6 WIRTSCHAFT UND FINANZEN Das Parlament - Nr. 47-48 - 18. November 2019 V iele Steuerzahler werden demnächst mehr im Geld- beutel haben. Der Bundes- tag hat vergangene Woche mit den Stimmen der Ko- alitionsfraktionen ein Ge- setz beschlossen, das den größten Teil der Steuerpflichtigen ganz und zahlreiche wei- tere teilweise vom Solidaritätszuschlag be- freit. Dieser wird bisher fällig, wenn die Einkommensteuer 972 Euro bei Einzelper- sonen oder 1.944 Euro bei Zusammenver- anlagung übersteigt. Mit dem jetzt verab- schiedeten Gesetzentwurf der Bundesregie- rung (19/14103, 19/15152) steigt diese so- genannte Freigrenze ab 2021 auf 16.956 beziehungsweise 33.912 Euro. Für 90 Pro- zent aller bisherigen Zahler soll der Soli damit wegfallen. Für höhere Einkommen wird eine Milderungszone eingerichtet, um einen Belastungssprung beim Überschrei- ten der Freigrenze zu vermeiden. Die Wir- kung der Milderungszone nimmt mit stei- gendem Einkommen ab. Nur bei den etwa 3,5 Prozent der Steuerpflichtigen mit den höchsten Einkommen wird der Soli weiter in voller Höhe erhoben. Da es sich um ei- ne reine Bundessteuer handelt, ist eine Zu- stimmung der Länder im Bundesrat nicht erforderlich. Gesetzentwürfe der FDP (19/ 14286) und der AfD (19/4898), die jeweils eine vollständige und unverzügliche Ab- schaffung des Soli wollten, fanden keine Mehrheit. Die mit dem Solidaritätszuschlag einge- nommenen Gelder haben bisher dazu bei- getragen, dass Infrastruktur, Städte und Dörfer in den neuen Bundesländern mo- dernisiert wurden, die Wirtschaft Fahrt auf- genommen hat und in der Folge die Ar- beitslosenzahlen gesunken sowie die Ein- kommen gestiegen sind. Dass der Solidari- tätszuschlag dennoch nicht vollständig ab- geschafft wird, begründet die Bundesregie- rung mit weiterhin bestehenden finanziel- len Lasten des Bundes aus der Wiederverei- nigung. Nach ihrer Auffassung kann der Solidaritätszuschlag so lange fortgeführt werden, wie dieser aufgabenbezogene Mehrbedarf des Bundes besteht. Spitzenverdiener zahlen weiter Bundes- finanzminister Olaf Scholz (SPD) betonte in der Parlamentsdebatte aber auch einen anderen Aspekt. Zum Funktionieren eines Landes gehöre „ein faires und gerechtes Steuersystem“. Das heiße, „dass diejenigen, die über besonders viele Möglichkeiten verfügen, etwas zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Funktion beizutragen, das auch mehr tun als andere“. Auch deshalb werde für Spitzenverdiener der Soli zu- nächst beibehalten. Der AfD-Abgeordnete Stefan Keuter wies darauf hin, dass es sich beim Soli um eine Ergänzungsabgabe handele. Eine solche sei aber nur für vorübergehende Bedarfsspit- zen zulässig, wovon keine Rede mehr sein könne. Eine Beibehaltung des Zuschlags für einen Teil der Steuerzahler über das Auslaufen des Solidarpaktes Ende 2019 hi- naus sei verfassungswidrig. Keuter ermun- terte Bürger, die in Zukunft weiter den Soli zahlen müssen, dagegen zu klagen. Als „ersten großen Schritt zum Abbau des gesamten Solidaritätszuschlages“ bezeich- nete Olav Gutting (CDU) das Gesetz. Er drängte den Koalitionspartner SPD, noch in dieser Legislaturperiode den zweiten Freude und Mahnung STANDORTENTSCHEIDUNG Abgeordnete im Bundestag haben die Entscheidung des Tesla-Konzerns für ein Werk in Branden- burg und die damit verbundenen Tausen- den neuen Arbeitsplätze begrüßt. Timon Gremmels (SPD) sagte in einer Aktuellen Stunde zur Lage der Autobranche in der vergangenen Woche, das Votum zeige, dass Klimaschutz ein Investitionsmotor sei. Tes- la sei allerdings nicht der einzige Herstel- ler, der auf Elektromobilität im Land setze, fügte Gremmels hinzu und verwies auf das Werk für Elektroautos, das Volkswagen in Zwickau errichtet hat. Matthias Heider (CDU) ergänzte, Wirtschaft sei Wettbewerb – die Tesla-Nachricht unterstreiche dies. Alexander Ulrich (Die Linke) sah in der Standortwahl ein Zeichen dafür, dass die deutsche Autoindustrie einen Trend ver- schlafen habe. Auch er zeigte sich zwar er- freut über die erwarteten Arbeitsplätze, sag- te aber zugleich, man werde von vornhe- rein auf Tariftreue und Mitarbeiterbeteili- gung pochen. Der SPD-Abgeordnete Grem- mels hatte sich diesbezüglich ähnlich ge- äußert. Anlass für die Aussprache hatte die AfD- Fraktion geliefert, die der Bundesregierung unter anderem wegen der Förderung der Elektromobilität vorwirft, die Branche in den Ruin zu treiben. Die FPD sprach eben- falls von planwirtschaftlichen Elementen und forderte Technologieoffenheit, wäh- rend die Grünen mehr Mut zum und beim Wandel forderten. pez T Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden Sie in unserem E-Paper Der Osten in Fahrt STEUERN Solidaritätszuschlag wird ab 2021 abgebaut Die nach der Einheit auf Vordermann gebrachte Harzer Schmalspurbahn ist ein Touristenmagnet. © picture-alliance/Thomas Eisenhuth/ZB Schritt zu beschließen, nämlich den „end- gültigen, vollständigen Wegfall“ des Soli bis 2026. Sein Fraktionskollege Sebastian Brehm (CSU) wies darauf hin, dass bei ei- ner vollständigen Abschaffung bereits jetzt der Haushaltsspielraum ausgeschöpft wor- den wäre. Maßnahmen wie die Erhöhung des Kindergeldes und die Förderung des Wohnungsbaues wären dann nicht mehr möglich gewesen, argumentierte Brehm. Dagegen forderte Christian Dürr (FDP) die Union auf, ihr Wahlversprechen einzulö- sen, den Soli abzuschaffen. Nach der Grundrente sei die nur teilweise Abschaf- fung des Soli „das zweite Geschenk, das Sie Olaf Scholz mit auf den Weg zu seiner Wahl zum Parteivorsitz geben“. Dürr wies darauf hin, dass Sparer sowie kleine und mittlere Familienbetriebe weiter den Soli zahlen müssten. Ebenso kritisch, aber mit entgegengesetz- ten Argumenten bewertete Fabio De Masi (Linke) den Gesetzentwurf. Fast die Hälfte der Bevölkerung habe von der Abschaffung des Soli nichts, „weil sie nämlich zu wenig verdienen, um den Soli zu bezahlen“. In den letzten 20 Jahren seien die oberen 30 Prozent steuerlich entlastet und die un- teren 70 Prozent belastet worden. „Unser Problem ist nicht der Soli, unsere Problem ist eine Steuerpolitik gegen 70 Prozent der Bevölkerung“, rief De Masi. Auch Lisa Paus (Grüne) warnte vor neuen Ungerechtigkeiten. Derzeit müsse bei- spielsweise eine Familie mit zwei Kindern erst ab 50.000 Euro Jahreseinkommen den Soli bezahlen. Für alle, die darunter liegen, bringe die Neuregelung daher keine Entlas- tung. Auch verwies sie darauf, dass das Durchschnittseinkommen etwa in Thürin- gen wesentlich niedriger sei als in Bayern. Von der teilweisen Soli-Abschaffung wür- den damit bayerische Steuerpflichtige we- sentlich mehr profitieren als thüringische. Dieser Kritik hielt Lothar Binding (SPD) entgegen, man könne „nicht mit der Rohr- zange Entfernungen messen“, sondern müsse das richtige Werkzeug für die richti- ge Aufgabe nehmen. Wer eine Steuer nicht zahle, könne hier natürlich auch nicht ent- lastet werden. Aber dann zählte Binding ei- ne Reihe von Gesetzesbeschlüssen der Ko- alition auf, die „den Schwächeren“ zugute gekommen seien. Peter Stützle T Kampf um Schnittstellen ZAHLUNGSVERKEHR Freier Zugang zum Handy Es liest sich sehr technisch: Internetbasierte und mobile Anwendungen würden es Zah- lungsdienstleistern ermöglichen, neue Ge- schäftsfelder zu erschließen und die Ange- botsvielfalt zu erhöhen. In der Praxis ist es viel einfacher: Man zückt beim Bezahlvor- gang an der Kasse im Laden oder einem öf- fentlichen Verkehrsmittel das Handy, und schon wird der fällige Betrag vom Konto abgebucht. Für Handy- und Betriebssys- tem-Hersteller winkt ein Riesengeschäft: Nur sie verfügen über den Zugang zu den technischen Schnittstellen. Eine Bank oder ein Start-up kommt bisher mit eigener Zahlungssoftware nicht direkt auf das Handy des Besitzers. Was das bedeutet, macht ein am Donners- tag vom Bundestag an die Ausschüsse über- wiesener Antrag der FDP-Fraktion deutlich (19/15057), in dem „Fair Play“ im digita- len Wettbewerb gefordert wird. Wie die FDP-Fraktion vor dem Hintergrund des starken Anstiegs des Mobile Payment er- läutern, sind Kreditinstitute aufgrund der EU-Zahlungsdiensterichtlinie verpflichtet, Bank-Schnittstellen für Drittdienste zum Beispiel von Digitalunternehmen wie App- le, Google, Amazon und andere kostenfrei zu öffnen. Umgekehrt sei es Banken und anderen Zahlungsdienstleistern dagegen nicht möglich, kostenfrei auf IT-Strukturen der großen, oft in ihrem Umfeld marktbe- herrschenden Digitalunternehmen zuzu- greifen. Das heißt: Konzerne wie Apple kommen ans Bankkonto, die Bank aber nicht ans Handy. Das ändert sich bald. Konzerne wie Apple, die als „Gatekeeper“ bei den Schnittstellen bezeichnet werden, müssen in Zukunft auch andere Anbieter durchlassen. Mit Än- derungsantrag Nummer 21 beschlossen Union und SPD im Finanzausschuss des Bundestages eine Ergänzung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Umsetzung der Änderungs- richtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtli- nie (19/13827, 19/15163). Damit Zah- lungsdienstleister und E-Geld-Emittenten eigene Bezahldienstleistungen auf den mo- bilen Endgeräten anbieten können, müssen Apple und andere Anbieter Zugang zu ihren Schnittstellen gewähren und auch die erfor- derliche Software zur Verfügung stellen. Am Donnerstag passierte das Gesetz den Bundestag. Die Koalitionsfraktionen waren dafür, die AfD dagegen, die anderen Frak- tionen enthielten sich. Der Finanzaus- schuss hatte auch andere Teile des Gesetzes noch geändert und zum Beispiel die Maß- nahmen gegen Geldwäsche besonders im Bereich der Immobilientransaktionen wei- ter verschärft. Dazu gehören unter ande- rem Einschränkungen bei den Verschwie- genheitspflichten der freien Berufe und ei- ne stärkere Regulierung bei Bargeldgeschäf- ten. hle T Flut von Meldungen STEUERMODELLE Wirtschaft gegen neue Pflichten Vertreter der Wirtschaft und der beraten- den Berufe haben sich massiv gegen die Absicht der Bundesregierung gewandt, eine Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreiten- der Steuergestaltungen einzuführen. Die Meldepflicht führe nur zu zusätzlichem administrativen Aufwand und einer stei- genden Anzahl von Meldungen, „und sie wahrt die gesetzliche Verschwiegenheits- pflicht von Berufsgeheimnisträger allen- falls formal, aber nicht materiell“, erklär- ten Bundessteuerberaterkammer, Wirt- schaftsprüferkammer und Bundesrechtsan- waltskammer gemeinsam in einer öffentli- chen Anhörung des Bundestags-Finanzaus- schusses in der vergangenen Woche. Erwar- tet werde eine regelrechte „Meldeflut“, so die Bundessteuerberaterkammer und die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft. Grundlage der Anhörung war der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen (19/14685), mit dem grenzüberschreiten- de Steuervermeidungspraktiken und Ge- winnverlagerungen identifiziert und verrin- gert werden sollen. Ziel ist, die Erosion des deutschen Steuersubstrats zu verhindern. Der Gesetzentwurf sieht eine Pflicht zur grenzüberschreitenden Mitteilung Steuergestaltungsmaßnahmen für soge- nannte Intermediäre vor. Sollten diese je- doch Auskunft über das verweigern, was von vereidigter Buchprüfer ihnen in ihrer Eigenschaft als Rechtsan- walt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter Wirtschaftsprüfer, oder (Berufsge- heimnisträger) anvertraut oder bekannt ge- worden sei, gehe die Mitteilungspflicht auf den Nutzer der Steuergestaltung selbst über, wird in dem Gesetzentwurf weiter er- läutert. In einem weiteren Schritt sollen die deutschen Finanzbehörden die erlangten Informationen zu grenzüberschreitenden Steuergestaltungen mit Finanzbehörden der anderen Mitgliedstaaten der EU auto- matisch austauschen. Die Vertreter der beratenden Berufe erwar- ten, dass nicht nur aggressive Steuergestal- tungen, sondern in erster Linie alltägliche Vorgänge gemeldet werden müssen, unab- hängig davon, dass sie der Finanzverwal- tung ohnehin bereits bekannt seien. Um einen „Aufbau von unnötigen Datenfried- höfen“ vorzubeugen, wurde eine Rückfüh- rung der Meldepflicht auf tatsächlich ag- gressive Gestaltungen empfohlen. Die Deutsche Steuergewerkschaft hingegen erklärte, sie stehe uneingeschränkt hinter der Idee einer Mitteilungspflicht, weil diese von besonderer Bedeutung für die Gleich- mäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Be- steuerung auf nationaler und auf EU-Ebe- ne sei. Die Organisation trat sogar für eine Meldepflicht von rein nationalen Steuerge- staltungen ein. hle T Was noch übrig bleibt Einfach flexibler UNTERNEHMENSSTEUERN FDP scheitert mit Vorstoß zur Entlastung der Wirtschaft STÄDTEBAU Neuausrichtung der Förderung begrüßt Ein Vorstoß der FDP-Fraktion, die Unterneh- menssteuern zu senken und damit die Wirt- schaft anzukurbeln, hat im Bundestag am Donnerstag keine Mehrheit gefunden. In na- mentlicher Abstimmung lehnten 495 Abge- ordnete den FDP-Vorstoß ab, der nur 155 Ja- Stimmen fand. Es gab eine Enthaltung. Mit dem Antrag (19/7898, 19/14304) wollte die FDP-Fraktion unter anderem den Körper- schaftsteuersatz von derzeit 15 auf höchs- tens 12,5 Prozent senken. Für Lothar Binding (SPD) kommt solch ei- ne Senkung nicht in Frage: „Wenn wir für Steuersenkungen Geld ausgeben, dann ha- ben wir einen Standortfaktor verbessert, aber haben kein Geld mehr für die Verbes- serung anderen Standortfaktoren.“ Es sei jedoch wichtig, etwa ein gutes Ausbil- dungssystem, gute Kinderbetreuung, ein stabiles politisches System und eine gute Infrastruktur zu haben. „All das wollen wir finanzieren aus Steuern. Wenn wir die ständig senken, muss man sich fragen, was dafür noch übrig bleibt.“ Die Körperschaft- steuer sei schon von über 40 Prozent auf 25 Prozent gesenkt worden. „Wo endet das?“, fragte Binding. Steuerwettbewerb gewonnen Albrecht Glaser (AfD) bezeichnete den FDP-Antrag als „wenig strukturiertes Sammelsurium“, stimmte aber der Analyse zu, dass das Pro- blem der hohen Besteuerung bestehe. Deutschland habe den „Steuerwettbewerb nach oben“ gewonnen und stehe an der Spitze in der Abgabenbelastung in der OECD. Folge sei das niedrigste Wachstum in der EU. Auch für Fritz Güntzler (CDU) besteht Handlungsbedarf. Die letzte größere Steu- erreform liege jetzt elf Jahre zurück. „Der internationale Steuerwettbewerb ist da“, stellte Güntzler fest. Die Unternehmens- faktor sei das Steuerrecht. Andere Länder hätten viel getan, aber die Koalition liefere nur ein „steuerliches Minimalprogramm“ ab, wie am Solidaritätszuschlag, dem Exis- tenzminimum und an der Grundsteuer zu sehen sei. „Mit diesem Minimalprogramm bringen wir Deutschland in keinem der ge- nannten Bereiche wirklich nach vorne“, kritisierte Toncar. Fabio de Masi (Linke) wies darauf hin, dass der Körperschaftsteuersatz bei der letzten Reform 2008 schon von 25 auf 15 Prozent gesenkt worden sei. Jetzt wolle die FDP auf 12,5 Prozent senken und noch weitere Steuervorteile schaffen zur Siche- rung der Wettbewerbsfähigkeit: „Wenn die deutsche Industrie ein Problem nicht hat, dann ist es die preisliche Wettbewerbsfä- higkeit.“ Man solle besser etwas zur Verbes- serung der maroden Infrastruktur tun und die öffentlichen Investitionen ausweiten, um den Abschwung zu bremsen. Es gebe weltweite Kritik an den deutschen Export- überschüssen, erinnert de Masi. US-Verschuldung steigt Für den Standort Deutschland und den Erhalt der Wettbe- werbsfähigkeit brauche man „intellektuell komplexere Antworten als Steuersenkun- gen in zweistelliger Milliardenhöhe“, kriti- sierte Danyal Bayaz (Grüne). Auf den FDP- Hinweis auf Steuersenkungen in den USA entgegnete Bayas, Folgen davon seien eine massive Erhöhung der Staatsverschuldung und Rekorde bei Aktienrückkaufprogram- men amerikanischer Unternehmen, weil die nicht mehr „wissen, wohin mit dem Geld“. Bayas empfahl, Investitionen in CO2-arme Industrieprozesse steuerlich zu begünstigen und einen ehrlichen CO2- Preis zu schaffen, der „wirklich dazu führt, dass unternehmerische Investitionen in Klimaschutz angelegt werden“. hle T Die geplante Neuausrichtung der Städte- bauförderung ist in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sowie in Fachkreisen prinzipiell auf positives Echo gestoßen. Die erwartete Vereinfachung sowie der ver- ringerte Verwaltungsaufwand seien lang ge- hegte Forderungen von Städte- und Ge- meindevertretern gewesen, sagte Bernd Düsterdiek vom Deutschen Städte- und Gemeindebund bei einer öffentlichen An- hörung im Bauausschuss . Den Impuls da- zu hatten die Fraktionen von Bündnis 90/ Die Grünen und der FDP mit zwei Anträ- gen (19/13071, 19/9930) geliefert. Wäh- rend die Grünen fordern, die Städtebauför- derung stärker an Nachhaltigkeitskriterien auszurichten, will die FDP die Fördersyste- matik weiter vereinfachen. Die Städtebau- förderung soll künftig auf drei Programm- stränge ausgerichtet werden – „lebendige Zentren“, „sozialer Zusammenhalt“ und „nachhaltige Entwicklung“. Soziale Stadt Wichtig wäre, die Fördermit- tel auf jeden Fall zu verstetigen, um den Kommunen Planungssicherheit zu geben, sagte Düsterdiek weiter. Auch müsse die Verwaltungsvereinbarung mindestens zwei Jahre laufen, anstatt wie bisher jedes Jahr neu ausgehandelt zu werden. Christian Huttenloher, Generalsekretär des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, betonte die Bedeutung ressortübergreifender Strategien im Bereich „soziale Stadt“. Auch er begrüßte die Vereinfachung, die mit einer Stärkung von einhergehe. Gleichzeitig forderte er, die Städtebauförde- rung über 2020 hinaus auf mindestens gleichbleibendem Niveau fortzuführen. Au- ßerdem müssten Aspekte des Klima- und Umweltschutzes zu Kernthemen der Pro- gramme werden. Letzterem Aspekt stimm- ten die anderen Experten generell zu, indes Querschnittsthemen zeichneten sich unterschiedliche Auffassun- gen darüber ab, wie verbindlich diesbezüg- liche Vorgaben sein sollten und welche Wahlfreiheit Kommunen behielten. Für die Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung argumentierte Klaus Habermann-Nieße, Umweltschutzaspekte sollten sich durch alle Programmbausteine ziehen. Zugleich forderte er flexible Rege- lungen für Kommunen, die erforderliche Ei- genanteile nicht leisten könnten und sich deshalb nicht an Programmen der Städte- bauförderung beteiligen. Gerold Happ aus der Bundesgeschäftsführung des Eigentü- merverbands Haus & Grund Deutschland schlug vor, bei einer gewünschten stärkeren Einbindung von Privateigentümern etwa in Quartiers-Projekte Verbände als Scharnier zu nutzen. Hier sei bereits Vertrauen aufge- baut, das für ein Engagement nützlich sein könnte. Auch Klaus-Peter Hesse, Geschäfts- führer des Immobilienwirtschaftsverbands ZIA, begrüßte angekündigte Flexibilisierun- gen und sprach sich zugleich für mehr the- matische Wahlfreiheit und einen weiteren Bürokratieabbau für alle an den Prozessen Beteiligten aus. Der Geschäftsführer des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienun- ternehmen, Christian Lieberknecht, lenkte das Augenmerk auf die soziale Situation in Stadtquartieren, die einer Studie aus sei- nem Haus zufolge in den vergangenen Jah- ren deutlich schlechter geworden sei. Quartiersmanagement sei extrem wichtig geworden, die Politik müsse dem mehr Strat- Aufmerksamkeit widmen. Anna mann, Geschäftsführerin des Bundesver- bands „Die Stadtentwickler“, erwähnte zu- dem die Idee einer Stiftung „soziale Stadt“. Wichtig bei allen Programmbausteinen der Städtebauförderung sei eine zeitnahe Eva- luation, ergänzte sie. pez T a p d / e c n a i l l a - e r u t c i p © Abgewandert: Der früher Münchner Kon- zern Linde AG sitzt jetzt in Irland. steuerbelastung der deutschen Unterneh- men liege bei 32 Prozent. In der EU betra- ge der Durchschnittssteuersatz 21,5 Pro- zent und in der OECD 25,7 Prozent. Da- her drohten Gewinnverlagerungen. Auch wegen der konjunkturellen Unwägbarkei- ten empfahl Güntzler, zu einer maximalen Steuerbelastung von 25 Prozent für nicht ausgeschüttete Gewinne zu kommen. Die- ses Geld diene wichtigen Investitionen in den Unternehmen. Florian Toncar (FDP-Fraktion) griff die Hinweise auf besorgniserregende Unter- nehmensnachrichten auf und erklärte: „Der deutsche Wirtschaftsmotor stottert.“ Man schramme haarscharf an einer Rezes- sion vorbei. Fast alle Unternehmen müss- ten sich in den nächsten Jahren neu erfin- den, um auf die Herausforderungen eine Antwort zu finden. Ein wichtiger Standort-