4 EUROPA UND DIE WELT Das Parlament - Nr. 46-47 - 09. November 2020 Klare Signale BELARUS Bundestag verurteilt die Gewalt gegen die friedlichen Demonstranten und stellt sich hinter die EU-Sanktionen gegen Machthaber Lukaschenko den Neuwahlen, die Freilassung aller politischen Gefange- nen und eine Verfassungs- reform – das sind die For- derungen des Bundestages an belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko. Gleich- zeitig fordern die Abgeordneten die Bundes- regierung auf, sich „mit Nachdruck“ für per- sonenbezogene Sanktionen gegen das Re- gime in Minsk einzusetzen. Mit den Stim- men von CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP verabschiedeten sie ver- gangene Woche einen gemeinsamen Antrag (19/23943) der Koalitionsfraktionen und der Grünen. Die Linke enthielt sich, die AfD stimmte dagegen. Beide Fraktionen halten Sanktionen gegen das Regime für nicht ziel- führend. Mit der Debatte wollten die Abgeordneten ihre Solidarität mit der Protestbewegung in Belarus ausdrücken. So stellte Manuel Sarra- zin (Grüne) klar: „Es geht darum, dass wir heute sagen, Europa endet nicht an den Grenzen der EU.“ Der FDP-Außenexperte Thomas Hacker forderte den Bundestag auf: „Lassen Sie uns heute ein Zeichen der Unter- stützung setzen.“ Seit der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August gehen jede Woche in Minsk und an- deren Städten in Belarus mehrere Zehntau- sende Menschen friedlich auf die Straße. Die Sicherheitskräfte reagieren brutal mit Schlag- stöcken, Wasserwerfern und Gummigeschos- sen. Es sind vor allem mutige Frauen, die die Proteste anführen. Im Bundestag war vor wenigen Wochen Oppositionsführerin Swet- lana Tichanowskaja zu Gast und warb dort um Unterstützung für die Demokratiebewe- gung. Druck müsse es nicht nur von innen, sondern auch von außen geben, sagte sie in Berlin. Auch das Europäische Parlament solidarisiert sich mit der Opposition in Belarus. Der Sa- charow-Preis für geistige Freiheit geht dieses Jahr an sie. Parlamentspräsident David Sasso- li würdigte „Mut, Widerstandsfähigkeit und Entschlossenheit“ der demokratischen Oppo- sition. „Sie boten und bieten weiterhin einem viel stärkeren Gegner die Stirn. Sie haben die Wahrheit auf ihrer Seite, die mit roher Gewalt niemals bezwungen werden kann“, sagte er. Festnahmen Mehr als 16.000 Menschen seien inzwischen in Belarus festgenommen worden, einige seien seit Monaten in Haft, sagte Barbara Hendricks (SPD). Sie forderte die Bundesregierung auf, die von der EU eingeleiteten Sanktionen gegen Lukaschen- ko und sein enges Umfeld zu unterstützen. Ähnliche äußerte sich ihre Fraktionskollegin Gabriela Heinrich. „Was auf den Straßen in Belarus gefordert wird, sollte selbstverständ- lich sein. Der Weg nach vorn muss der des Dialogs sein“, betonte sie. Dabei sieht sie die Organisation für Sicherheit und Zusam- menarbeit in einer Schlüsselrolle. Der außenpolitische Sprecher der Unions- fraktion, Jürgen Hardt (CDU), fühlte sich von den Protesten in Belarus an die Demo- kratiebewegung 1989 in der DDR erinnert, die auch in gefälschten Kommunalwahlen ihren Ursprung hatte. „Es gibt für mich kei- nen Zweifel daran, dass die Wahlen in Bela- rus gefälscht sind. Deshalb ist es folgerichtig, dass die EU Lukaschenko nicht als Präsiden- ten anerkennt.“ Hardt sprach sich für Neu- wahlen aus, die von einer OSZE-Wahlbeob- achtermission begleitet werden müssten. in Europa (OSZE) Seit den Präsidentenwahlen am 9. August demonstrieren täglich Tausende Menschen auf den Straßen von Minsk. Sie werfen Präsi- dent Alexander Lukaschenko Wahlbetrug vor. © picture-alliance/dpa Gregor Gysi (Die Linke) sah ebenfalls Paral- lelen zwischen den Protesten in Belarus und der DDR. Er verwies auf den Runden Tisch in den Wendemonaten 1989/1990, an dem Vertreter der Regierung und der Bürgerbewe- gung zusammensaßen. Nur durch solch ei- nen Dialog könne man sich auf einen Ver- fassungsprozess und faire Wahlen verständi- gen und darauf, dass das Ergebnis von allen akzeptiert werde, sagte Gysi. Zweifel äußerte er an der Wirksamkeit von Sanktionen ge- gen den Machtapparat von Lukaschenko. Die Sanktionen seien vor allem ein innen- politisches Signal und in einer multipolaren Welt weitgehend machtlos, urteilte Anton Friesen (AfD). Viel besser sei es, mit Vertre- tern aus Belarus vertraulich zu reden und die Menschenrechtsverletzungen zu belegen. Seiner Einschätzung nach gibt es in Belarus eine politische Pattsituation, denn Luka- schenko sei in Kleinstädten und auf dem Land sehr beliebt. Zudem stehe der Sicher- heitsapparat hinter ihm. Mit seinem „dreisten Wahlbetrug“ habe Lu- kaschenko sein Ende selbst eingeleitet, ur- teilte hingegen Thomas Hacker (FDP). „Die Menschen in Belarus kämpfen für ihre Frei- heit, sie kämpfen aber auch für unsere Wer- te“, betonte er. Hacker sprach sich dafür aus, die Angebote des deutschen Auslandssen- ders Deutsche Welle in der Region zu stär- ken. Meinungsvielfalt und Pressefreiheit sei- en die besten Garanten für den Demokrati- sierungsprozess in Belarus. Ein Antrag der AfD-Fraktion (19/23947), in dem diese sich gegen Wirtschaftssanktionen wendet, wurde in die Ausschüsse überwiesen ebenso wie ein Antrag der FDP-Fraktion (19/ 23929), die sich für den Ausbau des Ange- bots der Deutschen Welle in Belarus aus- spricht. Keine Mehrheit fand ein weiterer An- trag der Liberalen (19/22492) zur Stärkung der weißrussischen Zivilgesellschaft: Die Ko- alition lehnte diesen ab, die Grünen stimm- ten dafür, Linke und AfD enthielten sich. In dem verabschieden Antrag von Koalition und Grünen wird die Bundesregierung auch aufgefordert, von Repressionen betroffene Journalisten zu unterstützen und freie im Ausland ansässige Exil-Medien finanziell zu fördern. Auch der Auf- und Ausbau unab- hängiger Medien vor Ort in Belarus, in der EU und in Deutschland soll stärker gefördert werden. Susann Kreutzmann T Die Autorin ist freie Journalistin in Berlin. Wirksames Instrument ENTWICKLUNG Appell für Aufbau von Sozialsystemen Soziale Sicherungssysteme sind nach An- sicht von Michael Cichon, Autor und Ent- wickler des Social Protection Floor Index (SPFI), für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung aller Länder unverzichtbar. Es gebe kein effizienteres und schneller wirk- sames Politikinstrument, mit dem Men- schen aus Armut und Perspektivlosigkeit befreit und Barrieren für Wachstum abge- baut werden könnten, betonte er vergange- ne Woche im Entwicklungsausschuss. In akuten Krisen wie der Corona-Pandemie habe sich gezeigt, dass die Reaktionszeit zu lang sei, wenn nicht schon zuvor Grundla- gen für eine soziale Grundsicherung ge- schaffen worden seien. »Nicht sehr teuer« Cichon verwies auf den im Jahr 2012 von den Mitgliedstaaten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gefassten Beschluss, universelle und rechtsbasierte soziale Basisschutzsysteme (Social Protection Floors) innerhalb des nächsten Jahrzehnts einzuführen. Laut Un- tersuchungen des SPFI seien die meisten Länder dazu fähig, soziale Basisschutzsyste- me zu etablieren. Nur für etwa ein Dut- zend Länder sei dies nicht ausschließlich mit nationalen Ressourcen zu erreichen. Für sie sollten internationale Hilfen zur Verfügung gestellt werden. „Das ist auch gar nicht sehr teuer“, sagte Cichon. In An- nur lehnung an den Globalen Fonds zur Be- kämpfung von Aids, Tuberkulose und Ma- laria, der jährlich etwa vier Milliarden US- Dollar ausschütte, könnte in ähnlicher Größenordnung ein Globaler Fonds für So- ziale Sicherung geschaffen werden, schlug er vor. Nach Angaben der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- wicklung (BMZ), Maria Flachsbarth (CSU), liege die Notwendigkeit für den Aufbau so- zialer Sicherungssysteme in Entwicklungs- und Schwellenländern auf der Hand. Bis- lang seien weltweit 71 Prozent der Men- schen abgesichert, 55 Prozent hätten gar keinen Schutz. Infol- ge der Corona-Pandemie würden allein in diesem Jahr 115 Millionen Menschen neu in extreme Armut stürzen. Das BMZ fördere schon seit vielen Jahren den Aufbau sozialer Sicherungssysteme in den Partnerstaaten der deutschen Entwick- Flachs- lungszusammenarbeit, barth. Zugleich hätten sich gerade in den ärmsten Staaten auch Bardgeldtransfers („Cash Transfers“) an bedürftige Zielgrup- pen als wirksames Mittel zur Verhinderung chronischer Armut erwiesen. Ihr Vorteil sei es, dass die Empfänger flexibel und eigen- verantwortlich über die Nutzung der Mittel entscheiden könnten. Johanna Metz T unzureichend erklärte Fehlende Zugkraft MENSCHENRECHTE Prozess zu UN-Vertrag stockt Die Bundesregierung unterstützt weiterhin ein Abkommen der Vereinten Nationen (UN) für Wirtschaft und Menschenrechte. Das bekräftigte ein Vertreter des Auswärti- gen Amtes vergangene Woche im Men- schenrechtsausschuss. Das seit 2014 von den UN verhandelte „Binding Treaty“ soll Staaten weltweit verpflichten, international tätige Unternehmen in Haftung zu neh- men, Menschenrechte und Umweltstan- dards einzuhalten. Die Bundesregierung engagiere sich im Prozess und habe auch an der jüngsten Sit- zung der zwischenstaatlichen Arbeitsgrup- pe im UN-Menschenrechtsrat in Genf teil- genommen, sagte der Regierungsvertreter. Entscheidend allerdings sei eine gemeinsa- me, abgestimmte europäische Position: „Wir befürworten den Ansatz des Europäi- schen Auswärtigen Dienstes (EAD), dass sich die EU im Prozess einheitlich enga- giert“, sagte er. Unzufriedenheit gebe es je- doch über die unzureichende EU-interne Auseinandersetzung mit dem Treaty-Pro- zess. „Wir bedauern, dass nicht rechtzeitig eine strukturierte, gemeinsame Analyse der Vertragsartikel vorgenommen wurde.“ Der im August von der ecuadorianischen überarbeitete Ver- Verhandlungsleitung tragsentwurf komme gegenüber dem Vor- gängerentwurf den von der EU-Kommissi- on und Bundesregierung geäußerten Be- denken entgegen. „So gibt es inzwischen eine Abkehr von der Position, nur transna- tionale Unternehmen in den Anwendungs- bereich zu nehmen“, berichtete der Außen- amts-Vertreter. Auch in Konzept und Spra- che entspreche der Entwurf jetzt mehr den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Men- schenrechte. Diese 2011 verabschiedeten Leitprinzipien seien insgesamt der „maß- gebliche, globale Standard – und der Kom- pass für die Arbeit im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte“. »Alle erfassen« Für den Erfolg eines völ- kerrechtlichen Vertrags seien aus Sicht der Bundesregierung drei Punkte zentral: So setze sie sich dafür ein, dass alle Unterneh- men von einer Regelung erfasst würden. Ein Vertrag müsse sich zudem „nahtlos ein- fügen in die Konzeption der UN-Leitprin- zipien“ und „realistischerweise umsetzbar“ sein. Nur so könne eine vergleichbare, ein- heitliche Rechtspraxis gewährleistet wer- den. Dem Vertragsprozess fehle jedoch bis- lang die „nötige Zugkraft“, stellte der Au- ßenamt-Vertreter Ein Grund dafür sei die Zurückhaltung „zentra- ler Akteure wie USA, Kanada, Japan, Aust- ralien und sogar Norwegen“. Staaten wie- derum, die sich sonst im Menschenrechts- fragen „wenig hervortun“, engagierten sich hingegen stärker, so der Regierungsvertreter mit Blick auf Iran, Ägypten und Venezuela. Schließlich gebe es Staaten wie Russland und China, die sich zwar am Prozess betei- ligten, aber nur, um „tiefgreifende Kritik“ an dem Entwurf zu äußern und ihre Posi- tionen zu verankern. sas T bedauernd fest. Diskriminiert, verfolgt, getötet Himmlischer Frieden RELIGIONSFREIHEIT Bericht wirft schlechtes Licht auf die Lage weltweit. Auch in Deutschland mehr Straftaten AUSWÄRTIGES Anträge zum Erhalt des Open-Skies-Vertrags Lage Es klingt wie ein Phänomen längst vergan- gener Tage – doch die Verfolgung von Christen ist auch heute in vielen Ländern der Welt gängige Praxis. Das belegt der ak- tuelle Bericht der Bundesregierung zur weltweiten der Religionsfreiheit (19/2382), den der Bundestag am vergan- genen Freitag beraten hat. „Drei von vier Menschen leben in einem Land, das ihre Religionsfreiheit einschränkt“, sagte Mar- kus Grübel, Beauftragter der Bundesregie- rung für die weltweite Religionsfreiheit. „Christen sind als größte Religionsgemein- schaft von der Verletzung der Religionsfrei- heit besonders betroffen.“ Aber auch Ange- hörige anderer Religionen und Weltan- schauungen litten weltweit unter Diskrimi- nierung, Ausgrenzung und Verfolgung, be- tonte der CDU-Politiker unter Berufung auf den Bericht. Der rund 160 Seiten umfassende Report ist bereits der zweite Lagebericht der Regie- rung zur globalen Religionsfreiheit. Er zeigt erneut: Um dieses Menschenrecht ist es nicht gut bestellt. „In den letzten Jahren lässt sich ein Trend zu vermehrten Ein- schränkungen des Menschenrechts auf Re- ligions- und Weltanschauungsfreiheit er- kennen“, so das Fazit der Bundesregierung. 30 Länder nimmt ihr Bericht einzeln in den Fokus, von Afghanistan bis Vietnam. Die Länderkapitel seien ein Novum des Be- richts, so Grübel. Damit reagiere die Bun- desregierung auf einen Wunsch des Parla- ments. A Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden Sie in unserem E-Paper Als besonderes auffallendes Beispiel für die Verletzung der Religionsfreiheit verwies der Beauftragte der Bundesregierung auf Chi- na: „Dramatisch“ sei die Lage der muslimi- schen Uiguren und der buddhistische Tibe- ter, schwierig auch die Situation für Chris- ten und Anhänger der Falun-Gong-Bewe- gung, sagte Grübel. Er forderte eine unab- hängige Untersuchung und Berichterstat- tung der Vereinten Nationen zur Lage der uigurischen Minderheit in China. Zahl der Straftaten steigt Der Bericht nimmt jedoch auch Deutschland in den Blick. So verweist er auf Zahlen des Bun- deskriminalamtes, wonach antisemitische und islamfeindliche Straftaten im vergan- genen Jahr um 13 Prozent beziehungswei- se 4,4 Prozent gestiegen sind. Antisemiti- sche Anschläge wie etwa in Halle im Be- richt zu nennen, sei richtig, sagte Jürgen Braun (AfD) – genauso richtig, wie die „Einschränkung der Religionsfreiheit in Zeiten von Corona“ zu benennen. Die flä- chendeckende Absage von Ostergottes- diensten in Deutschland nannte er „ein verheerendes Signal“. Außerdem vermisste die AfD in dem Bericht eine klare Darstel- lung der gewaltsamen Verfolgung von Christen unter dem Islam. Bärbel Kofler, Beauftragte der Bundesregie- rung für Menschenrechte, machte darauf aufmerksam, dass mit zunehmenden Ein- schränkungen der Religionsfreiheit auch ein Teil der Menschenrechte „allgemein unter Druck“ sei. Das sei leider ein „negati- ver Trend“, urteilte die SPD-Abgeordnete. Nur drei Prozent der Weltbevölkerung leb- ten in Länder mit offenen Zivilgesellschaf- ten. Die jüngsten Terroranschläge in Frank- reich, in Halle und in Wien, die „im Na- men einer Religion oder gegen eine andere R E K O R B e g a m i / e c n a i l l a e r u t c i p © vor: Der Bericht beschreibe zwar eindrück- lich, wie in Ägypten religiöse Minderheiten diskriminiert und in ihren Rechten be- schnitten würden. „Gleichzeitig ist Ägypten aber Empfänger von deutschen Kriegswaf- fen. Das passt nicht zusammen“, monierte sie. Religiöse Minderheiten müssten ge- schützt werden – „weltweit und in Deutschland“, verlangte die Abgeordnete vor dem Hintergrund der vermehrten anti- semitischen und islamfeindlichen Strafta- ten hierzulande. Die Terroranschläge von Nizza, Wien oder Paris dürften nicht dazu benutzt werden, Muslime unter General- verdacht zu stellen. „Sie dürfen auch kein Vorwand sein, im Kampf gegen Rassismus und nachzulassen“, mahnte Buchholz. Ein nächster Bericht müsse hinsichtlich der „praktischen Konse- quenzen konkreter werden“. Diskriminierung Systematische Analyse Angesichts der eklatanten Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren müsse Deutschland endlich die „Leisetreterei“ gegenüber China been- den, forderte Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen). Die Bundesregierung müsse sich aktiver für den Schutz und gegen „jede Dif- famierung von Gläubigen, religiöser Min- derheiten, Konfessionswechslern oder Kon- fessionslosen“ einsetzen. „Artikel 4 unseres Grundgesetzes schützt die Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Diese Freiheit darf im Alltag nicht brüchig werden“, sagte der Abgeordnete. „Wir müssen sie verteidi- gen.“ Gehring warnte auch davor, Angriffe auf Juden oder Muslime in Deutschland als Einzeltaten abzutun. Es brauche des- halb in künftigen Berichten zu Lage der weltweiten unbedingt auch eine systematische Analyse der Situa- tion in Deutschland. Sandra Schmid T Religionsfreiheit Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD treten für den Erhalt des Vertrags über den Offenen Himmel (Open Skies) ein. Der Vertrag sei das einzige verbliebene, rechtlich verbindliche Instrument der Ver- trauensbildung als Teil der konventionellen Rüstungskontrolle im euro-atlantischen Raum, argumentieren die Abgeordneten in einem Antrag (19/23946), der am Freitag im Plenum mit den Stimmen von CDU/ CSU, SPD, AfD und FDP angenommen wur- de., die Linke enthielt sich, die Grünen stimmten dagegen. Das Abkommen ermög- liche den 34 Vertragsstaaten in Europa und Nordamerika gemeinsame Beobachtungsflü- ge über das gesamte Gebiet aller Vertrags- staaten – von Vancouver bis Wladiwostok. Die Abgeordneten fordern die Bundesre- gierung unter anderem auf, den vertrauens- bildenden Charakter und die Bedeutung a p d / e c n a i l l a - e r u t c i p © Kameras im Rumpf des A319-Open-Skies- Flugzeugs der Bundeswehr des Vertrags für die euroatlantische Sicher- heitsarchitektur zu unterstreichen. Russ- land solle zu vollständiger Umsetzung des Vertrags bewegt werden und „bisherige Im- plementierungsdefizite“, insbesondere mit Blick auf Kaliningrad, umgehend beheben. Außerdem soll die Bundesregierung darauf hinwirken, dass die Vereinigten Staaten als „ursprünglicher Impulsgeber und entschei- dende Vertragspartei“ weiterhin Teil des Vertrags bleiben und ihre Ausstiegsent- scheidung vom Mai 2020 revidieren. Keine Mehrheiten fanden hingegen die An- träge der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen (19/19487,19/20788). Die Linke hatte die Bundesregierung aufgefor- dert, klarzustellen, „dass im Falle eines Aus- tritts der USA weiterhin russische Beobach- tungsflüge über der Bundesrepublik, und damit auch über US-amerikanische Stütz- punkte in Deutschland, stattfinden dürfen“. Die Grünen sehen die Bundesregierung in der Pflicht, sich für den Erhalt des Vertrags einzusetzen und bei einem Rückzug der USA dafür zu sorgen, dass die verbliebenen Teilnehmer den Vertrag weiter nutzen. Si- chergestellt werden sollte dann, dass es kei- ne Weitergabe der gewonnenen Informatio- nen im Rahmen von Open-Skies-Flügen an Nichtmitglieder des Vertrags gibt. Der Vertrag über den Offenen Himmel ist nach Angaben des Auswärtigen Amtes 1992 von ursprünglich 27 Staaten der Nato und des ehemaligen Warschauer Pakts unter- zeichnet worden und 2002 verbindlich in Kraft getreten. Er gibt jedem Vertragsstaat das Recht, jährlich eine bestimmte Anzahl vereinbarter Beobachtungsflüge über dem Staatsgebiet anderer Vertragsstaaten durch- zuführen. Dabei kommen Sensoren für Fo- to- und Videoaufnahmen zum Einsatz, zu- nehmend auch digital. ahe T Bedrängte Minderheit: Uiguren in China Religion“ verübt worden seien, zeigten, dass „die Situation der Welt sehr drama- tisch ist“. Gyde Jensen (FDP) wies darauf hin, dass zum vollständigen Bild der Religionsfrei- heit weltweit nicht nur die Freiheit zu glau- ben, „an wen man möchte“, gehöre, son- dern auch die Freiheit nicht zu glauben. Die drittgrößte Glaubensgemeinschaft weltweit seien Atheisten und Agnostiker. Diese würden etwa im Irak verfolgt und so- gar mit der Todesstrafe bedroht. „Die Quintessenz muss sein“, forderte Jensen, „der Staat hat sich aus Glaubensangelegen- heiten herauszuhalten.“ Deshalb plädierte sie auch dafür, den „Blasphemieparagraf“, Paragraf 166 Strafgesetzbuch, zu streichen. Christine Buchholz (Die Linke) wiederum warf der Bundesregierung Inkonsequenz