2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 16-17 - 15. April 2019 GASTKOMMENTARE KOSTENÜBERNAHME BEI PRAENA-TEST FÜR ALLE? Falsches Beispiel PRO k e h t o t o h p © Guido Bohsem, Neue Berliner Redaktionsgesellschaft s b e r K s a e r d n A © Eva Quadbeck, »Rheinische Post«, Düsseldorf Es ist angesichts der deutschen Geschichte verständlich und richtig, dass Untersu- chungsmethoden für das ungeborene Le- ben mit besonderer Skepsis betrachtet werden. Dies geschieht auch bei der Frage, ob Krankenkassen einen Bluttest zahlen sollen, der Trisomie 21 verlässlich erkennen lässt, jene Ge- nommutation also, die das Down-Syndrom aus- löst. Viele fürchten, dass der Test die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche erhöht und somit Teil eines zynischen Optimierungswahns ist. Die Debatte ist richtig. Sie wird aber am falschen Beispiel geführt. All diese Befürchtungen treffen auf andere Früherkennungsmethoden zu, aber nicht auf den Trisomie-Bluttest. Wer dies vermutet, hat sich entweder nicht mit den medizinischen Verfahren vertraut gemacht oder ignoriert es. Das Prozedere nämlich zeigt, dass es völlig falsch wä- re, den Test für Kassenpatientinnen weiterhin nur als kostenpflichtige Zusatzleistung anzubieten. Nicht der Bluttest, sondern der Ultraschall ist das wichtigste Instrument, um nicht nur Hinweise auf Trisomie 21, sondern auch auf andere, häufiger vorkommende Fehlbildungen zu erhalten. Erst wenn diese Untersuchung Hinweise auf ein Down- Syndrom ergibt, kommt es zum Bluttest. Fällt auch dieser positiv aus und wünscht die Frau eine Ab- treibung, wird zur absoluten Sicherheit noch ein- mal eine Fruchtwasseruntersuchung gemacht (die übrigens in vielen Fällen Kassenleistung ist). Wer sich den Bluttest nicht leisten kann, wählt derzeit in der Regel sofort die Fruchtwasseruntersuchung, die aber einen schwerwiegenden Nachteil hat: Sie geht mit dem Risiko einer Fehlgeburt einher. Zahlt die Kasse den Bluttest, wird es also nicht zu mehr Abtreibungen kommen, womöglich aber zu weni- ger Fehlgeburten. Das sollte man wissen. geren ist es schon seit Jahren möglich, mit einer kassenfinanzierten Fruchtwas- seruntersuchung herauszufinden, ob das Ungeborene ein Down-Syndrom aufweist. Diese Biopsie ist mit dem Risiko verbunden, dass sie auch zu einer Fehlgeburt führen kann. Was spricht also dagegen, die gefährliche Untersuchung durch einen einfachen Bluttest zu ersetzen? Es gibt gute Gründe, diese scheinbar so logische Entscheidung nicht zu treffen. Unsere Gesellschaft ist in hohem Maß auf die Optimierung des eige- nen Lebens ausgerichtet. Entsprechend anfällig ist sie dafür, auch die Eigenschaften ungeborener Kinder zu kontrollieren und die nicht gewünschten auszusortieren. Je mehr routinemäßig überprüft wird, desto größer wird der Druck auf die Eltern, sich gegen Kinder zu entscheiden, die nicht das Merkmal „gesund“ tragen. Eine zusätzliche Bera- tung wird diesen Automatismus nicht aufhalten können. Die weiteren Grenzen können sich in der Folge leicht verschieben: Wird per Bluttest das Down-Syndrom ermittelt, warum dann nicht auch nach schwerwiegenderen Befunden fahnden, wenn die Wissenschaft es so leicht kann? Viel besser wäre es, wenn die Gesellschaft in die- ser Frage einen Schritt zurückginge und die Selek- tion von Kindern mit Down-Syndrom in Frage stellte. Wir müssen mehr auf die Menschen mit Down-Syndrom hören, die ihr Recht auf Leben re- klamieren und die vorleben, wie souverän man mit Handicaps umgehen kann. Wir müssen auch noch mehr den Eltern dieser Kinder zuhören, die ein erfülltes Familienleben führen und sich nicht die Frage gefallen lassen wollen, ob sie das Kind nicht auch hätten verhindern können. Einen Schritt zurück CONTRA Es könnte so einfach sein: Risikoschwan- Mehr zum Thema der Woche auf den Seiten 1 bis 3. Kontakt: gastautor.das-parlament@bundestag.de Herausgeber Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Fotos Stephan Roters Mit der ständigen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte ISSN 0479-611 x (verantwortlich: Bundeszentrale für politische Bildung) Redaktionsschluss 12. April 2019 Anschrift der Redaktion (außer Beilage) Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon (0 30)2 27-3 05 15 Telefax (0 30)2 27-3 65 24 Internet: http://www.das-parlament.de E-Mail: redaktion.das-parlament@ bundestag.de Chefredakteur Jörg Biallas (jbi) Druck und Layout Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH Kurhessenstraße 4 – 6 64546 Mörfelden-Walldorf Leserservice/Abonnement FAZIT Communication GmbH c/o InTime Media Services GmbH Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 32 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 32 E-Mail: fazit-com@intime-media-services.de Abonnement Jahresabonnement 25,80 €; für Schüler, Studenten und Auszubildende (Nachweis erforderlich) 13,80 € (im Ausland zuzüglich Versandkosten) Alle Preise inkl. 7% MwSt. Kündigung jeweils drei Wochen vor Ablauf des Berechnungszeitraums. Ein kostenloses Probeabonnement für vier Ausgaben kann bei unserer Vertriebsabteilung angefordert werden. 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(IVW) Für die Herstellung der Wochenzeitung „Das Parlament“ wird ausschließlich Recycling-Papier verwendet. Herr Dabrock, mit Hilfe eines Blut- tests können Eltern feststellen lassen, ob ihr Kind mit einer Behinderung, dem Down-Syndrom, geboren wird. Sie sind dafür, dass der Test künftig als Regelleis- tung der Gesetzlichen Krankenversiche- rung (GKV) zur Verfügung steht. Was hat Sie dazu bewogen? Ich möchte es anders formulieren. Ange- sichts der gegebenen Rechtslage und im Vergleich zu dem, was schon bezahlt wird, sehe ich keinen hinreichenden Grund da- für, weshalb die GKV ausgerechnet diesen Test bei Risikoschwangerschaften nicht be- zahlen sollte. Hier sind natürlich auch ethische Grundsätze betroffen, über die wir breit diskutieren sollten, aber nicht zu- lasten dieser einen konkreten Entschei- dung. Dabei sind ethische und rechtliche Grundsätze zu achten. Welche Grundsätze meinen sie? Die Grundsätze betreffen die Frage, wie wir in unserer Gesellschaft leben und wie wir mit Menschen umgehen, die nicht den normalen Vorstellungen entsprechen. Es geht also auch um Solidarität. Eine Gesell- schaft, die die Vielfalt des Lebens ermög- licht, ist lebenswert. Die Gesellschaft muss alles dafür tun, dass das möglich ist. Des- wegen müssen Familien unterstützt werden und die Menschen mit Behinderung brau- chen Förderung. Sie befürworten den kostenlosen Test ausschließlich für sogenannte Risiko- schwangerschaften, also nicht als Stan- dardtest in der Schwangerschaft? Der kostenlose Bluttest auf Trisomie 21 und Trisomie 18 sollte nur bei Risiko- schwangerschaften zugelassen werden, nur bei genau dieser Indikation. Die Risikoschwangerschaften betref- fen vor allem ältere Frauen, also ab 35 Jahren? Ja, aber darüber müssten wir auch debat- tieren, was heute eine Risikoschwanger- schaft bedeutet. Aber wir können nicht sa- gen, das debattieren wir nur an den nich- tinvasiven Bluttests, sondern wir diskutie- ren es entweder an den invasiven Frucht- wasseruntersuchungen und den Bluttests oder gar nicht. So zu tun, als würde mit dem nichtinvasiven Test ein Damm gebro- chen oder eine Grenze überschritten, das trifft einfach nicht zu. Könnte es infolge des kostenlosen Tests zu vermehrten Abbrüchen kommen? Wir haben jetzt schon eine sehr hohe Zahl an Abbrüchen nach identifizierter Trisomie 21. Die würde vielleicht noch etwas stei- gen, aber es würde nicht auf ein Vielfaches hochschnellen mit der Neuregelung. Was die Spätabtreibungen betrifft, dürften die Zahlen eher rückläufig sein. Die Tests dürfen teilweise schon ab der 9. Schwan- gerschaftswoche eingesetzt werden, bis zur 12. Woche gilt die sogenannte Fristenlö- sung für einen Schwangerschaftsabbruch. Die Frage wäre, muss jemand, der privat ei- nen solchen Test kauft, auch in die geneti- sche Beratung kommen oder nicht. Muss es dann nicht neben der medizinischen auch eine psychosoziale Beratung in dem Fall geben. Der Test kostet je nach Variante zwi- schen 130 und 300 Euro. Inwiefern spielt das Kostenargument eine Rolle? Den Mittelschichtmenschen macht das vielleicht nicht so viel aus, die können sich das als individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) kaufen, aber alle, denen es finan- ziell schlechter geht, könnten sich das nicht leisten. Wenn ein vergleichbares An- gebot, allerdings mit einem Fehlgeburtsri- siko, die Fruchtwasseruntersuchung also, von der GKV erstattet wird, ist es auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, den Blut- test zu erstatten bei gleicher Indikation. »Wir müssen reden« PETER DABROCK Der Vorsitzende des Ethikrates will mehr Förderung für Menschen mit Behinderung und Solidarität in der Gesellschaft © FAU/Dominik Gigler Befürchten Sie nicht, dass in Folge dieser Regelleistung die gesellschaftliche Akzeptanz für behinderte Kinder gerin- ger wird? Die Befürchtung ist theoretisch nachvoll- ziehbar, lässt sich empirisch aber nicht hal- ten. Immer mehr Frauen und Paare sagen zwar, dass sie sich psychisch nicht in der Lage fühlen, ein Leben mit einem Men- schen mit Trisomie 21 zu führen. In Lang- zeituntersuchungen stellen wir fest, dass Menschen mit Behinderung als immer nor- maler angesehen werden. Behinderungen haben sich in unser kulturelles Selbstver- ständnis eingebettet. Die frühere „Aktion Sorgenkind“ heißt heute „Aktion Mensch“, und viele Leute sind heute irritiert, wenn an einem öffentlichen Gebäude kein Be- hindertenaufgang zu finden ist. Aber Sor- gen muss man sich bei verletzbaren Grup- pen immer machen. Sorge heißt ja auch Fürsorge. Also müssen wir sorgfältig beob- achten, wie die gesellschaftlichen Trends sind. Es besteht aber kein Grund für eine Weltuntergangsstimmung, was das Leben mit Menschen mit Behinderungen angeht. PARLAMENTARISCHES PROFIL Dennoch haben wir Ausbaubedarf, sonst wäre die Diskussion über den Trisomie- Test nicht so, wie sie ist. Aus deutscher Sicht erinnert eine „Se- lektion“ von Leben ja auch immer an die Nazi-Gräuel, ist das ein Totschlagargu- ment oder eine zulässige Warnung? Weil der Abstand zur Nazi-Diktatur ja im- mer größer wird, meine ich, ist die blei- bende Erinnerung eine Verantwortung für die Gegenwart und Zukunft. Aber man darf auf keinen Fall den Schluss ziehen, dass Menschen, die den Trisomie-Test gut- heißen, zurück auf dem Weg in die Zeit der Nazi-Barbarei sind. So etwas wäre ganz schlimm und wird auch den inneren Kon- flikten, die Frauen und Paare durchma- chen, die darum ringen, ob sie das Kind durch ein gemeinsames Leben tragen kön- nen, nicht gerecht. Es mag künftig Tests geben, die Hin- weise auf andere Krankheiten erlauben. Was heißt das für die Debatte? Es wäre jedenfalls völlig richtig, das dann zu debattieren, aber nicht jetzt. Ethiker sprechen von einem Schiefe-Ebene-Argu- ment, wenn ich jetzt schon diesen Test ver- bieten würde, weil ja andere noch kom- men könnten. Wenn andere Tests anste- hen, müssen neue Debatten geführt wer- den über deren Zulassung. Wir befinden uns ja eigentlich noch im Frühstadium der Molekulargenetik. Worauf müssen wir uns einstellen? Die vergangenen 20 Jahre in der Genom- forschung haben gezeigt, dass alles viel komplexer und komplizierter ist, als wir gedacht haben. Die Fixierung auf das Ge- nom führt zu einer Pseudolösungshaltung. Ich vermute, dass es in bestimmten Kultu- ren einen Hang geben wird, diese Tendenz zu verschärfen, weil man die Anmutung hat, seinen Kindern auch biologisch nur das Beste mitgeben zu wollen. Von welchen Kulturen sprechen Sie? In Teilen der amerikanischen Kultur wird die reproduktive Freiheit unglaublich hoch gehängt. Auch im chinesischen Kulturkreis ist die Einstellung verbreitet, die biologi- sche Basis des Menschen zu designen. Da- mit macht man sich aber etwas vor, weil viele Erwartungen nicht eingelöst werden. Was würden Sie Eltern sagen, die sich ein „Designerbaby“ wünschen? Das Große und Wichtige im Leben ist, dass man sich von Kindern überraschen lässt. Jeder, der sich seinen Kindern ernsthaft stellt und diese nicht nur als psychischen oder physischen Klon seiner selbst begreift, wird alles tun, die Kinder, so wie sie sind, in ihren Talenten zu fördern und ihnen mit ihren Gaben und auch mit ihren feh- lenden Gaben ein glückliches Leben zu er- möglichen. Das wird man sicher nicht da- durch erreichen, dass man vermeintlich drei IQ-Punkte mehr oder blaue Augen für Kinder anstrebt. Ich glaube nicht, dass wir in den nächsten Jahrzehnten befürchten müssen, dass diese Form der genetischen Manipulationen in der Breite um sich greift. Deswegen würde ich solche spekula- tiven Debatten auch gar nicht befördern. Das Gespräch führte Claus Peter Kosfeld. T Peter Dabrock ist Professor für Theologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und seit 2016 Vorsitzender des Deutschen Ethikrates. Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden Sie in unserem E-Paper Die Behindertenstreiterin: Ulla Schmidt Ich kenne viele Menschen mit Down-Syndrom, und ich habe noch keinen gesehen, der gesagt hat: Es wäre besser, ich wäre nicht auf der Welt. Und ich kenne keine Eltern, die sa- gen: Das Kind wäre besser nicht geboren worden.“ Ulla Schmidt weiß, wovon sie spricht. Sie ist seit 2012 ehrenamtliche Vorsitzende der Bundesvereinigung Lebenshilfe, eines Selbsthilfe- vereins für Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Famili- en. 14 Jahre lang hat die Aachenerin als Lehrerin für Sonderpäda- gogik und für Rehabilitation lernbehinderter und erziehungs- schwieriger Kinder gearbeitet, bevor sie 1990 in den Bundestag gewählt wurde, dem sie seitdem angehört und dessen Sitzungen sie in der vergangenen Legislaturperiode als Vizepräsidentin leite- te. Jetzt ist sie federführend in der SPD-Fraktion für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik tätig. In der derzeitigen Diskussion um Bluttests würden die Perspekti- ven der Betroffenen „viel zu wenig aufgenommen“, beklagt Schmidt. Menschen mit Down-Syndrom schmerze das. Sie sagten: „Ich finde mein Leben gut, so wie es ist, ich lebe gerne. Ich bin auch nicht behindert, ich brauche vielleicht manchmal ein biss- chen Unterstützung, aber wer braucht die nicht.“ Diese Men- schen wehrten sich dagegen, dass durch einen Bluttest, der allen Schwangeren angeboten wird, „praktisch ein Leben mit Down- Syndrom als vermeidbar gesehen wird“. Den Eltern gehe die Dis- kussion ebenso nahe, berichtet Schmidt. Auch heute noch, ob- wohl Vieles besser geworden sei, sähen sie sich vorwurfsvollen Blicken ausgesetzt und der Frage, ob „das nicht hätte vermieden werden können“. Diese Eltern pochten darauf, dass es nicht nur ein Recht auf Wissen gebe, sondern auch auf Nichtwissen. Wenn Bluttests auf Down-Syndrom zur normalen Kassenleistung wür- den, steige der Druck auf Schwangere, sie auch durchzuführen, um nicht später schief angesehen zu werden. Als Bundesgesundheitsministerin von 2001 bis 2009 hatte Ulla Schmidt mitzuentscheiden, worum es jetzt auch geht: Was von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt wird. „Wenn ich ..................................................................................................................................................... l i e d e M m h c A / T B D © »Niemand kann uns ein perfektes Leben ver- sprechen, niemand, was auch immer das heißt, ein perfektes Kind.« befürchte, ich könnte erkrankt sein, werden mir auch nicht rei- henweise Voruntersuchungen bezahlt“, sagt Schmidt. Es müssten schon Indikationen, also Anhaltspunkte, vorliegen. So sei es auch hier. Wenn es bei der normalen Schwangerschaftsuntersuchung Auffälligkeiten gebe oder die Frau zu einer Risikogruppe gehöre, wenn daraufhin eine Pränataldiagnostik von qualifizierten Ärzten durchgeführt werde, dann, betont Schmidt, „ist es überhaupt kei- ne Frage, dass das auch von der Kasse bezahlt werden soll“. Im Übrigen schreibe das Gendiagnostikgesetz „genau für diese Fälle vor, dass es keine Untersuchung geben darf ohne medizinische Beratung von hoher Qualität“. Und, fügt sie an, „wir brauchen auch soziale Beratung.“ Keinesfalls dürfe es Reihenuntersuchun- gen geben, „um mal festzustellen, kommt ein Kind mit Down- Syndrom, will ich es oder nicht“. So etwas „kann nicht die Kran- kenkasse bezahlen, das ist kein therapeutischer Test“, betont die Abgeordnete. Therapeutische Tests, etwa ob eine Anämie vorliegt oder Schwangerschafts-Diabetes droht, Krankheiten also, die der Arzt auch behandeln kann, sie würden zurecht von der Kasse be- zahlt. Aber Trisomie 21, die das Down-Syndrom verursacht, sei keine Krankheit, sondern eine genetische Veranlagung. Die Sozialdemokratin lässt deshalb auch nicht das Gerechtigkeits- Argument gelten, es dürfe nicht sein, dass den Bluttest nur be- komme, wer sich die 120 Euro leisten kann. „Die Frage ist“, wird sie hier deutlich, „in welcher Gesellschaft wollen wir leben? Gibt es ein Recht auf ein perfektes Kind? Ich sage Ihnen: Niemand kann uns ein perfektes Leben versprechen, niemand, was auch immer das heißt, ein perfektes Kind“. Wenn man sehe, welche anderen molekulargenetischen Untersuchungsmethoden es heute noch gibt, dann drohe Eltern ein wachsender Druck, „dass sie sich nur dann für ein Kind entscheiden sollen, wenn es keine Ab- weichungen aufweist. Für die, die das nicht wollen, wird die Si- tuation immer schwieriger, und für die Menschen mit Behinde- rung wird es auch schwieriger.“ Peter Stützle T