2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 46 - 15. November 2021 GASTKOMMENTARE STOPP FÜR NORD STREAM 2? Keine Genehmigung Die deutsch-russische Gaspipeline be- lastet die deutsche Europapolitik. Die Mehrheit der EU-Partner lehnt das Projekt ab. Denn die Abhängigkeit von Russland – rund die Hälfte des deutschen Gasverbrauchs – mache die Bundesregierung er- pressbar. Die Transportkapazität sei auch ohne die neue Röhre ausreichend. Aus Sicht der Kritiker ist Nord Stream 2 für Moskau ein geostrategischer Hebel, um die Ukraine gefügig zu machen. Sowie Druck auf Deutschland und die EU auszuüben. Die Grünen haben die Pipeline schon lange be- kämpft. Nun werden sie Teil der Regierung. Stop- pen lässt sich der Bau nicht mehr. Jetzt geht es um die Betriebsgenehmigung oder deren Verweige- rung. Maßgeblich dafür sind auch die Auflagen der EU-Gasrichtlinie. Demnach darf ein Konzern – hier Gazprom – nicht beides zugleich sein: Be- treiber und Lieferant. Annalena Baerbock, Noch- Parteichefin und potenzielle Außenministerin, ver- langt, dass diese Auflagen bei der Prüfung der Be- triebsgenehmigung genau beachtet werden. Das bedeutet nach heutigem Stand: ein Stopp der Pipeline durch ein Nein zur Inbetriebnahme. Russ- land und Gazprom zeigen keine Bereitschaft, die Bedingungen zu erfüllen. Offenbar meint Wladimir Putin, er könne die Genehmigung auch ohne Be- achtung des Europarechts bekommen. Er übt Druck aus. Oder ist es Zufall, dass strategische Gasspeicher in Deutschland, die Gazprom kürzlich übernommen hat, nicht wie früher üblich gut ge- füllt sind? Und dass der Gaspreis steigt, auch weil Russland weniger Gas liefert, als es könnte? Putin nutzt Deutschlands hohe Abhängigkeit von russi- schem Gas als Hebel, um diese Abhängigkeit noch zu erhöhen. Unter diesen Bedingungen darf Nord Stream 2 nicht in Betrieb gehen. T atsächlich hat sich Deutschland mit dem Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 in eine schwierige Situation gebracht. Freunde sind verärgert und der Ge- schäftspartner Russland nutzt seinen Rohstoff Gas, um notfalls mit einer faktischen Erpressung seine geopolitischen Ziele durchzusetzen. Es gibt gute Gründe, das Projekt doch wieder zu begra- ben. Es gibt aber bessere Gründe, daran festzuhal- ten. Rein ökonomische Gründe spielen dabei eine un- tergeordnete Rolle. Dennoch wäre es eine gran- diose Verschwendung, wenn die fast zehn Milliar- den Euro für den Bau und die Finanzierung der Anlage auf dem Meeresgrund versanden sollten. Wichtiger sind die Argumente für die Gaslieferun- gen aus Russland. Die aktuelle Lage zeigt, wie ab- hängig Deutschland von den Lieferungen ist. Zu hohe Energiekosten können schnell zu wirtschaft- lichen wie politischen Probleme führen und die notwendige Akzeptanz für die Abkehr von der Kohle schmälern. Die Strategie muss also dahin zielen, für die Übergangszeit, in der man noch auf Gas als Energielieferant setzen muss, alternative Beschaffungswege einzurichten, etwa Terminals für Gastransporte aus westlichen Ländern. Wenn es diese Alternativen gibt, sinkt auch zwangsläufig das politische Erpressungspotenzial Russlands. Das ist eine notwendige Basis für eine langfristige Verbesserung der Beziehungen. Und es muss ein Ziel sein, an die Stelle einer anhaltenden Eskalation der Konflikte zwischen der Supermacht im Osten, seinen Nachbarn und der EU eine ver- lässliche Koexistenz zu entwickeln. Unabhängig wird Deutschland aber erst, wenn es ausreichend erneuerbare Energien gibt. Bis dahin gibt es keine wirklich saubere Lösung des Problems. Mehr zum Thema der Woche auf den Seiten 1 bis 11 Kontakt: gastautor.das-parlament@bundestag.de Herr Ernst, angesichts wachsender Gaspreise wird befürchtet, dass Wohnun- gen diesen Winter kalt bleiben. Wäre das anders, wenn Deutschland beim Aus- bau erneuerbarer Energie weiter wäre? Dass die Große Koalition nicht mehr Tem- po gemacht hat, war ein Fehler, weil der Ausbau der Erneuerbaren nicht so weit vo- rangekommen ist, wie es notwendig wäre. Aber das wäre in der aktuellen Debatte um die hohen Energiepreise keine Lösung ge- wesen, weil die erneuerbaren Energien der- zeit noch nicht für das Heizen genutzt wer- den. Der übergroße Teil der deutschen Haushalte heizt noch mit Gas oder Heizöl. Wir müssen genau analysieren, woher die hohen Energiepreise kommen. Mit dem Ergebnis der Bundestags- wahl dürfte der CO2-Preis weiter stei- gen. Das verteuert Energie weiter, wie könnte ein Ausgleich gelingen? Die Energiewende darf nicht auf Kosten der Menschen gehen, die jetzt schon nicht oder kaum in der Lage sind, ihr Leben or- dentlich zu organisieren und zu finanzie- ren. Wenn die Energiepreise jetzt zusätzlich dazu führen, dass man seine Wohnung nicht mehr heizen kann oder das Auto ste- hen lassen muss, dann fühlen sich die Leu- te nicht mitgenommen und sperren sich gegen die Energiewende. Alleine über den CO2-Preis geht es nicht, deshalb muss man einen Ausgleich schaffen, der die Ein- kommen der Menschen stabil hält. Und da ist mir jedes Mittel recht. Fänden Sie es gut, wenn man, wie in Frankreich, die Energiepreise für eine be- stimmte Zeit deckelt? Prinzipiell halte ich es für richtig, dass man über eine Deckelung der Preise nachdenkt, gerade für jene Bevölkerungsgruppen mit geringem Einkommen. Aber ich bin für al- le weiteren Vorschläge offen, wenn am En- de eine Lösung steht, die den Menschen hilft. Bei den hohen Energiepreisen brau- chen wir jetzt eine schnelle, eine kurzfristi- ge Lösung. Wie können staatliche Investitionen in den Klimaschutz ohne Steuererhöhun- gen gelingen? Was halten Sie von der Einrichtung eines Klimafonds? Ich bin der Meinung, dass die Transforma- tion ohne zusätzliche Steuern nicht funk- tionieren wird. Wenn es ohne steuerliche Mehrbelastung gehen soll, muss man sa- gen, wo gespart werden soll. Ich habe die Befürchtung, dass das dann im sozialen Be- reich sein wird, deshalb ist das Durchset- zen der FDP, was man aus den Koalitions- gesprächen weiß, ein Angriff auf den Sozi- alstaat! Alleine die Stahlindustrie benötigt für die Energiewende bis 2030 zehn Milli- arden Euro. Wenn da nicht genug Geld kommt, wird auf CO2-freien Stahl nicht gelingen. Ich unter- stützte deshalb die Forderung der IG Me- tall, die einen staatlichen Fonds fordert. eine Umstellung Nicht wenige hoffen, dass Deutsch- land mit der Energiewende von russi- schen Erdgaslieferungen loskommt. Hal- ten Sie das für ratsam? Ich wehre mich gegen die Behauptung, dass die Russen uns mit Gaspreisen erpres- sen! Auch die Bundesregierung hat mitge- teilt, dass die aktuellen Energiepreise mit russischen Gaslieferungen nichts zu tun haben. Nach gängiger Meinung hat die Sowjetunion und später Russland ihre Partner in Deutschland zu keiner Zeit mit Gaslieferungen erpresst, das gilt es einmal festzuhalten. Die Energiepartnerschaft mit Russland ist im beiderseitigem Interesse: Russland benötigt das Geld aus dem Ver- kauf von Rohstoff, und wir benötigen Gas, um zu heizen und um zu produzieren. Deutschland könnte sein Gas auch von an- derswo her beziehen, allerdings wäre das LNG-Gas viel teurer und durch das Fra- »Mehr Tempo machen« KLAUS ERNST Der Linken- Politiker mahnt eine faire Kosten- verteilung bei der Energiewende an und wirbt für eine stabile Partnerschaft mit Russland © Katja Julia Fischer cking auch deutlich umweltschädlicher. Wir werden für eine absehbare Zeit von 20 bis 30 Jahren noch Erdgas als Über- gangstechnologie brauchen. Zudem könn- te Russland später auch unser Wasserstoff- partner werden. Seite, die das verhindern will, müsste erklä- ren, warum sie den Gaskunden in Europa zumuten will, teureres Fracking-Gas zu kaufen. Ohne ausreichend Gas ist das In- dustrieland Deutschland derzeit und in der nahen Zukunft schwer arbeitsfähig. Mehrere Bundesregierungen haben sich für das Pipelineprojekt Nord Stream 2 eingesetzt. Wird es in Betrieb gehen? Ich bin optimistisch und gehe davon aus, dass Nord Stream 2 in Betrieb genommen wird. Es ist ein politischer Irrsinn, diese Leitung nicht zu nutzen! Die politische Die sich abzeichnende Ampel-Regie- rung will, dass zwei Prozent der Fläche Deutschlands für die Windkraft genutzt werden. In welchen Gebieten sollen diese Anlagen stehen? Ganz klar, wir brauchen den Ausbau er- neuerbarer Energien, aber wir müssen uns PARLAMENTARISCHES PROFIL auch ehrlich machen und weiter Energie importieren. Solardächer kann man relativ problemlos montieren, aber Windräder sind für weite Teile der Bevölkerung – höf- lich formuliert – nicht immer sehr erfreu- lich! Das ist eine Tatsache, und wenn man trotzdem weiter den Ausbau von Windrä- dern betreiben will, muss man die Men- schen überzeugen und beteiligen, und das geht am ehesten über finanzielle Mittel. Da muss man über den Strompreis reden, aber auch über Prämien. Allerdings muss auch jedem klar sein, dass der gesamte Energie- bedarf dieses Landes nicht alleine über Windräder und über Solaranlagen gedeckt werden kann. Zumal der Strombedarf auch noch ansteigen wird, wenn man, wie ge- plant, die Elektromobilität massiv ausbaut. Wasserstoff gilt vielen als Hoffnung für eine klimafreundliche Energieversor- gung. Doch die Produktion steckt in den Startlöchern. Stimmen die Rahmenbedin- gungen? Der Wasserstoff ist der Schlüssel für eine CO2-freie Energieversorgung, global gese- hen wissen wir, dass die Sonneneinstrah- lung ausreicht, um den Energiebedarf der gesamten Welt zigfach zu decken. Es muss nur gelingen, dass man die Sonnenstrahlen in Energie umwandelt und sie auch spei- chern kann. An dieser Stelle muss die Tech- nik massiv vorangetrieben und die For- schung intensiviert werden. Auch in den Ländern, aus denen wir zukünftig Wasser- stoff beziehen wollen, in denen die Son- neneinstrahlung besonders intensiv ist, müsste die aktuellste Technik Anwendung finden. Auch hier gilt: Wir werden in Zu- kunft Energie aus südlichen Regionen im- portieren, um unsere Waren dorthin expor- tieren zu können. Ohne dieses Modell, könnten wir unseren Lebensstandard und Wohlstand nicht aufrechterhalten.. Es gibt Stimmen, die meinen, mit Ökostrom alleine sei die Energiewende nicht zu schaffen. Könnte Kernenergie ei- ne Übergangslösung sein? Nein! Auf keinen Fall! Die Atomenergie ist eine extrem gefährliche Energie und die Technik ist sehr schlecht beherrschbar. Das hat sich in der Vergangenheit immer wie- der gezeigt, als Stichworte seien nur Harris- burg/USA 1979, Tschernobyl/UdSSR 1986 oder Fukushima/Japan 2011 genannt. Auch der Abbau und die Stilllegung der Anlagen verursachen irrsinnige Kosten. Dann ist die Frage der Endlagerung nicht geklärt, das können wir nachfolgenden Generationen nicht antun, das verbietet sich! Auch der Import von Atomstrom ist abzulehnen. Aber unsere Nachbarn Frankreich und Großbritannien, sehen das anders. Ja, und ich bedauere das zutiefst! Wir soll- ten mit allen unseren Nachbarn, egal ob EU-Staaten oder nicht in Gesprächen blei- ben und darauf hinweisen, was passiert, wenn dort ein Atomkraftwerk havariert. Auf einem engbesiedelten Gebiet wie Europa hätten solche Unfälle eine katastro- phale Auswirkung, nicht nur für uns, son- dern auch für alle Generationen, die uns nachfolgen. Das Gespräch führte Nina Jeglinski. T Klaus Ernst (Die Linke) ist seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages. In der vergangenen Wahlperiode war er Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Energie. Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden Sie in unserem E-Paper Spieß umdrehen a t a v i r P _ o t o F © Christoph von Marschall, »Der Tagesspiegel«, Berlin PRO t a v i r P : o t o F © Wolfgang Mulke, freier Journalist CONTRA Herausgeber Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Fotos Stephan Roters Mit der ständigen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte ISSN 0479-611 x (verantwortlich: Bundeszentrale für politische Bildung) Anschrift der Redaktion (außer Beilage) Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon (0 30) 2 27-3 05 15 Telefax (0 30) 2 27-3 65 24 Internet: http://www.das-parlament.de E-Mail: redaktion.das-parlament@ bundestag.de Chefredakteur N. N. Stellvertretender Chefredakteur Alexander Heinrich (ahe) V.i.S.d.P. Redaktionsschluss 12. November 2021 Druck und Layout Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH & Co. KG Kurhessenstraße 4– 6 64546 Mörfelden-Walldorf Leserservice/Abonnement Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 32 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 32 E-Mail: fazit-com@cover-services.de Abonnement Jahresabonnement 25,80 €; für Schüler, Studenten und Auszubildende (Nachweis erforderlich) 13,80 € (im Ausland zuzüglich Versandkosten) Alle Preise inkl. 7% MwSt. Kündigung jeweils drei Wochen vor Ablauf des Berechnungszeitraums. Ein kostenloses Probeabonnement für vier Ausgaben kann bei unserer Vertriebsabteilung angefordert werden. Namentlich gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Für unverlangte Einsendungen wird keine Haftung übernommen. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Für Unterrichtszwecke können Kopien in Klassenstärke angefertigt werden. 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Wird zum Beispiel ei- ne Solarpflicht kommen? „So verstehe ich das Sondierungspa- pier“, gibt sich die 42-jährige zugeknöpft. Seit 2013 sitzt die promovierte Umweltwissenschaftlerin im Bundestag, ist seitdem energiepolitische Sprecherin der Grü- nenfraktion. Das Wort „Energiewende“, seitdem gefühlte zehn- tausend Mal auf der Zunge gehabt, könne sie immer noch hö- ren, „die Energiewende ist ja ein dynamischer Prozess, der nicht irgendwann endet“. Nun winkt den Grünen die Regie- rungsbank und eine riesige Verantwortung. Auf ihrer Website steht noch immer der Satz über ihre Zeit im Parlament: „Seit- dem lege ich gemeinsam mit meiner Fraktion den Finger immer wieder in die Wunde.“ Wie soll das jetzt gehen? „Ich bin Um- weltwissenschaftlerin“, erwidert sie, „ich überprüfe, wie weit wir von einer lebenswerten Zukunft entfernt sind“. Die Arbeit werde nun sehr herausfordernd. „Aber mit meinem Hinter- grund möchte ich mich da einbringen.“ Schließlich sei der Er- halt der natürlichen Lebensgrundlagen ein Maßstab für jede Regierung – unabhängig, wer sie stelle. „Das ist kein ‚nice-to- have‘ nur für die Grünen.“ Neuen fossilen Import-Infrastrukturen etwa erteilt Verlinden ei- ne Absage. „Wir müssen auf den Zielpfad einer hundertprozen- tigen Versorgung mit erneuerbaren Energien einschwenken, da wird Fossiles nicht mehr gebraucht.“ Viel Hoffnung steckt sie in die Entwicklung von Wasserstoff als Energieträger. „Die Import- strukturen und eine Produktion in Deutschland müssen mehr in den Fokus geraten.“ Die Technik sei da, nun bedürfe es der Un- terstützung durch die Politik. Wurde die Entwicklung in Deutschland verschlafen? „Nein, aber die bisherige Bundesre- gierung sah zu wenig den Zusammenhang mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien – denn grünen Wasserstoff können wir ..................................................................................................................................................... e c n a i l l a - e r u t c i p / a p d © »Die bisherige Bundes- regierung sah zu wenig den Zusammenhang mit dem Ausbau der erneuer- baren Energien.« nur herstellen, wenn wir genügend Wind- und Solarstrom zur Verfügung haben.“ Bleibt die Frage, ob diese Energiewende mit all ihrer Wucht für die Verbraucher teurere Preise bedeutet. „Die Preise für fossile Energie können schnell explodieren, wie wir in den letzten Wochen gesehen haben, entgegnet sie. „Die Preise für erneuerbare Energien sind dagegen verlässlich und günstig.“ Mit dem Engagement für die Umwelt fing es bei Verlinden früh an. Bereits bei der Schülerzeitung interessierte sich die Teen- agerin für Umweltthemen, „ich widmete mich damals dem ganzen Blumenstrauß dessen, was uns bis heute beschäftigt“, erklärt sie. Es war die Zeit, in der Frankreich Atombomben im Pazifik testete und der Konzern Shell seine Öllager- und Verla- deplattform Brent Spar in der Nordsee versenken wollte – die Umweltbewegung protestierte heftig. Turbulent ging es für die Schülerzeitungsredakteurin weiter, die Bergisch Gladbacherin engagierte sich in den Jugendorganisa- tionen von Greenpeace, NABU und BUND, organisierte Fahrrad- demos und zog nach dem Abitur von Nordrhein-Westfalen zum Studium nach Lüneburg, wo sie immer noch wohnt. Am „Pro- jekt Weltrettung“, wie sie auf ihrer Website schreibt, blieb sie dran. Als Studentin vertrat Verlinden die Grünen von 2002 bis 2006 im Stadtrat, wurde dann nach Studienabschluss in Um- weltwissenschaften Wissenschaftliche Angestellte am Umwelt- bundesamt; 2013 leitete sie dort den Fachbereich Energieeffi- zien, um schließlich im selben Jahr in den Bundestag zu wech- seln. Seit diesem Herbst vertritt Verlinden auch wieder die Grü- nen im Lüneburger Stadtrat. „Ich wurde gefragt, ob ich helfen kann“, sagt sie; immerhin ist die Partei seit 2006 stark gewach- sen, stellt nun auch die Oberbürgermeisterin. „Die Arbeit als Ratsfrau ist ehrenamtlich. Da habe ich großen Respekt vor al- len, die sich in ihrer Freizeit für diesen Dienst an der Gesell- schaft engagieren.“ Jan RübelT