10 WIRTSCHAFT UND FINANZEN Das Parlament - Nr. 20 - 13. Mai 2019 »Böses E-Wort« ENTEIGNUNG FDP und AfD sehen Gefahr für Demokratie Andreae Es gibt ein „Unbehagen, ein Ge- fühl, dass etwas nicht stimmt“. Kerstin (Grüne) spricht eines der großen Aufre- gerthemen der jüngsten Zeit an: die Debatte über die Ver- staatlichung von Schlüsselindustrien wie der Wohnungs- oder Automobilwirtschaft. Befeuert wurde sie vom Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert, der damit – ohne ein Bun- destagsmandat zu haben – im Mittelpunkt einer Debatte in der vergangenen Woche stand. Das Fazit der Grünen-Abgeordne- ten: Es steckt mehr dahinter als die Verge- sellschaftung von Unternehmen. Viele Menschen treibe die Sorge um, ihre Woh- nungen nicht mehr bezahlen und von ih- rer Arbeit nicht leben zu können. Die Debatte zeigt zu Beginn eine starke Abwehrfront gegen Kühnert und Co: „Die Sehnsucht nach dem linksautoritären Staat ist nicht nur bei Kevin Kühnert und eini- gen Jusos sehr lebendig, sondern auch bei einigen gestandenen Sozialdemokraten oder Grünen“, so Linda Teuteberg (FDP). Sie erinnerte: „Das letzte Mal, dass in Deutschland die Systemfrage gestellt wur- de, das war 1989, und die Ostdeutschen und Osteuropäer haben diese Frage sehr eindeutig beantwortet.“ Teuteberg warf Kühnert und anderen eine „ernste Kampf- ansage an die soziale Marktwirtschaft“ vor. Doch ohne Eigentumsgarantie und loh- nendes unternehmerisches Risiko wäre der beachtliche Aufstieg der Bundesrepublik nach zwei grausamen Weltkriegen nicht möglich gewesen. Kollektivierungsträume seien Gift. Schon das Gerede darüber schaffe ein investitionsfeindliches Klima, so die FDP-Abgeordnete. Distanzierung verlangt Wirtschaftsminis- ter Peter Altmaier (CDU) sagte an die Adresse der SPD-Spitze, er hätte sich ge- wünscht, dass sich die führenden Sozialde- mokraten eindeutiger von dem, was an „Unsinn“ und längst überwunden Positio- nen zum Besten gegeben worden sei, dis- tanziert hätten. Unternehmer, aber auch Arbeitnehmer, würden zutiefst verunsi- chert, „wenn der Eindruck entsteht, dass der Staat im Grunde jeden diskriminiert und jeden schief anblickt, der wirtschaft- lich erfolgreich ist und der es schafft, mit seiner eigenen Arbeit etwas zu erwerben“. Der Staat habe nicht das Recht, den Bürge- rinnen und Bürgern das wegzunehmen, was sie durch eigene Arbeit und eigenen Einsatz erwirtschaftet hätten. Deshalb müs- se man in den grundsätzlichen ordnungs- politischen Fragen „Linie halten“. Für Uwe Witt (AfD) legen die Akteure der Verstaatlichungsdebatten „die Axt an die soziale Marktwirtschaft“. SPD, Linke und Grüne versuchten immer wieder, „ihre Vor- stellungen eines demokratischen Sozialis- mus unserem Volk schmackhaft zu ma- chen“. Die Bürger hätten jedoch ein gutes Gedächtnis und auch nach 30 Jahren seien „das klägliche Scheitern und die Grausam- keiten des real existierenden Sozialismus inklusive Mauerbau, Schießbefehl und völ- lig ruinierter Infra- und Wirtschaftsstruktur noch nicht vergessen“, stellte Witt fest. Der AfD-Politiker appellierte, Sozialstaat und Wirtschaftsverfassung gegen die Angriffe zu verteidigen, „denn sonst gibt es irgend- wann nichts mehr zu verteidigen“. Bernd Westphal (SPD) stellte fest, die so- ziale Marktwirtschaft sei seit 70 Jahren in Selbst BMW, eine der großen deutschen Aktiengesellschaften, geriet in die Verstaatlichungsdebatte © picture-alliance/Sebastian Willnow/dpa das Grundgesetz eingebettet und sie sei ein ökonomisches, sozial gerechtes und ökolo- gisches Erfolgsmodell. Die Politik müsse aber klare Rahmen setzen, „wenn der Markt versagt“. Daher habe der Staat zum Beispiel angesichts der nachlassenden Ta- rifbindung mit der Schaffung des Mindest- lohns eingreifen müssen. Das gleiche gelte für den Wohnungsmarkt, wo man auf De- fizite mit Mietpreisbremse und mehr Woh- nungsbau reagiert habe. Unterstützung fand Kühnert bei der Links- fraktion, für die Sahra Wagenknecht den Bogen noch viel weiter spannte: Die Politik trage dazu bei, „dass das Wohlstandsver- sprechen der Sozialen Marktwirtschaft für immer mehr Menschen zu einer hohlen Phrase geworden ist. Das ist doch das Kernproblem.“ Es sei ein Hohn, „eine Ge- sellschaft noch Soziale Marktwirtschaft zu nennen, wo jeder Vierte für einen Lohn ar- beitet, von dem er nicht anständig leben kann“. Auch wenn das „böse E-Wort“ so- fort Schnappatmung auslöse, sei es „drin- gend notwendig, über Enteignungen zu re- den, „aber über die, die Sie alle gemeinsam mit ihrer Politik verursacht haben. Denn etwas anderes als Enteignung war das doch nicht, als mit den Agenda-Reformen in Deutschland einer der größten Niedrig- lohnsektoren in ganz Europa geschaffen wurde.“ Und jetzt sehe die Politik tatenlos zu, wie in den Städten die Mieten explo- dieren würden, während Immobilienun- ternehmen wie Deutsche Wohnen und Vonovia Gewinnrekorde vermelden. Andreae (Grüne) sagte, Kollektivierungen und Verstaatlichungen seien „keine Ant- worten für die Herausforderungen, vor de- nen wir stehen“. Dass aber die Äußerungen eines Juso-Vorsitzenden die ganze Republik in Wallungen versetze, zeige, dass Kühnert etwas adressiert habe, das viele spüren wür- den, etwa „das Gefühl, dass Menschen nicht mehr wissen, ob sie in ihrer Woh- nungen bleiben können“, sagte Andreae. Die Soziale Marktwirtschaft könne das Wohlstandsversprechen für alle nicht mehr einhalten. Aber dazu müsse der Staat regu- lierend eingreifen und Leitplanken setzen für eine ökologisch-soziale Marktwirt- schaft, sagte Andreae, die aber Kühnerts Lösungen als falsch bezeichnete: „Andere Eigentumsverhältnisse bringen nicht mehr Klimaschutz.“ So habe Volkswagen mit 20 Prozent Staatsbeteiligung das „Dieselga- te“ angeführt. Hans-Jürgen Leersch T Anti-Bürokratie-Offensive STEUERN FDP will Belastung der Firmen verringern Die FDP-Fraktion hat mehr Entschlossen- heit beim Abbau der Bürokratie verlangt. In einem am Freitag vom Bundestag an die Ausschüsse überwiesenen Antrag (19/9922) steht eine Vielzahl von steuerlichen Vor- schriften, Statistiken und behördlichen Ver- fahren besonders im Fokus, mit denen sich vor allem mittlere und kleinere Unterneh- men konfrontiert sehen würden. Unter an- derem wird gefordert, die Wertgrenze für Sofortabschreibungen geringwertiger Wirt- schaftsgüter auf Anschaffungskosten bis zu einem Betrag von 1.000 anzuheben. Die Abgabezeitpunkte für verschiedene Steueranmeldungen sollen nach dem Wil- len der FDP-Fraktion vereinheitlicht wer- den. Steuerpflichtige Rentner, die aus- schließlich Renteneinkünfte beziehen, sol- len keine Steuererklärung mehr abgeben müssen. In diesen Fällen sollen die dem Fi- nanzamt bekannten Daten für die Steuer- festsetzung verwendet werden. Dann soll die Bundesregierung prüfen, inwiefern zu- künftige Gesetzesänderungen, die steuer- rechtliche Themenkomplexe betreffen, erst nach einer Karenzzeit in Kraft treten kön- nen, wenn die erforderliche IT-Infrastruk- tur in der Praxis der Verwaltung und der Wirtschaft vorliegt. Nach Angaben der FDP-Fraktion sind die Bürokratiekosten in den vergangenen Jah- ren trotz diverser Maßnahmen kaum spür- bar gesunken. Maßnahmen und Initiativen zur Entbürokratisierung würden durch Ausnahmetatbestände entkräftet. Von den 1,9 Milliarden Euro an Bürokratieentlas- tung, auf die sich die Regierung berufe, müssten 841 Millionen an Ausnahmetatbe- ständen sowie die Mindestlohn-Dokumen- tationspflichten abgezogen werden. hle T Votum ohne Folgen KONZERNE I Aktionäre sollen über Vergütung abstimmen Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (19/9739) ist vom Bundestag am vergange- nen Donnerstag nach erster Lesung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur weiteren Beratung überwiesen worden. Die Richtlinie (EU) 2017/828 des Europäi- schen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 soll die langfristige Mitwir- kung der Aktionäre fördern und ist bis zum 10. Juni 2019 in deutsches Recht um- zusetzen. Der Entwurf sieht unter anderem eine Verbesserung der Möglichkeiten der börsennotierten Gesellschaften zur Kom- munikation mit ihren Aktionären vor. Für institutionelle Anleger, Vermögensverwalter und Stimmrechtsberater werden im Ak- tiengesetz Transparenzpflichten verankert. Zur Vergütung der Mitglieder der Unter- nehmensleitung sieht die Richtlinie ein Vo- tum der Hauptversammlung über das als Rahmenregelung für die zukünftige Vergü- tung angelegte Vergütungssystem sowie ei- nen Vergütungsbericht vor, mit dem ver- gangene Zahlungen offenzulegen sind. Diese Vorgaben sollen nach dem Entwurf unter Ausnutzung der gewährten Wahl- möglichkeiten behutsam in das deutsche System umgesetzt werden. Insbesondere ist vorgesehen, dass das nunmehr turnusge- mäß verpflichtende Votum der Hauptver- sammlung über das Vergütungssystem des Vorstands inhaltlich lediglich beratenden Charakter hat, so dass die Kompetenz zur Festsetzung und Entwicklung eines ent- sprechenden Systems weiterhin eindeutig beim Aufsichtsrat verbleibt. mwo T Kein öffentlicher Bericht KONZERNE II Linksfraktion scheitert mit Transparenz-Vorstoß Der Bundestag hat am Donnerstag einen Oppositionsvorstoß für mehr Steuertrans- parenz von internationalen Konzernen ab- gelehnt. Die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, AfD und FDP sprachen sich gegen ei- nen Antrag der Linksfraktion (19/7906, 19/8388) aus, in dem die Einführung einer umfassenden öffentlichen länderspezifi- schen Berichterstattungspflicht von multi- nationalen Konzernen gefordert wird. Multinationale Konzerne würden Gewinne über Ländergrenzen hinweg verschieben und somit ihre Steuerlast drücken, argu- mentierte die Linksfraktion. Besonders ge- genüber kleinen Unternehmen, die nur in einem Land tätig seien, würden multina- tional agierende Konzerne Steuervorteile erzielen. Würden die Konzerne dagegen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Steuern für jedes Land einzeln ausweisen müssen, ließe sich die Gewinnverkürzung besser erkennen. Im Jahr 2016 sei daher im Rahmen des au- tomatischen Informationsaustauschs in der EU die Pflicht zur länderbezogenen Be- richterstattung von multinationalen Kon- zernen gegenüber den Finanzbehörden be- schlossen worden, heißt es in dem Antrag. Die Verhandlungen über eine öffentliche Berichterstattungspflicht würden jedoch seit über einem Jahr beim EU-Rat stocken. Die Linksfraktion rechnet dies auch der Bundesregierung zu, die sich bislang nicht für eine solche Veröffentlichungspflicht ausgesprochen habe. Die Veröffentlichung solcher Daten werde keine erheblichen ne- gativen wirtschaftlichen Auswirkungen ha- ben. hle T Systematischer Betrug beim Kindergeldbezug »Längst eingepreist« SOZIALLEISTUNGSMISSBRAUCH Die Organisierte Kriminalität nutzt die EU-Bestimmungen für Ausländer aus HAUSHALT Scholz (SPD) reagiert gelassen auf Steuerschätzung Von systematischem Betrug beim Bezug von Kindergeld durch EU-Bürger in be- stimmten Fällen hat Ministerialdirigentin Daniela Lesmeister, Abteilungsleiterin Poli- zei im Innenministerium von Nordrhein- Westfalen, berichtet. In einer öffentlichen Anhörung des Bundestags-Finanzausschus- ses führte Lesmeister in der vergangenen Woche aus, dass EU-Bürger bereits dann ei- nen Anspruch auf Kindergeld hätten, wenn der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland liege. Bei organisierten Be- trugsdelikten würden kinderreiche Famili- en aus dem EU-Ausland dort angeworben und nach Deutschland transportiert. „Hier werden sie unter anderem in Häusern un- tergebracht, die sich in einem desolaten baulichen und hygienischen Zustand be- finden. Oftmals sind hier nicht einmal die absoluten gefahrenabwehrrechtlichen Min- deststandards, etwa in brandschutzrechtli- cher Hinsicht, erfüllt“, berichtete Lesmeis- ter offenbar unter Bezug auf die Verhältnis- se in der Stadt Duisburg (Nordrhein-West- falen), wo zahlreiche Fälle aufgedeckt wor- den waren. Rattenbefall In den Schrottimmobilien seien Strom und Wasser abgestellt, es gebe Rattenbefall. Für eine Person stünden gera- de fünf Quadratmeter zur Verfügung, be- richtete Lesmeister. Mitten in Deutschland würden somit Menschen und insbesondere Kinder unter Bedingungen leben, die nicht nur sondern „schlichtweg menschenunwürdig“ seien. Das Rechtssys- rechtswidrig, Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden Sie in unserem E-Paper denen Dienst- oder Werkleistungen noch nicht erbracht wurden, sich aber bereits anbahnen. Prüfen soll die Finanzkontrolle Schwarzarbeit auch die Fälle, in denen Dienst- oder Werkleistungen nur vorge- täuscht werden, um zum Beispiel unbe- rechtigt Sozialleistungen zu erhalten. Zu- sätzliche Kompetenzen sollen die Finanz- kontrolle Schwarzarbeit in die Lage verset- zen, Ermittlungen im Bereich Menschen- handel im Zusammenhang mit Beschäfti- gung, Zwangsarbeit und Ausbeutung der Arbeitskraft zu führen, um so die Strafver- folgung in diesem Deliktfeld weiter zu stär- ken. Besonders ins Visier nehmen soll die Finanzkontrolle Schwarzarbeit auch soge- nannte Tagelöhner-Börsen. Die Präsidentin der Generalzolldirektion, Colette Hercher, bestätigte in ihrer Stel- lungnahme, dass oft in organisierten Struk- turen die jeweiligen Voraussetzungen für den Bezug von Sozialleistungen fingiert würden. Der Kindergeldbezug werde dabei auch an Scheinarbeitsverhältnisse und ge- fälschte Dokumente, die einen gewöhnli- chen Aufenthalt im Inland belegen sollten, geknöpft. Ebenfalls mittels Täuschungen und Fälschungen, die eine vermeintliche Selbständigkeit belegen sollten, werde ver- mehrt ein unberechtigter Bezug von weite- ren Sozialleistungen erreicht. Der Schaden für die Sozialversicherung sei immens. Den Gesetzentwurf bezeichnete Hercher als „rundes Paket“. Karsten Bunk, Leiter der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit, ging auf eine von mehreren geplanten Neuregelungen ein, nach der neu zugezogene Unionsbür- ger während der ersten drei Monate von Kindergeldleistungen ausgeschlossen wer- den sollen, sofern keine inländischen Ein- künfte erzielt werden. Damit könne der Gefahr von Leistungsmissbrauch begegnet und Überzahlungen könnten maßgeblich verringert werden. „Die Regelung macht Sinn“, so Bunk. Bedenken der Anwälte Auf schwere Be- denken stieß dieser Gesetzesvorschlag der Regierung hingegen beim Deutschen Anwaltverein (DAV). Mit der Dreimo- natsfrist werde der unionsrechtlich ga- rantierte Anspruch auf Kindergeld für Staatsangehörige eines EU Mitgliedstaa- tes, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten würden, in europarechtswidri- ger Weise beschnitten, kritisierte Her- mann Plagemann für den DAV. Auch an- dere geplante Maßnahmen beurteilte der Anwaltverein kritisch. Weder bedürfe es zum Schutze des Sozialstaates noch zum Schutze der Rechte von Betroffenen noch zum Schutze des Wettbewerbs einer sol- chen Machtfülle bei der FKS. Der Bundesverband der deutschen Lohn- steuerhilfevereine äußerte die Sorge, dass durch die vorgesehenen Einschränkungen auch Eltern benachteiligt werden könnten, bei denen kein „Missbrauch“ vorliege und der Bezug des Kindergelds sachgerecht wä- re. Ebenso wie der Deutsche Anwaltverein sah auch die Diakonie Deutschland einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungs- grundsatz, der eine Diskriminierung auf- grund der Staatsangehörigkeit verbietet. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnte den dreimonatigen Ausschluss von Kindergeldleistungen für Angehörige ande- rer Mitgliedstaaten der Europäischen Uni- on als „unbegründet, kontraproduktiv und wahrscheinlich auch europarechtswidrig“ ab, begrüßte aber andererseits, dass die Be- mühungen, gegen Schwarzarbeit, Arbeits- ausbeutung, Menschenhandel und illegale Beschäftigung vorzugehen, verstärkt wer- den sollen. hle T a p d / e c n a i l l a - e r u t c i p © Eine der Schrott-Immobilien in Duisburg tem lasse immer noch zu viel Freiraum für lukrative kriminelle Geschäftsmodelle, die auf maximalen Profit durch systematischen Betrug, verbunden mit minimalem Kosten- aufwand für Unterbringung und Verpfle- gung der Leistungsbezieher, aufbauen wür- den. Gegen die missbräuchliche Inanspruch- nahme von Kindergeld will die Bundesre- gierung mit einem Gesetzentwurf vorgehen und unter anderem auch illegale Beschäfti- gung schärfer bekämpfen. Diesem Ziel dient der Entwurf eines Gesetzes gegen ille- gale Beschäftigung und Sozialleistungs- missbrauch (19/8691). Vorgesehen ist, dass die Schwarzarbeit des Zolls (FKS) nicht nur Fälle von illegaler Be- schäftigung und Schwarzarbeit prüfen kann, bei denen tatsächlich Dienst- oder Werkleistungen erbracht wurden, sondern in Zukunft auch die Fälle prüfen soll, bei Finanzkontrolle Bund und Länder müssen bis 2023 mit deutlich weniger Steuereinnahmen aus- kommen als bisher von den Steuerschät- zern angenommen. Gegenüber der Prog- nose vom November 2018 stehen Bund, Länder und Gemeinden laut der am ver- gangenen Donnerstag vorgestellten Schät- zung zwischen 2019 und 2023 insgesamt 121,5 Milliarden Euro weniger (mit EU: 124,3 Mrd. Euro) zur Verfügung. Grund für die deutlich geringer ausfallende Schätzung sind demnach zum einen die nach unten korrigierten Wachstumsprog- nosen. Zum anderen sind in der aktuellen Steuerschätzung Gesetzesänderungen, etwa das „Starke-Familien-Gesetz“ und der Ab- bau der kalten Progression, eingerechnet, die zu Mindereinnahmen führen und im November noch nicht beschlossen waren. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach bei der Vorstellung der Steuerschät- zung angesichts der Zahlen von einer He- rausforderung, die angegangen werden müsse. „Es werden sich alle ein bisschen anstrengen müssen“, so der Sozialdemo- krat. Für die Haushaltsplanung des Bundes sei aber nicht die Gegenüberstellung der Steuerschätzungen vom November 2018 und der aktuellen Prognose relevant, son- dern der Vergleich mit den im März vorge- legten Eckwerten für den Bundeshaushalt 2020 und die Finanzplanung bis 2023. In dieser seien die in der Schätzung nun be- rücksichtigten Steuerrechtsänderungen so- wie die korrigierte Wachstumsprognose überwiegend „längst eingepreist“, sagte Scholz. Demnach nehme der Bund nach der Schätzung zwischen 2020 und 2023 insgesamt 10,5 Mrd. Euro weniger ein als in den Eckwerten eingeplant. Die Eintrü- bung des Wachstums führte der Minister auf die wirtschaftliche Entwicklung der Welt zurück. Es könne aber davon ausge- gangen werden, dass es sich nur eine „Del- le im Wachstum“ handle. (RÄ) Ergebnisse für den Bund Für 2019 erwar- ten die Steuerschätzer Steuereinnahmen von 324,3 Mrd. Euro (Nov. 2018: 334,2 Mrd. Euro). Von den Mindereinnahmen beim Bund entfallen 8,3 Mrd. Euro auf Steuerrechtsänderungen und 3,7 Mrd. Euro auf Schätzabweichungen (Abw.). Positiv wirken sich Änderungen bei der EU-Abführung (EU) mit 2,1 Mrd. Euro aus. Im aktuellen Haushalt wird mit Einnahmen von 325,5 Mrd. Euro gerech- net. Für 2020 werden Einnahmen in Höhe von 328,8 Mrd. Euro (Nov. 2018: 341,5, RÄ: für 2021 340 Mrd. Euro (Nov. 2018: 355,2, RÄ: -7,1, Abw.: -7,8, EU: -0,3), für 2022 351,5 Mrd. Euro (Nov. 2018: 367,3, RÄ: - 7,2, Abw.: 8,3, EU: -0,3) und für 2023 360,3 Mrd. Euro (Nov. 2018: 377,2, RÄ: - 7,2, Abw.: -9,4, EU: -0,4). scr T -6,0) prognostiziert, -6,8, Abw.: Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung der Steuerschätzung a p d ©