6 INNENPOLITIK Das Parlament - Nr. 23-25 - 02. Juni 2020 Es ist ein Aufregerthema, das dem Bundestag wie auch den Menschen im Lande schon vie- le hitzige Diskussionen be- schert hat: das Staatsbürger- schaftsrecht. 20 Jahre nach der damals heftig umstrittenen Reform des Staatsangehörigkeitsrechts unter Rot-Grün dringt die Opposition erneut auf weitrei- chende Änderungen des Regelwerks. Wenig überraschend folgen AfD, FDP, Linke und Grüne dabei teilweise ganz gegensätzlichen Stoßrichtungen, wie ihre jeweiligen Vorla- gen zeigen, über die das Parlament vergan- gene Woche debattierte – entsprechend kontrovers, versteht sich. Mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt wurde dabei ein bereits aus dem Jahr 2017 stammender Gesetzentwurf der AfD-Fraktion (19/86), der auf eine Rück- kehr zur bis 2014 geltenden Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsrecht abzielte. Da- rin verwies die Fraktion darauf, dass das deutsche „Staatsbürgerschaftsrecht nach Abstammung“ im Jahr 2000 „durch ein Staatsbürgerschaftsrecht nach Geburtsort erweitert“ wurde, wobei eine Doppelstaa- tigkeit seitdem hier geborener Kinder aus- ländischer Eltern mit der sogenannten Op- tionspflicht zwischen dem 18. und 23. Le- bensjahr endete. Seit 2014 werde diese Doppelstaatlichkeit indes „auf Dauer ge- währt“, was „automatisch zu einer großen und wachsenden Anzahl doppelstaatiger Personen“ führe. „Gerade der Besitz mehrerer Staatsbürger- schaften“, sagte Gottfried Curio (AfD) in der Debatte, müsse aber die Ausnahme bleiben. Zugleich warnte er vor den „Schat- tenseiten der Vielfalt“, die keinen gesell- schaftlichen Zusammenhalt schaffe: „Kul- tur- und Sprachbarrieren führen zu Abkap- selung und wachsenden Parallelgesell- schaften“, beklagte er. Thorsten Frei (CDU) machte indes deut- lich, dass die Optionspflicht mitnichten abgeschafft in Deutschland auch aufgewachsene Kinder nicht greife. Für die Union sei gleichwohl klar, dass sie auch in Zukunft den Grund- satz beibehalten wolle, Mehrstaatigkeit zu verhindern: „Wir wollen, dass das die Aus- nahme bleibt und nicht die Regel wird“. Schließlich Staatsbürgerschaft „mehr als ein Stück Papier, das über Auf- enthaltsrechte entscheidet“. sondern nur sei, für sei die in FDP-Fraktion »Keine Rabatte« FDP, Linke und Grüne plädieren dagegen in ihren Anträgen, über die das Parlament erstmals debattierte, für eine – unterschiedlich weitreichende – Hinnahme von Mehrstaatigkeit. So fordert die ihrem Antrag (19/19513), „die Mehrstaatigkeit im Falle einer Einbürgerung grundsätzlich zuzulas- sen“. Dabei sollten sich Einwanderer aber „nach spätestens zwei Generationen“ in der Regel für eine Staatsangehörigkeit ent- scheiden müssen, betonte Linda Teuteberg (FDP). Auch müsse die Verleihung der Staatsangehörigkeit „Ergebnis und Ziel“ ei- ner gelungenen Integration sein und nicht ein Vorschuss in der Hoffnung auf mögli- che zukünftige Integrationsleistungen. Da- bei dürfe es bei den Integrationsanforde- rungen wie Sprachkenntnisse, Achtung von Werte- und Rechtsordnung sowie Bestrei- tung des Lebensunterhalts „keine Rabatte“ geben. KURZ NOTIERT Bundeswehr bekommt jüdische Militärseelsorge der Bei der Bundeswehr wird eine jüdische Militärseelsorge eingerichtet. Der Bun- destag verabschiedete am vergangenen Donnerstag einen entsprechenden Ge- setzentwurf Bundesregierung (19/18074) mit den Stimmen aller Frak- tionen. Konkret sieht das Gesetz die Ein- richtung eines Militärrabbinats mit vo- raussichtlich 48 Dienstposten vor. Die Kosten beziffert die Bundesregierung auf jährlich 4,67 Millionen Euro. Bislang existieren in der Truppe ausschließlich ei- ne evangelische und eine katholische Militärseelsorge. AfD will Kinderkopftuch in Kitas und Schulen unterbinden Die AfD-Fraktion möchte das Tragen von Kinderkopftüchern in Kindertagesstätten und Schulen unterbinden. In einem An- trag (19/19522), den der Bundestag am Freitag erstmals beriet und in die Aus- schüsse überwies, fordert sie die Bun- desregierung auf, ein Verbot verfas- sungsrechtlich prüfen zu lassen und da- rüber mit der Kultus- und den Innenmi- nisterkonferenz der Länder zu beraten. Nach Ansicht der AfD ist das Kinderkopf- tuch auf das engste mit dem Islamismus verbunden und ein Hindernis bei der In- tegration muslimischer Mädchen in die deutsche Gesellschaft. aw T Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden Sie in unserem E-Paper Dauerthema Doppelpass EINBÜRGERUNG Mit ganz unterschiedlichen Vorstellungen will die Opposition das Staatsangehörigkeitsrecht ändern Blockade beklagt WAHLRECHT Bundestag schneidet Wahlkreise neu zu Bei Enthaltung der Linken hat der Bundes- tag vergangene Woche einen Neuzuschnitt mehrerer Wahlkreise beschlossen. Für ei- nen entsprechenden Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD (19/18968) votierten auch AfD, FDP und Grüne. Damit werden für die nächste Bundestagswahl aufgrund der Bevölkerungsentwicklung Neuabgren- zungen von Wahlkreisen in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern vorge- nommen sowie in Thüringen aufgrund kommunaler Gebietsänderungen. In der Debatte warfen Redner der Opposi- tion den Koalitionsfraktionen vor, die seit Jahren kontrovers diskutierte Wahlrechtsre- form zur Eindämmung der Mitgliederzahl künftiger Bundestage zu blockieren. Al- brecht Glaser (AfD) sah in der „filigranen“ Veränderung der Wahlkreise ein „sicheres Indiz“ dafür, „dass das Projekt Wahlrechts- der Parlamentsverkleinerung reform von der Koalition endgültig abge- blasen wird“. Konstantin Kuhle (FDP) sag- te, insbesondere von den Unionsfraktio- nen werde eine Änderung des Wahlrechts zur blockiert. Friedrich Straetmanns (Linke) monierte, dass die Regierungsfraktionen das „Kern- problem“ Bundestagsverkleinerung „komplett wegschieben“. Britta Haßel- mann (Grüne) kritisierte, die Koalition fin- de nicht die Kraft, dazu „auf der Grundlage des personalisierten Verhältniswahlrechts einen Vorschlag zu entwickeln“. Ansgar Heveling (CDU) betonte dagegen, man sei in einem „intensiven Diskussions- prozess über eine grundlegende Reform des Wahlrechts“. Und Mahmut Özdemir (SPD) konstatierte, wenn es dafür im Bun- destag keine Mehrheit gebe, „dann wird das Wahlrecht auch nicht geändert“. sto T Recht auf Beratung FAMILIE Bundestag verabschiedet Adoptionshilfe-Gesetz (19/16718) Bei der Adoption von Kindern gibt es künf- tig einen Rechtsanspruch auf Beratung und Begleitung durch Adoptionsvermittlungs- stellen. Bei Stiefkindadoptionen hingegen wird eine Beratungspflicht eingeführt. Den entsprechenden Gesetzentwurf der Bun- desregierung verabschiedete der Bundestag am Donnerstag in der durch den Familienausschuss geänderten Fassung (19/19596) mit den Stimmen der Koaliti- onsfraktionen von CDU/CSU und SPD. Die Oppositionsfraktionen, die die Geset- zesnovelle prinzipiell begrüßten, enthiel- ten sich der Stimme. Das Gesetz sieht vor, dass Adoptionsver- mittlungsstellen eine Aufklärung des Kin- des über die Adoption leisten und mit den Herkunftseltern und den Adoptiveltern erörtern, ob und wie ein Informationsaus- tausch zwischen ihnen im Sinne des Kin- deswohls stattfinden kann. Verschärft wer- den die Auflagen bei Auslandsadoptionen. Sie müssen zukünftig immer durch eine Adoptionsvermittlungsstelle vermittelt wer- den. Für Adoptionsbeschlüsse im Ausland wird ein verpflichtendes Anerkennungsver- fahren eingeführt. FDP, Linke und Grüne monierten überein- stimmend, dass durch die Beratungspflicht bei Stiefkindadoptionen lesbische Ehepaa- re und eingetragene Partnerschaften be- nachteiligt würden, da der nichtleiblichen Mutter nach dem Abstammungsrecht nur der Weg der Stiefkindadoption offen stehe. Diese Kritik wird auch von der SPD geteilt. Die AfD lehnte die Pflichtberatung bei Stiefkindadoption prinzipiell als unver- hältnismäßig ab. aw T Unabhängige Ermittler RECHT Grünes Licht für Gesetz zu EU-Staatsanwaltschaft Der Bundestag hat den Weg für die Umset- zung der EU-Verordnung „zur Durchfüh- rung einer verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwalt- schaft“ vom Oktober 2017 frei gemacht. Gegen die Stimmen der AfD billigte das Parlament vergangene Woche den entspre- chenden Gesetzentwurf der Bundesregie- rung (19/17963) bei Enthaltung der Lin- ken. Bei der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) handelt es sich laut Vorlage um ei- ne unabhängige europäische Behörde mit Sitz in Luxemburg. Zuständig ist die EUStA „für die strafrechtliche Ermittlung und Ver- folgung sowie die Anklageerhebung bei Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union“, wie die Bundesregierung erläutert. Die EUStA-Verordnung war im November 2017 in Kraft getreten. Gemäß ihrem Arti- kel 120 kann die Europäische Staatsan- waltschaft ihre operative Arbeit den Anga- ben zufolge frühestens drei Jahre nach In- krafttreten der Verordnung aufnehmen. Das Datum der Arbeitsaufnahme der Euro- päischen Staatsanwaltschaft wird laut Bun- desregierung von der EU-Kommission durch Beschluss festgelegt. Voraussetzung dafür sei, dass die EUStA zu dem von der Kommission festzulegenden Datum „in vollem Umfang funktionsfähig ist“. Die Verordnung ist in Deutschland unmit- telbar anzuwenden. Um die Verpflichtun- gen aus der Verordnung vollständig und bundeseinheitlich zu erfüllen, bedurfte es laut Bundesregierung noch zusätzlich eini- ger Durchführungsbestimmungen. sto T Eingebürgerte Menschen stehen im vergangenen Sommer mit schwaren, roten und gelben Regenschirmen bei einem Einbürgerungs- fest vor dem Sächsischen Landtag in Dresden. © picture-alliance/dpa / Robert Michael Deutlich weiter gehen die Vorstellungen von Linken und Grünen. Die Linke, sagte ihre Abgeordnete Gökay Akbulut, fordere mit ihrem Antrag (19/19484) „eine Ein- bürgerungsoffensive, bei der Mehrstaatsan- gehörigkeiten generell akzeptiert werden, die deutsche Staatsangehörigkeit per Ge- burt in Deutschland verliehen wird und Menschen, die sich seit fünf Jahren recht- mäßig in Deutschland aufhalten und ihren Lebensmittelpunkt hier haben, das Recht auf Einbürgerung bekommen“. Dabei soll der Anspruch auf Einbürgerung dem An- trag zufolge unabhängig vom Einkommen oder sozialen Status der Betroffenen beste- hen und der Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch nicht ausschlagge- bend sein. „Die Fähigkeit zur einfachen alltagstauglichen mündlichen Verständi- gung in der deutschen Sprache ist ausrei- chend“, heißt es in der Vorlage weiter. Wie Die Linke plädieren auch die Grünen in ihrem Antrag (19/19552) unter ande- rem dafür, dass die deutsche Staatsangehö- rigkeit durch Geburt im Inland erworben werden kann, wenn ein Elternteil rechtmä- ßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Alles andere mache „hier geborene und aufgewachsene Menschen zu Ausländern im eigenen Land“, argumen- tierte Filiz Polat (Grüne). Auch müsse „endlich Schluss sein mit den Deutschen auf Probe“, weshalb ihre Fraktion „die vollständige Abschaffung des Options- zwangs und die Ermöglichung von Mehr- staatigkeit“ fordere. Vielfalt sei „nicht nur ein Zugewinn“, konstatierte sie, „sondern unsere Stärke und essenziell für die Wider- standsfähigkeit unserer Demokratie“. Einwanderungsland Dass in der Koalition auch Union und Sozialdemokraten in der Debatte unterschiedlichen Vorstellungen folgen, ließ Helge Lindh (SPD) erkennen. Für ihn geht es „auch darum, dass sich ein Einwanderungsland zu sich selbst be- kennt“ – was bedeute, „nach Regeln und klaren Standards Staatsangehörigkeit zu er- möglichen“. Man sei jedoch „manchmal zu gut darin, Staatsangehörigkeit zu verhin- dern“. Deshalb müsse „insbesondere ein Kriterium sein, Realität anzuerkennen, und das heißt: Anerkennung von Mehrstaatlich- keit“. Helmut Stoltenberg T Gewissheiten hinterfragt Zank um die Kontrolle AMRI-AUSSCHUSS Seltsame Spurenlage nach dem Anschlag mit dem Lastwagen NACHRICHTENDIENSTE FDP will Parlamentsbeauftragten Am Abend des 19. Dezember 2016 gegen 20 Uhr preschte ein Schwerlaster in den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breit- scheidplatz. Soviel ist unbestritten und un- bestreitbar. Am Steuer saß ein Tunesier na- mens Anis Amri. Das ist ebenfalls weithin unbestritten. Aber auch unbestreitbar? An- ders gefragt: Sollte einer, der einen Lastwa- gen kapert und damit eine halbe Stunde durch Berlin fährt, am und im Führerhaus nicht jede Menge Fingerabdrücke und DNA-Material hinterlassen? Genau das tat Amri nicht. Im Amri-Unter- suchungsausschuss ist es der Grünen-Abge- ordnete Konstantin von Notz, von Beruf Rechtsanwalt, der Gewissheiten gerne ge- gen den Strich bürstet. Das Bundeskrimi- nalamt (BKA), wandte sich von Notz in der vorigen Woche an einen Zeugen, kön- ne allein deswegen unerschütterlich be- haupten, Amri sei der Täter, weil der Mann mausetot ist. Im Grunde ein Glücksfall. Wären die Ermittler in der Zwangslage, im Strafverfahren gegen einen lebenden Amri den gerichtsfesten Nachweis zu führen, dass er und kein anderer am Steuer saß, könnte es, meinte von Notz, eng werden. Mischspuren Der Zeuge, Kriminalhaupt- kommissar A.Q., gehört seit 2003 dem BKA an und ist seit Ende 2007, wie er dem Ausschuss berichtete, mit der Abwehr des „religiös motivierten internationalen Terro- rismus“ befasst. Nach dem Breitscheid- platz-Attentat war er vom 21. Dezember 2016 bis zum 24. März des Folgejahres in der Besonderen Aufbauorganisation (BAO) „City“ tätig, die die Ermittlungen federfüh- rend betreute, und zwar im Bereich „Asser- vatenkoordinierung“. Um zu schildern, was sich an Hinweisen auf Amris Person im Tatfahrzeug gefunden hatte, genügten ihm wenige Worte. Abdrü- o t o h P P A / e c n a i l l a - e r u t c i p © Der Tunesier Anis Amri cke von Daumen sowie Mittel-, Zeige- und Ringfinger der rechten Hand an der Au- ßenseite der Fahrertür. Zwei weitere Finger- abdrücke auf einer 50-Euro-Banknote in einer Geldbörse, die am Tag nach dem At- tentat entdeckt wurde und auch eine auf einen Aliasnamen Amris ausgestellte Dul- dungsbescheinigung enthielt. Zwei „Misch- spuren“ aus DNA-Material, für die Amri nach Expertenansicht als Mitverursacher „in Betracht zu ziehen“ sei. Die eine am Lenkrad, die andere auf einem Zettel, der auf der Tachoanzeige lag, allerdings erst bei einer Zweitbesichtigung am 10. Januar 2017 sichergestellt wurde. Dass dies eine dürftige Spurenlage sei, wie einige der Ausschussmitglieder meinten, mochte der Zeuge nicht gelten lassen. Man dürfe das alles auch nicht überbewerten. Es komme durchaus vor, dass Gegenstände, die eindeutig einer bestimmten Person zu- zuordnen und regelmäßig in Gebrauch sei- en, ein Mobiltelefon, eine Geldbörse, den- noch kaum verwertbares Spurenmaterial des Besitzers aufwiesen. Adrett gekleidet Es gibt freilich weitere Merkwürdigkeiten. Wie ist zu erklären, fragte Irene Mihalic (Grüne), dass an Am- ris Leiche ausweislich des italienischen Au- topsieberichts keinerlei Hautabschürfun- gen, Prellungen, Verletzungen anderer Art, nicht der geringste Kratzer, zu sehen wa- ren? Der Mann hatte immerhin nur drei Tage vor seinem Tod in einem Fahrzeug ge- sessen, durch dessen Windschutzscheibe sich ein Weihnachtsbaum bohrte. Nicht minder irritierend wirken Aufnah- men einer Überwachungskamera in einer Unterführung am Bahnhof Zoo, die zei- gen, wie Amri fünf Minuten nach dem An- schlag geschniegelt und adrett gekleidet, offenbar völlig entspannt und gemächlich herumschlendert. Aus der Befragung des Kriminalhauptkom- missars ging weiter hervor, dass die Ermitt- ler 13 im Zusammenhang mit dem An- schlag gesicherte DNA-Profile definitiv nicht haben zuordnen können. Auch ein solcher Befund nährt Phantasien. Wer hat sich da noch am Tatort herumgetrieben, von dem wir nichts wissen? Vielleicht Am- ris Komplize, nach dem namentlich Oppo- sitionsvertreter in Ausschuss ebenso hart- näckig wie bisher ergebnislos forschen? Auch der Zeuge A.Q. war durch noch so beharrlich vorgetragene Einwände der Ab- geordneten im Ausschuss letztlich nicht zu erschüttern: „Das Spurenbild ist, wie es ist. Ich muss mit den Erkenntnissen leben, die ich habe. Ich persönlich vertrete die An- sicht, dass Anis Amri dieses Fahrzeug ge- fahren hat.“ Winfried Dolderer T Kontrolle Die FDP stößt im Bundestag mit der For- derung nach Schaffung des Amtes eines parlamentarischen Nachrichtendienstbe- auftragten auf wenig Gegenliebe bei den anderen Fraktionen. Dies wurde vergange- ne Woche bei der ersten Lesung eines ent- sprechenden Gesetzentwurfes der FDP- Fraktion (19/19502) deutlich. Danach soll die parlamentarische Kontrolle der Nach- richtendienste auch künftig im Kern im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) stattfinden, doch „durch das neu geschaffene Amt um den bislang vernach- lässigten Aspekt der prä- er- ventiven gänzt“ werden. Der Beauf- tragte soll laut Vorlage vom Bundestag mit Zweidrittel- mehrheit gewählt werden und uneingeschränkten Zugang zu Dienststellen und Datenbanken der Dienste haben sowie ein Zugangsrecht beispielswei- se zu nachrichtendienstli- chen Besprechungen im Kanzleramt. Damit „echtes Frühwarnsystem in der parlamenta- rischen Kontrolle“, sagte Benjamin Strasser (FDP). Das Bundesverfassungsgericht habe mit seinem Urteil vom 19. Mai zum BND- Gesetz (1 BvR 2835/17) bestätigt, „dass wir die Zügel bei der Kontrolle der deutschen Nachrichtendienste anziehen müssen“. Thorsten Frei (CDU) erwiderte, die Karls- ruher Richter hätten „nichts zur parlamen- tarischen Kontrolle gesagt, sondern zur ad- ministrativen und zur gerichtsnahen“. Des- halb habe man nichts im Bereich der par- lamentarischen Kontrolle zu ändern, die „vorbildlich“ erledigt werde. schaffe man ein deutlich Uli Grötsch (SPD) befürwortete demgegen- über mehr parlamentarische Kontrolle der Dienste, „aber nicht durch einen Nachrich- tendienstbeauftragten, sondern durch den Ausbau und eine Vernetzung der jetzt schon bestehenden Organe“. Auch André Hahn (Linke) wandte sich gegen die Ein- richtung eines eigenständigen Nachrich- tendienstbeauftragten, da man „keine wei- tere Zersplitterung der Kontrollgremien“ brauche. Roman Reusch (AfD) betonte, dass das Parlament die Kontrolle über die Regie- rung ausübe und „kein ad- ministrativer Mensch, mag er auch noch so toll ge- wählt sein“. Konstantin von Notz (Grüne) lehnte eben- falls „diesen Beauftragten mit seinen schweren Ein- griffen in durch das Grund- gesetz dem Parlament vor- behaltene Rechte“ ab. dem Gesetzentwurf Mit Parlament überwies auch einen Antrag der FDP- Fraktion (19/19509) zur weiteren Beratung an die Ausschüsse. In der Vorlage verweist die Fraktion darauf, dass das Bundesverfas- sungsgericht am 19. Mai die Regelungen zur „Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklä- rung“ durch den Bundesnachrichtendienst (BND) „für mit dem Grundgesetz unver- einbar erklärt“ habe. Der Gesetzgeber habe bis Ende 2021 Zeit, Neuregelungen zu die- ser Fernmeldeüberwachung sowie zu wei- teren für verfassungswidrig erklärten Vor- schriften zu treffen. „Diese Gelegenheit sollte er auch nutzen, um die Kontrolle der Nachrichtendienste umfassend neu zu strukturieren und effektiver zu gestalten“, heißt es in dem Antrag weiter. sto T das »Wir schaffen ein echtes Frühwarn- system in der Kontrolle.« Benjamin Strasser (FDP)