die juncker-pille das parlament - nr. 18 - 19 - 27. april 2015 europa und die welt 13 d ie diagnose ist von den politisch verantwortli- chen seit langem ge- stellt: europa leidet an einem schweren mangel: dem mangel an investi- tionen. die attestierten werte sind schlecht: laut generaldirektion wirtschaft und finanzen in brüssel (dg egfin) blie- ben die investitionen im zweiten quartal 2014 15 prozent und damit 430 milliarden euro unter dem stand von 2007. berech- nungen der europäischen investitionsbank (eib) zufolge müsste die eu jährlich 600 milliarden euro investieren, um den durch die schwere finanzkrise verursachten rück- stand in der europäischen wettbewerbsfä- higkeit bis zum jahr 2020 aufzuholen. die eu-kommission unter führung von jean claude-juncker hat dem patienten deshalb bereits im oktober 2014 eine arz- nei verordnet: den fonds für strategische investitionen (efsi), kurz „juncker-fonds“ genannt. der therapieplan sieht vor, dass der fonds mit einem eigenkapital in höhe von 21 milliarden euro ausgestattet werden soll – 16 milliarden aus dem eu-haushalt und fünf milliarden als zuschüsse von der eib –, um so zwischen 2015 und 2017 eu- ropäische investitionen in höhe von min- destens 315 milliarden euro anzustoßen. das ganze erinnert den laien ein wenig an homöopathie: die wirksamen grundsub- stanzen werden in den naturarzneien so stark verdünnt, dass sie in verabreichten kügelchen kaum noch nachweisbar sind. dennoch sollen sie, nach ansicht von al- ternativmedizinern, krankheiten heilen oder zumindest lindern. auch die eu-mit- tel im juncker-plan sind mit 21 milliarden euro eher gering. doch sollen diese milli- arden eine starke hebelwirkung entfalten und sich am ende um das 15-fache ver- mehren. wie das? die kommission meint, die europäischen unternehmen und fi- nanzinstitute hätten inzwischen zwar wie- der genug geld, scheuten aber das hohe risiko, in komplexe projekte und zu- kunftstechnologien, wie erneuerbare ener- gien, energienetze und verkehrsinfrastruk- tur, zu investieren. von einem „marktversa- gen“ ist die rede. der fonds soll das auflö- sen, in dem es die risiken teilweise über- nimmt. gefahr des placebos die frage ist nun, ob das so wirklich funktionieren wird oder ob junckers pille am ende nur ein placebo ist. kann der fonds tatsächlich neue inves- titionen anschieben und neue arbeitsplät- ze schaffen oder werden mit seiner hilfe doch nur projekte angestoßen, die a) oh- nehin gemacht worden oder b) nie reali- siert worden wären, weil sie nicht rentabel sind? vor dieser ungewollten nebenwir- kung und deren folgen für die europäi- schen steuerzahler warnt bereits der euro- päische gerichtshof. auch die abgeordneten treiben diese fra- gen um. in einer öffentlichen anhörung im europaausschuss standen ihnen in der vergangenen woche sechs sachverständige knapp zwei stunden lang rede und ant- wort. ihr fazit: ja, der fonds kann wirken, aber nur unter bestimmten bedingungen. so forderte professor michael hüther vom institut der deutschen wirtschaft köln, als ein schlüsselkriterium für den fonds das prinzip der zusätzlichkeit zu verankern. nur so könne sichergestellt werden, dass investitionsprojekte, die auch ohne staatli- che förderung realisiert würden, sowie projekte, die aus anderen eu- oder förder- banktöpfen unterstützt werden könnten, unangetastet bleiben. zudem sollten nach auffassung hüthers vor allem investitions- projekte ausgewählt werden, die den aus- bau transeuropäischer infrastruktur forcie- ren. dies gelte insbesondere für den digita- len binnenmarkt und die europäischen energienetze. luca bergamaschi von der unabhängigen gemeinnützigen organisation „e3g – third generation environmentalism“ sieht im juncker-fonds eine „echte chance“, in- vestitionen in energieeffizienz, erneuerba- re energien, stromnetze und andere nach- haltige technologien anzuregen und so ei- ne klimafreundliche energieunion in europa zu realisieren. voraussetzung dafür sei jedoch, dass der efsi nur projekte för- dere, die im einklang mit den europäi- schen klima- und energiezielen stünden und damit eine grundlage für nachhalti- gen wohlstand bildeten. „industriezweige, denen es an zukunftsfähigkeit mangelt und die die ‚kohlestoffblase‘ weiter aufblä- hen, sollten als nicht förderungswürdig be- trachtet werden“, schreibt die organisation in ihrer schriftlichen stellungnahme. laut regina hodits vom bundesverband deutscher kapitalbeteiligungsgesellschaf- ten – german private equity and venture capital association e.v. gibt es in europa eine große finanzierungslücke im bereich der innovationsfinanzierung. sie zu schlie- ßen sei „dringend notwendig“. hodits nannte ein beispiel: zwar würden in deutschland und in europa mehr patente und wissenschaftliche publikationen in al- len fachbereichen geschrieben als in den usa. aber es stünde nur ein zehntel des kapitals zur umsetzung zur verfügung. ur- sache sei eine andere risikoeinschätzung, urteilte hodits. so würden so genannte „equity investments“ und investitionen in aktien in europa immer noch als sehr risi- kobehaftet angesehen. garantieinstrumen- te wie der efsi könnten daher helfen, in- vestitionen in innovationen zu mobilisie- ren. allerdings müssten die instrumente unbürokratisch anwendbar sein. auf die große investitionslücke in europa wies auch sebastian gechert (hans-böck- ler-stiftung, institut für makrookönomie und konjunkturforschung) hin. er nannte weitere, alarmierende zahlen: die öffentli- chen nettoinvestitionen im euroraum sei- en seit der krise um zirka ein prozent des bruttoinlandsproduktes gesunken, die pri- vaten investitionen um zirka zwei bis drei prozent. das bedeute in der summe ein volumen von 300 milliarden euro im ver- gleich zum vorkrisenniveau – und das jährlich. gechert gab daher zu bedenken, dass der efsi mit einem geplanten volu- men von 315 milliarden euro in drei jah- ren „recht klein“ sei. zudem sei gar nicht davon auszugehen, dass diese milliarden durch die von der kommission erhoffte hebelwirkung tatsächlich erreicht werden. grund sei der geringe eigenkapitalanteil. „der hebel von 1:15 an nachweisbaren und zusätzlichen privaten investitionen ist aus meiner sicht unrealistisch“, erklärte gechert. der grundstock an öffentlichen mitteln müsste daher schon im vorhinein deutlich erhöht werden, etwa durch eine beteiligung der nationalstaaten an dem fonds. dieser forderung schloss sich auch gunnar münt von der eib in luxemburg an. eine beteiligung der eu-mitgliedstaaten sei „sehr sinnvoll“ angesichts der begrenzung des fondsvolumens. „mehr hilft eben auch mehr“, betonte münt. deutschland hat ei- ne direkte beteiligung allerdings katego- risch ausgeschlossen. es will sich jedoch über die kfw-bankengruppe mit acht mil- liarden euro beteiligen. staaten wie frank- reich, spanien und luxemburg wollen ebenfalls mittel über ihre jeweiligen för- derbanken bereitstellen. anders als gechert geht münt grundsätz- lich geht davon aus, dass die efsi-mittel von 21 milliarden euro für risikofinanzie- rungen ausreichen werden, um die erhoff- ten zusätzlichen investitionen zu ermögli- chen. durch die übernahme von ausfallri- siken durch die eib werde die eu viele risi- koreichere investitionsprojekte auf den weg bringen, zeigte sich der eib-direktor überzeugt. erfolgsgeheimnis lutz christian-funke von der kfw-bankengruppe sieht das ge- nauso. die 21 milliarden könne europa in den kommenden zwei jahren auf jeden fall sinnvoll einsetzen, urteilte er. zudem lobte er, dass der juncker-plan nicht auf „verlorene zuschüsse“ setze, sondern auf garantien und kredite. „da sehen sie we- nigstens ihr geld wieder, ansonsten ist es nämlich weg“, sagte funke, der dieses prin- zip auch als das „erfolgsgeheimnis der kfw“ bezeichnete. seine erfahrung: die in- vestoren gingen viel verantwortungsvoller mit ihrem geld um, wenn sie es zurück- zahlen müssten. ob junckers therapie den europäischen patienten wieder aufpäppeln kann, wird sich erst in den nächsten monaten zeigen. voraussichtlich mitte juni soll der fonds seine arbeit aufnehmen. eib-mitarbeiter sind bereits intensiv damit beschäftigt, die rund 2.000 von den 28-eu-staaten einge- reichten investitionsprojekte zu prüfen und auszuwählen. johanna metz t die juncker-pille eu ein neuer fonds soll europas investitionsschwäche heilen. experten fordern dafür klare bedingungen medizin für europa: der „fonds für strategische investitionen“ soll in den kommenden drei jahren die europäische konjunktur spür- bar wiederbeleben und bis zu 1,3 millionen neuer arbeitsplätze schaffen. © picture-alliance/zb/collage: stephan roters anerkennung palästinas auswärtiges ii die fraktion die linke dringt auf die anerkennung des staates paläs- tina. die zahlreichen resolutionen vieler eu- ropäischer parlamente – in spanien, frank- reich, großbritannien, irland und portugal – zur anerkennung palästinas „sollten auch die deutsche politik, bundestag wie bundesregie- rung, ermutigen, ebenso für eine anerken- nung des staates palästina und damit für eine wiederbelebung des friedensprozesses einzu- treten“, schreiben die abgeordneten in einem antrag (18/4334), der am vergangenen don- nerstag in die ausschüsse überwiesen wurde. der weg zur zweistaatenlösung gehe über ei- ne vollmitgliedschaft palästinas in der uno, sagte wolfgang gehrcke (die linke). „warum soll man denn unseren freunden nicht sa- gen, was heute notwendig ist?“ auch johann wadephul (cdu) bekannte sich zur zwei- staaten-lösung. „wir sollten aber nicht den eindruck erwecken, dass wir als deutscher bundestag das jetzt alleine entscheiden.“ omid nouripour (grüne) verweis darauf, dass eine anerkennung hand in hand mit friedensverhandlungen gehen müsse - die forderung der linken nach einer unverzügli- chen anerkennung sei „eher eine trotzreakti- on, aber keine politik“. auch für niels annen (spd) war klar, dass der bundestag „nicht über den schlüssel zur lösung des nahost- konflikts“ verfüge. „das entspricht einfach nicht den realitäten.“ ahe t un-ziele zum erfolg machen entwicklung der bundestag hat in der vergangenen woche einen antrag (18/4088) der koalitionsfraktionen ange- nommen, in dem diese sich für eine ent- wicklungsagenda für die zeit nach 2015 stark machen. die agenda, fordern cdu/ csu und spd, solle die „sozialen, wirt- schaftlichen und ökologischen dimensio- nen nachhaltiger entwicklung“ berücksich- tigen und die 17 entwicklungsziele (sus- tainable development goals, sdg), die von den vereinten nationen im september beschlossen werden sollen, mit universeller geltung für alle länder etablieren. die linksfraktion stimmte gegen den an- trag, die fraktion bündnis 90/die grünen enthielt sich. beide oppositionsfraktionen scheiterten im plenum mit eigenen anträ- gen (18/4091, 18/3156). die linke hatte unter anderem darauf gedrängt, die über- windung von armut und sozialer un- gleichheit weltweit in den mittelpunkt der nachhaltigen entwicklungsziele zu stellen. „spitzeneinkommen, vermögen und ge- winne“ sollten angemessen besteuert und verbindliche sozial-, arbeits- und um- weltstandards durchgesetzt werden. die grünen verlangten „ambitionierte ziele und konkrete zusagen“ in der internatio- nalen entwicklungs- und klimapolitik. ih- rer ansicht nach müsse sich die kooperati- onsfähigkeit der weltgemeinschaft daran messen lassen, ob die verhandlungen in diesem jahr zu einem guten abschluss ge- bracht werden. joh t weiterführende links zu den themen dieser seite finden sie in unserem e-paper nukleare abrüstung auswärtiges i die bundesregierung soll mehr anstrengungen unternehmen, damit eine neue dynamik nuklearer aufrüstung und eine weiterverbreitung von atomwaffen vermieden werden. so lautet eine der forde- rungen aus dem antrag von union und spd (18/4685), dem der bundestag vergangene woche mehrheitlich zugestimmt hat. anlass für die initiative ist die vom 27. april bis 22. mai 2015 in new york stattfindende neunte überprüfungskonferenz zum vertrag über die nichtverbreitung von kernwaffen. der atomwaffensperrvertrag (nvv), so schreiben union und spd, beruhe auf drei säulen. erstens auf der verpflichtung aller mitgliedstaaten zur nuklearen nichtverbrei- tung. zweitens auf der berechtigung aller mitgliedstaaten zum zugang und zur nut- zung ziviler nukleartechnologie und drit- tens auf der verpflichtung der kernwaffen- staaten zur abrüstung ihrer nuklearpoten- tiale. „eine welt ohne atomwaffen ist somit eine konkrete verpflichtung aller unter- zeichner des nichtverbreitungsvertrages“, er- innern die abgeordneten. keine mehrheit fand ein linken-antrag (18/4681), in dem die regierung aufgefordert wird, sich dafür einzusetzen, „dass die nato weder russland noch einem anderen staat mit dem einsatz von nuklearwaffen droht“. eben- so solle sie sich in beratungen mit den usa und russland für nukleare abrüstung und die bedingungslose bindung an den washing- toner vertrag über nukleare mittelstreckensys- teme einsetzen. götz hausding t lektionen am hindukusch bilanz die fraktionen ziehen ihre jeweils eigenen lehren aus dem einsatz in afghanistan die bewertungen des rund 13 jahre währen- den deutschen einsatzes in afghanistan bleibt zwischen den fraktionen im bundes- tag weiter hoch umstritten. in der beratung der antwort der bundesregierung (18/4168) auf eine große anfrage der fraktion die linke (18/2144) zum „krieg in afghanistan“ lagen die positionen zwischen koalition und opposition vergangenen donnerstag weit auseinander: die linke bezeichnete die „deutsche kriegsbeteiligung“ als „grundle- genden fehler“, vertreter von spd und cdu/csu wiesen dagegen auf die fort- schritte hin, die das land seit 2001, dem be- ginn der militärischen intervention durch die internationale gemeinschaft, gemacht habe. die grünen sprachen hingegen von einer „unglaublich großen schieflage zwi- schen militärischem und zivilen engage- ment“. wolfgang gehrcke (die linke) kritisierte, dass der militäransatz die probleme des lan- des nicht gelöst, sondern eine vielzahl von problemen erst aufgeworfen habe: in afgha- nistan sei viel geld falsch eingesetzt worden – rund elf milliarden euro für die einsätze der bundeswehr zwischen 2001 und 2014. „was hätte man mit elf milliarden euro an not, elend und unterentwicklung in sol- chen ländern korrigieren können, wenn sie von anfang an sinnvoll eingesetzt worden wären?“, fragte gehrcke. 70.000 menschen seien in diesem krieg ums leben gekom- men. „das ist eine furchtbare katastrophe, eine furchtbare bilanz.“ zudem sei durch den einsatz das völkerrecht gebrochen wor- den. deutschland habe sich durch die wei- tergabe von namen an gezielten tötungen in afghanistan mitschuldig gemacht. „wir sind dem, was wir vorgeben, bekämpfen zu wollen, mit diesem krieg immer ähnlicher geworden“, sagte gehrcke. roderich kiesewetter (cdu) stellte die heu- tige lage afghanistans in den kontext seiner jüngeren geschichte zwischen monarchie, diktatur, sowjetischer besetzung und herr- schaft der taliban. „keines dieser systeme hat afghanistan auch nur in ansätzen stabi- lisiert“. es sei ein fehlschluss, zu glauben, man hätte die stabilisierung in afghanistan in den vergangenen jahren ohne militär hin- bekommen: „zur entwicklung gehört si- cherheit. ein mindestmaß an sicherheit ist hilfe zur selbsthilfe“, sagte kiesewetter. gleichwohl müssten auch die lektionen aus dem einsatz benannt werden: die erwartun- gen an einen wiederaufbau seien anfangs „unendlich“ gewesen, „die eigenen mittel, die eigene bereitschaft, sich einzubringen“ hingegen äußerst begrenzt. auch eine frühe- re einbindung der nachbarstaaten und die notwendigkeit einer realistischeren militäri- schen einschätzung seien erfahrungen aus dem einsatz. „unsere lehre ist, dass wir nie mehr blauäugig und ohne die notwendigen mittel in solche einsätze gehen.“ omid nouripour (grüne) machte eine gro- ße diskrepanz zwischen den eingesetzten mitteln und dem erreichten aus: „deutlich mehr menschen leben in afghanistan heute besser und unter friedlicheren bedingun- gen, als das vor dem einsatz der fall war. aber für all die opfer, die gebracht worden sind, für all das, was aufgewendet worden ist, ist das, was erreicht worden ist, einfach zu wenig.“ so habe man anfangs auf mili- zen und lokale machthaber vertraut und zu spät auf den aufbau staatlicher strukturen gesetzt. vor allem aber zeige sich im rück- blick die unausgewogenheit von militäri- schen und zivilen engagement. „es wurden 9,8 milliarden euro für militär ausgegeben, 3,4 milliarden euro für zivile projekte. wir haben nicht wegen zu geringer ausgaben für das militär vieles nicht erreicht, sondern wir haben vor allem wegen zu wenig zivilen engagements dort vieles nicht erreicht“, sag- te nouripour. hans-peter bartels (spd) benannte drei leh- ren , die aus dem einsatz zu ziehen seien: zum einen habe man in deutschland lange geglaubt, dass an entscheidungen in berlin das „wohl und wehe afghanistans hänge“ – dabei war die bundesrepublik bei isaf nur eine von 50 truppenstellenden nationen. „wir entscheiden dort nichts allein.“ zudem habe es zu viele akteure, zu viele strategien und zu wenig koordination gegeben. es wä- re womöglich sinnvoll gewesen, „eine arte zivilen hochkommissar“ einzusetzen. au- ßerdem sei gerade zu beginn des einsatzes „zu viel zeit ungenutzt verstrichen“, sagte bartels. bei stabilisierungsmissionen wie in afghanistan müsse die „militärische kom- ponente am anfang besonders stark sein“, die zivile hilfe brauche dann deutlich mehr vorlauf, bis sie sich positiv auswirken kön- ne. alexander heinrich t bundeswehr bei kundus im jahre 2011 © picture-alliance/dpa fairness in der lieferkette nachhaltigkeit disput zur unternehmensverantwortung die frage, ob regeln zur unternehmensver- antwortung verbindlich festgeschrieben werden oder aber auf freiwilligkeit beruhen sollen, ist unter experten umstritten. in ei- ner anhörung des ausschusses für wirt- schaftliche zusammenarbeit und entwick- lung ging es vergangene woche um trans- parenz und offenlegungspflichten entlang globaler lieferketten und auch um haf- tungsfragen sowie klage- und sanktions- möglichkeiten gegen unternehmen, denen – wenn auch vermittelt über eine lange zu- liefererkette – die verletzung von men- schenrechten vorgeworfen wird. ein teil der sachverständigen sah das pro- blem, dass kleine und mittlere unterneh- men womöglich gar nicht in der lage seien, sich für ihre produkte bis zum letzten glied der wertschöpfungskette zu verbürgen. demgegenüber wies der andere teil der ex- perten darauf hin, dass freiwillige selbstver- pflichtungen bisher kaum oder gar nicht dazu beigetragen hätten, katastrophen wie den einsturz der textilfabrik in sabhar in bangladesch im jahre 2013 mit mehr als tausend toten zu verhindern. konfliktmineralien matthias wachter vom bundesverband der deutschen industrie (bdi) meldete zweifel der umsetzbarkeit an und bezog sich dabei auf artikel 1502 des sogenannten dodd-frank act von 2010, der an us-börsen notierten unternehmen auferlegt, eine etwaige nutzung von „kon- fliktmineralien“ aus dem gebiet der gro- ßen seen in afrika anzuzeigen. nur ein knappes viertel der in den usa berichten- den unternehmen sei überhaupt in der la- ge, eine solche „konfliktfreiheit“ zu erklä- ren, sagte wachter. bischof fridolin ambongo besungu aus der demokratischen republik kongo beharrte hingegen darauf, dass nur verbindliche re- gelungen dieses ziel erreichen könnten: „der dodd-frank act ist gut, wir wissen, dass dieses gesetz wirkt“, sagte besungu. regulierung auch michael reckordt (verein „powershift“ sowie netzwerk „ak rohstof- fe“) sprach sich für stärkere regulierung aus. fehlende rahmenbedingungen würden es gerade jenen unternehmen schwer ma- chen, die bereit seien, standards zu folgen. demgegenüber meldete der rechtsanwalt joachim jütte-overmeyer zweifel an, ob es möglich sei, die beachtung von menschen- rechten in globalen lieferketten gesetzlich zu erzwingen. wenn man unternehmen zu „mithütern der menschenrechte“ mache, le- ge man diesen pflichten auf, „die originär den staat mit seinen exekutivmöglichkeiten treffen“. frank zach vom deutschen gewerkschafts- bund (dgb) sagte, dass die katastrophe von sabhar das ergebnis „kompletten staatli- chen versagens“ aber eben auch ergebnis „mangelnder sorgfaltspflichten von unter- nehmen“ sei. miriam saage-maaß (european center for constitutional and human rights, ecchr) wies darauf hin, dass das bestehende zivil- und strafrecht in deutschland zwar mög- lichkeiten biete, unternehmen in haftung zu nehmen: „diese mechanismen sind aber nicht sehr effektiv.“ so fehle betroffenen et- wa die möglichkeit zu gruppenklagen. der rechtsanwalt robert grabosch lenkte den blick unter anderem auf eine gewisse rechtsunsicherheit für die verantwortlichen in unternehmen: sie seien dem legalitäts- prinzip verpflichtet, anderseits sei nicht im- mer klar, was die gesetze konkret verlangen. so finde sich im bürgerlichen gesetzbuch nur ein satz zur sorgfaltspflicht. ahe t 201415 prozent und damit 430 milliarden