2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 52-53 - 21. Dezember 2020 GASTKOMMENTARE HÖHERER ZUSCHUSS AN DIE KRANKENKASSEN? Gerechter und klüger PRO l i e g e p s s e g a T © Peter Thelen, »Der Tagesspiegel«, Berlin r e d ü L l e a h c i M © Margaret Heckel, freie Journalistin Bis Corona schwammen die Krankenkas- sen als Folge eines langen Wirtschafts- aufschwungs im Geld. Gesundheitsmi- nister Spahn nutzte dies für teure Refor- men und zwang Kassen mit hohen Rücklagen, ab 2020 Zusatzbeiträge zu senken. Seit Jahresbeginn schrumpfen daher die Reserven. Die Folgen von Corona treffen die Krankenversicherung daher mit besonderer Wucht. Der mit den Kosten für Ret- tungsschirme, Massentests, Intensivbetten und bald Massenimpfungen belastete Gesundheits- fonds musste bereits 2020 mit einem Extra-Zu- schuss von 3,5 Milliarden Euro gesichert werden. 2021 droht Fonds und Kassen überwiegend coro- nabedingt ein Defizit von über 16 Milliarden Euro. Rechnerisch geht es auf, dass die Bundesregierung das meiste davon durch höhere Zusatzbeiträge plus der Auflösung verbliebener Finanzreserven fi- nanzieren will und nur fünf Milliarden über einen höheren Steuerzuschuss. Doch gerecht ist das nicht. Denn die sozialen Kosten von Corona wür- den damit ähnlich wie 1989 die der Einheit über- wiegend sozialversicherten Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen aufgebürdet. Dagegen müss- te ein höherer Steuerzuschuss auch von Besserver- dienern und Privatpatienten über Steuern bezahlt werden. Vernünftig ist es auch nicht. Der Bund fängt Corona-Folgen für die Wirtschaft zu Negativ- zinsen mit einer Neuverschuldung von 180 Milliar- den Euro auf. Da macht ein um elf Milliarden er- höhter Zuschuss für die Kassen, wie vom Bundes- rat ursprünglich gefordert, den Braten nicht fett. Er würde aber verhindern, dass die Kassen leer sind, wenn 2022 ein noch größeres Finanzloch droht und mit ihm eine massive Erhöhung der Bei- träge. Zu Recht warnt die Wirtschaft schon jetzt vor steigenden Lohnzusatzkosten wegen Corona. kostet, also muss der Bund seinen Zu- schuss für die Krankenkassen deutlich aufstocken. Schließlich gibt es derzeit Steuergeld für alles Mögliche, warum also nicht für das Wichtigste überhaupt – Gesundheit? Keine Frage, es ist völlig in Ordnung, so zu argu- mentieren. Je mehr Steuergeld aber so ins System gepumpt wird, desto geringer ist der Druck, besser zu werden. Das ist umso verheerender, als gerade jetzt der optimale Zeitpunkt für Systemverbesse- rungen ist. Denn Corona zeigt schmerzlich, wie stark Deutschland in der Digitalisierung hinterher hinkt. Am schlimmsten ist es dabei laut Sachver- ständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirt- schaftlichen Entwicklung (SVR) in der Verwaltung, im Bildungssystem – und im Gesundheitswesen. Danach liegt Deutschland im Bereich E-Health im europäischen Vergleich auf Platz 26 von 28. Also ganz, ganz weit hinten. Während in Schweden jeder Arzt und jede Ärztin elektronische Rezepte aus- schreibt, in Deutschland bestenfalls 20 Prozent. Videosprechstunden gab es vor der Pan- demie fast gar nicht. Obwohl der Nutzen in Corona- Zeiten auf der Hand liegt, konnten sich bislang nach SVR-Angaben allenfalls ein Drittel der Ärzte durch- ringen, ihren Rat auch digital zu erteilen. Natürlich, auch Digitalisierung kostet. Doch mittel- fristig kann damit sehr viel Geld gespart werden. Als zusätzlichen Bonus dürfte die Versorgungsqua- lität der Menschen hierzulande deutlich gesteigert werden. Da die Ärzteschaft als Treiber dabei bis- lang ausfällt, müssen die Krankenkassen hier die führende Rolle spielen. Das machen sie umso schneller, je klarer ihnen ist, dass der Staat sie die- ses Mal nicht mit noch mehr Steuergeld rettet. sind es Es braucht Druck CONTRA Die Argumentation fällt leicht: Corona Mehr zum Thema der Woche auf den Seiten 1 bis 3. 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Schnelligkeit Als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk könnte der Impfstoff von Biontech/Pfizer bereits in dieser Woche von der europäi- schen Arzneimittelbehörde EMA zugelas- sen werden statt wie geplant Ende des Jahres. Geht hier vor Gründlichkeit? Es gibt dazu kritische Stimmen, die ich sehr ernst nehme. Es werden aber vor al- lem die Verwaltungsvorgänge extrem be- schleunigt, bei der Qualitätsprüfung sind wohl keine Abstriche gemacht worden. Wir werden somit über einen sicheren Impf- stoff verfügen. Ich hoffe, dass wir dadurch Menschenleben retten können. Wäre es nicht besser, das Impfkon- zept mit der Priorisierung als Gesetz im Bundestag zu verabschieden, statt dies mit einer Verordnung zu regeln? Ich denke, dass die Verordnung richtig ist, es kommt jetzt auf praktikable Lösungen an. Wir müssen ein System mit Impfzen- tren aufbauen und dürfen nicht zulassen, dass Hausarztpraxen von Impfwilligen überrannt werden. Wir werden sehen, wie die Bevölkerung reagiert. Manche wollen sich so schnell wie möglich impfen lassen, andere sind skeptisch und wollen abwar- ten. Viele Menschen sind verunsichert. Ich kann verstehen, wenn bei dieser Geschwin- digkeit ein ungutes Gefühl aufkommt. Es geht deshalb darum, auch den Skeptikern die Angst zu nehmen. Die Einführung eines Immunitätsaus- weises ist bisher gescheitert, wäre der nicht doch sinnvoll? Ich kann mir das generell vorstellen, ich glaube auch, dass es sinnvoll ist, aber dafür braucht man Mehrheiten. Das ist eine Ab- wägungsfrage in der Koalition und gegen- über der Opposition. Es war weitsichtig und klug von Bundesgesundheitsminister Spahn, in dem Punkt einen Schritt zurück zu gehen, um insgesamt einen Schritt nach vorne zu kommen. In Pflegeheimen hat es besonders vie- le Infektionsfälle gegeben. Zudem leiden Bewohner unter der monatelangen Isola- tion. Was wird getan, um diese Menschen über den Winter zu bringen? Im harten Lockdown und in der emotiona- len Weihnachtszeit ist die Isolation von Menschen in Heimen besonders hart. Wir müssen deswegen die Strukturen in den Heimen stärken, die Heimleitungen soll- ten ihre Mitarbeiter ermuntern, den Kon- takt mit den Bewohnern zu suchen, ihnen Hoffnung zu geben, Zuneigung zu zeigen und für Gespräche da zu sein über ihre Sorgen, Nöte und Bedenken. Zeit ist natür- lich in der Betreuung eine knappe Ressour- ce, daher ist das eine Mammutaufgabe, die hoffentlich gelingt. Das lässt sich nicht mit einem Gesetz regeln oder per Verordnung. Ist mit einer gesetzlichen Regelung der sogenannten Triage zu rechnen, also der Entscheidung, welche Patienten in Notsituationen noch adäquat versorgt werden können und welche nicht? Wir dürfen es uns nicht einfach machen und sagen, die Mediziner sollen das ent- scheiden. Der Berufsstand darf nicht allein gelassen werden, sondern wir müssen mit- »Über Nöte reden« ERICH IRLSTORFER Der CSU- Gesundheitsexperte fordert mehr Zuwendung für die Bewohner in Pflegeheimen ©Erich Irlstorfer einander nach ethischen Lösungen suchen. Was eine Rechtsgrundlage betrifft, sind wir in der Diskussion. Ich hoffe aber, dass wir gar nicht in so extreme Situationen kom- men, wie es sie in Frankreich und Italien gegeben hat, das wäre eine Horrorvorstel- lung für alle, die solche Entscheidungen treffen müssten. Deswegen wollen wir mit dem harten Lockdown so schnell wie mög- lich Erfolge erzielen. Der Lockdown geht erstmal bis zum 10. Januar nächsten Jahres. Rechnen Sie mit einer Verlängerung der Maßnahmen? Wir fahren auf Sicht. Es wäre nicht seriös, vorherzusagen, wie lange das genau dauert. Die Situation ist wirklich schlimm. Die Entscheidung zum Lockdown ist nicht aus einer Laune heraus entstanden, sondern auf Basis wissenschaftlicher Daten. Das ist jetzt auch ein Charaktertest, es kommt da- rauf an, sich gegenseitig zu schützen, vor- sichtig und diszipliniert zu sein. Es ist ein Akt der Nächstenliebe, wenn ich mich in dieser Lage zurücknehme und nicht ausge- he auf eine Party. PARLAMENTARISCHES PROFIL Wie groß ist Ihre Sorge, dass die Ak- zeptanz für Einschränkungen der persön- lichen Freiheit in der Bevölkerung nach- lässt? Das ist die größte Sorge, die ich habe. In dem Augenblick, wo uns die Menschen nicht mehr folgen, weil sie uns vielleicht nicht glauben oder wir den Eindruck ver- mitteln, wir würden nur streiten, wird es schwierig. Wir müssen uns natürlich in der politischen Debatte inhaltlich auseinan- dersetzen, trotzdem muss das von einem gewissen Respekt getragen sein, damit die Menschen wissen, wir streiten nicht, son- dern wir ringen um die beste Lösung. Und wir müssen klarstellen, dass die Freiheit des Einzelnen zwar ein hohes Gut ist, aber Grenzen hat, wenn andere Menschen in ih- ren Lebensumständen massiv beeinträch- tigt werden. Haben die Gesundheitspolitiker die Schubkraft der zweiten Coronawelle un- terschätzt? Wir haben das nicht unterschätzt, aber wir haben uns verloren in einem Dialog. Ich bin für Dialog, der ersetzt aber Führung nicht. Ich hätte mir eine deutlich härtere Haltung gewünscht und einen härteren Lockdown gleich am Anfang, dann hätten wir uns manches erspart. Viele Selbststän- dige und Betriebe stehen am Rande ihrer Existenz, die sind unverschuldet in Not ge- raten, das sind schreckliche Schicksale. Wir müssen die Wirtschaft jetzt so stabilisieren, dass sie ordentlich aus der Krise kommt. Wenn ab Mitte des Jahres 2021 die Be- völkerung zu weiten Teilen immunisiert ist, können wir die Krise dann abhaken und dort weitermachen, wo wir aufge- hört haben? Das glaube ich nicht, die Pandemie hinter- lässt Spuren, sie hat Ängste erzeugt und Unwohlsein. In der Gesellschaft hat sich etwas verändert, bei Kindern, Erwachsenen, Rentnern oder Hilfsbedürftigen. Es ist Auf- gabe des Staates, flankierend einzugreifen und die Gesellschaft zu stützen, Menschen zu helfen, wieder in die Spur zu kommen. Es wird Geld aus Rücklagen der Krankenkassen genutzt, um in der Coro- nakrise Beitragssprünge in der Gesetzli- chen Krankenversicherung zu verhin- dern. Ist das gerechtfertigt? Wir stehen vor einer großen Herausforde- rung. Wir haben uns gegen Leistungsein- schränkungen entschieden und wollten auch nicht, dass Kassen enorme Rücklagen bilden. Zugleich wollten wir die Beiträge stabil halten und damit auch Anreize set- zen für Investitionen. Wir werden sicher auch noch Gespräche führen, inwiefern die Private Krankenversicherung ihren Anteil leisten kann. Sie gehören als Diabetiker zur Risiko- gruppe. Haben Sie Angst vor einer Infek- tion? Angst ist immer der schlechteste Berater. Ich gehe vorsichtig und verantwortungsbe- wusst mit der Situation um. Deswegen ge- he ich nicht mehr zu öffentlichen Veran- staltungen. Für mich gilt der gleiche Grundsatz wie für alle anderen auch: per- sönliche Kontakte möglichst vermeiden. Das Gespräch führte Claus Peter Kosfeld Erich Irlstorfer (CSU) ist seit 2013 Abgeordneter des Bundestags und Mitglied im Gesundheitsausschuss. T Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden Sie in unserem E-Paper Die Pflege-Expertin: Nicole Westig Nicole Westig ist zwar Opposition, aber das ist in die- sem Moment nicht von größter Wichtigkeit. „Die Maß- nahmen sind eine Notbremse“, sagt sie am Telefon, „wer will das kritisieren – bei über 900 Toten an ei- nem Tag?“ Die FDP-Abgeordnete kommt gerade aus der Frage- stunde mit Kanzlerin Angela Merkel, „ich sehe vieles kritisch bei ihr, aber das gerade eben war eine gute Perfomance“. Corona hat das Land im Griff, ein harter Lockdown ist verhängt. Da verschwimmen, zumindest ein bisschen, die Grenzen zwischen Fraktionen im Bundestag; Pandemiemanagement ist angesagt. Westig ist pflegepolitische Sprecherin der FDP-Fraktion – ihr Hauptaugenmerk, die Pflegekräfte, befinden sich mitten im Sturm der Corona-Bekämpfung. „Die Lage ist im roten Bereich, die Pfle- geheime schlagen Alarm“, konstatiert sie. Denn die Pflegekräfte müssen nun da sein, wo andere sich ducken. Sie müssen jene um- sorgen und schützen, die das Virus am meisten gefährdet. Westig vermisst, bei aller Solidarität mit den Maßnahmen, eine wirkliche Strategie. „Es reicht nicht, Schnelltests etwa in Heimen bloß zu fi- nanzieren – und deren Durchführung dann auch noch den mit Ar- beit überhäuften Pflegekräften aufzudrücken“, sagt die 53-Jährige. „Andere sollten dafür geschult werden, zum Beispiel Bundeswehr- angehörige. Wir brauchen eine allgemeinere Kraftanstrengung.“ Schon vor Corona habe sie bei der Pflege vieles im Argen gesehen. Bei Investitionskosten in Pflegeheimen würden die Bundesländer ihrer Verantwortung nicht nachkommen, so dass diese dann auf die Pflegebedürftigen ihre Angehörigen übertragen würden. „Ge- nerell sind wir alle uns einig, dass etwas in der Pflege passieren muss. Corona zeigt das wie durch ein Brennglas.“ Und was macht der Bund? „Der hat auch in vielen Bereichen nicht seine Hausauf- gaben gemacht. Die Digitalisierungsdefizite in den Gesundheits- ämtern fallen uns nun bei der Kontaktverfolgung auf die Füße“; sie verweist auf das Ergebnis einer Kleinen Anfrage ihrer Fraktion. In die FDP war Westig mit 18 eingetreten, kurz vorm Abi, als sie Erstwählerin war. „Ich schaute mir die Parteien an, und die Beto- ..................................................................................................................................................... »Die Digitalisierungsdefizite in den Gesundheitsämtern fallen uns nun bei der Kontaktverfolgung auf die Füße.« l i e d e M m h c A / T B D © nung von individueller Freiheit und Verantwortung bei der FDP zog mich an“, erinnert sie sich an diesen Januar 1987. Die anderen Par- teien seien damals nicht in Frage gekommen. Die CDU? „Zu kon- servativ.“ Die SPD? „Gleichmacherei.“ Und die Grünen? „Eine Ver- botspartei.“ Schon als Studentin der Hispanistik, Romanistik und des Staats- rechts an der Uni Bonn arbeitete sie als Mitarbeiterin von Bundes- tagsabgeordneten – und sie lernte die „Bonner Republik“ kennen, den Parlamentsbetrieb vorm Umzug nach Berlin. „Das war sehr ge- mütlich und familiärer“, sagt sie. „Die Laufwege waren auch kür- zer.“ Klar, sie machte sich damals stark für Bonn als weiteren Par- lamentssitz, „aber der Blick zurück im Zorn lohnt nicht“. Region und Stadt hätten dann ja auch eine gute Entwicklung genommen – „mein Wahlkreis ist der angrenzende Rhein-Sieg-Kreis“, sagt Westig, die 2017 in den Bundestag einzog und 2018 Vorsitzende des FDP-Kreisverbandes Rhein-Sieg wurde. An die Bonner Parla- mentszeiten erinnert sie sich noch, wie viel mehr an Redezeit für die Abgeordneten vorhanden gewesen war. „Es war zumindest nicht schlechter, intensiver über ein Thema zu reden“, sagt sie mit Blick auf große Debatten wie etwa um den Paragraphen 218 zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs. Vor ihrem Wechsel in den Abgeordnetenberuf in Berlin war Wes- tig wissenschaftliche Mitarbeiterin in der FDP-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen, übte selbst Mandate im Gemeinderat und im Kreistag aus. „Von der Schlagzahl her ist der Bundestag schneller“, sagt sie. Als Bundestagsabgeordnete versuche sie in- des den engen Draht, den man auf Landesebene zu kommunalen Ebenen habe, auch stets zu leben. „Diese Verzahnung ist mir als ehemalige Kreistagsabgeordnete sehr wichtig – und es ist auch spannend.“ Leider seien Pläne wie ein Opernbesuch in Berlin bis- her auf der Strecke geblieben. Mit dem Besuch von Museen habe sie zu Jahresanfang begonnen. „Aber dann kam Corona. Dann war erstmal Schluss.“ Jan Rübel