trump, die black box »eine chance für europa« interview trump könnte die eu enger zusammenführen, meint der politologe christian lammert 4 amerika hat gewählt das parlament - nr. 46-47 - 14. november 2016 5 herr lammert, was dachten sie, als am mittwoch vergangener woche klar war, dass donald trump neuer präsident der vereinigten staaten wird? ich war geschockt und fassungslos. ich hat- te mich wie viele auf die umfragen und prognosen verlassen, die ja teilweise mit 80-prozentiger wahrscheinlichkeit einen sieg von hillary clinton vorhergesagt hat- ten. und ich habe mich gefragt, warum ich es als politikwissenschaftler, wie viele an- dere, nicht auf dem radar hatte, dass die amerikanische gesellschaft in weiten tei- len wohl doch ganz anders tickt, als die meisten vermuteten. wie ticken denn die amerikaner? 2008 feierten millionen von ihnen den ersten schwarzen präsidenten als hoff- nungsträger, acht jahre später wählte knapp jeder vierte amerikaner einen mann, der gegen minderheiten hetzt und zahlreiche projekte obamas rückgängig machen will. es gehört zu der schmutzigen seite des er- folges von donald trump, das dieser von „white america first“- gruppierungen und dem ku-klux-klan unterstützt wurde, de- ren anhänger wahlen sonst üblicherweise fernbleiben. trump hat damit mehr weiße wähler an die urnen gebracht, als jeder andere republikanische kandidat zuvor. das ist die reaktion des weißen amerikas auf den demografischen wandel und acht jahre obama. obama, der schwarze präsi- dent, stand für gleichberechtigung, inte- gration von minderheiten, die homo-ehe – das haben viele, traditionell ländliche, weiße wähler nicht akzeptiert. im „rostgürtel“, den industriestaa- ten im mittleren westen, haben die ar- beiter seit jeher demokratisch gewählt. warum haben sie hillary clinton dies- mal die zustimmung verweigert? die wahl hat gezeigt, wie tief gespalten die usa sind zwischen globalisierungsverlie- rern und -gewinnern. der graben verläuft nicht entlang der parteipolitischen kon- fliktlinien, sondern führt zu neuen wäh- lerkoalitionen, die weder die parteien noch die umfrageinstitute richtig eingeschätzt haben. offenbar fühlt sich die weiße ar- beiterklasse in den usa von der demokra- tischen partei nicht mehr repräsentiert. da geht es den us-demokraten so wie den so- zialdemokratischen parteien in europa. sie haben sich für minderheiten geöffnet, eine politik des multikulturalismus propagiert und damit einen teil ihrer traditionellen wählerschaft an andere, oft populistische parteien und gruppierungen verloren. um sie zurückzuholen, müssen die demokra- ten dieser wählergruppe wieder klare an- gebote machen. die usa gelten als seismograf für die entwicklungen in anderen westlichen staaten. welche auswirkungen wird die wahl auf uns und die europäische union haben? es ist sehr wahrscheinlich, dass der popu- listische schwung aus den usa nach europa überschwappt. das liberal-demo- kratische modell wird heute von vielen menschen infrage gestellt. umfragen in den usa zufolge halten 30 prozent der nach 1980 geborenen die demokratie nicht unbedingt für die beste staatsform. diese haltung ist die basis für den trumps einzug ins weiße haus. dass populis- ten in europa an die macht kommen, wird durch trumps sieg wahrscheinli- cher. er ermöglicht es par- teien wie dem front natio- nal in frankreich oder der afd in deutschland noch selbstbewusster aufzutreten und noch mehr menschen zu mobilisieren. was bedeutet ein prä- sident trump für obamas politisches er- be? wird trump es – mit einer republika- nischen mehrheit in beiden häusern des kongresses – zunichte machen? das us-system der „checks and balances“ zwischen den institutionen verhindert zum glück, dass ein neuer präsident einfach al- les zurücknehmen kann, was der vorgänger durchgesetzt hat. auch trump ist angewie- sen auf die unterstützung des kongresses. und im vorwahlkampf hat er es sich mit vielen republikanischen abgeordneten, vor allem senatoren, ziemlich verscherzt. um projekte durchzusetzen zu können, muss er erst wieder eine professionelle ebene aufbauen. und „obamacare“? die gesundheitsver- sorgung für alle sollte obamas größtes vermächtnis sein. trump lehnt die re- form ab. um obamacare zu revidieren, bräuchte trump eine mehrheit von 60 senatoren im senat. da er die nicht hat, können die de- mokraten jegliche änderung mit hilfe ei- nes filibusters, also durch dauerreden im parlament, verhindern oder verzögern. nicht zuletzt haben sich die interessen- gruppen im gesundheitssektor inzwischen auf das neue system eingestellt, sie kom- men einigermaßen gut damit zurecht. es bleibt daher abzuwarten, wie sie reagieren würden, sollte trump die reform tatsächlich kippen wollen. und was ist mit trumps plänen, das kli- maabkommen von paris oder den atomdeal mit dem iran aufzukündigen? außenpolitisch hat trump tatsächlich mehr möglich- keiten, seine ziele mit hilfe des senats durchzusetzen. das wäre natürlich sehr problematisch. doch noch ist gar nicht klar, ob es überhaupt so weit kommt, ob trump wirklich der „hardcore-präsident“ wird, als der er sich im wahlkampf stilisiert hat. es könnte auch sein, dass er einen eher moderaten, zentristischen kurs einschlägt. sie meinen, im weißen haus wird möglicherweise nicht so heiß gegessen, wie trump im wahlkampf gekocht hat? er wird erstens nicht so heiß gegessen und zweitens stehen noch viele andere köche in dieser küche, nämlich der kongress, ge- richte, die öffentliche meinung und viele interessengruppen, die schon massive pro- teste gegen bestimmte pläne trumps ange- kündigt haben. natürlich verfügt er erst mal über eine beachtliche machtfülle mit einer republikanischen kongressmehrheit. aber die verfassung der usa ist so konzi- piert, dass sie starke präsidenten in die schranken weisen kann. obama hatte in seinen ersten zwei regierungsjahren auch eine mehrheit im parlament und konnte viel von seiner agenda durchsetzen. aber bei den zwischenwahlen 2010 haben die republikaner wieder die oberhand be- kommen und von da an eine totale blo- ckadepolitik betrieben. das könnte trump 2018 auch blühen. trump könnte während seiner amts- zeit aber auch zwei oder drei richter für das oberste verfassungsgericht berufen. das halte ich in der tat für eines der größ- ten probleme. eine neue zusammenset- zung des supreme court könnte die politi- sche und gesellschaftliche situation in den usa für die nächsten 20 oder 25 jahre massiv beeinflussen. als progressiver de- mokrat blicke ich mit sorge auf drohende gerichtsentscheidungen zum beispiel beim thema abtreibung oder der homo- ehe. trumps motto im wahlkampf war „america first“. dazu gehört, dass er die usa wirtschaftlich stärker abschotten will, indem er zum beispiel freihandels- abkommen aufkündigt. welche folgen hätte diese politik für den wohlstand in deutschland und europa? es ist alles andere als ausgemacht, dass er dafür die unterstützung der republikaner im kongress bekommen wird. die republi- kanischen senatoren sind für den freihandel, sie ha- ben verträge, wie das nordamerikanische frei- handelsabkommen nafta, weitgehend unterstützt. sollte trump dennoch ei- ne protektionistische welt- handelspolitik durchset- zen können, würde das zu einer extremen verunsiche- rung der globalen märkte und zu großen wachs- tumsverlusten, auch in europa, führen. vor allem aber würden die usa den zugang zu vie- len, wichtigen märkten, etwa im pazifi- schen raum, verlieren und damit ihr eige- nes wachstum und arbeitsplätze gefähr- den. dabei hat trump versprochen, mehr arbeitsplätze zu schaffen. hier passt seine programmatik hinten und vorne nicht zu- sammen. was wird aus dem auch hierzulande sehr umstrittenen transatlantischen part- nerschaftsabkommen ttip? ttip hat trump interessanterweise nie kri- tisiert. warum? die amerikaner sehen hier kaum die gefahr eines verlustes von ar- beitsplätzen, schließlich sind die in europa bisher teurer als in den usa. aber durch trumps insgesamt sehr kritische position zum freihandel gewinnen die kritiker von ttip auch in europa weiter an boden. schon deshalb bin ich sehr skeptisch, ob dieses abkommen je ratifiziert wird. wie werden sich jenseits von ttip die transatlantischen beziehungen unter trump entwickeln? trump will, dass die anderen staaten mehr verantwortung übernehmen und die usa nicht länger weltpolizist sind. wenn das bedeutet, dass europäische staaten im kontext der nato einen größeren anteil an militärausgaben und sicherungsmaßnah- men übernehmen sollen, hätte dies auch eine präsidentin hillary clinton unter- stützt. letztlich wäre das eine große chan- ce für die eu: sie wäre endlich gezwungen, eine stärkere und kohärentere militär- und sicherheitspolitik zu machen. wenn trump jedoch internationale institutionen wie die vereinten nationen oder die nato in frage stellt, besteht gerade mit blick auf die kriege in der ukraine oder in syrien die gefahr einer spaltung des westlichen bündnisses. trump hat große erwartungen bei sei- nen anhängern geweckt. was machen sie, wenn er nicht liefert? und was ma- chen seine gegner, wenn er liefert? wenn er liefert, sehen wir bald ein völlig anderes amerika. aber fakt ist: er wird vie- le seiner forderungen nicht umsetzen kön- nen. und das wird zu einer entfremdung zwischen ihm und seiner wählerklientel führen. die entscheidende frage ist dann: werden sich seine wähler wieder zurückziehen in apathie oder werden sie sich weiter radikalisieren? letzteres könnte gefährlich werden für die usa. drohten gewaltsame proteste oder sogar ein bürgerkrieg, wie manche kommentatoren prophezei- en? ich denke nicht, dass es da- zu kommt. es wurde schon 2008 nach der wahl oba- mas befürchtet, dass es zu einer gewaltsa- men spaltung des landes kommen kann. das ist nicht eingetreten. trump, hillary clinton und viele andere politische funkti- onsträger haben außerdem gleich am wahltag kooperationssignale ausgesendet, die druck aus dem kessel nehmen. in einem jahr sind bundestagswah- len in deutschland. was sollten hiesige politiker von dieser wahl lernen? die deutschen parteien sollten die zentrale botschaft beachten, die sich aus dem wahlergebnis in den usa ablesen lässt: immer mehr menschen in den westlichen demokratien sind unzufrieden mit der art und weise, wie sich die globalisierung ent- faltet. sie fühlen sich überfordert und im stich gelassen, verstehen die komplexen zusammenhänge kaum. diese leute sehen sich als die verlierer der globalisierung und die firmen und großverdiener als die gewinner. das führt zu einer entfremdung zwischen politik und diesen bevölkerungs- gruppen. diesem phänomen müssen sich die politiker stellen, sonst wandern diese wähler in einem noch stärkeren maße ab zu den parteien, populisten und agitato- ren, die vermeidlich einfache lösungen an- bieten. das gespräch führte johanna metz t christian lammert ist professor für die innenpolitik der usa am john-f.- kennedy-institut für nordamerikastudien der freien universität berlin. weiterführende links zu den themen dieser seite finden sie in unserem e-paper christian lammert © christian lammert »die eu wäre gezwungen, eine kohä- rentere militär- und sicher- heitspolitik zu machen.« »es ist nicht klar, ob trump der hardcore- präsident wird, als der er sich im wahlkampf stilisiert hat.« trump, die black box us-wahl donald trump wird neuer präsident der vereinigten staaten. doch niemand weiß, was wirklich in ihm steckt d onald trumps höhenflug an die schalthebel der macht sorgt nach dem unerwarteten wahlaus- gang vom 8. november weiter für eine mischung aus schockstarre, erstaunen und einer art irgendwie-wird-es-schon-weitergehen-op- timismus. öffentlichkeit und medien su- chen nach halt. wie wird die regierungs- politik des regierungsunerfahrenen popu- listen aussehen, der rund 60 millionen wähler für sich gewinnen konnte? belast- bare antworten darauf sind in washington in diesen tagen gold wert. wenn sich der new yorker geschäftsmann an seine ankündigungen aus dem wahl- kampf hält, so die dort weit verbreitete meinung, dann werden sich die vereinig- ten staaten schon bald nicht mehr wieder- erkennen. das programm, das der 70-jäh- rige nach der amtseinführung am 20. ja- nuar 2017 in den ersten hundert tagen auf den weg bringen will, atmet nicht den geist von reformen. trump plant eine rosskur. er will an der grenze zu mexiko eine 3.000 kilometer lange mauer bauen und bis zu elf millionen illegal in den usa le- bende menschen, vorwiegend latinos, zu- rückführen lassen. die finanziell für viele beitragszahler aus dem ruder laufende krankenversicherung des amtierenden prä- sidenten („obamacare“) will er abschaffen und flüchtlingen aus staaten, in denen is- lamistischer terror herrscht, die einreise in die usa verwehren. er will den atom-deal mit dem iran aufschnüren und die kosten- verteilung in der nato zu gunsten ameri- kas neu ordnen. er will mehrere handels- abkommen stoppen oder neu verhandeln. us-unternehmen, die im ausland produ- zierte waren in die usa einführen, sollen mit hohen strafzöllen belegt werden. zu- dem will trump mit russlands präsident wladimir putin eine strategische partner- schaft in syrien und gegen den „islami- schen staat“ (is) eingehen. kurzum: er will, so urteilt ein kommentator des ma- gazins politico, „amerika von grund auf umkrempeln“. »undurchdacht, unrealistisch« viele ex- perten, wirtschaftswissenschaftler, militärs und diplomaten, die sich demonstrativ von trump abgewandt haben, halten die meisten ankündigungen für „undurch- dacht, unrealistisch, unfinanzierbar, ver- fassungswidrig oder nicht durch den wäh- lerwillen gedeckt.“ sie verweisen zum bei- spiel darauf, dass nur jeder zehnte wähler die einwanderungspolitik für relevant hält. 50 prozent lehnen die pläne für ei- nen mauerbau ab. würde trump versu- chen, diese ziele im alleingang zu errei- chen, könnte er an den schranken der ver- fassung scheitern. danach kann er zwar mit präsidialen anordnungen („executive order“) recht setzen. bei vielen entschei- dungen, besonders den haushaltsrelevan- ten, muss er jedoch den kongress einbin- den. dort haben die republikaner in beiden kammern, im repräsentan- tenhaus wie im senat, ihre mehrheiten verteidigt. blo- ckaden oder gar eine fun- damental-opposition durch die legislative, wie sie der scheidende demo- kratische präsident barack obama über jahre vorfand, sind vorerst also nicht zu erwarten. „es wird zu- nächst flitterwochen zwi- schen trump und dem kongress geben“, sagen in- sider in washington, „die frage ist nur, für wie lange.“ beim freihandel sind kontroversen vorge- zeichnet. trump hat sich hier als radikaler gegner positioniert. die „grand old par- ty“ ist jedoch traditionell dafür. eine lö- sung ist nicht in sicht. eine machtprobe zwischen präsident und parlament würde das erscheinungsbild der republikaner mit blick auf die zwischenwahlen („mid- terms“) 2018 beeinträchtigen. der einflussreiche sprecher des repräsen- tantenhauses, paul ryan, die nummer drei im staatsgefüge, hatte trump im wahl- kampf konstant ignoriert. nach dessen wahlsieg erwies er dem milliardär in ei- nem als kotau empfundenen akt seine re- ferenz. „donald trump hat die politik auf den kopf gestellt“, sagte der vizepräsident- schaftskandidat von 2012, „er wird die re- publikanische partei führen.“ trumps position ist nach seinem unerwar- teten sieg gefestigt. dass ihm weite teile des republikanischen establishments we- gen seines auf verschwö- rungstheorien, fremden- feindlichkeit und kompro- misslose system-kritik set- zenden wahlkampfes die unterstützung versagten und sogar zur wahl clin- tons aufriefen, wird ausge- blendet. zu deutlich fiel der erfolg aus. trump hatte bis kurz vor öffnung der wahllokale nahezu alle umfragen ge- gen sich. trotzdem holte der in punkto organisati- on und finanzbudget hillary clinton deutlich unterlegene geschäftsmann mit florida, ohio, north carolina, iowa und pennsylvania fünf hart umkämpfte wech- selwähler-bundesstaaten („swing states“) und färbte die politische landkarte ameri- kas zwischen den beiden küsten nachhal- tig „rot“ ein, sprich republikanisch. mit dem sieg in wisconsin, das zuletzt 1984 unter ronald reagan in republikani- scher hand war, schob sich trump über die siegerschwelle von 270 stimmen im wahlleute-gremium und machte damit den sieg perfekt. wenn nichts dazwischen kommt, darf er in der sitzung des „electo- ral college“, das am 19. dezember zusam- menkommt und den präsidenten formal wählt, mit mindestens 290 stimmen rech- nen, 20 mehr als nötig. clinton kommt auf 228 stimmen. für den wahlausgang waren maßgeblich weiße, ältere wähler aus der arbeiterklasse und der unteren mittelschicht verantwort- lich, die aus ländlichen gebieten oder ehemaligen industrieregionen stam- men und sich seit langem als von washington verges- sene opfer der globalisie- rung empfinden. clintons zurückweisung hat aber wohl auch dem in acht jahren entstandenen poli- tischen vermächtnis oba- mas gegolten. in der detailbetrachtung fällt besonders auf: trumps basis sind weiße männer ohne hochschulbildung. hier hat er 72 prozent der stimmen geholt. und obwohl trump im wahlkampf öfter mit frauen- feindlichen parolen schlagzeilen machte, stimmten 62 prozent der weißen frauen ohne uni- versitätsabschluss für ihn. negativ für die hillary clinton wirkte sich zudem aus, dass afro-amerikaner sie nicht in dem maße auf den wahlzetteln berück- sichtigten, wie sie dies 2012 bei obama getan hatten. und auch die vor der wahl zum zünglein an der waage erklärten lati- nos ließen clinton im stich. von 27 mil- lionen registrierten wählern, gingen nur 13 millionen tatsächlich zur wahl. nur 65 prozent stimmten für clinton. trump, trotz seiner mauerbau-pläne, kam auf fast 30 prozent stimmenanteil. als hätte es den über monate vor allem durch ihn von ehrabschneidenden atta- cken, beleidigungen und lügen geprägten wahlkampf nicht gegeben, stimmte do- nald trump bereits im mo- ment seines triumphes konziliantere töne an. er bedankte sich bei seiner herausforderin für deren engagement und rief zur überbrückung der tiefen parteipolitischen gräben auf. „jetzt ist es an der zeit für amerika, die wunden der spaltung zu verbinden und als geeintes volks zu- sammenzukommen“, sagte er. clinton verhielt sich in ih- rer emotionalen abschiedsrede am tag nach der wahl analog, bot trump ihre zu- sammenarbeit an und wünschte ihm, dass er ein „erfolgreicher“ präsident „für alle amerikaner“ wird. bei seinem ersten be- such im weißen haus als „president elect“ besprach der immobilien-unternehmer mit amtsinhaber obama erste details der auf rund 70 tage begrenzten periode der amtsübergabe. obama, noch 24 stunden vor der wahl in philadelphia ein entschie- dener kritiker und gegner trumps, sicher- te einen „reibungslosen übergang“ zu und appellierte an seinen nachfolger, im re- gierungshandeln nach innen wie außen augenmaß und kontinuität zu bewahren. außenpolitisch stehen hinter trump mehr frage- als ausrufezeichen. direkt betroffen sind deutschland, die eu und die nato. die flüchtlingspolitik von bundeskanzlerin angela merkel (cdu) hält er für fahrlässig und zerstörerisch. den „brexit“ der briten unterstützt er als „ausdruck der wiederer- langung von souveränität“. das konstrukt „europäische union“ ist ihm suspekt. nato-partnern wie deutschland will trump für den militärischen rundum-schutz, den amerika seit ende des zweiten weltkrieges gewährleistet, eine höhere rechnung aus- stellen. moskau wegen der interventionen auf der krim und in der ukraine weiter mit wirtschaftssanktionen zu belegen, hält er für unklug. neuer isolationismus? trumps äußerun- gen im wahlkampf (devise: „america first“) haben befürchtungen ausgelöst, die supermacht werde ihre bündnisverpflich- tungen aufkündigen und sich in einen neu- en isolationismus zurückziehen. welche außenpolitische handschrift trump letzt- lich hinterlassen will, ist – wie in anderen politikfeldern auch – vielen beobachtern ein rätsel. im wahlkampf hat er sich bis auf vereinzelte slogans („ich werde die hölle aus dem islamischen staat bom- ben“) nie detailliert geäußert. experten aus denkfabriken in washington sehen die notwendigkeit, dass trump sich zu drei brandherden schnell und präzise verhält. erstens syrien/irak: trotz militärischer fort- schritte ist die bedrohung durch den is nicht gebannt. beschränken sich die usa weiter auf luftschläge, drohnen-einsätze, militärhilfe und spezialkommandos? zweitens china: die großmacht stellt die dominanz amerikas in ost-asien in zwei- fel. symbolisch steht dafür der streit um inselgruppen im südchinesischen meer. pe- king beansprucht hausrecht, washington sieht sich als garant freier seewege in der region. militärische muskelspiele durch flugzeugträger und kampfjets könnten eine bedrohliche dimension bekommen. wel- ches konzept zwischen konfrontation und diplomatie will trump verfolgen? drittens: nordkorea. diktator kim jong un forciert den bau von atomwaffen, die fre- quenz seiner raketentests steigt. experten erwarten, dass nordkoreas raketen binnen der nächsten vier jahre reichweiten bis nach amerika erzielen werden. denkt trump an eine präventive militäraktion ge- gen pjöngjang? oder setzt er auf peking bei der eindämmung des kommunistischen re- gimes? offiziell hat donald trump zeit bis zur amtseinführung am 20. januar. der druck, sich vorher klar zu äußern, wird aber von tag zu tag größer.dirk hautkapp t der autor ist korrespondent der funke-mediengruppe in washington. trumps programm atmet nicht den geist von reformen. er plant eine rosskur. weiterführende links zu den themen dieser seite finden sie in unserem e-paper noch-präsident barack obama (im bild oben rechts) und amtsnachfolger donald trump. unten: anhänger der demokraten (links) und der republikaner © picture-alliance/dpa/aa/ap images welche außen- politische handschrift er hinterlassen will, ist vielen beobachtern ein rätsel. stimmen aus den fraktionen jürgen hardt (cdu) ich glaube, dass donald trump als neuer präsident unsere ausgestreckte hand verdient und wünsche ihm alles gute für die kommenden herausfordern- den aufgaben. die transatlanti- sche partner- schaft ist und bleibt ein unver- rückbarer pfeiler der deutschen außenpolitik und auch eine vo- raussetzung für den erfolg eines jeden us-präsidenten. diese zusammenarbeit – von der ukrai- ne bis syrien – hat in den vergangenen jahren den schulterschluss zwischen eu und usa noch einmal deutlich gefestigt. ich bin sicher, dass auch trump sich sehr rasch der bedeutung der transatlanti- schen partnerschaft bewusst sein wird. bundeskanzlerin merkel hat dem neuen präsidenten eine enge zusammenarbeit auf unserer gemeinsamen wertebasis angeboten. ich gehe davon aus, dass trump hierauf eingehen wird . t niels annen (spd) der wahlsieg von donald trump hat uns alle überrascht und stellt eine zäsur dar. auch wenn ich mir ein anderes wahler- gebnis ge- wünscht habe, gilt es, das er- gebnis zu res- pektieren. do- nald trump hat bisher wenig ver- ständnis für die internationale rolle der usa gezeigt. ich er- warte, dass er schnellstmöglich für klarheit über den zukünftigen außenpolitischen kurs der usa sorgt. seine verstörenden aussagen über die nato und zum amerikanischen nukleararsenal oder sein lob für russ- lands präsident wladimir putin werfen tiefgreifende fragen auf, die umgehend geklärt werden müssen. auch unter prä- sident obama waren die usa als partner in globalen fragen wie zum beispiel beim kampf gegen den globalen klima- wandel ein schwieriger partner. hoffen wir, dass die usa ein partner bleiben. t © büro hardt/katja-julia fischer stefan liebich (die linke) es ist realität geworden: donald trump wird präsident der usa. trump ist eine schlechte wahl, doch die usa ernten mit ihm, was sie mit der tea-party be- wegung säten. die republikaner haben die popu- listen jahrelang umworben, das rächt sich nun. jetzt wird ein mann präsident, der den klima- wandel verneint, sich nicht von der ideologie der „weißen vorherrschaft“ distanziert, der minder- heiten und ausländer diskriminiert und ausgrenzt. für die transatlantischen be- ziehungen werden die kommenden vier jahre sicher nicht einfach. wir müssen uns in deutschland und in europa klar positionieren: mehr denn je müssen wir unsere konzepte für eine friedliche, fort- schrittliche und gerechtere welt in den vordergrund rücken. ein zurück in eine vermeintlich bessere vergangenheit darf es nicht geben. t © büro liebich omid nouripour (grüne) die wahl donald trumps zum präsiden- ten der usa ist ein beängstigendes er- eignis. trump steht für spaltung und hass, in der ame- rikanischen ge- sellschaft und in der internationa- len politik. wir dürfen seine abenteuerlichen ankündigungen in der internatio- nalen politik nicht kommen- tarlos durchge- hen lassen und müssen die usa an ihre verpflichtungen, zum beispiel in der nato, erinnern. wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass die mehrheit der amerikanischen wählerinnen und wäh- ler ihm nicht seine stimme gegeben hat. ebenso wenig dürfen wir nur mit dem finger auf andere zeigen: auch in europa gibt es viele populisten vom schlage trumps. deswegen müssen die demokratischen kräfte auf beiden seiten des atlantiks jetzt erst recht lautstark für die gemeinsamen werte eintreten. t © büro nouripour ©büro annen/susie knoll der künftige us-präsident donald trump (mitte) während der ersten ansprache in der nacht seines wahlsieges, eingerahmt vom künftigen vizepräsident mike pence (links) sowie von sohn barron william trump (rechts). © picture-alliance/dpa hillary clinton (bild oben links, mit ehemann und ex-präsident bill) enttäuschte ihr anhänger. ihre niederlage lässt die fans des „pre- sident-elect“, donald trump, jubeln (bild unten links). © picture-alliance/olivier douliery/cnp/admedia/empics/michael reynolds/epa/dpa 4 amerika hat gewählt das parlament - nr. 46-47 - 14. november 20165