin- ger in seiner lesendswerten biografie des britischen staatsmanns. einer der letzten vertreter des britischen imperiums, der zu- gleich der atlantischen welt des 20. jahr- hunderts den weg bahnte. sein todestag jährt sich 2015 zum 50. mal, weshalb der langjährige london-korrespondent der „welt“ eine neue biografie der, laut einer englischen umfrage, „größten figur der britischen geschichte“ vorgelegt hat. kielinger beschreibt churchill darin als getriebenen, der sich jeder eindeutigkeit verweigerte. politiker aus leidenschaft, be- kleidete er fast jedes ministeramt seines landes und hatte doch nie eine eigene hausmacht. seinen lebensunterhalt be- stritt der begeisterte maler hauptsächlich durch journalistische arbeit. ausgebildeter soldat, forderte churchill mal mehr geld für die armee, mal kürzte er ihr den haus- halt. der spross eines der ältesten adelsge- schlechter englands war ein großer gegner der labour-partei und radikaler sozialre- former zugleich. kielinger schildert chur- chill als menschen, der von „der dauerin- szenierung seines egos“ lebte, als ehrgeizi- ger exzentriker mit unbändigem vorwärts- drang, auch aufgrund einer neigung zur depression. in seinem buch orientiert sich kielinger an den politischen etappen in churchills le- ben. die erste hälfte des buches widmet sich churchill als schüler, soldat, jungpo- litiker und autor. die andere hälfte der zeit des zweiten weltkriegs und nach- kriegszeit. hier hält sich kielinger mit der beschreibung des kriegsverlaufs angenehm zurück, hebt stattdessen churchills diplo- matisches ringen, großbritannien als weltmacht zu erhalten, hervor. dabei tritt allerdings das psychologische in den hin- tergrund, was die stärke der ersten buch- hälfte ausmacht. durch den fokus auf die persönlichen stärken und schwächen des mannes churchill erlaubt kielinger den le- sern einen persönlichen zugang zur gro- ßen historischen figur churchill. das macht es interessant und lesenswert, denn es verdeutlich noch einmal, dass hinter je- der großen person auch nur ein mensch steckt. julian burgert t thomas kielinger: winston churchill. der späte held c:h. beck, münchen 2014; 400 s., 24,95 € die fremde galaxie 1918-1938 philipp blom über menschen auf der suche 1920 nahm die schwarze amerikanische jazzsängerin mamie smith in einem new yorker studio den song „crazy blues“ auf, der in den usa zum absoluten hit wurde. das wäre nicht weiter ungewöhnlich. aber für den historiker und journalisten phi- lipp blom steckt mehr dahinter. denn der song wurde in dem strikt nach rassen ge- trennten land nicht nur von schwarzen ge- hört. er landete auch in den wohnzim- mern der weißen mittelschicht, das war re- volutionär, das gab es vorher nicht. damit wurde zwar die rassentrennung nicht überwunden. aber das beispiel zeigt, dass zentrale gesellschaftliche normen plötzlich in frage gestellt wurden. in seinem buch „die zerrissenen jahre. 1918-1938“ beschreibt blom nicht die gro- ßen weltpolitischen ereignisse. sein ziel ist vielmehr, sich auf der folie dieser ereignis- se dem lebensgefühl der vom ersten welt- krieg und der moderne gezeichneten men- schen und gesellschaften anzunähern: was ängstigte sie? was inspirierte sie? wovon träumten sie? welchen utopien folgten sie? dieser zugang zu geschichte hat sich schon in seinem werk „der taumelnde kontinent“ bewährt, weil man nah dran ist, weil blom es als journalist versteht, le- ser an eine geschichte zu fesseln. es ist aber letztlich ein buch für eingeweihte, denn nur mit einem gewissen vorwissen lassen sich die episoden einordnen. jedem jahr dieser epoche widmet blom ein kapitel und rückt dabei ein phänomen in den mittelpunkt. man lernt nicht nur et- was über den jazz und über die ausweich- manöver der us-bürger in zeiten der pro- hibition. man wird mit dem überlebens- kampf verwundeter kriegsveteranen und dem schicksal ermordeter ukrainischer bauern konfrontiert, genauso wie mit der entdeckung fremder galaxien. die suche nach etwas, an das man glauben kann, ge- höre zu den grundlegendsten menschli- chen bedürfnissen, schreibt philipp blom. wohin das führen kann, veranschaulicht kaum eine epoche so gut, wie die von blom wegen seiner verwerfungen so ge- nannte „zeit des temporären waffenstill- stands“. diese resonanzen der geschichte einzufangen, ist ihm zweifellos gut gelun- gen. claudia heine t philipp blom: die zerrissenen jahre1918-1938 hanser, münchen 2014; 576 s., 27,90 €