2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 16 - 19. April 2021 GASTKOMMENTARE FÖDERALISMUS – EIN HEMMNIS? Mehr Zentralismus! K önnte sich das Covid-19-Virus sich et- PRO t a v i r P © Malte Lehming, »Der Tagesspiegel«, Berlin s b e r K s a e r d n A / P R © Kerstin Münstermann, »Rheinische Post«, Düsseldorf was wünschen, stünde der deutsche Föderalismus ziemlich weit oben auf seiner Liste. Denn nichts hilft seiner Verbreitung mehr als Halbherzigkeiten, Durch- wursteleien und Mittelwegsbeschlüsse. Als Sinn- bild dafür geht die vorösterliche Ministerpräsiden- tenkonferenz in die Geschichte der Pandemiebe- kämpfung ein:. Statt eines Konzeptes triumphierte der Wille zum Kompromiss. Wie soll’s auch anders sein bei 16 Länderchefs aus unterschiedlichen Par- teien mit unterschiedlichen Koalitionen und unter- schiedlichen Inzidenzerfahrungen – angetrieben von einer Kanzlerin, die stets härtere Maßnahmen fordert, aber nicht bekommt, obwohl die Seuchen- bekämpfung an sich Sache des Bundes ist? Nein, das MPK-Instrument hat versagt, und zum Glück haben alle Beteiligten verstanden, dass dies nicht einmalig war, sondern strukturell bedingt. Auch die Länder-Vertreter scheinen nicht unglück- lich zu sein, durch die geplante Bundes-Notbrem- se Kompetenzen abgeben zu müssen. Alles andere wäre eine Perpetuierung von Absurditäten. Ma- chen alle ihr eigenes Ding und entscheiden selbst über Ausgangssperren, Schulschließungen und die Modalitäten einer Rückkehr von Geimpften in die Grundrechtswelt, vergrößert sich das Chaos. In Pandemiezeiten sind schnelle Maßnahmen und allgemein gültige Prinzipien gefragt, die von der Bundesregierung verantwortet und kommuniziert werden müssen. Garantiert das den Erfolg? Nicht automatisch, siehe Frankreich. Aber es schafft die Bedingungen, unter denen Erfolge am ehesten möglich sind. Die Tauglichkeit des MPK-Systems wurde von der Wirklichkeit widerlegt. Geht es um Fragen von Leben und Tod, kann die Devise nur lauten: Mehr Zentralismus wagen! in der Pandemie. Er muss nur klug genutzt werden. Leider hat das in der Corona-Be- kämpfung nicht durchgehend geklappt, was auch am unglücklichen Agieren von Bund und Ländern und bei der letzten Ministerpräsidenten- konferenz lag. Dafür kann der Föderalismus aber nichts, er wurde zuletzt nur nicht klug genutzt. Beispiel: Statt die Impfkampagne in die Hände der Länder zu geben, hätte man gerade sie in der Ho- heit des Bundes lassen sollen, um in dieser exis- tenziellen Frage eine einheitliche Linie zu haben und schnell auf Widrigkeiten reagieren zu können. Dagegen ist es sehr sinnvoll, konkrete Maßnah- men gegen hohe Infektionszahlen regional zu er- greifen. Eingriffe in persönliche Freiheiten sind schwer zu vermitteln und zu begründen – noch schwerer, wenn die Infektionszahlen etwa im Nor- den viel geringer sind als im Süden, sich aber alle gleichermaßen daran halten müssen. Auch der Wettbewerb im föderalen System ist gut – ein Ringen um den besten Weg. Es gibt für nie- manden eine Blaupause und so kann man unter- schiedliche Konzepte in einem Land direkt mitei- nander vergleichen. Ein Vorteil, wenn man ihn klug und ohne politische Eitelkeiten nutzt. Die Länder klagen oft über Begrenzungen ihrer Mitsprache. Der Bund möchte stärker durchgrei- fen. Darüber kommt es zum Streit. Das Ringen aber nennt sich Demokratie. Dabei führt der Föde- ralismus zu einer Machtbegrenzung der verschie- denen staatlichen Ebenen. Keiner handelt auto- nom. Und das ist gut so. Auch wenn es den Akteu- ren kluges Handeln abverlangt. Daran fehlte es in den letzten Wochen. Es mag am Wahljahr liegen. Aber den Föderalismus trifft daran keine Schuld. Guter Wettbewerb CONTRA Föderalismus ist kein Hemmnis. Auch nicht Mehr zum Thema der Woche auf den Seiten 1 bis 3. Kontakt: gastautor.das-parlament@bundestag.de Herausgeber Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Fotos Stephan Roters Mit der ständigen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte ISSN 0479-611 x (verantwortlich: Bundeszentrale für politische Bildung) Anschrift der Redaktion (außer Beilage) Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon (0 30) 2 27-3 05 15 Telefax (0 30) 2 27-3 65 24 Internet: http://www.das-parlament.de E-Mail: redaktion.das-parlament@ bundestag.de Chefredakteur N. N. Stellvertretender Chefredakteur Alexander Heinrich (ahe) V.i.S.d.P Redaktionsschluss 16. April 2021 Druck und Layout Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH & Co. KG Kurhessenstraße 4– 6 64546 Mörfelden-Walldorf Leserservice/Abonnement FAZIT Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. 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Ist das angesichts der langanhaltenden unver- meidlich? Der Haushalt befindet sich in einer be- sorgniserregenden Lage. Das ist ein aktu- elles Zitat des Bundesrechnungshofs. Es werden jetzt als Gründe für den Nach- tragshaushalt zusätzliche Unternehmens- hilfen von knapp 26 Milliarden ange- führt. Sicherlich muss man den Unter- nehmen helfen, denn sie sind unver- schuldet aufgrund staatlich angeordneter Maßnahmen in eine schwierige Situation gekommen. Manche haben gar keine Umsätze mehr, sie haben, wie beispiels- weise Gastronomen, praktisch ein Berufs- verbot. Aber das rechtfertigt nicht eine Schuldenaufnahme in bisher unerreich- ter und aufgrund der Schuldenbremse ei- gentlich auch nicht zulässiger Höhe von 240 Milliarden Euro im Jahr 2021. Nun sieht die Schuldenbremse die Möglichkeit vor, sie in außergewöhnli- chen Notsituationen auszusetzen. Die Koalitionsfraktionen argumentieren, dass diese außergewöhnliche Notsitua- tion vorliegt. Sehen Sie das nicht so? Nein, meine Fraktion sieht das nicht so. Wir leugnen nicht, dass es Corona gibt, wir sehen hier aber keine epidemische Lage nationaler Tragweite, darüber haben wir gerade auch im Zusammenhang mit der Novellierung des Infektionsschutzge- setzes im Bundestag diskutiert. Doch da- von abgesehen, es gäbe auch noch ande- re Möglichkeiten, den Haushalt ins Lot zu bringen, ohne massive Schuldenauf- nahme. Man müsste konsolidieren und auch in anderen Bereichen mal kürzen. Man hat leider in der Vergangenheit ver- säumt, strukturelle Reformen durchzu- führen. Nun geht es über das hinaus, was schon im regulären Haushalt beschlos- sen ist, um 60 Milliarden Euro zusätzli- che Schulden. Ließen sich in dieser Grö- ßenordnung überhaupt Einsparmöglich- keiten in anderen Bereichen finden? Es soll ja zum Beispiel die Globale Mehr- ausgabe um acht Milliarden auf 43 Milli- arden erhöht werden. Die Globale Mehr- ausgabe ist praktisch ein Freibrief für die Regierung, insbesondere für den Finanz- minister. Dann gibt es noch die bisher als Asylrücklage bezeichnete Allgemeine Rücklage, von rund 50 Milliarden. An diese beiden Pos- ten müsste man erst einmal gehen, bevor man neue Schulden aufnimmt. Aber ich habe den Verdacht, dass sich der Finanz- minister hier im Wahljahr eine Verfü- gungsmasse geschaffen hat, um darauf gegebenenfalls zurückzugreifen für Aus- gaben, die gar nichts mit Corona zu tun haben. eine Verfügungsmasse Von den geplanten 50 Milliarden Mehrausgaben ist ein großer Teil für Unternehmen. Wenn diese pleitegehen würden, würde es den Staat noch we- sentlich mehr Geld kosten. Sehen Sie angesichts dessen die Ausgaben für Wirtschaftsförderung angemessen, oder könnte man da noch sparen? Wichtiger für die Unternehmen wäre auf jeden Fall, dass sie Umsatz machen kön- nen. Dass also dieser flächendeckende Lockdown aufgehoben wird. Wir können nicht langfristig durch schuldenfinanzier- te Ausgleichsleistungen Umsätze erset- zen. Geldschöpfung ersetzt nicht Wert- schöpfung. Natürlich brauchen die Un- ternehmen, wenn es weitergeht mit dem Lockdown, Ausgleichszahlungen. Aber »Wo kann man sparen?« VOLKER MÜNZ Der AfD-Haus- haltsexperte kritisiert die hohe Neuverschuldung und plädiert für Kürzungen, um mit krisenbe- dingten Ausgaben umzugehen © picture-alliance/Geisler-Fotopress/Christoph Hardt das kann der Staat auf Dauer nicht leis- ten. Und denken Sie an die Arbeitneh- mer, die arbeitslos werden oder kurzar- beiten, auch hier kommt der Staat mit Arbeitslosen- und Kurzarbeitergeld an Grenzen. Und die Schuldenfinanzierung geht ja auch nur, weil die Zentralbank zu Nullzinsen Geld in den Markt pumpt, auch durch den Ankauf von Staatsanlei- hen. Aber das geht auf Dauer nicht. Es muss irgendwann zurückgezahlt werden, oder die Währung wird es nicht verkraf- ten können. Ein weiterer großer Ausgabenblock sind die Zu- im Nachtragshaushalt schüsse an den Gesundheitsfonds, um Pandemiekosten zu erstatten. Sind die- se Ausgaben in Ihren Augen gerechtfer- tigt? Es ist schwer nachzuvollziehen, wofür diese Mehrausgaben von 8,7 Milliarden notwendig sind. Aber selbst wenn man diese Beträge jetzt bräuchte, wäre es an der Zeit zu gucken: Wo können wir spa- ren? Es kann nicht sein, dass die Ministe- rien immer mehr Personalstellen schaf- fen. Nur ein kleines Beispiel: Es soll eine Stiftung Gleichstellung errichtet werden, mit 30 Personalstellen. In diesen Zeiten, in denen der Staat wirklich massive Aus- gaben zu stemmen hat, gehen solche Dinge halt mal nicht. Noch ein Beispiel: Die Bundesregierung hat zugesagt, für Sy- rien noch einmal 1,7 Milliarden zu ge- ben, obwohl wir doch so viele Syrer hier aufgenommen haben. Hoffentlich nur temporär und nicht dauerhaft. Eigentlich wäre es angebracht, mal zu sagen, wir können das nicht alles leisten, wir müs- sen irgendwo auch mal an den Ausgaben ansetzen. Sie haben angesprochen, dass es dem Staat angesichts der Niedrigzinsen derzeit leicht fällt, Schulden aufzuneh- men. Sehen Sie die Gefahr, dass sich in den nächsten Jahren das Zinsniveau er- höht und es dem Staat dann schwerer fallen könnte? Ja, die Zinsen werden steigen. Die un- natürliche Negativzinspolitik der EZB kann nicht ewig aufrechterhalten wer- den. Die Geldmenge ist exorbitant ge- wachsen. Da muss man gar nicht Wirt- schaftswissenschaften studiert haben, um zu wissen: Wenn die Geldmenge aufgebläht wird, kommt die Inflation. Im Moment steckt die überschüssige Geldmenge überwiegend in Wertpapie- ren, Immobilien und Edelmetallen. Aber hier haben sich erhebliche Preis- blasen gebildet, diese werden platzen. Dann wird die Geldmenge in den Kon- sumgütermarkt drücken, und dann spürt es auch der Verbraucher. Das Risi- ko jetzt ist Inflation, und wenn die Zin- sen steigen, wird das eine wahnsinnige Belastung für die Haushalte sein. Wann erwarten Sie, dass Deutsch- land die Schuldenbremse tatsächlich wieder eingehalten wird? Die Bundesregierung hat mit ihren Eck- werten ja bereits angekündigt, auch 2022 noch die Schuldenbremse aussetzen zu wollen. CDU und CSU haben aber im- mer gesagt, 2023 solle sie wieder einge- halten werden. Doch die Grünen, aber auch die SPD wollen die Schuldenbrem- se am liebsten ganz abschaffen oder zu- mindest aufweichen. Und je nachdem, wie die neue Regierung aussieht, befürch- te ich, dass die Schuldenbremse länger- fristig ausgesetzt bleibt. Die Beratung des Nachtragshaus- halts wird wohl die letzte in dieser Le- gislaturperiode sein. Wie haben Sie rückblickend die Arbeit im Haushalts- ausschuss erlebt? Es war eine herausfordernde Zeit für mich als neuen Abgeordneten, in diesem schwierigen und wichtigen Ausschuss mitarbeiten zu dürfen. Die Atmosphäre war alles in allem gut. Die AfD wird ja sonst teilweise behandelt wie Aussätzige. Im Haushaltsausschuss ist aber überwie- gend fraktionsübergreifend ein kollegia- ler und mit Einzelnen auch freundschaft- licher Austausch gegeben. Es gibt einzel- ne Ausnahmen. Es herrscht ein besonde- rer Geist im Haushaltsausschuss, das spürt man. Das Gespräch führte Peter Stützle. T Voker Münz (56) gehört seit 2017 dem Bundestag an. Der Diplom- Ökonom ist Mitglied des Haushalts- ausschusses und stellvertretendes Mitglied im Finanzausschuss. Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden Sie in unserem E-Paper PARLAMENTARISCHES PROFIL Der Haushälter: Carsten Körber W enn er über diesen „historischen Rekord“ spricht, freut sich Carsten Körber nicht. Noch nie dagewe- sen sei diese „bittere Situation“, sagt der CDU- Bundestagsabgeordnete aus Zwickau am Telefon, der Nachtragshaushalt, über den der Bundestag in erster Lesung verhandelt. „Nichts ist alternativlos“, sagt er über die geplante Neuverschuldung des Bundes, „es ist aber ein notwendiger Weg“, er verweist auf die wegen der Corona-Pandemie zu leis- tenden Unternehmenshilfen und die gestiegenen Gesundheits- kosten: Der Bundesfinanzminister will die Nettokreditaufnahme in diesem Jahr von 179,8 Milliarden Euro um weitere 60,4 Milli- arden Euro auf 240,2 Milliarden Euro erhöhen. Der Bundesrech- nungshof spricht von einem Haushalt auf tönernen Füßen. Und Körber? „Die hat dieser Etat noch nicht. Nur engt er den Gestal- tungsspielraum in der Zukunft ein, immerhin müssen wir ab 2026 jedes Jahr 18 Milliarden Euro tilgen.“ Körber vertritt seinen Wahlkreis seit 2013 im Bundestag, sitzt seitdem im Haushaltsausschuss und steht seit Ende März dem Rechnungsprüfungsausschuss vor, welcher die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes beaufsichtigt. „Da haben wir uns in den kommenden Jahren tiefgreifenden Fragen zu stellen“, sagt er, „bei der Ausgabenseite muss man ran, eine Bestandsauf- nahme machen. Man wird über alles nachdenken müssen.“ Politisches Engagement begleitete ihn sein Leben lang. Klassen- sprecher in der ersten Klasse, später Kreisschülersprecher. Bei der Bundeswehr Vertrauensmann, an der Uni neben dem Studium von Politologie und Betriebswirtschaftslehre engagiert beim Ring Christlich-Demokratischer Studierender (RCDS). Vielleicht lässt sich dieser Werdegang auf eine Szene im Novem- ber 1989 zurückführen, damals war er zehn und schaute mit sei- ner Familie im Wohnzimmer auf den Fernseher, auf Bilder der Massendemo am Berliner Alexanderplatz gegen das SED-Regime. Sah, wie seine Großeltern zu weinen begannen, der Opa runter in den Keller ging, wo er die eine, seit Jahren lagernde Flasche Krim- ..................................................................................................................................................... k c i r K . J / e c n a i l l a e r u t c i p © »Auf tönernen Füßen steht dieser Etat noch nicht. Nur engt er den Gestaltungsspielraum in der Zukunft ein.« sekt hervorholte. „Die lagen sich alle in den Armen, das machte etwas mit mir.“ Vielleicht waren es aber auch die Geschichten seines Großvaters davor, der als Direktor in einem Elektromoto- renwerk in den Westen fuhr und die angeblichen Meldungen über den „Klassenfeind“ nicht bestätigt sah. „Eine ‚Karriere‘ als Be- rufspolitiker habe ich nie geplant“, sagt Körber, „das ist ein roter Faden, der konstruiert wird, aber nicht stimmt“. Es habe sich halt alles immer gefügt. Und dass er immer das habe machen können, was ihm Spaß bereitete. „Mein Amt ist auf Zeit. Alle vier Jahre werden die Karten neu gemischt.“ Auf dem Weg dorthin saß er im Gemeinderat, war Vize-Bürgermeister der 12.000-Einwohner- Gemeinde Mülsen, machte ein Praktikum beim Zwickauer Bun- destagsabgeordneten, wurde sein Büroleiter – und dann sein Nachfolger. Und warum die CDU? „Ich komme aus einem bürger- lich geprägten Elternhaus mit starkem Verantwortungsdenken, da kam keine andere Partei in Frage.“ Was den Sachsen umtreibt, sind nicht nur Zahlen. Auch das ge- sellschaftliche Miteinander, der gegenseitige Respekt voreinan- der und vor der parlamentarischen Demokratie sind seine Fra- gen, und rasch kommt er auf das Jahr 2015 zu sprechen, als viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen. „Da kamen dumpfs- te Vorurteile hoch“, sagt er und stockt. „Schwer in Worte zu fassen.“ Und: „Da war oft kein sachlicher Diskurs, sondern blanker Hass.“ Dabei, fügt er hinzu, hätten sich doch nun, fünf- einhalb Jahre später, die Bedenken wegen der Einwanderungen damals „weitgehend aufgelöst“. Nicht verschwunden sind seine Sorgen wegen des Nachtrags- haushalts. Die Pläne des Regierungspartners SPD, mit Steuern für Hochvermögende gegenzufinanzieren, sieht er skeptisch. „Ein normaler, eben eher kleiner Mittelständler, der schon viel belas- tet wird und viel gibt, ist mit seinem Anlage- und Produktions- vermögen schnell ‚hochvermögend‘.“ Das Konzept der SPD sei Jan Rübel T nicht schlüssig. Respektlos klingt das nicht.