8 HAUSHALT 2020 Das Parlament - Nr. 49-50 - 02. Dezember 2019 Weltweit erkennbare Nöte AUSWÄRTIGES 1,6 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe Die Kanzlerin war eindeu- tig: „Europa kann sich zur Zeit alleine nicht ver- teidigen“, befand Angela Merkel (CDU) während der Generaldebatte über den Bundeshaushalt 2020 in der vergange- nen Woche. Angesichts der aktuellen Be- richterstattung über die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr in den Medien verwundert dieses Eingeständnis nicht. Pünktlich zur Beratung über den Etat von Verteidigungs- ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ließ ihr Ministerium verlauten, dass die Bundeswehr den vor fünf Wochen von Airbus ausgelieferten Marinehubschrauber NH90 „Sea Lion“ wegen erheblicher Lü- cken in der Bedienungsanleitung vorerst nicht in Betrieb nimmt. Bei der Wartung seien in der technischen Dokumentation an 150 Stellen „Unregelmäßigkeiten“ fest- gestellt worden. Dies lasse einen „sicheren Flugbetrieb derzeit nicht zu, hieß es. Und zehn Tage zuvor hatte „Spiegel Online“ ausführlich aus einem als geheim einge- stuften Bericht des Ministeriums zitiert, nach dem es um die Einsatzfähigkeit der Hauptwaffensysteme der Streitkräfte wie schon seit Jahren nicht gut bestellt ist – vor allem bei Hubschraubern und Flugzeugen, aber auch bei den Panzern. Pleiten, Pech und Pannen VERTEIDIGUNG Der Etat steigt zum sechsten Mal in Folge. Die Probleme sind aber weiterhin nicht gelöst Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer (CDU) beobachtet eine Sanitätsübung in der Wettiner-Kaserne im sächsischen Freiberg während eines Informationsbesuchs bei der Panzergrenadierbrigade 37 Ende August dieses Jahres. © picture-alliance/dpa vorhaben sei durch das Bundesfinanzmi- nisterium qualifiziert gesperrt, weil sie noch gar nicht haushaltsreif seien. Dies werde dazu führen, dass nicht das be- schafft werde, was die Truppe am drin- gendsten benötige, sondern was die Rüs- tungsindustrie gerade liefern könne. Ange- sichts der Tatsache, dass der Etat seit 2016 um zehn Milliarden Euro erhöht worden sei, stelle sich die materielle Einsatzbereit- schaft der Bundeswehr als „skandalös“ dar. „Am Geld kann es offensichtlich nicht ge- legen haben“, befand Lindner. Auch der FDP-Haushälter Karsten Klein kam zu dem Schluss: „Das ist genau das, was die Soldatinnen und Soldaten um- treibt: Dass wir hier zwar über große Sum- me reden, die immer wieder in den Haus- halt eingestellt werde, aber am Ende bei den Soldatinnen und Soldaten viel zu we- nig ankommt.“ Klein bezweifelte zudem, dass die Regierung ihr 1,5-Prozent-Ziel er- reichen wird. Nach der mittelfristigen Fi- nanzplanung des Bundes würden die Ver- teidigungsausgaben in den kommenden Jahren im Vergleich zum BIP stagnieren, in absoluten Zahlen sogar zurückgehen. Der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Rüdiger Lucassen, warf der Bundesregierung vor, sie habe seit dem En- de des Kalten Kriegs nie eine konkrete Be- schreibung der Aufgaben und Fähigkeiten der Bundeswehr vorgenommen. Dies sei aber unerlässlich für einen „seriösen“ Ver- teidigungshaushalt. Schwerpunkt müsse die Landes- und Bündnisverteidigung sein. Die Regierung solle deshalb die „Spinne- rei“ einer EU-Armee aufgeben und sich an- gemessen in der Nato einbringen. Ebenso seien die Auslandseinsätze „rund um den Globus mit unklarem Ziel und ungewissen Ausgang“ zu beenden, forderte Lucassen. Wirbel um Instagram-Post Zumindest an diesem Punkt ist sich selbst die Linksfrakti- on mit der AfD einig. Deren Haushaltspo- litiker Michael Leutert kritisierte, es sei „ab- surd“, wenn Ministerin Kramp-Karrenbau- er weitere Auslandseinsätze fordere. Und nahm eine weitere Panne aufs Korn, die pünktlich zur Haushaltsberatung für Un- verständnis sorgte. Auf dem offiziellen Ins- ta-gram-Account der Bundeswehr war eine Wehrmachtsuniform mit Hakenkreuz ge- postet worden mit dem Begleittext: „Auch Mode ist ein Aspekt. Bis heute halten sich militärische Stilelemente in der Haut Cou- ture.“ Dies müsse zu Konsequenzen für die verantwortliche Werbeagentur führen, for- derte Leutert. Die Ministerin müsse „rechtsextreme Tendenzen und Vorfälle“ ernst nehmen. Ministerin Kramp-Karrenbauer entschul- digte sich in der Debatte ausdrücklich und verwies darauf, dass der Post nicht im Ein- klang mit dem Traditionserlass stehe: Die Wehrmacht sei für die Bundeswehr grund- sätzlich nicht traditionsstiftend. Mit dem verantwortlichen Mitarbeiter sei darüber gesprochen worden, bisher gebe es „keinen Anhaltspunkt für irgendein politisches Mo- tiv“. Deshalb bitte sie, keine Anschuldigun- gen zu erheben, „bevor Sie nicht entspre- chende Beweise haben“, sagte sie in Rich- tung Linksfraktion. Alexander Weinlein T „locker Zumindest die Parlamentarier der Unions- fraktion versuchten in der Etatberatung ei- ne positivere Sicht der Dinge zu verbreiten. Der Verteidigungshaushalt wachse zum sechsten mal in Folge, durchbreche 2020 mit 45,05 Milliarden Euro die „Schallmau- er“ und erreiche eine Nato-Quote von 1,42 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP), freute sich der Haushalts- und Verteidi- gungspolitiker Reinhard Brandl (CSU). Die Koalition werde die von der Bundesregie- rung an die Nato gemachte Zusage, bis 2024 1,5 Prozent des BIP für Verteidigung aufzubringen, einhalten“. Der Haushalt sei ein Zeichen, „dass Deutsch- land seine Verpflichtung gegenüber seinen Partnerländern erfüllt“. Beim Koalitionspartner fiel dieser Optimis- mus verhaltener aus. Der Haushalt drücke „das Bemühen“ aus, die Truppe mit dem auszurüsten, was sie braucht, befand der SPD-Verteidigungsexperte Wolfgang Hell- mich. Seine Fraktionskollegin Siemtje Möl- ler mahnte, die Diskussion um die Nato- Quote von zwei Prozent des BIP sei „ober- flächlich“ und werde „im luftleeren Raum“ geführt. Entscheidend sei, welche strategi- schen Ziele Deutschland habe, über welche Fähigkeiten die Bundeswehr verfügen soll und wie das Geld im Etat „sachgerecht und zielführend“ eingesetzt werde. Kritik der Opposition An der sachgerech- ten und zielführenden Verwendung der Haushaltsmittel hat die Opposition jedoch erhebliche Zweifel. Die Beschaffungspoli- folge tik des Verteidigungsministeriums eher als durchdachter Planung, monierte Tobias Lindner, Haushaltspolitiker von Bündnis 90/Die Grünen. Ein Großteil der Rüstungs- einem „Zufallsmechanismus“ Für das Auswärtige Amt ist es ein Rekord- haushalt, für Teile der Opposition ist diese Tatsache allerdings kein Grund zur Freude, sondern Symptom politischer Versäumnis- se. Dem Ressort von Heiko Maas (SPD) stehen im kommenden Jahr nach den Schlussberatungen und der Schlussabstim- mung am vergangenen Freitag 5,93 Milli- arden Euro zur Verfügung (19/11800, 19/ 13905, 19/13924). Größter Einzelposten ist die humanitäre Hilfe im Ausland mit 1,64 Milliarden Euro, die Mittel für Krisen- prävention schlagen mit rund 401 Millio- nen Euro zu Buche. Birgit Malsack-Winkemann (AfD) warf der Bundesregie- rung in der Aussprache vor, rund zwei Milliarden Euro für humanitäre Hilfe und Krisenprävention „unge- prüft zu verschleudern“ und bezog sich damit auf eine Kritik des Bundesrechnungs- hofes an der Zuwendungs- praxis. „Sie verschaffen sich das gute Gewissen für Aus- gaben in Milliardenhöhe nur auf dem Papier“, sagte Malsack-Winkemann und forderte, die Mit- tel um rund 1,5 Milliarden zu kürzen. Ihr Fraktionskollege Roland Hartwig befand, dass die Ausgaben des Ressorts auch deshalb so massiv angestiegen seien, weil es nicht ge- linge, politische Lösungen für Krisen zu fin- den. „Sie versuchen, das mit immer mehr Geld für humanitäre Maßnahmen zu kom- pensieren und haben dabei nicht einmal an- nähernd einen zuverlässigen Überblick über die Verwendung der Mittel.“ Hilfen Doris Barnett (SPD) verteidigte hin- gegen die hohen Ansätze bei humanitärer Hilfe und Krisenprävention als „hohes Gut“. Es gehe darum, von Kriegen und Bür- gerkriegen Bedrängten vor Ort eine Per- spektive zu geben und dies nicht nur in den betroffenen Ländern selbst sondern auch in jenen, die Flüchtlinge aufgenom- men hätten. „Hier müssen wir eingreifen und helfen“, auch mit medizinischer Ver- sorgung und Schulbildung, sagte Barnett. Auch Alois Karl (CSU) wies das Ansinnen der AfD zurück. Man könne im Gegenteil stolz darauf sein, wenn man im Angesicht der „weltweit erkennbaren Nöte“ Kriegs- und Bürgerkriegsopfern zur Seite stehen könne. Es sei ein Ausweis von Humanität, auf die hohe Zahl von Abermillionen Flüchtlingen weltweit zu reagieren. Fraktionskollege Johann Wadephul (CDU) lenkte den Blick auf die Zukunft der Nato, die zwar nicht „hirntod“ sei, wie der franzö- sische Präsident Macron befunden habe, aber „in den Extremitäten Schwächen hat“. Hier helfe kein weiterer Arbeitskreis, wie Mi- nister Maas meine. „Deutschland muss seine Beiträge zur Existenz der Nato, das heißt, seine finanziellen Beiträge, leisten.“ Alexander Graf Lambsdorff (FDP) warf der Bundesregierung Mut- und Ratlosigkeit in ihrer Außenpolitik vor. Während der fran- zösische Präsident mit Blick auf die He- rausforderungen vor „Ideen und Taten- drang“ brenne – die Verschiebungen in der internationalen Ordnung, der Aufstieg Chinas, die Entzweiung innerhalb Nato – gebe es in Berlin „keinen Gestaltungswille, keine Konzepte, keine Ideen“. Für Lambs- dorffs Fraktionskollege Michael Georg Link wiederum überdecken die großen Zahlen des Haushalts des Auswärtigen Amtes, „dass die Strukturen des Hauses nicht mit- »Ich sehe keinen Gestaltungs- willen, keine Konzepte, keine Ideen.« Alexander Graf Lambsdorff (FDP) gewachsen sind“. Das Haus müsse leis- tungsfähiger werden, unter anderem durch mehr Personal. Auch die digitale Infra- struktur, in den Botschaften wie in der Zentrale, sei immer noch „verheerend“. Michael Leutert (Die Linke) nannte den Haushalt, gemessen an den Ansprüchen der Koalition, einen „Totalausfall“. Die Bundes- regierung werde mit ihren Beiträgen zu Frie- denssicherung und Konfliktlösung „kra- chend scheitern“, wenn sie nicht einmal die Mittel für die notwendigen Dinge im Aus- wärtigen Amt aufbringe, sagte Leutert und verwies unter anderem auf Defizite bei Visa-Wartezei- ten, IT-Ausstattung und Aus- landliegenschaften. Stefan Liebich (Die Linke) monier- te mit Blick auf den Um- gang mit Russland und der Türkei doppelte Standards. „Eine glaubwürdige konsis- tente Außenpolitik würde bedeuten, dass man die Ein- haltung des Völkerrechts ge- genüber allen gleicherma- ßen einfordert.“ Omid Nouripour (Grüne) kritisierte, dass die Bundesregierung außen- politisch „Klarheit, Festigkeit, Verlässlich- keit“ vermissen lasse. Das gelte im Umgang mit Menschenrechtsverletzungen in China ebenso wie bei den Dissonanzen zwischen Maas und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zu deren Vor- schlag, eine Schutzzone in Nordsyrien unter Bundeswehrbeteiligung einzurichten. Deutschlands Partner wüssten nicht, „ob sie auf Mutlos-Maas schauen sollen oder auf ei- ne Verteidigungsministerin, die glaubt, sie könne das Wunder von Bern wiederholen, indem sie immer größere Versprechen gibt, die irreal sind“. Franziska Brantner (Grüne) kritisierte zudem, dass die Bundesregierung den künftigen EU-Finanzrahmen faktisch kürzen wolle, mit dem europäische Souverä- nität zu gestalten sei: „Das nenne ich Zu- kunftsverweigerung, Herr Maas.“ Der vielfach Kritisierte sagte, dass es eigent- lich nicht verständlich sei, den Haushalt mit einem „Rekordwert“ von fast sechs Milliar- den Euro kleinzureden. „Was wollen Sie denn noch? Einen Rekord-Rekord-Haushalt? Einen Hyperrekord-Haushalt?“ fragte Maas. Zur Wahrheit gehöre, dass Deutschland in vielen Krisen mittlerweile eine führende Rol- le bei der Konfliktlösung einnehme. Maas verwies unter anderem auf die Begleitung des Verfassungskomitees für Syrien in Genf, das Normandie-Format zur Lösung des Ukrainekonflikts und den Berlin-Prozess zur Befriedung des Konflikts in Libyen (siehe Seite 9). Alexander Heinrich T »Starkes Signal an unsere Partner« ENTWICKLUNG Ressortchef Gerd Müller darf im kommenden Jahr 640 Millionen Euro mehr ausgeben, vor allem für den weltweiten Klimaschutz samten Ansatz nochmals um 140 Millio- nen Euro aufstocken. „Die Beratungen ha- ben sich wirklich gelohnt, das Ergebnis wird unserer Verantwortung in der Welt ge- recht“, freute sich denn auch Carsten Kör- ber (CDU) vergangene Woche in der ab- schließenden Debatte über den Einzelplan. Deutschland intensiviere sein Engagement für den internationalen Klimaschutz, „ein starkes Signal, nicht zuletzt an unsere in- ternationalen Partner“. Mit der zusätzli- chen halben Milliarde „können wir in Ent- wicklungsländern CO2 in solch einer Men- ge einsparen, für die wir in Deutschland darf 10,88 Milliarden Euro und damit üppige 640 Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) 2020 für sein Ressort ausgeben. Erstmals in seiner Geschichte kratzt der Haushalt des Bundesministeri- ums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) so an der Elf-Mil- liarden-Euro-Marke – und setzt eine mone- täre Erfolgsgeschichte fort, in deren Verlauf sich das Finanzvolumen binnen fünf Jah- ren um fast 70 Prozent vergrößert hat. Für die entsprechende Beschlussempfeh- lung des Haushaltsausschusses (19/13920, 19/13924) votierten am vergangenen Frei- tag in der abschließenden Beratung über den Haushaltsentwurf der Bundesregie- rung (19/11800, 19/11802, 19/13800, 19/ 13801) dennoch nur die Koalitionsfraktio- nen. Während Union und SPD die massi- ven Steigerungen lobten und auch Ressort- chef Müller betonte, dass Deutschland – nach wie vor drittgrößter Geber von Ent- wicklungszusammenarbeit weltweit – „lie- Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden Sie in unserem E-Paper fert“, zeigte sich die Opposition nicht oder kaum überzeugt. Die AfD sah im Etat zu viel Quantität statt Qualität, die FDP mo- nierte die Konzentration auf bilaterale statt auf multilaterale Hilfen. Beide vernissten mit Blick auf andere in der Entwicklungs- politik aktive Bundesministerien eine „Po- litik aus einem Guss“. Linke und Grüne wiederum erinnerten an das erneut verfehl- te, aber international vereinbarte Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkom- mens für Entwicklung auszugeben sowie an den Koalitionsvertrag, in dem Union und SPD versprochen hatten, die Ausgaben für Verteidigung und Entwicklung in glei- chem Maße zu steigern. Verteidigungsmi- nisterin Kramp-Karrenbauer (CDU) darf sich 2020 jedoch über einen fast drei Mal höheren Aufwuchs freuen. Annegret »Lohnende Beratungen» Über eines wa- ren jedoch – mit Ausnahme der AfD – alle Fraktionen froh: Schon kurz nachdem die Bundesregierung den neuen Bundeshaus- halt vorgelegt hatte, wurde dieser um die Mittel zur Umsetzung des Klimaschutzpro- gramms 2030 ergänzt. Im Falle des BMZ- Haushalts bedeutete dies bereits vor Be- ginn der Haushaltsberatungen im Parla- ment ein Plus von 500 Millionen Euro. Danach konnten die Abgeordneten den ge- fünf Milliarden Euro bezahlen müssten“, erklärte er. Auch den Multilteralismus stär- ke die Bundesregierung, indem sie die Bei- träge an die Vereinten Nationen, ihre Son- derorganisationen sowie andere internatio- nale Einrichtungen um 76 Millionen Euro anhebe (2019: 2,16 Milliarden Euro). „Wir haben geliefert!“, schlussfolgerte Körber. Sonja Amalie Steffen (SPD) lobte außer- dem die Bereitstellung von 35 Millionen Euro für die Global Polio Eradication Ini- tiative (GPEI) zur Bekämpfung der Kin- derlähmung sowie die Zusage, die globale Impfallianz GAVI in den nächsten fünf Jahren mit 600 Millionen Euro zu unter- stützen. Die Tatsache, dass es momentan schätzungsweise nur noch 35 Fälle von Polio-Erkrankungen in der Welt gebe, nannte sie ein gutes Beispiel dafür, wie viel die Weltgemeinschaft gemeinsam leis- ten könne. Die SPD-Fraktion werde sich daher weiter dafür einsetzen, die multila- teralen Hilfen zu erhöhen, kündigte Stef- fen an. Deutlich mehr Geld vor allem für die Ver- einten Nationen und multilaterale Ansätze verlangte auch die FDP. Für sie kritisierte Michael Georg Link die „häufigen deut- schen Alleingänge“ im Bereich der Ent- wicklungszusammenarbeit und eine zu ge- ringe Abstimmung mit den EU-Nachbarn und der EU selbst. Die notwendigen Mittel könnten durch Umschichtungen aus den fünf Sonderinitiativen des Ministeriums fi- nanziert werden, schlug Link vor. „Es muss endlich Schluss sein mit diesen Schatten- haushalten im BMZ“, forderte er. »Fokus stärken« Die Sonderinitiativen abschaffen, will auch die AfD. Stattdessen müsse es eine Konzentration auf gezielte Projekte in Schlüsselländern, einen stärke- ren Fokus auf die wirtschaftliche Zusam- menarbeit in Kooperation mit der deut- schen Wirtschaft und eine bessere Evaluie- rung und Kontrolle der entwicklungspoliti- schen Maßnahmen geben, forderte Volker Münz. „Qualität – das heißt Nachhaltig- keit, Wirksamkeit und Effizienz – sollte vor Quantität gehen.“ Aus Sicht von Linken und Grünen reichen die Mittel im neuen Haushalt allerdings bei weitem nicht aus. Michael Leutert (Die Linke) nannte gerade die Verpflichtungser- mächtigungen, also die mehrjährigen Zu- sagen über 2020 hinaus, „dramatisch nied- rig“. So könne das BMZ „nicht ausreichend planen“, die Entwicklungszusammenarbeit drohe unstrukturiert und chaotisch zu wer- den. Anja Hajduk (Bündnis 90/Die Grü- nen) sprach von einem „kurzsichtigen“ Etat und rechnete vor, dass er laut derzeiti- ger Finanzplanung 2021 um 1,5 Milliarden Euro sinken würde. In der Entwicklungs- politik seien mehrjährige Zusagen aber wichtig, mahnte sie. Unter anderem erwar- te die internationale Gemeinschaft von Deutschland ab 2020 vier Milliarden Euro für den internationalen Klimaschutz, „und diese Zusage fehlt“. Für Ressortchef Müller steht hingegen fest: „Wir tragen zur Bewältigung der globalen Herausforderungen bei.“ Klimaschutz, Ge- sundheitsversorgung, Bildung und Ausbil- dung – Deutschland „wird seiner Verant- wortung gerecht“. Auch sein Ministerium handele, betonte er. So werde das BMZ als erstes deutsches Ministerium ab Januar 2020 klimaneutral sein. Er appellierte an andere Behörden wie den Bundestag, die- sem Beispiel zu folgen. Mit Investitionen in Höhe von 7,41 Milliar- den Euro ist der Entwicklungsetat weiterhin der zweitgrößte Investitionshaushalt des Bundes. Vom Plus im Jahr 2020 profitieren auch UN-Programme wie das Kinderhilfs- werk UNICEF oder der Bevölkerungsfonds UNFPA. Das Engagement der deutschen Wirtschaft in Afrika, bisher sehr zaghaft bei Investitionen auf dem Kontinent, wird die Bundesregierung mit 157,45 Millionen Euro unterstützen, 15 Millionen Euro mehr als 2019. Johanna Metz T