in oder out? delikte in flüchtlingsunterkünften menschenrechte die zahl der straftaten in erstaufnahmeeinrichtungen und sammel- unterkünften für flüchtlinge hat im verlauf des jahres 2015 zugenommen. wie eine ver- treterin des bundesinnenministeriums (bmi) vergangene woche im ausschuss für men- schenrechte ausführte, liege diese zahl nach einer vorläufigen durch das bundeskriminal- amt bei den ländern ermittelten lageüber- sicht im „niedrigen fünfstelligen bereich“. die bmi-vertreterin verwies darauf, dass nicht alle bundesländer daten geliefert hätten und die zahl mit vorsicht zu genießen sei: solide daten würden erst mit der polizeilichen kri- minalstatistik für 2015 vorliegen, die im mai erwartet wird. bei der hälfte der erfassten fälle in unterkünften ab 50 bewohnern habe es sich um rohheitdelikte wie etwa angriffe gegen die körperliche unversehrtheit gehan- delt, bei rund 16 prozent um diebstahl, sie- ben prozent hätten drogendelikte betroffen und ein prozent der fälle seien angriffe ge- gen die sexuelle selbstbestimmung gewesen. diese zahlen würden allerdings keinen auf- schluss darüber geben, ob solche taten gegen ethnische, religiöse und andere minderheiten innerhalb von flüchtlingsunterkünften gerich- tet gewesen seien: „wir wissen nicht, ob op- fer dieser erfassten angriffe etwa christen oder homosexuelle sind“, sagte die vertrete- rin des bmi. ein weiterer bmi-vertreter verwies auf die pläne des bundesfamilienministeriums zum schutz beziehungsweise zur besseren förde- rung von frauen und kindern. vorgesehen seien demnach bauliche maßnahmen wie et- wa die einrichtung von schutzräumen für frauen, fortbildungs- und schulungsangebote für das fachpersonal, bessere lern- und spiel- angebote für kinder sowie verbesserungen bei der psychologischen betreuung traumati- sierter flüchtlinge. ahe t 10 europa und die welt das parlament - nr. 9 - 29. februar 2016 enge kooperation bei katastrophen entwicklung ii die präsidenten des deut- schen roten kreuzes (drk) und des techni- schen hilfswerks (thw), rudolf seiters und al- brecht broemme, haben in der vergangenen woche im entwicklungsausschuss die bedeu- tung eines koordinierten vorgehens in der ka- tastrophenhilfe hervorgehoben. „nach kata- strophen, wie den schweren erdbeben in ne- pal im april und mai 2015, tritt eine unüber- schaubare vielzahl von akteuren in erschei- nung“, betonte seiters. während sich die er- fahrenen helfer unter dem dach des amtes der vereinten nationen für die koordinierung humanitärer angelegenheiten (ocha) in der regel schnell abstimmten, seien andere orga- nisationen mit den grundsätzen der nothilfe und den internationalen strukturen oft nicht vertraut. seiters stellte klar, dass alle 190 nationalen rotkreuz- und rothalbmondgesellschaften in einer „guten ausgangssituation“ seien, um im katastrophenfall hilfe zu leisten. die mitglie- der beteiligten sich grundsätzlich am un-koor- dinierungssystem und arbeiteten eng mit den lokalen partnern zusammen. die kooperation zwischen drk und thw sei eng. thw-präsident broemme betonte, die meisten deutschen organisationen stimmten sich in notfällen genau ab, damit keine doppelarbeit geleistet werde. der einsatz in nepal habe aber einmal mehr gezeigt, „wie wichtig auch eine internationale zusammenarbeit ist“. bei- spielhaft verwies er auf hilfslieferungen, die keiner bestellt habe „und die auch keiner brauchte“. dabei sei die lieferung von hilfsgü- tern „eine sache, die verteilung im land eine andere“. als „absurd“ und eine „verschwen- dung von ressourcen“ bezeichnete broemme den umstand, dass kleinere hilfsorganisatio- nen aus deutschland trotz platzknappheit in den flugzeugen in begleitung von journalisten nach nepal geflogen seien. joh t weiterführende links zu den themen dieser seite finden sie in unserem e-paper streit ums kuratorium menschenrechtsinstitut der bundes- tag hat den vorschlägen der fraktionen von cdu/csu und spd (18/7703) für die wahl von sechs mitgliedern des kuratoriums des deutschen instituts für menschenrechte (dimr) zugestimmt. vorausgegangen war vergangene woche eine geschäftsordnungs- debatte auf antrag der grünen, die der ko- alition vorwarfen, die personalien im allein- gang durchzusetzen. union und spd hätten nicht die größe gehabt, die sechs vertreter aus zivilgesellschaft und wissenschaft kon- sensual im bundestag zu bestimmen, sagte die parlamentarische geschäftsführerin der grünen, britta haßelmann. herausgekom- men sei eine „monothematische besetzung“. michael grosse-brömer (cdu), parlamenta- rischer geschäftsführer der unionsfraktion verwies darauf, dass die grünen im vergange- nen jahr der gesetzlichen grundlage für das dimr, und damit auch dem wahlmodus der kuratoriumsmitglieder, zugestimmt hätten: „sie kritisieren ein verfahren, dem sie nicht nur zugestimmt haben, sondern das sie selbst vorgeschlagen haben.“ haßelmann erinnerte hingegen daran, dass dieses gesetz insbesondere auf das betreiben der union beinahe verhindert worden wäre – und dem institut im internationalen kon- text eine abstufung gedroht hätte. „deshalb haben wir damals im letzten moment dem gesetz zugestimmt.“ der aufsetzungsantrag der grünen wurde mit den stimmen von union und spd bei enthaltung der linken abgelehnt. ahe t aus plenum und ausschüssen un-entwicklungsziele als auftrag entwicklung i die bundesregierung soll die im september 2015 in new york beschlos- sene un-agenda 2030 für nachhaltige ent- wicklung mit ihren 17 zielen (sustainable de- velopment goals, sdgs) und 169 unterzielen in deutschland aktiv umsetzen. einen entspre- chenden antrag (18/7632) der koalitionsfrak- tionen nahm der bundestag am vergangenen donnerstag mit den stimmen von cdu/csu und spd gegen die stimmen der fraktion bündnis 90/die grünen an. die linksfraktion enthielt sich. einen ähnlich lautenden antrag der grünen (18/6061) lehnte das parlament ab. darin hat- te die fraktion die bundesregierung unter an- derem aufgefordert, einen realistischen auf- holplan vorzulegen, wie das ziel, bis 2020 0,7 prozent des bruttonationaleinkommens für entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden, erreicht werden kann. ein weiterer antrag der grünen (18/7649) wurde zur beratung in die ausschüsse überwiesen. deutschland, heißt es darin, solle national und international zu ei- nem vorreiter bei der umsetzung der „agenda 2030“ werden. uwe kekeritz (grüne) kritisierte in der debatte, dass der bundestag „dieses hochwichtige the- ma“ bereits zum zweiten mal erst zu später stunde aufrufe. dabei hätten die sdgs „ aller- höchste priorität“. heike hänsel (die linke) bezeichnete den koalitionsantrag als „schwach“, weil er wenig konkrete maßnah- men zur umsetzung der sdgs beinhalte. nach ansicht von peter stein (cdu) eine unzutreffe- ne kritik: „unser antrag enthält alle details.“ stefan rebmann (spd) betonte, die sdgs bein- halten einen „ganzen katalog an arbeitsaufträ gen – für uns alle“. joh t die vorentscheidung naht usa mit dem »super tuesday« wird es ernst für die bewerber um die nachfolge von barack obama bisher kreiste im ausleseprozess um den künftigen entscheider im weißen haus alles um das, was die amerikaner „momentum“ nennen – die gunst des augenblicks. mit siegen in iowa und new hampshire, den traditionellen auftakt-bundesstaaten im vorwahl-marathon, und kurz darauf in ne- vada und süd-carolina haben die republika- nischen (noch fünf) und demokratischen bewerber (zwei) für die nachfolge von ba- rack obama allein auf die schwungkraft ge- setzt, die sie bis zu den nominierungs-par- teitagen im juli tragen soll. hillary clinton bei den demokraten und donald trump bei den republikanern ha- ben die ouvertüre mit jeweils drei siegen am besten bestanden. richtig ernst wird es für sie und die konkurrenz aber erst ab die- sem dienstag. dann wird der taschenrech- ner zum wichtigsten utensil im teuersten wahlkampf aller zeiten – der große dele- gierten-count beginnt. am „super tuesday“ werden bei den demokraten in alabama, dem außen-territorium american samoa, arkansas, colorado, georgia, massachusetts, minnesota, oklahoma, tennessee, texas, ver- mont, virginia rund 1.000 delegiertenstim- men vergeben. nimmt man in den tagen da- nach noch kansas, louisiana, nebraska, mai- ne, die demokraten im ausland, michigan, mississippi, das außen-territorium nördli- che marianen, florida, illinois, missouri, nord-carolina und ohio hinzu, erhöht sich das stimmenpaket bis zum 15. märz auf knapp 2.000. zielmarke um diese zeit, so haben us- meinungsforscher und analysten kalkuliert, könnte also schon relativ verlässlich abseh- bar sein, ob hillary clinton die zielmarke von 2.383 stimmen erreicht oder ihr einzi- ger herausforderer bernie sanders, der sena- tor aus vermont. 2.383 stimmen – so viel unterstützung muss ein bewerber bei den demokraten erreichen, um beim krönungs- parteitag ende juli in philadelphia offiziell auf den schild gehoben zu werden. die letz- ten vorwahlen finden im juni statt. das ist bei den republikanern genauso, nur sind die zahlenverhältnisse anders. um auf dem parteitag im juli in cleveland als kan- didat der „grand old party“ ausgerufen zu werden, benötigt man 1.237 delegierten- stimmen. bisher wurden erst 130 verteilt. davon hat trump rund 80 eingesammelt. am super-dienstag stehen für trump & co. in alabama, alaska, arkansas, colorado, georgia, massachusetts, minnesota, oklaho- ma, tennessee, texas, vermont, virginia, wyoming rund 630 voten auf dem spiel. nimmt man in den tagen bis zum 15. märz noch kansas, kentucky, louisiana, maine, puerto rico, hawaii, idaho, michigan, mis- sissippi, guam, die hauptstadt washington, d.c., florida, illinois, missouri, nord-caro- lina, die nördlichen marianen und ohio hinzu, erhöht sich der saldo auf rund 1.300. weder bei demokraten noch republikanern kann ein kandidat, selbst wenn er einen bundesstaat gewinnt, zurzeit alle stimmen bekommen. die platzierten werden propor- tional bedacht. bei den demokraten bis zum schluss, bei den republikaner bis zum 15. märz. deshalb gelten dort bundesstaa- ten wie florida und ohio als besonders wichtig. dort werden insgesamt rund 160 stimmen nach dem prinzip „winner takes all“ verteilt. kampagnen ab der ersten märzwoche ver- ändert sich der charakter des wahlkampfs enorm. persönliche kontakte, wie sie die kandidaten zu beginn in intimen townhall- meetings in kirchen, turnhallen und restau- rants in iowa und new hampshire pflegten und basisdemokratische nähe zwischen volk und volksvertretern praktizierten, sind dann gestrichen. wo und wie ressourcen einge- setzt werden, entscheiden landkarte und umfragewerte. fernsehauftritte und tv-wer- bespots dominieren die absehbar hässlicher werdende auseinandersetzung. das image der kandidaten wird immer wichtiger. weil der anteil der wähler, die sich erst unmittel- bar vor dem wahlgang entscheiden, bei mehr als 50 prozent liegt, überlassen die strategen der einzelnen kampagnen nichts mehr dem zufall. jeder fehler, der über die medien verbreitet wird, kann nun schwer- wiegende folgen haben. legt man das mittel der seriösen meinungsforscher zugrunde, ha- ben donald trump und hillary clinton aus heutiger sicht die größten chancen, sich bis mitte märz den weg richtung nominierung zu ebnen. ein bau-unternehmer also gegen eine frühere first lady und außenministe- rin? amerika ist gespannt. dirk hautkapp t der autor berichtet als korrespondent der funke-mediengruppe aus washington. hillary clinton liegt bei den vorwahlen der demokraten bisher vorn. © picture-alliance/dpa schatten der hohen pforte türkei bundestag vertagt erklärung zu massakern an armeniern handelt es sich bei den massakern an den armeniern im osmanischen reich vor 100 jahren um einen genozid? vor knapp einem jahr haben die fraktionen im bundestag da- zu eine ebenso deutliche antwort gefunden wie bundespräsident joachim gauck und bundestagspräsident norbert lammert (cdu), die beide den tod von etwa andert- halb millionen armeniern in den jahren 1915 und 1916 als völkermord bezeichnet und die mitverantwortung des deutschen reiches klar benannt hatten. bisher ist es den fraktionen im bundestag nicht gelun- gen, eine gemeinsame erklärung auf den weg zu bringen – auch nicht in der vergan- genen woche: die grünen wollten mit ei- nem eigenen antrag (18/7648) die sache beschleunigen, zogen die vorlage nach teils heftigem schlagabtausch im plenum dann aber zurück, nachdem aus der unionsfrakti- on signale kamen, sich nun erneut für ein gemeinsames papier zusammenzusetzen. ins wasser fiel damit auch die eigentlich geplan- te namentliche abstimmung. flüchtlingskrise cem özdemir (grüne) kritisierte in der debatte, dass union und spd zurückzucken würden, um in der aktu- ellen flüchtlingskrise „den türkischen staatspräsidenten auf keinen fall zu verär- gern“. eine solche position aber stehe für ei- ne „zynische variante der realpolitik“ – ganz so wie es die deutsche reichsregierung im jahr 1915 praktiziert habe, als sie den verbündeten am bosporus trotz der massa- ker an den armeniern bei der stange halten wollte, „koste es was es wolle“. klaus brähmig (cdu) bezweifelte, ob ein beschluss zum jetzigen zeitpunkt dem ziel einer sachlichen aufarbeitung dienen würde und stattdessen eher zu einem „türkeikriti- schen signal hochstilisiert“ werden könnte. aufarbeitung durch die türkei könne nur er- folgreich sein, „wenn sie aus eigenen an- trieb geschieht“ und nicht durch druck von außen und den erhobenen zeigefinger. brähmig erinnerte an die „gewaltige huma- nitäre hilfeleistung“, die die türkei mit der aufnahme von mehr als zwei millionen syri- schen flüchtlingen erbringe. man dürfe die zusammenarbeit mit ankara zur bewälti- gung der flüchtlingskrise nicht aufgeben. schweigen ulla jelpke (linke) wertete sol- che argumente als zeichen dafür, dass sich die koalition von ankara offenbar diktieren lasse, welche anträge im bundestag zu ab- stimmung gebracht werden sollen. „sie legen das thema auf eis, weil sie erdogan nicht verärgern wollen. sie schweigen, damit die flüchtlingsabschottung funktioniert.“ jelpke erinnerte daran, dass bei einer debatte im april 2015 alle fraktionen in der bewertung der massaker und vertreibungen von 1915 als völkermord an den armeniern einig ge- wesen seien. der nun von den grünen vorge- legte antrag aber drücke sich nicht nur vor einer solch klaren einordnung, er verharm- lose auch die beteiligung und das wegschau- en der führung des deutschen reiches. dietmar nietan (spd) bedauerte, dass es bisher nicht gelungen sei, zu einem gemein- samen antrag zu kommen. die debatte im april 2015 sei vor allem deshalb eine stern- stunde des parlaments gewesen sei, weil in ihr ein „würdiges gedenken an die opfer“ zum ausdruck gekommen sei. heute aber bestehe die gefahr, dass dieses gedenken zum vehikel werde für kritik an der türkei und dem verhalten der bundesregierung in einer aktuellen politischen frage. mit einer entschließung wenige tage vor dem eu-tür- kei-gipfel sei niemandem gedient, „weder, den problemen, die wir dort lösen wollen, noch dem gedenken an das armenische volk“, sagte nietan. ahe t e s dauerte keine 48 stunden bis david cameron nach seinem mühsam in brüssel ausgefoch- tenen reformdeal den ersten und möglicherweise schmerz- haftesten angriff abbekam. londons bürgermeister boris johnson be- gann die offene feldschlacht um das briti- sche eu-referendum und bekannte sich zum out. der austritt aus der europäischen union sei für ihn der bessere deal, verkündete camerons partei- und studienfreund. „wir sehen den langsamen und unsichtbaren prozess einer legalen kolonialisierung, weil die eu fast jeden bereich der politik infil- triert (...) je mehr sie tut, umso weniger raum bleibt übrig für nationale entschei- dungen.“ der europäische gerichtshof ha- be am ende immer den vorrang vor dem britischen recht. nationale souveränität? schon lange aufgegeben. großbritannien kann es allein besser, ist johnsons fazit. während premier came- ron seinem land durch die ausgehandel- ten eu-reformen einen besseren status im klub verschafft zu haben behauptet, zäh- len die brüsseler zugeständnisse – etwa ein mitspracherecht bei für london relevanten entscheidungen der eurozone und die möglichkeit, neu zugezogenen eu-auslän- dern in seinem land bis zu vier jahre lang sozialleistungen zu verwehren – für die eu-gegner nichts. „sie sind das papier nicht wert, auf dem sie stehen“, fasst es ni- gel farage, chef der anti-eu-partei ukip, zusammen johnsons bekenntnis ist für ihn ein glücksfall. der exzentrische, wortgewaltige tory mit blondem zauselhaar ist durch alle schichten wegen seiner exzentrik und sei- ner intellektuellen, zugleich volksnahen schlagfertigkeit beliebt. die out-kampa- gne hat damit ein sehr populäres gesicht. einer umfrage der euroskeptischen zei- tung „daily telegraph“ zufolge, für die johnson als kolumnist schreibt, wollen 64 prozent für den brexit stimmen, weil „bojo“ es tut. auf das drittel der unent- schiedenen wähler wird sein bekenntnis wie auch das anderer prominenter konser- vativer kabinettsmitglieder ebenfalls ein- fluss haben. knapper vorsprung derzeit liegt das la- ger der eu-freunde mit rund 54 prozent in den umfragen acht punkte vor den aus- steigern. aber bis zum referendumstermin am 23. juni kann noch viel passieren. die briten werden bis dahin genau hinsehen, was auf dem kontinent passiert, und es wird ihre entscheidung leiten. die lage der flüchtlinge spitzt sich zu, besonders in griechenland, das durch die euro-krise ohnehin vor dem abgrund steht – in den augen vieler briten verschuldet durch in brüssel und berlin gemachte politik. auch ein neuerlicher islamistischer terroran- schlag könnte die lage ändern. schon jetzt machen die britischen, in ihrer großen mehrheit heftig brüssel-feindlichen boule- vardmedien mit vermeintlichen zahlen zu dschihadisten auf, die sich zu tausenden versteckt im flüchtlingstreck auf das kö- nigreich zubewegten. und so verhallen die reformen, die came- ron beim eu-gipfel ausgehandelt hat. zwar ging die zustimmung zur eu-mit- gliedschaft unmittelbar danach merklich nach oben. aber bei der in eu-fragen schockierend uninformierten öffentlich- keit drängten sehr schnell andere schlag- zeilen in den vordergrund. etwa die be- hauptung eines gegners camerons aus den eigenen reihen. die zusagen an den pre- mier seien im ernstfall sowieso nicht recht- lich bindend, behauptete der scharfsinnige justizminister michael gove. dass eu-rats- präsident donald tusk diesen vorwurf um- gehend zu entkräften versuchte, zählte we- nig bei einem publikum, das den brüsseler institutionen nicht über den weg traut. so ist es an cameron, die briten von „sei- ner reformierten eu“ zu überzeugen. in der ersten unterhausdebatte nach dem gipfel trug er nach meinung der britischen kommentatoren den ersten punktsieg ge- gen johnson davon. auch durch sätze wie diesen: „ich kenne eine reihe von paaren, die eine scheidung eingeleitet haben. aber ich kenne keines, das dies getan hat, um sich danach wieder das eheversprechen zu geben.“ eine gezielte attacke auf johnson, in dessen theorie die eu nach einem bre- xit so verzweifelt sein wird, dass london noch einmal verhandeln kann – um einen „wirklich guten“ deal zu bekommen. im europäischen parlament ernteten die vertreter der britischen konservativen ebenfalls spott. cameron habe seinen deal nicht für den verbleib in der eu ge- schlossen, „sondern um die tory-partei wieder zu einen“, urteilte guy verhofstadt, chef der liberalen. johnsons eintreten für den austritt sei „gegen das interesse der menschen in london. das pfund fällt in den keller. die union des königreichs ist gefährdet“, warnte er mit blick auf die eu- rofreundlichen schotten. „und glaubt nicht, ihr könnt nach einem nein zurück an den verhandlungstisch. hier gilt: in oder out.“ der deutsche csu-abgeordnete manfred weber, vorsitzender der konservativen fraktion, stellte den gesamten deal in fra- ge: „es ging um die sonderinteressen der city of london und die zahlung von kin- dergeld an eu-ausländer. die frage ist, ob das die wichtigsten prioritäten in diesen zeiten sein dürfen.“ stefanie bolzen t die autorin ist korrespondentin der „welt“ in london. david cameron (links) will sein land in der eu halten. doch ausgerechnet sein parteifreund, der außerordentlich populäre londoner bürgermeister boris johnson (rechts), hat sich jetzt an die spitze der „out“-kampagne gesetzt. © picture-alliance/empics in oder out? grossbritannien david cameron hat seinen deal mit der eu durchgesetzt. doch die schwierigste aufgabe, einen »brexit« zu verhindern, steht ihm noch bevor