4 INNENPOLITIK Das Parlament - Nr. 8-10 - 17. Februar 2020 Keine klare Spur AMRI-AUSSCHUSS Geheimdienstler berichtet, wie Ermittlungen in der Sackgasse endeten Auf diesem Busbahnhof in Friedrichshafen wurde der spätere Attentäter Anis Amri an der Weiterreise in die Schweiz gehindert. © picture-alliance/ZB/euroluftbild.de Es sei ihm ein Anliegen, gab der Zeuge zu verstehen. Auch mit Blick auf die Familien der Op- fer. Für die müsse es „schreck- lich“ sein, über Jahre hinweg durch die Medien immer wie- der mit „vermeintlichen“ Erkenntnissen konfrontiert zu werden. Umso wichtiger, die Dinge einmal „im Zusammenhang“ darzustellen. Dass er in den drei Jahrzehn- ten seines Berufslebens noch nie mit ei- nem parlamentarischen Untersuchungs- ausschuss zu tun hatte, ließ der Zeuge die Abgeordneten ebenfalls wissen. Eine Premiere war der abendliche Auftritt des Geheimdienstlers auch für die Abge- ordneten. Seit knapp zwei Jahren befassen sie sich mit der Frage, wie es geschehen konnte, dass der Terroranschlag im Dezem- ber 2016 auf dem Berliner Breitscheidplatz nicht verhindert wurde. Doch noch nie hatten sie Gelegenheit, einen Vertreter des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Bei- sein der Öffentlichkeit zu hören. Reges Interesse Dabei hat es nach dem Anschlag kaum etwas gegeben, was die Phantasie des Publikums so beschäftigte, wie die Rolle der Geheimdienste. Was wussten sie über den Attentäter Anis Amri? Womöglich mehr, als sie zugeben moch- ten? Was hatten ihnen ihre V-Leute ge- steckt? Lief Amri vielleicht selber als Infor- mant an der Leine irgendeines Dienstes? War das der Grund, weshalb er sich andert- halb Jahre lang in Deutschland „wie unter einer Käseglocke“ hatte bewegen können? Der damalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hatte erklärt, Amri sei ein „reiner Polizeifall“ gewesen. Für den Leitenden Regierungsdirektor C.H. war es, wie er betonte, angesichts all dessen auch „im eigenen Interesse“, den Sachver- halt einmal „im Rahmen einer öffentli- chen Anhörung“ schildern zu können. Viel beizutragen hatte er dann freilich nicht. Wie denn auch? Der BND betreibt Aus- landsaufklärung. Amri war seit seiner ille- galen Einreise im Juli 2015 ein inländi- sches Phänomen. Digitales Dossier Zwar führte der BND, wie auch das Bundesamt für Verfassungs- schutz, seit Anfang 2016 ein digitales Dos- sier über Amri. „Federführend“ sei indes die Polizei gewesen, betonte der Zeuge, der damit dieselbe Formulierung benutzte wie vor ihm Vertreter des Verfassungsschutzes. Ob man von einem „reinen Polizeifall“ sprechen könne? Nun ja, es seien bei der Behandlung Amris auch „nachrichten- dienstliche Mittel“ eingesetzt worden. Die Verantwortung habe aber schon „sehr weit auf dem Feld der Polizei“ gelegen. Der heute 56-jährige Zeuge leitet beim BND ein Referat, das für die Abwehr terro- ristischer Bedrohungen aus dem interna- tionalen Umfeld zuständig ist und 2016 nach seinen Worten „eine niedrige dreistel- lige Zahl von Terrorverdächtigen mit Aus- landsbezug“ zu bearbeiten hatte. Vor die- sem Hintergrund sei Amri „atypisch“ gewe- sen, weil die Erkenntnisse über ihn samt und sonders im Inland „generiert“ worden seien. So wurde der BND erstmals Anfang Februar 2016 durch einen Hinweis des Bundeskriminalamts auf Amri aufmerk- sam. Bei dessen Beobachtung waren zwei libysche Mobilfunknummern abgefischt worden, die der BND ins eigene System einspeiste, ohne jemals einen Treffer zu er- zielen. Die Ermittlungen hätten in eine Sackgasse geführt. Detaillierte Hinweise Nicht viel anders war es, als im September und Oktober 2016 der marokkanische Geheimdienst vor Amris radikalislamischen Neigungen warn- te. Zwar seien die Hinweise „umfangreich und detailliert“ gewesen: Amri trage sich mit Attentatsplänen, unterhalte Kontakte zum sogenannten Islamischen Staat und wolle vielleicht in den Heiligen Krieg zie- hen. Sie wären wohl auch „anders wahrge- nommen“ worden, meinte der Zeuge, wenn sie den deutschen Behörden neu ge- wesen wären. Indes habe die Polizei dies alles schon gewusst. Schließlich erhielt An- fang November der Verfassungsschutz den Auftrag, den Hinweisen nachzugehen. Eine aktivere Rolle habe der BND erst nach dem Attentat gespielt. Ausländische Part- nerdienste seien um Hilfe bei den Ermitt- lungen gebeten und mit bis dahin angefal- lenen Erkenntnissen deutscher Behörden versorgt worden. Zum Ertrag dieser Aktion zählten vier Videos, die dem BND Anfang 2017 von einem ungenannten ausländi- schen Nachrichtendienst zugespielt wur- den und im vergangenen Oktober im Aus- schuss Furore machten, weil dieser erst da- mals von ihrer Existenz erfuhr. Auf einem der Bildschnipsel soll Amri zu sehen sein, der mit einer Waffe herumfuch- telt und eine Kopf-ab-Geste vollführt. Ein anderes zeigt einen Kameraschwenk über den späteren Tatort, den Weihnachtsmarkt. Entstanden seien die Videos wahrschein- lich zwischen den letzten November- und ersten Dezembertagen 2016, meinte der Zeuge, nach dessen Eindruck sie Anfang 2017 indes „keine Anhaltspunkte zur Neu- bewertung“ bereits gewonnener Erkennt- > ST I C HW O R T Amri in Nordrhein-Westfalen > 13. August 2015 Amri wird unter dem Namen Mohammed Hassa dem Kreis Kleve zugewiesen. > 30. Mai 2016 Amris Asylantrag wird abgelehnt. > 16. August 2016 Der Kreis Kleve spricht eine Duldung für Amri aus. > 25. Oktober 2016 Tunesien lehnt eine Rückübernahme Amris ab. nisse mehr boten. Er habe sie daher „nach- rangig priorisiert“. Seit wann kannte der ausländische Nach- richtendienst die Videos? Mit Sicherheit nicht vor dem Attentat, betonte der Zeuge: „Grundsätzlich zu unterstellen, dass Leute, die uns Informationen geben, etwas be- wusst zurückgehalten hätten, halte ich für sehr absurd.“ Ahnungslos in Kleve Wie ahnungslos das für Amri zuständige Ausländeramt des Kreises Kleve über dessen Person und Cha- rakter war, hatte der Ausschuss zuvor von Kreisoberinspektor Josef Kanders erfahren. Bis zum Ende des Jahres 2016 sei er sich weder über Amris Identität zweifelsfrei im Klaren gewesen, noch habe er gewusst, dass Sicherheitsbehörden den Mann formell als islamistischen Gefährder eingestuft hatten, sagte der Zeuge, der seit Oktober 2015 in seiner Behörde den Fall persönlich betreut hatte. Unbekannt sei ihm auch gewesen, dass Amri vier Jahre in einem italienischen Ge- fängnis verbracht hatte. Er habe sich nur „zusammenreimen“ können, dass der Mann als gefährlich galt, weil er öfter An- rufe aus Polizeidienststellen erhalten habe, die sich nach Amri erkundigten. Seine Be- mühungen, Passersatzpapiere für Amri zu beschaffen, seien lange dadurch behindert worden, dass er nichts von der Existenz ei- nes Handflächenabdrucks gewusst habe, den die tunesischen Behörden als Beweis- mittel verlangen. Als Amri im Sommer 2016 bei dem Versuch, Deutschland zu ver- lassen, in Polizeigewahrsam kam, habe er dafür gesorgt, dass ihm ein solcher Ab- druck abgenommen wurde. Über die Umstände des gescheiterten Aus- reiseversuchs hörte der Ausschuss den da- mals diensthabenden Hauptkommissar der Bundespolizei, Thomas Meier. Amri sei auf dem Busbahnhof von Friedrichshafen die Weiterreise in die Schweiz verwehrt worden, weil er keine gültigen Dokumente hatte, sagte der Zeuge. Winfried Dolderer T »Wir brauchen einen modernen, liberalen Islam« INNERES AfD-Antrag zur Islamismus-Bekämpfung stößt im Bundestag auf breite Kritik Ein AfD-Antrag für ein „verstärktes und ef- fektiveres Vorgehen gegen die Ausbreitung des Islamismus in Deutschland“ ist vergan- gene Woche im Bundestag auf klare Ableh- nung der restlichen Fraktionen gestoßen. Sowohl aus den Reihen der Koalition als auch der anderen Oppositionsfraktionen wurde der AfD vorgeworfen, mit ihrer Vor- lage (19/17126), über die der Bundestag erstmals debattierte, Ängste schüren zu wollen. Martin Hess (AfD) hielt dagegen der Bundesregierung vor, sie sei „nicht wil- lens, unsere Bürger vor islamistischen Ter- roristen effektiv zu schützen“, obwohl der Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden Sie in unserem E-Paper islamistische Terrorismus die „größte Ge- fahr für die Sicherheit“ der Bürger sei. So lasse sie zu, dass sich die Muslimbruder- schaft immer weiter in Deutschland aus- breite, fügte Hess hinzu und forderte, auf- grund der „Staatsfeindlichkeit von Muslim- brüdern und ihren Organisationen“ diese sofort zu verbieten. Christoph de Vries (CDU) entgegnete, die Koalition sei bei der Bekämpfung des Isla- mismus „hellwach“. Dies zeigten der Stel- lenaufwuchs bei den Sicherheitsbehörden und das Verbot neun islamistischer Orga- nisationen in den vergangenen zehn Jah- ren. Die AfD mache jedoch alle Muslime zu Islamisten, obwohl deren große Mehr- heit hier „in Frieden und Freundschaft“ le- be. Notwendig sei, den liberalen Muslimen mehr den Rücken zu stärken. Man brauche einen „modernen, liberalen Islam, der sich Deutschland zugehörig fühlt“. Konstantin Kuhle (FDP) nannte als wich- tigste Verbündete im Kampf gegen gewalt- bereiten Islamismus moderate Muslime. Weltweit seien die meisten Opfer von Isla- mismus Muslime. Deshalb „brauchen wir für die Bekämpfung des Islamismus die Kooperation mit islamischen Verbänden, brauchen wir ein Aufeinander-Zugehen. brauchen wir Prävention“, sagte er. Davon sei im AfD-Antrag nichts zu lesen, weshalb dieser völlig an der Sache vorbei gehe. Uli Grötsch (SPD) bekräftigte, die Koaliti- on bekämpfe jede Form von Extremismus gleichermaßen. Auch wenn der Rechtsex- tremismus mit mehr als 24.000 Extremis- ten das höchste Personenpotenzial habe, hätten die Sicherheitsbehörden ebenso die Islamisten „natürlich auf dem Radar“. Ulla Jelpke (Linke) sah in der „angeblich drohenden Islamisierung Deutschlands“ die „Lieblings-Wahnvorstellung der AfD“ und mahnte, Islamfeindlichkeit ebenso wie Antisemitismus und andere Rassismus- formen zu bekämpfen. Die Muslimbruder- schaft wertete sie als „äußerst unsympathi- sche Vereinigung“, die „in ihrer Ablehnung der pluralen Demokratie, ihrem patriar- chalen Familienbild und ihren reaktionä- ren Moralvorstellungen“ dem durch- schnittlichen AfD-Mitglied näher stehe als der Mitte der Gesellschaft. Solange ihre An- hänger sich in Deutschland jedoch an die hiesigen Gesetze hielten, gelte auch für sie die Religionsfreiheit. Irene Mihalic (Grüne), die Islamismus und Rechtsextremismus zu den größten Sicher- heitsbedrohungen zählte, warf der AfD vor, sie versuche in dem Antrag „ihren Auslän- derhass mit scheinbarer Religionskritik“ zu überdecken und fordere Dinge, die teils schon Realität seien, wie die Beobachtung der Muslimbrüder. Helmut Stoltenberg T Viel erreicht, viel zu tun MIGRATION Bundestag debattiert über Integrationsbericht Fast jeder vierte Mensch in Deutschland hat einen Migrationshintergrund. Das heißt, dass von den insgesamt 81,7 Millio- nen Einwohnern 19,3 Millionen (23,6 Pro- zent) selbst oder mindestens ein Elternteil von ihnen die deutsche Staatsangehörig- keit nicht durch Geburt besitzen. Von die- sen 19,3 Millionen sind 6,1 Millionen hier geboren, also ohne eigene Migrationser- fahrung. 9,8 Millionen hatten im Jahr 2017 die deutsche Staatsangehörigkeit und 9,4 Millionen eine ausländische. Das geht aus dem „12. Bericht der Beauf- tragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration“ (19/15740) hervor, dessen Titel ebenso nach einem er- mutigenden Fazit klingt wie nach einer Aufgabenbeschreibung: „Deutschland kann Integration: Potenziale fördern, Inte- gration fordern, Zusammenhalt stärken“, heißt es da, und dieser Zweiklang be- stimmte vergangene Woche auch die Bun- destagsdebatte zu dem Be- richt über weite Strecken, nach dem Motto „Viel er- reicht, noch viel zu tun“. „Integration gelingt, millio- nenfach, Tag für Tag, oft ge- räuschlos, aber sicherlich nicht ohne Anstrengung“, bilanzierte die Regierungs- beauftragte Annette Wid- mann-Mauz So viele Menschen wie noch nie zuvor seien heute in Ar- beit, wobei der Anstieg zum größten Teil auf Aus- länder zurückgehe, sagte sie und konsta- tierte, Deutschland habe „bei der Aufnah- me von Geflüchteten Großartiges geleistet“. Indes: Noch immer seien Menschen mit Einwanderungsgeschichte häufiger durch Armut gefährdet und seltener erwerbstätig, vor allem Frauen, die auch seltener an Sprachkursen teilnähmen, beklagte Wid- mann-Mauz, die daher in der Förderung von Frauen einen Schwerpunkt ihrer Arbeit sieht. Auch brauche man für Kinder bun- desweit und verpflichtend „Sprachstand- tests und anschließend Sprachförderung, wenn erforderlich, schon vor der Einschu- lung“. Und auch die EU-Bürger, die seit Jahren die größte Einwanderungsgruppe stellten, bräuchten Deutsch- und Integrati- onskurse. Zugleich mahnte die Integrati- onsbeauftragte, die „Kriminalität von und gegenüber Einwanderern“ zu bekämpfen. „Wer hier lebt, muss sich an unsere Werte halten – das gilt für alle, ohne Ausnahme“, (CDU). millionenfach, aber nicht ohne »Integration gelingt, Anstrengung.« A. Widmann-Mauz (CDU), Integrationsbeauftragte betonte sie. Genauso müssten deshalb Ras- sismus, Antisemitismus und Muslimfeind- lichkeit bekämpft werden. Gottfried Curio (AfD) kritisierte, bei Spracherwerb und Ausbildung habe die In- tegration versagt. Mehr als 40 Prozent der Frauen hätten keinen berufsqualifizieren- den oder Schulabschluss, mehr als 60 Pro- zent der jungen Männer begännen keine Ausbildung. Nur die „Integration in die so- zialen Sicherungssysteme“ scheine „bestens zu klappen“. Dagegen betonte Karamba Diaby (SPD), dass „jeder zweite Geflüchtete spätestens fünf Jahre nach seiner Ankunft in Deutsch- land einen Arbeitsplatz“ habe. Das Ar- mutsrisiko sei jedoch bei Menschen mit Migrationshintergrund mehr als doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Migrati- onshintergrund. Ein Grund dafür seien „der erschwerte Zugang zum Arbeitsmarkt und die fortlaufende Diskriminierung“. Konstantin Kuhle (FDP) hob hervor, dass viele Men- schen mit Migrationshin- tergrund „ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen“ und als Selbstständige oder Arbeitnehmer tätig seien. Man müsse sich aber auch im Klaren darüber sein, „dass seit 2015 eine Riesen- gruppe nach Deutschland eingewandert ist, bei der wir den Großteil der Inte- gration noch vor uns ha- ben“. Gökay Akbulut (Linke) forderte einen „Ak- tionsplan gegen Rassismus“. Für viele Men- schen mit Migrationshintergrund sei auf der Suche nach Wohnungen sowie Arbeits- und Ausbildungsplätzen „Diskriminierung bittere Realität“, sagte sie und fügte hinzu: „So geht Integration nicht.“ Filiz Polat (Grüne) warf dem Bundesin- nenministerium vor, eine „systematische Integrationsverhinderungspolitik“ zu be- treiben. So würden Menschen in den soge- nannten Anker-Zentren „bis zu zwei Jahre isoliert“, Kinder dürften dort keine Regel- schule besuchen, es gebe lange Wartezeiten bei Integrationskursen und für Tausende Flüchtlinge Arbeitsverbote. Dass die Ent- wicklungen dennoch positiv seien, verdan- ke man den Eingewanderten sowie den „Engagierten in der Wohlfahrt und in Flüchtlingsinitiativen und den engagierten Unternehmen“, aber nicht der Bundesre- gierung“ sto T Stimmungstest im Norden HAMBURG Spannende Bürgerschaftswahl am Sonntag Die Bürgerschaftswahl in Hamburg am kommenden Sonntag ist die einzige Wahl eines Landesparlaments, die in diesem Jahr turnusgemäß ansteht – auch wenn in Thü- ringen nach dem Eklat um die Ministerprä- sidentenwahl (siehe Seite 3) möglicherwei- se noch 2020 ebenfalls ein neuer Landtag gewählt werden könnte. Zugleich ist der Hamburger Urnengang der erste Stim- mungstest nach den Erfurter Ereignissen mit ihren auch bundespolitischen Erschüt- terungen: Umso gespannter richten sich die Blicke am 23. Februar auf den Stadt- staat, der derzeit von der aktuell einzigen rot-grünen Landesregierung in Deutsch- land geführt wird. Es ist zugleich die erste Landtagswahl seit dem Antritt der neuen SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Nor- bert Walter-Borjans im vergangenen De- zember. Niedrigste Wahlbeteiligung SPD und Grüne regieren in Hamburg seit 2015 ge- meinsam; Erster Bürgermeister ist Peter Tschentscher, der 2018 dem als Finanzmi- nister in die Bundespolitik zurückgewech- selten Olaf Scholz (beide SPD) nachfolgte. Die Sozialdemokraten hatten die Bürger- schaftswahl vor fünf Jahren mit 45,6 Pro- zent der Stimmen gewonnen, aber zugleich ihre absolute Mehrheit eingebüßt, über die sie in der vorherigen Wahlperiode verfügt hatten. Die CDU kam 2015 auf 15,9 Pro- zent, die Grünen erreichten 12,3 Prozent und Die Linke 8,5 Prozent, während die FDP 7,4 Prozent errang und der AfD mit 6,1 Prozent erstmals der Einzug in das Hamburger Landesparlament gelang. Die Wahlbeteiligung lag 2015 bei nur 56,5 Pro- zent, der niedrigste Wert bei allen Bürger- schaftswahlen der Nachkriegszeit. Derzeit gehören 59 Bürgerschaftsmitglie- der der SPD-Fraktion an, 20 der CDU-Frak- tion und 14 der Grünen-Fraktion. Die Fraktion Die Linke stellt zehn Abgeordne- te, die FDP-Fraktion neun und die AfD- Fraktion sechs, während drei Parlamenta- rier fraktionslos sind. . Um die regulär 121 Sitze in der Bürger- schaft, deren Zahl durch Überhang- und Ausgleichsmandate sowie durch erfolgrei- che Einzelkandidaten noch steigen kann, bewerben sich am Sonntag insgesamt 15 Parteien mit Landeslisten. Die SPD geht mit Regierungschef Tschentscher an der Spitze ins Rennen um die Wählerstimmen, um die für die Grünen auch die bisherige Zweite Bürgermeisterin und Wissenschafts- senatorin Katharina Fegebank als Bürger- meisterkandidatin kämpft. Spitzenkandi- dat der CDU ist der Bundestagsabgeordne- te Marcus Weinberg. Bei den Freien Demo- kraten ist die Vorsitzende der FDP-Bürger- schaftsfraktion, Anna von Treuenfels-Fro- wein, Spitzenkandidatin, für Die Linke de- ren Fraktionsvorsitzende in der Bürger- schaft, Cansu Özdemir. Für die AfD tritt deren Hamburger Landeschef Dirk Nock- emann als Spitzenkandidat an. Nach den jüngsten Meinungserhebungen können die Sozialdemokraten hoffen, trotz erneuter Stimmenverluste klar als stärkste Kraft bestätigt zu werden. Umfra- gen von Infratest dimap für die ARD und der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF aus der vergangenen Woche sehen die SPD in der Sonntagsfrage bei 38 beziehungs- weise 37 Prozent und die Grünen bei 23 beziehungsweise 25 Prozent. Die CDU kä- me danach auf 14 beziehungsweise 13 Prozent, Die Linke auf jeweils acht Prozent und die AfD auf sechs beziehungsweise sie- ben Prozent. Knapp könnte es danach für die FDP werden mit fünf beziehungsweise 4,5 Prozent. Insgesamt sind am Sonntag mehr als 1,3 Millionen Hamburger ab 16 Jahren wahlberechtigt. Jeder Wähler hat fünf Stim- men für die Landesliste und fünf Stimmen für die Wahlkreisliste. Die Stimmen können auf verschiedene Listen und Kandidaten verteilt oder auch nur einem Wahlvorschlag gegeben werden. Briefwahl ist bereits seit Mitte Januar möglich. sto T