wohlwollende skepsis 4 europa und die welt das parlament - nr. 26 - 26. juni 2017 es ging ein ruck durch europa – so lässt sich, angelehnt an die worte von alt-bundesprä- sident roman herzog, die stimmung auf dem eu-gipfel ende vergangener woche be- schreiben. in seltener harmonie kamen die 28 europäischen staats- und regie- rungschefs in brüssel zusammen – und in einigen wesentlichen punkten auch voran: zwar gab es mal wieder keine fortschritte bei der lösung des endlos-streits um die flüchtlingsverteilung in europa. dafür aber einigten sich die teilnehmer auf eine „ständige strukturierte zusammenarbeit in der verteidigungspolitik“ und einen vertei- digungsfonds für gemeinsame rüstungs- projekte; eu-kommissionspräsident jean- claude juncker sprach freudig von einer „schlafenden prinzessin des vertrags von lissabon“, die endlich geweckt worden sei. auch das pariser klimaabkommen wollen die eu-spitzen trotz des angekündigten rückzugs der usa nicht neu verhandeln. stattdessen soll die zusammenarbeit mit für den klimawandel besonders anfälligen staaten weiter ausgebaut werden. positive signale kamen zudem aus großbritannien: premierministerin theresa may stellte den 3,2 millionen eu-bürgern im vereinigten königreich nach dem ausstieg ihres landes weitreichende bleiberechte in aussicht. es scheint, als wehe nach den zahllosen krisentreffen der vergangenen jahre ein neuer wind durch europa, wofür nicht we- nige beobachter einen mann maßgeblich mitverantwortlich machen: frankreichs neuen präsidenten emmanuel macron. der bekennende europa-freund läutete mit seinem erdrutsch-sieg bei den parla- ments- und präsidentschaftswahlen nicht nur eine trendwende in der eu ein, als er den rechten front national in die schran- ken wies. er stellte zudem einen innen- wie zur schau, der sogar bundeskanzlerin angela merkel (cdu) zu der bemerkung hinriss, der 39-jährige sei ein „hoffnungsträger von millionen franzosen, auch von vielen menschen in deutschland und in ganz europa“. macrons ideen reichen weit: er will europa „neu begründen“, unter anderem mit ei- nem eigenen finanzminister für die euro- zone sowie einem gemeinsamen haushalt. dafür sucht er auch den schulterschluss mit merkel. „ich wünschte mir, wir würden zum geist der kooperation zurückkehren, wie er einst zwischen françois mitterrand und helmut kohl herrschte“, sagte er im vorfeld des gipfels mehreren europäischen zeitungen. europapolitischen reformeifer zwischen hoffnung und sorge in einer auf verlangen der fraktion bündnis 90/die grünen anberaumten aktuellen stunde wurde am vergangenen donnerstag klar: die personalie macron stößt im politi- schen berlin grundsätzlich auf wohlwol- len. „als er gewählt wurde, fiel uns allen ein stein vom herzen, dass es nicht marine le pen geworden ist“, sagte spd-haus- haltsexperte carsten schneider (spd). „sie hätte nämlich frankreich aus der eu ge- führt.“ doch während spd, grüne und linke in der debatte zuvorderst die hoff- nung äußerten, der polit-neuling werde ei- nen neuen geist der kooperation in der eu wecken, wandten sich cdu und csu kurz notiert grüne wollen »institut für humanitäre angelegenheiten« die fraktion bündnis 90/die grünen will ein „institut für humanitäre angelegenhei- ten“ schaffen, das die deutsche und inter- nationale humanitäre hilfe mit fachlicher expertise und eigenständiger forschung unterstützen soll. den dazu vorgelegten antrag (18/12530) überwies der bundestag am vergangenen donnerstag zur weiteren beratung an die ausschüsse. deutschland sei in den vergangenen jahren zu einem der wichtigsten geber für humanitäre hilfe geworden, heißt es darin. „die chance, die sich vor diesem hintergrund bietet, die in- haltliche ausgestaltung und die politischen bedingungen der humanitären hilfe auch auf der internationalen ebene positiv zu beeinflussen“, nehme deutschland aller- ahe t dings nicht ausreichend wahr. nein zu grünen-antrag zur reform der humanitären hilfe ein antrag (18/8619) der grünen zur re- form der humanitären hilfe ist am vergan- genen donnerstag an den stimmen der ko- alition gescheitert. die abgeordneten hat- ten die regierung unter anderem aufgefor- dert, die mittel für akute notsituationen zu erhöhen. mindestens 30 prozent der mittel sollten in zukunft ohne zweckbindung ver- geben werden. außerdem sollten finanziel- le zusagen an partnerorganisationen stär- ker als bisher im voraus und über mehrere ahe t jahre hinweg gemacht werden. weiterführende links zu den themen dieser seite finden sie in unserem e-paper wohlwollende skepsis europa frankreichs neuer präsident emmanuel macron gilt vielen in der eu als hoffnungsträger. im bundestag stoßen seine ideen aber nicht nur auf gegenliebe bundeskanzlerin angela merkel (links, cdu) und frankreichs staatspräsident emmanuel macron bei einer symbolhaften gemeinsamen pressekonferenz nach abschluss des eu-gipfels am vergangenen freitag © picture-alliance/vemdb/butenhoff gegen pläne in richtung „transferunion“ und stellten klar, dass macron zuerst das eigene land aus der krise holen muss – et- wa durch die von ihm geplante reform des arbeitsrechts. alexander radwan (csu) zeigte sich „froh, dass macron die eigen- verantwortung frankreichs ernst nimmt“ und verwies auf die erfolge portugals, spa- niens und irlands bei der sanierung ihrer haushalte. matern von marschall (cdu) hoffte, dass sich macrons reformplan an der deutschen agenda 2010 orientieren wird. mit blick auf die eu-agenda des franzosen sprach sich marschall klar gegen eine „vergemeinschaftung von schulden“ zulasten deutschlands aus. carsten schneider konterte, das von cdu und csu gesendete „willkommensignal“ an macron sei „absolut nicht in ordnung“ gewesen. „die erste reaktion namhafter kollegen vonseiten der union war, darauf hinzuweisen, was alles nicht geht, dass er (macron) euro-bonds wolle et cetera. das alles ist blödsinn“, urteilte er und drängte darauf, den gemeinsamen wirtschafts- und währungsraum für die zukunft zu stärken. auch sven-christian kindler (grüne) for- derte eine „weiterentwicklung europas“, konkret „einen stärkeren eu-haushalt, so- zial-ökologische investitionen, eine steuer- betrugsbekämpfung sowie eine europäi- sche arbeitslosenversicherung“. die bun- desregierung ermutigte er, „den ball von macron aufzunehmen“. mehr kooperation in der eu will auch die linksfraktion, mit blick auf macrons ar- beitsrechtsreform stellte alexander ulrich aber klar: „frankreich braucht alles, aber keine französische agenda 2010.“ einig waren sich opposition und spd in ihrer kritik an merkel, die anders als üb- lich vor beginn des eu-gipfels keine regie- rungserklärung vor dem parlament abgege- ben hatte. dies will die kanzlerin diese woche donnerstag ab 9 uhr nachholen. merkel hatte letzte woche erklärt, sie kön- ne sich eine gemeinsame wirtschaftsregie- rung vorstellen, über einen eu-finanzmi- nister und ein euro-budget könne man nachdenken. offenbar springt der deutsch- französische motor wieder an: schon am 13. juli soll ein gemeinsamer ministerrat eine roadmap für die vertiefung der euro- zone aufstellen. johanna metz t aus plenum und ausschüssen disput um zwei-staaten-lösung menschenrechte die lage der menschen- rechte in israel und den palästinensischen auto- nomiegebieten wird von experten kontrovers beurteilt. in einer anhörung des ausschusses für menschenrechte und humanitäre hilfe entzün- dete sich die diskussion vergangene woche vor allem an der frage der zwei-staaten-lösung, an der blockade des gazastreifens und den israe- lisch besetzten gebieten im westjordanland. „das gros der menschenrechtsverletzungen gibt es in den palästinensischen gebieten und resultiert in der auf dauer angelegten militäri- schen besatzung“, sagte muriel asseburg (stif- tung wissenschaft und politik). israel verletzte hier etwa durch einschränkung der bewegungs- freiheit, anwendung der militärjustiz für palästi- nenser, der häufigen verhängung von adminis- trativhaft und der zerstörung von häusern bür- gerliche, wirtschaftliche und soziale rechte. michael borchard (konrad-adenauer-stiftung) erinnerte daran, dass israel als einziger demo- kratie in der region bei pluralität, meinungs- und redefreiheit, wahlrecht regelmäßig ein „gutes bis sehr gutes zeugnis“ ausgestellt wer- de. allerdings lasse sich dieser „hohe grund- rechtsstandard“ nur halten, wenn israel auf die zwei-staaten-lösung als „einzig gangbare lö- sung“ setze. borchard warb dafür, dass die in- ternationale gemeinschaft israel bei diesem ziel weiter unterstützen solle: „jedes zaudern und zögern“ werde im äußerst rechten politischen spektrum in israel instrumentalisiert. jeff halper (israeli commitee against house de- molitions, icahd) hingegen sagte, dass die zwei-staaten-lösung längst „vom tisch“ und israel auf dem weg in die apartheid sei. es gebe heute de facto ein land zwischen mittelmeer und jordan mit einer armee, einer währung und einer regierung. offiziell nenne israel siedlun- gen im westjordanland „umstrittene“ oder „verwaltete territorien“ und leugne damit, „dass es eine besatzungsmacht“ sei. halper for- derte, dass die internationale gemeinschaft is- rael auf einem weg zu einem „multikulturellen staat“ unterstützen solle: kerstin müller (leiterin des büros der heinrich- böll-stiftung in tel aviv) widersprach vehement: wer dies fordere, verabschiede sich von grün- dungsidee und anspruch einer jüdischen, demo- kratischen staates. israel sei eine stabile demo- kratie mit einer „sehr, sehr lebendigen zivilge- sellschaft“, einer bunten medienlandschaft, ei- ner funktionierenden justiz mit einem „supre- me court“ als „leuchtturm“. als „stachel im fleisch“ bezeichnete müller die „besatzung der westbank“. müller wandte sich gegen die vor- stellung, dass ein ende der besatzung von heute auf morgen möglich sei, wenn israel das nur wolle. „der israelisch-palästinensische konflikt ist eine geschichte der verpassten möglichkei- ten“ auf beiden seiten. auch jonathan heuberger, experte für völker- recht und völkerstrafrecht, warb dafür, an der zwei-staaten-lösung festzuhalten und betonte, dass auch israels regierungschef benjamin net- anjahu, sich in den vergangenen jahren mehr- fach zu dieser bekannt habe. alternativen zu dieser lösung würden den „charakter israels als demokratischer, jüdischer staat“ unterminie- ren. ahe t »wir laufen auf augenhöhe mit« entwicklung bundesentwicklungsminister gerd müller (csu) hat in der vergangenen wo- che im entwicklungsausschuss mehr kohärenz in der deutschen entwicklungspolitik gefor- dert. der bereich sei ein querschnittsthema, das alle ministerien von arbeit und soziales bis verkehr betreffe. daher müssten in naher zukunft die richtigen strukturen geschaffen werden, betonte er bei seinem letzten besuch in der ablaufenden wahlperiode. „die struktu- ren von heute bilden nicht unbedingt die erfor- dernisse von morgen ab“, urteilte müller und verwies darauf, dass er anders als seine vor- gänger im amt auch andere fachausschüsse des bundestages besucht habe. „die botschaft muss in anderen ressorts ankommen: das bundesministerium für wirtschaftliche zusam- menarbeit und entwicklung (bmz) läuft auf augenhöhe mit.“ insgesamt zog müller eine positive bilanz sei- ner arbeit in den vergangenen vier jahren. es sei – vor allem im zuge der flüchtlingskrise – gelungen, die wichtigkeit von entwicklungspo- litik stärker ins öffentliche bewusstsein zu rü- cken. mit neuen initiativen für afrika, den drei sonderinitiativen des ministeriums und dem jüngst verabschiedeten nationalen aktions- plan für wirtschaft und menschenrechte habe das bmz neue wichtige schwerpunkte gesetzt. das ressort brauche aber auch mehr mittel, betonte müller. zwar sei der etat im vergange- nen jahr um 35 prozent angestiegen und da- mit das ziel, 0,7 prozent der bruttonationalein- kommens für entwicklung auszugeben, er- reicht worden. jedoch seien in diese rechnung die kosten für die unterbringung von flücht- lingen in deutschland einbezogen worden, kri- tisierte er. „ziel sollte es sein, das 0,7-prozent- ziel auch ohne flüchtlingskosten zu errei- chen“, stellte der ressortchef klar. mehr kohärenz ist auch in den augen der fraktionen notwendig. so betonte eine vertre- terin der union, dass die ministerien zustän- digkeiten klarer abstecken müssten, auch um die zusammenarbeit mit den partnerländern effizienter zu machen. aus der spd hieß es, es gebe zu viele häuptlinge, aber zu wenige in- dianer in den ministerien, weshalb dort die ex- pertise zu einzelnen themen zu wenig genutzt werde. ein vertreter von bündnis 90/die grü- nen äußerte den eindruck, dass die inkohärenz derzeit sogar zunehme und das bmz dadurch an bedeutung verliere. linke und grüne kritisierten darüber hinaus er- neut die wirtschaftspartnerschaftsabkommen der europäischen union mit afrika; auch aus den reihen der spd-fraktion gab es dazu kriti- sche stimmen. außerdem bekräftigten die op- positionsfraktionen ihre forderung, klare re- geln für die verantwortung global agierender konzerne aufzustellen. so soll die bundesre- gierung einen entsprechenden „treaty-pro- zess“ innerhalb des menschenrechtsrates der joh t vereinten nationen aktiv unterstützen. »albtraum eines großalbaniens« überfällig oder unsinn? kosovo die bundeswehr setzt den kfor-einsatz fort, schickt allerdings weniger soldaten europa ii experten uneins über künftige eu-sozialpolitik die bundeswehr wird sich weiterhin am sogenannten kfor-einsatz der bundes- wehr im kosovo beteiligen, die zahl der soldaten aber erheblich reduzieren. in na- mentlicher abstimmung votierten am ver- gangenen donnerstag 513 abgeordnete für antrag (18/12298) der bundesregierung, 53 lehn- ten ihn ab. es gab fünf enthaltungen. entsprechenden einen sicherheit der einsatz wurde vom bun- destag erstmals im juni 1999 gebilligt. ziel ist es, die entwicklung des kleinen balkan- staates zu einem stabilen, demokratischen, multiethnischen und friedlichen land zu unterstützen. lag die mandatsobergrenze zuletzt bei 1.350 soldaten, sinkt diese nun auf 800, da sich die lage im land weiter positiv entwickelt habe. „die kosovari- schen sicherheitsorgane erweisen sich als zunehmend in der lage, die öffentliche si- cherheit und ordnung ohne unterstüt- zung der internationalen sicherheitsprä- senzen zu gewährleisten“, schreibt die bundesregierung. die internationale trup- penpräsenz bleibe jedoch „notwendiger bestandteil der sicherheitsstruktur, um ein sicheres und stabiles umfeld aufrecht zu erhalten“. gernot erler (spd) machte deutlich, dass der kfor-einsatz immer noch gebraucht werde. im kosovo gebe es immer noch „eskalationspotential“. zur wahrheit gehö- re auch, dass korrupte eliten das land fortwährend ausbeuten würden und sich „stabilitätsversprechen teuer bezahlen“ ließen. „europa konnte die blutige bal- kankriege der 1990er jahre nicht verhin- dern“, sagte erler. die eu habe aber ge- lernt und zunächst mit einem stabilitäts- pakt und dann mit den eu-beitrittsaus- sichten das „tor zu einer positiven euro- paperspektive aufgestoßen“. es bedürfe im > stichwor t kosovo > unabhängigkeit die republik kosovo hat sich am 17. februar 2008 von ser- bien losgesagt und für unabhängig er- klärt. bislang wird der kleine balkan- staat (1,74 millionen einwohner) von 114 staaten anerkannt. > kfor-einsatz den einsatz der nato-si- cherheitstruppe kosovo force (kfor) hat der sicherheitsrat der vereinten na- tionen am 10. juni 1999 beschlossen. sollten die soldaten zunächst den abzug der jugoslawischen truppen und die ent- militarisierung des kosovo überwachen, so gehört nach der unabhängigkeit der aufbau eines sicheres umfelds und die unterstützung der arbeit internationaler hilfsorganisationen zu den aufgaben. rahmen des „berlin-prozesses“ aber eines neuen impulses und neuer mittel für die region, in der nicht zuletzt geopolitische „player“ eine zunehmend „offensive ein- flusspolitik alter schule“ betreiben wür- den, sagte erler. sevim dagdelen (die linke) lenkte den blick auf die vorgezogene neuwahl im ko- sovo, bei der extremisten die oberhand gewonnen hätten. der wahlsieger ramush haradinaj, ein früherer uck-kämpfer, sei nur deshalb nicht vom un-kriegsverbre- chertribunal in den haag verurteilt wor- den, weil neun von zehn zeugen während des prozesses ermordet worden oder ums leben gekommen seien. mit kfor werde somit ein „gebilde gestützt“, an dessen spitze bald ein mann stehen könnte, der die region mit dem „völkischen alb- traum“ eines „großalbaniens“ in brand setzen könnte. hinzu komme, dass sich das kosovo zu einem „islamistischen ter- rorzentrum“ entwickelt habe, sagte dagde- len. die bundesregierung verfahre jedoch „nach dem prinzip der die drei affen: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen“. franz josef jung (cdu) erinnerte daran, dass ohne ein eingreifen der nato 1999 keine rückkehr zu frieden und stabilität in der region möglich gewesen wäre. heu- te seien die kosovarische polizei und ar- mee in der lage, für sicherheit zu sorgen, kfor bleibe eine „rückversicherung“. es gelte weiterhin, die normalisierung der beziehungen zwischen serbien und koso- vo zu unterstützen. es brauche aber einen „neuen impuls“ für die bekämpfung der organisierten kriminalität und der korrup- tion im kosovo. „eine forderung nach ei- nem großalbanien ist genau das gegen- teil“ vom ziel eines stabilen, multiethni- schen staates, sagte jung. brisanz marieluise beck (grüne) warnte davor, dass es im gesamten westbalkan „mehr brisanz und sprengstoff“ gebe als hierzulande wahrgenommen werde. ser- bien stelle sich als stabil dar, seine innere verfassung passe aber nicht zum werteka- non der eu. mazedonien sei im „würge- griff einer clanstruktur“, bosnien-=herze- gowina wiederum leide an einem „dys- funktionalen staatsaufbau“ und einer „be- sorgniserregenden agonie“. über allem schwebe das „damoklesschwert ethnisch homogener phantasien“, die die region in flammen setzen könnten. hinzu komme, dass russland „als player“ offensiv mitmi- sche. es gebe auf dem balkan wieder „tek- tonische verhältnisse“ wie zu beginn des ersten weltkriegs, sagte beck. ahe/joh t »eine weitere verrechtli- chung der spielräume ist eher kontra- produktiv.« steffen kampeter (bda) sollte die europäische union einheitliche sozialleistungen für alle mitgliedstaaten festlegen? über mindestlöhne, arbeits- schutz und arbeitnehmerrechte bestim- men? kurzum: wie viel sozialpolitik sollte von brüssel aus gemacht werden? wenn es nach der eu-kommission unter präsident jean-claude juncker geht, in zu- kunft deutlich mehr. juncker hat die er- richtung einer europäischen sozialen säu- le ganz oben auf seine agenda gesetzt und will damit europaweit „fai- re und gut funktionierende arbeitsmärkte und sozial- systeme“ unterstützen. im april legte die kommission zur ein reflexionspapier sozialen dimension europas bis 2025 vor, um die debatte weiter anzusto- ßen. kurz zuvor hatten auch die staats- und regie- rungschefs der eu in ihrer erklärung von rom die be- deutung eines sozial star- ken europas unterstrichen. in einer öffentlichen anhörung des euro- paausschusses vergangene woche stießen die vorschläge und initiativen auf ein ge- mischtes echo bei experten. während die einen es als überfällig ansahen, dass die eu ihr soziales engagement verstärkt und eine eu-weite angleichung der nationalen sozi- alpolitiken forciert, warnten andere vor ei- ner übertragung von kompetenzen auf brüssel in diesem bereich. so urteilte professor michael eilfort von der stiftung marktwirtschaft: „die autono- mie kleinerer einheiten ist einer zentral administrierten und regulierten europäi- schen sozialpolitik vorzuziehen.“ es gebe regional sehr unterschiedliche präferenzen und große, historisch gewachsene unter- schiede in den sozialsystemen der einzel- nen länder. außerdem könnten eu-weit einheitlich geregelte soziale leistungen die wettbewerbsfähigkeit wirtschaftlich schwä- cherer regionen beeinträchtigen und sie ökonomisch überfordern. steffen kampeter, hauptgeschäftsführer bundesvereinigung der deutschen arbeitge- berverbände (bda), argumentierte, eine europäische sozialpolitik müsse nicht un- bedingt effizienter sein. „eine weitere ver- rechtlichung der spielräu- me, die eine lebendige so- zialpartnerschaft ausfüllen können“, sei eher kontra- produktiv, warnte er. dem vorsitzenden des deutschen gewerkschafts- bundes reiner hoffmann, gehen die vor- schläge der kommission nicht weit genug. der euro- päische „spar-, lohnsen- kungs- und deregulie- rungswettlauf“ müsse drin- gend gestoppt werden, in- dem die 20 politikfelder der sozialen säule in „hartes recht“ in form von eu-richtli- nien umgesetzt werden. (dgb), notwendige rückbesinnung lobende worte für die jüngsten vorstöße der eu- kommission kamen von professor eber- hard eichenhofer von der friedrich-schil- ler-universität jena und frank schmidt- hullmann von der industriegewerkschaft bauen-agrar-umwelt (ig bau). es sei gut, dass die europäische union sich wieder auf das ihr zugrundeliegende sozialpoliti- sche motiv besinne, urteilten beide. es dür- fe nicht sein, dass binnenmarktfreiheiten heute höher bewertet werden als soziale rechte. johanna metz t