2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 10-11 - 08. März 2021 GASTKOMMENTARE KEINE GRENZKONTROLLEN MEHR WEGEN CORONA? Beachtliche Schäden PRO Die Grenzkontrollen haben bereits in g n u t i e Z _ r e n i l r e B / g n i l ö r F _ e k M © i Markus Decker, Redaktionsnetzwerk Deutschland der ersten Phase der Corona-Pande- mie für Verärgerung gesorgt. Damals gab es lange Staus auf den Autobah- nen, binationale Paare wurden getrennt, und das Ganze geschah nicht europäisch koordiniert, son- dern durch unabgestimmte Alleingänge. Im Einzel- fall mögen sich begründete Argumente für Covid- 19-bedingte Grenzkontrollen finden lassen – etwa mit Blick auf das exorbitant betroffene Tschechien. Aber im Grundsatz gelten die Bedenken fort. Zunächst einmal orientiert sich das Virus offen- kundig nicht an Ländergrenzen. Dies lehrt schon das deutsche Beispiel. Im Norden war dessen Ver- breitung zu Beginn der Pandemie deutlich gerin- ger als im Süden; das ist vielfach so geblieben. Ländliche Regionen waren zuletzt wiederum we- sentlich stärker betroffen als Großstädte. Auch ist es zweifellos so, dass das Virus in solchen Regio- nen bessere Chancen hat, in denen die Grundre- geln zu seiner Beachtung weniger Akzeptanz fin- den, weil „Querdenker“ und ihresgleichen leichte- res Spiel haben. Schließlich ziehen Grenzkontrollen beachtliche Kollateralschäden nach sich – ökonomische, sozia- le und politische. Vor allem unterlaufen sie die oh- nehin in Mitleidenschaft gezogene europäische Idee, deren Akzeptanz durch das Impfstoff-Ein- kaufsdesaster der EU-Kommission in Brüssel nicht eben zugenommen hat. All diese Schäden gilt es, gegen den vermeintlichen Nutzen abzuwägen. Nein, Schlagbäume zu senken, die vorher gehoben waren, ist nicht das Mittel erster Wahl im Kampf gegen Corona und auch nicht das zweite. Erste Wahl sind inländische Kontaktbeschränkungen, Tests, Impfungen – und die Selbstdisziplin der Bür- ger. Bis die Pandemie ein Ende hat. im vereinten Europa zurück, aber aus- schließen darf man sie als Teil einer Strategie gegen Corona nicht. Es ist kaum zu vermitteln, dass die Bürger im Lockdown massive Einschränkungen ihrer Freiheitsrechte er- dulden müssen – aber an den Grenzen jeder Ein- griff ein Tabu sein soll, da es sich angeblich um Verrat an der europäischen Idee handelt. Gewiss, was sich vor einem Jahr abspielte, war dumm und schädlich: Damals ließen viele Länder über Nacht die Schlagbäume herunter, panisch, in bloßer Abschottung vor denen da draußen – ohne Abstimmung, ohne hinreichende Begründung. Aber es wäre falsch, stattdessen nun offene Gren- zen für sakrosankt zu erklären, während der Staat überall sonst hart durchgreift. Er muss auch an den Grenzen seine Bürger schützen. Gezielt und befristet eingesetzt, in Absprache mit den Nachbarn und mit pragmatischen Ausnahmen können Grenzkontrollen geboten sein, um die Aus- breitung des Virus zu bremsen: Vor allem, wenn in einem Land die Infektionszahlen bedrohlich nach oben schießen und zur Gefahr für die Anrainer werden, aber die Verständigung über die Maßnah- men hüben und drüben nicht schnell genug funk- tioniert. So wie jetzt in Tschechien. Dort wütet Co- rona derzeit besonders schlimm; es gibt sogar in- nerhalb des Landes Reiseverbote zwischen den Bezirken. Nur die Grenze zu Deutschland soll offen bleiben? Es wäre ein Bärendienst für Europa. Eine selbstbewusste Union hält vorübergehende Grenz- kontrollen aus. Und nichts wäre schädlicher für das Vertrauen in die EU als der Verdacht, zur Wah- rung ihrer Prinzipien werde notfalls auch die Ge- sundheit der Bürger aufs Spiel gesetzt. Mehr zum Thema der Woche auf den Seiten 1 bis 3. Kontakt: gastautor.das-parlament@bundestag.de Ein Bärendienst CONTRA Niemand wünscht sich Grenzkontrollen t a v i r P © Christian Kerl, Funke-Mediengruppe Herausgeber Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Fotos Stephan Roters Mit der ständigen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte ISSN 0479-611 x (verantwortlich: Bundeszentrale für politische Bildung) Anschrift der Redaktion (außer Beilage) Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon (0 30) 2 27-3 05 15 Telefax (0 30) 2 27-3 65 24 Internet: http://www.das-parlament.de E-Mail: redaktion.das-parlament@ bundestag.de Chefredakteur N. N. 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März 2021 Druck und Layout Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH & Co. KG Kurhessenstraße 4– 6 64546 Mörfelden-Walldorf Leserservice/Abonnement FAZIT Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 32 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 32 E-Mail: fazit-com@intime-media-services.de Anzeigenverkauf, Anzeigenverwaltung, Disposition FAZIT Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 36 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 36 E-Mail: fazit-com-anzeigen@ intime-media-services.de „Das Parlament“ ist Mitglied der Informationsgesellschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW) Für die Herstellung der Wochenzeitung „Das Parlament“ wird ausschließlich Recycling-Papier verwendet. Herr Dahmen, Kanzlerin und Minis- terpräsidenten haben sich geeinigt: Der Lockdown wird bis zum 28. März verlän- gert - verbunden mit einigen Lockerun- gen. Die richtige Entscheidung? Die Beschlüsse enthalten einige richtige Dinge, aber auch viele Sachen, die ich als Arzt und als Politiker der Opposition für falsch halte. Fangen wir mit positiven Dingen an. Da ist die Verständigung darauf, beim Imp- fen schneller werden zu wollen, zu nen- nen. Ich begrüße auch, dass endlich das Thema Schnelltest angegangen werden soll, wenn auch viel zu zögerlich und un- systematisch. Gut ist auch, dass offenbar anerkannt wird, dass wir uns aufgrund der Mutation nach wie vor in einer schwieri- gen Situation befinden. Was läuft falsch? Mir macht es große Sorgen, dass die künfti- ge Strategie sich stärker an den von der Wirtschaft vorangetriebenen Rufen nach Lockerungen orientiert als an einer wirkli- chen Risikoadjustierung. Besser wäre es, zunächst ein Sicherheitsgeländer zu errich- ten, bestehend aus flächendeckenden Schnelltests, einem FFP2-Schutzmasken- programm und einer funktionierenden Kontaktnachverfolgung. Um dann an ein- zelnen Stellen, wo es die Zahlen zulassen und wo es am wichtigsten ist – etwa bei Bildung und sozialen Kontakten – mit Öff- nungen anzufangen. So ist zu befürchten, dass wir einreißen, was wir uns mit viel Mühe gemeinsam als Gesellschaft erarbei- tet haben und infolgedessen viele Men- schenleben riskieren. Lockerungen bei ei- ner Inzidenz ab 100 – das ist Wahnsinn. Die Menschen sind aber ermüdet von all den Corona-Einschränkungen und sehnen sich nach Normalität... Dieser Wunsch eint uns alle. Die Umfra- gen, die ich lese, zeigen aber ein etwas dif- ferenzierteres Bild. Die massive Forderung nach breiten Öffnungen kommt vor allem von Wirtschaftsverbänden, dem Einzelhan- del und der FDP. Die Bevölkerung ist hin- gegen ermüdet von einem inneffizienten und schlechten Krisenmanagement. Da- von, dass es kein koordiniertes Vorgehen gibt, wir zu langsam beim Impfen sind, es bei den Schnelltests nicht vorangeht und wir auch im zwölften Monat der Pandemie im gesamten Bereich der Kontaktnachver- folgung so schlecht sind. Die Argumente des Einzelhändler, die auf dem letzten Loch pfeifen, greifen bei Ihnen offenbar nicht? Klar ist, dass den Betrieben geholfen wer- den muss. Es ist ein Unding, das im No- vember angekündigte Wirtschaftshilfen erst im Februar ausgezahlt werden. Gerade die Familienunternehmen, die Solo-Selbstän- digen und die Kulturschaffenden dürfen nicht im Regen stehen gelassen werden. Denen hilft aber ein kopfloses Öffnen, um dann in vier oder sechs Wochen wieder al- les dicht machen zu müssen, auch nicht. Im Gegenteil: Das würde die Leute wirklich an den Rand der Existenz und an den Rand des Verständnisses bringen. Locke- rungen im Einzelhandel führen trotz Ein- haltung von Schutzkonzepten zu mehr Mobilität, zu mehr Kontakten und haben somit indirekt einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Infektionsgeschehen. Forderungen nach Verbesserungen bei der Kontaktnachverfolgung und nach einem koordinierten Vorgehen sind ja nicht neu. Nach zwölf Monaten Pande- mie ist aber in dieser Hinsicht nichts pas- siert. Wo soll das Vertrauen herkommen, dass sich nun in den kommenden drei Wochen Entscheidendes tut? Es stimmt nicht, dass nichts passiert ist. Die Maßnahmen von Bund und Länder »Das ist Wahn- sinn« JANOSCH DAHMEN Aus Sicht des Gesundheitspolitikers der Grünen werden durch Lockerungen schon ab einem Inzidenzwert 100 viele Menschenleben riskiert. © Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion/Stefan Kaminski haben durchaus positive Effekte gehabt. Aber richtig ist: Wir sind im zwölften und nicht im dritten Monat der Pandemie. In- sofern ist das, was bis jetzt vorbereitet und umgesetzt wurde, unterirdisch. Ich kann nicht verstehen, warum wir nicht längst ein Risikostufen-Schema haben, das nachvoll- ziehbar macht, welche Maßnahmen bei welchem Infektionsgeschehen greifen. Das fordert die Wissenschaft, die Opposition und auch das RKI. Was als Ergebnis der Mi- nisterpräsidentenkonferenz vorgelegt wur- de reicht nicht. Ist es nicht auch ein großes Problem, das noch immer nicht gesichert ist, bei welchen Gelegenheit, an welchen Orten sich die Menschen vermehrt anstecken? Es gibt eine ganze Reihe von wissenschaft- lichen Untersuchungen, die sagen, dass es ein unterschiedlich stark ausgeprägtes Risi- ko von Öffnungen in unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen gibt. Klar ist: Sind viele Menschen gemeinsam unterwegs, gibt es mehr Infektionen. Dort, wo Menschen in Räumen zusammentreffen, steigt das Ri- siko. Mit diesen Erkenntnissen wird aber PARLAMENTARISCHES PROFIL ziemlich hemdsärmlich umgegangen. Im privaten Bereich gibt es die ausgeprägte Denke: Ich kenne doch die Leute die ich treffe. Da wird schon nichts passieren. Bei der Bewertung der Lage wird auf den Inzidenzwert abgezielt, also auf die Anzahl der positiven Tests. Die deutliche Mehrzahl der positiv getesteten ist aber symptomfrei oder hat nur leichte Erkäl- tungssymptome. Was taugt dieser Wert? Auch symptomlose infizierte Menschen können andere anstecken und so dazu beitragen, dass sich die Infektion schnel- ler verbreitet. So trifft es dann auch mehr Menschen, die schwer erkranken oder gar versterben. Das muss man sich immer wieder klarmachen. Der Inzidenzwert wird auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Es gibt aber auch andere Fakto- ren, die stärker berücksichtigt werden müssten. Beispielsweise der R-Wert, der bei der Mutante bei 1,3 liegt, was für ein exponentielles Wachstum in rasanter Ge- schwindigkeit sorgt. Derartige Faktoren müssen in den Bewertung mit einbezogen werden. Einen Weg raus aus der Pandemie soll das Impfen bieten. Es geht aber zu langsam. Was muss passieren? Bei der Impfreihenfolge müssen wir uns daran orientieren, was uns die Wissen- schaft sagt. Die Ständige Impfkommission tut das mit der Intention, möglichst viele Menschenleben zu retten. Um das Tempo zu erhöhen, sollte in Arztpraxen geimpft werden ebenso wie in den betriebsärztli- chen Abteilungen der großen Unterneh- men. Das klappt bei den Grippeimpfungen Jahr für Jahr sehr gut. Noch immer gibt es aber viele, die sich nicht impfen lassen wollen. Braucht es also eine Impfpflicht? Nein, ich denke nicht. Es ist doch nach- vollziehbar, dass die Menschen bei neuen Medikamenten oder eben einer neuen Impfung erstmal skeptisch sind und es Er- klärungsbedarf gibt. Auch dabei könnten die Hausärzte eingebunden werden, zu de- nen ja noch am ehesten ein Vertrauensver- hältnis besteht. Das Thema Schnelltest wird nun an- gegangen. Was ist hier die erfolgverspre- chendste Strategie? Die Bundesregierung verfolgt ja das Ziel, in Testzentren jedem einen kostenlosen Test pro Woche zu ermöglichen. Das reicht aber nicht aus. Gebraucht werden – mindestens zweimal pro Woche – Schnelltests für zu- hause, oder auch an der Arbeitsstelle oder der Schule. Einem positiven Selbsttest muss dann ein PCR-Test folgen. Der Bundestag hat für weitere drei Monate eine epidemische Lage von natio- naler Tragweite festgestellt. Haben Sie dem entsprechenden Koalitionsentwurf zugestimmt? Der Einschätzung, es gibt einen Fortbe- stand der epidemischen Lage, stimme ich zu. Den vorgelegten gesetzlichen Regelun- gen habe ich nicht zugestimmt, weil sie schlecht gemacht sind, wie ich schon aus- geführt habe. Das Gespräch führte Götz Hausding. T Janosch Dahmen (39) sitzt seit November 2020 für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag und ist Mitglied des Gesundheitsausschusses. Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden Sie in unserem E-Paper Der Gesundheitsexperte: Dietrich Monstadt Er ist noch in Fahrt, das ist Dietrich Monstadt anzuhören. Seit den frühen Morgenstunden berät das Plenum über Lockerungsmaßnahmen und Wirtschaftspolitik im Lock- down – die Pandemie diktiert bis in die Mittagsstunden hinein die Agenda. Nun ist Monstadt, 63, CDU-Abgeordneter aus dem Wahlkreis Schwerin-Ludwigslust, zurück im Büro. „Da gibt es viel Gesprächsbedarf aus dem Wahlkreis“, sagt er am Telefon. „Private Testzentren etwa fragen an, ob sie aus dem Markt gehen sollen“, dabei würden sie noch weiterhin ge- braucht. Die von Kanzlerin Angela Merkel, den Ministerpräsi- dentinnen und -präsidenten beschlossenen zaghaften Locke- rungen der pandemiebedingten Maßnahmen erscheinen auf den ersten Blick nicht wie leicht lesbare Kost. „Wir müssen kleinteilig sein, um zu vorsichtigen Öffnungsschritten kommen zu können“, entgegnet er. Monstadt sitzt seit 2009 im Bundes- tag, und seitdem im Gesundheitsausschuss. „Die Kleinteiligkeit ist Ausfluss einer gewissen Flexibilität, die regionalen Umstän- den Rechnung trägt.“ Kann er die Kritik am Föderalismus im Schatten von Corona nachvollziehen? „Es ist nachvollziehbar, dass die Leute sich wundern, wenn in Brandenburg die Baumärkte öffnen und in Berlin schließen – was dann gewissen Reiseverkehr auslöst“, sagt er. „Wir brauchen aber regionale Verantwortungen und Einschätzungen.“ Insgesamt seien alle mit dem Föderalismus am besten bedient. „Wir sind bisher relativ gut durch die Ab- läufe gekommen, das lag auch am Föderalismus. Wenn mehr Ebenen überzeugt werden müssen, ist das in jedem Fall demo- kratischer.“ Dass Ost- und Westdeutsche die Coronamaßnah- men unterschiedlicher wahrnehmen würden als Nord- und Süd- deutsche, sieht er nicht. Monstadt muss es wissen. 1991 siedel- te er aus dem Westen in den Osten. Geboren und aufgewachsen ist er in Bochum, studierte dort auch Jura. Doch seine Biografie ist kaum rasch erzählt. Ein Stadtkind ist er nicht. 800 Meter waren es vom elterlichen Bauernhof zum ..................................................................................................................................................... l i e d e M m h c A / T B D © »Wir sind bisher relativ gut durch die Abläufe gekommen, das lag auch am Föderalismus.« nächsten Haus, „ich war der Großknecht meines Vaters“, scherzt er. Das Ländliche prägte ihn, die Leidenschaft fürs Jagen, die Lust am Restaurieren von alten Autos und Treckern. Nebenbei spielte er Wasserball, bis in die zweite Bundesliga, und Handball in der Oberliga, „zum Ausgleich“; das Studium finanzierte er sich zum Teil als Trainer. Noch immer in Bochum, begann Monstadt als An- walt einer Kanzlei und ging dann für sie nach Schwerin, die Treu- hand beratend. „Meine Mutter stammt aus dem Havelland, es gab bei mir immer einen Bezug zum Osten.“ Dort fand er eine neue Heimat. Das ländliche Lebensgefühl schien ihm im Schweri- ner Umland stärker ausgeprägt; in seiner alten Heimat rund um den Hof sei etwa an Jagen wie früher, wegen der fortschreitenden Zersiedelung, kaum mehr zu denken. Monstadts Vater war CDU-Mitglied, die Familie „konservativ- protestantisch-unternehmerisch“ geprägt. In Schwerin trat Monstadt auch zuerst der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) bei, bevor er das Parteibuch 1996 annahm. Es folgten kommunale Engagements wie im Kreisvorstand. Dann 2009 die Frage, wer im Wahlkreis für den Bundestag kandidiert. „Die Re- gion ist eher sozialdemokratisch, da war die Schar derer, die sich für den Wahlkreis bewarben, überschaubar.“ Man fragte ihn. Und er gewann 2009 überraschend. „Der Wahlkreis vereint Land und Stadt“, erklärt er, „vielleicht bin ich bei beidem ver- mittelbar.“ Verteidigt bei den Wahlen hat er ihn bis heute. Monstadt ist auch Berichterstatter der Unionsfraktion für Dia- betes und Adipositas. „Zucker ist gefährlicher als Rauchen“, fasst er zusammen. Monstadt ist selbst Diabetiker, als er 2009 in den Bundestag einzog, „wurde das Krankheitsbild noch run- tergespielt, heute ist es in den Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung gerückt“ – ein Stück weit auch dank seiner Ar- beit: Sechs Jahre hatte er mit an einer nationalen Diabetes- Strategie gearbeitet, die das Parlament im vorigen Jahr verab- schiedete. Aber noch, sagt er, gebe es viel zu tun. Jan Rübel T