2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 13-14 - 28. März 2022 GASTKOMMENTARE ENERGIEPAKT MIT AUTOKRATEN? Bittere Alternative PRO t a v i r P © Malte Lehming, »Der Tagesspiegel«, Berlin t a v i r P © Michael Bauchmüller, »Süddeutsche Zeitung«, München als A m überraschendsten ist, wie über- rascht alle sind. Dabei wusste man es seit mehr einem Jahrzehnt: Deutschland hat sich abhängig ge- macht von Energie-Importen aus Russland. Denn wer aus Klimaschutz-Gründen aus der Atom- und der Kohle-Energie aussteigt, die Verluste aber we- der durch Einsparungen vollständig kompensieren kann noch durch den Ausbau erneuerbarer Ener- gien, braucht Erdgas. Das liefert bis heute Russ- land, weil die deutsche Nachfrage größer ist als das europäische Angebot. Der deutsche Junkie wurde zum Komplizen des russischen Dealers. Lange vor der Annexion der Krim und dem Über- fall auf die Ukraine im Jahre 2014 war klar, dass Wladimir Putins autoritär regiertes Land mit Will- kürjustiz, Korruption, Journalistenermordung, Op- positionsunterdrückung verbunden ist. Und dass Energie-Exporte das Fundament der russischen Wirtschaft bilden. Doch offenbar bedurfte es erst der jüngsten Invasion, damit nach Auswegen aus der deutschen Energie-Abhängigkeit gesucht wird. Nun heißt die oberste Maxime: Möglichst schnell weg von Putins Pipelines. Das ist nicht einfach. Wirtschaftsminister Robert Habeck warnt bei ei- nem sofortigen Importstopp vor Armut, Massenar- beitslosigkeit und sozialen Verwerfungen. Weil die Zeit aber drängt, schloss er in Katar und den Verei- nigten Arabischen Emiraten Verträge über die Lie- ferung von Flüssiggas. Das sind despotisch regier- te Länder, die Menschenrechte missachten; Katar wird gar der Terrorismus-Finanzierung verdächtigt. Katar oder Russland? Diese bittere Alternative ist durch kein Wunschdenken schuldfrei aufzulösen. Wer die Berichte aus Mariupol liest, die Bilder der Zerstörungen sieht und die Gesichter der Flüch- tenden, weiß indes, was das kleinere Übel ist. fahren und heizen, können sie sich leider nicht aussuchen – je- denfalls, solange es fossile Ener- gie ist. Öl etwa kommt seit vielen Jahren schon aus Ländern wie Kasachstan, Libyen, Saudi-Ara- bien, alles andere als lupenreinen Demokratien. Doch getankt wurde ohne Wimpernzucken. Haupt- sache, der Sprit blieb erschwinglich. Dieses Bewusstsein ändert sich erst jetzt, wo Erd- gas aus Russland plötzlich etwa durch solches aus Katar ersetzt werden soll. Das Emirat steht schließlich im Ruf, zwar mit Geld um sich zu wer- fen, es aber mit den Menschenrechten nicht so ge- nau zu nehmen. So ist die Lage: Deutschland will sich unabhängig machen von russischen Gasim- porten, aber es ersetzt den großen Schurken in Moskau durch etwas kleinere in Doha und anders- wo. Die Welt, leider, besteht eben nicht nur aus vertrauenswürdigen Energieriesen wie Norwegen. Hoffnungen, dass mit wachsendem Öl- oder Gas- reichtum auch demokratische Entwicklung einher- geht, haben sich meistenteils zerschlagen. Doch in ihrer fossilen Abhängigkeit bleibt der Bun- desrepublik nichts anderes als die Wahl zwischen Pest und Cholera. Will sie sich ernsthaft aus der Umklammerung von Kriegstreibern und zwielichti- gen Lieferanten lösen, ist die Antwort eine andere. Sie muss systematisch an Verbrennungsprozesse ran: Automotoren, Heizkessel, Stahlwerke. So viel und so schnell wie möglich müssen erneuerbare Energien übernehmen, und sei es über den Um- weg grüner Wasserstoff. Die meisten Technologien dafür sind vorhanden, nur fehlt es oft am politi- schen Rahmen und nicht selten am Willen. An ei- nem aber fehlt es nicht mehr: an guten Gründen. Mehr zum Thema der Woche auf den Seiten 1 bis 3. Kontakt: gastautor.das-parlament@bundestag.de Fossile Abhängigkeit CONTRA M it wessen Energie die Deutschen Herausgeber Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Fotos Stephan Roters Mit der ständigen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte ISSN 0479-611 x (verantwortlich: Bundeszentrale für politische Bildung) Anschrift der Redaktion (außer Beilage) Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon (0 30) 2 27-3 05 15 Telefax (0 30) 2 27-3 65 24 Internet: http://www.das-parlament.de E-Mail: redaktion.das-parlament@ bundestag.de Chefredakteur Christian Zentner (cz) V.i.S.d.P. 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März 2022 Druck und Layout Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH & Co. KG Kurhessenstraße 4– 6 64546 Mörfelden-Walldorf Leserservice/Abonnement Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 32 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 32 E-Mail: fazit-com@cover-services.de Anzeigenverkauf, Anzeigenverwaltung, Disposition Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 36 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 36 E-Mail: fazit-com-anzeigen@cover-services.de „Das Parlament“ ist Mitglied der Informationsgesellschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW) Für die Herstellung der Wochenzeitung „Das Parlament“ wird ausschließlich Recycling-Papier verwendet. erforderlich In den letzten beiden Jahren hat die Corona-Pandemie bereits mehrere Nach- tragshaushalte gemacht. Nun tobt auch noch ein schrecklicher Krieg in unserer europäischen Nachbar- schaft. Was bedeutet das für Sie als Haushälter, wenn Sie auf so schwanken- dem Grund Ihre Arbeit machen müssen? Tatsächlich, wenn ich mir die Haushaltsla- ge ansehe, befinden wir uns eher auf stür- mischer See. Da ist Corona und seine Fol- gen, da ist der Putin-Krieg. Und da sind nach wie vor die Herausforderungen für das Klima, die ja wegen der anderen Krisen nicht weniger geworden sind. Deswegen muss es unser aller Aufgabe sein, sowohl der Regierung als auch der Opposition, jetzt auf festen Boden zu kommen. Das heißt, wir müssen uns ehrlich machen, Prioritäten setzen und, das ist meine Mah- nung an die Regierung, vor allem auf dem Boden der Verfassung bleiben. Sehen Sie denn in dieser Hinsicht ei- nen Grund zur Sorge bei der Haushalts- politik der Regierung? Nun, es wird auch da immer schwanken- der. Wir haben zu Beginn dieses Jahres mit dem Nachtrag zum Haushalt 2021 einen ersten, aus unserer Sicht verfassungswidri- gen Schritt erlebt, die Schuldenbremse zu umgehen. Jetzt gibt es eine ehrliche, offen- sive und am Ende vielleicht auch von uns unterstützte Umgehung für ein Sonderver- mögen Bundeswehr. Kreditfinanzierte Son- dervermögen dürfen jetzt aber nicht zum Normalfall werden. Die Bundesregierung sucht überall nach Auswegen. Wir haben in den Koalitionsverhandlungen etwas von Kreditierung bei der Bahn gehört. Und wenn man sieht, wie Herr Scholz als Ham- burger Bürgermeister gearbeitet hat, da war das Wort Sondervermögen auch an der Ta- gesordnung. Dieses Sondervermögen Bundeswehr will die Bundesregierung durch eine Grundgesetzänderung absichern, und da- zu benötigt sie auch Ihre Zustimmung. Verstehe ich Sie richtig, dass Sie diese Zu- stimmung an Bedingungen knüpfen? Ja, natürlich. Auf der einen Seite sehen wir auch diesen Nachholbedarf bei der Bun- deswehr. An der Stelle stimmen wir voll- kommen mit der Bundesregierung überein. Die Frage ist, wofür das Geld ausgegeben wird. Da hat der Bundeskanzler eine klare Ansage gemacht, und wir gehen von einer Eins-Zu-Eins-Umsetzung aus. Das heißt, das Geld ist ausschließlich für Großprojek- te der Bundeswehr. Der Regierungsentwurf, der vorliegt, sieht aber Formulierungen wie „Ausstattung und Ertüchtigung der Sicher- heitskräfte von Partnern“ vor. Das hat nichts mit dem Nachholbedarf bei der Bundeswehr zu tun. Und zweitens wollen wir dauerhaft das Zwei-Prozent-Ziel der Nato abgesichert sehen, und das können wir im Haushalt von Herrn Lindner im Au- genblick nicht finden. Das heißt, im regulären Haushalt, al- so abgesehen vom Sondervermögen, se- hen Sie dieses Ziel nicht erfüllt? Nein. Herr Scholz hat davon gesprochen, dass zusätzlich zum Sondervermögen das Zwei-Prozent-Ziel eingehalten wird. Davon geht man jetzt ab und sagt, durch das Son- dervermögen wird das Zwei-Prozent-Ziel eingehalten. Aber nichtsdestotrotz muss der Verteidigungshaushalt aufwachsen. Wir haben mehr Personal, und wir müssen die Rüstungsgüter, die wir kaufen, auch mit Munition etcetera ausstatten. Das kann ja nicht alles aus dem Sondervermögen kom- men. Kann denn aus Ihrer Sicht dieses zu- sätzliche Geld auch sinnvoll ausgegeben werden? In der Vergangenheit ist es ja immer wieder vorgekommen, dass von dem Bundeswehretat, der aus inzwischen »Auf dem Boden bleiben« CHRISTIAN HAASE Der CDU- Haushaltspolitiker fordert verläss- liche Zahlen von der Regierung, um das Budgetrecht zu sichern. © Inga Haar weitgehend allgemeiner Sicht zu gering war, trotzdem nicht alles ausgegeben wurde. Auf der einen Seite sehe ich, dass die Bun- deswehr genügend Projekte im Köcher hat, auf der anderen Seite sehe ich die Proble- me, die Sie gerade ansprechen. Die Be- schaffungsprozesse sind derzeit zu lang- wierig. Es gibt aber zum Beispiel die Mög- lichkeit, Rüstungsgüter von unseren Nato- Partnern zu kaufen, dann kommen wir aus dem schwierigen Vergabeverfahren voll- kommen heraus. Und wir müssen überle- gen: Brauchen wir immer dieses sogenann- te Gold-Labelling, müssen wir also ein Pro- jekt genau auf die Bundeswehr, möglicher- weise sogar auf die Anforderungen einer Einheit zuschneiden, oder können wir nicht Rüstungsgüter auch von der Stange kaufen? Ist nicht auch das Vergaberecht an sich noch zu beschleunigen? Ich glaube, da gibt es viele Möglichkeiten, und ich sehe auf Seiten der Bundesregie- rung durchaus Bereitschaft, diese ange- sichts des Krieges und des Zustands der Bundeswehr ins Auge zu fassen. PARLAMENTARISCHES PROFIL Die Bundesregierung hat bereits an- gekündigt, dass zu dem Haushalt, der jetzt in die Beratung eingebracht worden ist, noch ein Ergänzungshaushalt nachge- reicht wird, in den die Folgekosten des Krieges aufgenommen werden. Wie sinn- voll ist es unter dieser Voraussetzung, dass ein wesentlicher Teil des Haushalts- plans noch aussteht, überhaupt schon mit den Haushaltsberatungen zu begin- nen? Das stellt schon unser ganzes Verfahren und damit das Budgetrecht des Parlamen- tes ein Stück weit in Frage. Wir hatten ei- nen solchen Ergänzungshaushalt schon einmal zum Haushalt 2020. Im Normal- verfahren wird ja der Regierungsentwurf vor der Sommerpause eingebracht. Nach der Sommerpause 2019 wurde dieser Nachtrag, damals mit einem Klima- schutzpaket, auf den Weg gebracht. Das heißt, es lag alles zu Beginn der Haus- haltsberatungen vor. Nun beginnen die Einzelplanberatungen in der nächsten Sit- zungswoche. Ich erwarte, dass bis dahin entweder dieser Ergänzungshaushalt vor- liegt, oder man verzichtet komplett auf den Ergänzungshaushalt bis zum Ende der regulären Haushaltsberatung und kommt dann im Sommer mit einem Nachtrag. Denn ich kann nicht eine Wo- che vor der abschließenden Bereinigungs- sitzung noch mit einem komplett neuen Haushalt kommen. Es wird hier ja nicht um kleine Anpassungen gehen, die wir im Prozess immer erlebt haben. Hier geht es um richtig große Dinge, die noch ein- mal Milliarden kosten, wahrscheinlich auch noch einmal neue Schulden bedeu- ten und insofern die Finanzpolitik insge- samt noch einmal in Frage stellen. Noch ein anderes Thema: Die Corona- Pandemie belastet auch im laufenden Jahr noch den Haushalt. Setzt die Regie- rung in diesem Punkt Ihrer Meinung nach die richtigen Prioritäten? Die sogenannte Corona-Vorsorge, die im letzten Jahr noch mit 36 Milliarden Euro angesetzt war, sehen wir dieses Jahr mit 2,3 Milliarden. Das ist die logische Folge der Diskussion vom Ende der Corona- Maßnahmen, die wir erleben. Aber wir können nicht politisch das Ende von Coro- na beschließen, das ist eine Vogel-Strauß- Taktik. Ich sehe weitere Folgen, die im Haushalt nicht abgebildet werden, und dann stehen wir in der zweiten Jahreshälfte vor einem erneuten Nachtrag. Deswegen ist Prioritätensetzung genau das, was jetzt kommen muss. Finanzminister Christian Lindner hat bei der Einbringung des Haushalts im Bundestag erneut angekündigt, dass 2023 die Schuldenbremse wieder einge- halten werden soll. Wie realistisch ist das Ihrer Einschätzung nach? Wenn man nicht bereit ist, sein Finanzver- halten zu verändern, ist es für mich illuso- risch. Wir sehen bei der SPD-Linken und bei den Grünen, dass sie schon für 2023 die Schuldenbremse hinterfragen. Da bin ich aber voll bei Herrn Lindner. Unser aller Aufgabe muss es sein, dass die Schulden- bremse 2023 eingehalten wird. Das ist ein Auftrag der Verfassung und nicht eine Fra- ge der politischen Willensbildung. Natür- lich gibt es viele, die sagen, die Schulden- bremse sei aus der Zeit gefallen. Ich glaube, sie hat erst zu unserem Erfolg in den letz- ten Jahren geführt. Deshalb noch einmal unser Appell: Wir dürfen jetzt nicht unsere Augen vor der Realität verschließen, son- dern wir müssen priorisieren. Das Interview führte Peter Stützle. T Christian Haase ist haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und gehört dem Deutschen Bundestag seit 2013 an. Der Rechner: Sebastian Schäfer Für Haushälter ist diese Woche eine lauter Grausamkei- ten. Der Bundesetat steht an, und das mit vielen Kalku- lationen im Ungewissen – mit dem Krieg in der Ukraine und seinen vielen finanziellen Folgen, nicht ganz abseh- bar für Leute wie Sebastian Schäfer, die gern mit Zahlen Klarheit schaffen. Es ist Mittwoch, 17 Uhr, auf die vorgesehene Minute an ruft er an, nach einem Tag, der noch lange nicht zu Ende sein wird. „Pünktlichkeit hilft, den Stress zu reduzieren“, scherzt er – wenigstens diese Zahlen sind punktgenau. Schäfer, 42, sitzt als Abgeordneter der Grünen aus dem Wahl- kreis Esslingen in den Ausschüssen für Haushalt und für Finan- zen. Er wacht mit über jenes, was der Bundesfinanzminister in der Ampel-Koalition vorlegen wird – und zwar eine Rechnung mit vielen Nullen. „Möglicherweise wird Christian Lindner Re- kordschuldenminister“, sagt er. „In Regierungsverantwortung wird jeder mit der Realität konfrontiert.“ Da sind noch die Be- lastungen der Coronapandemie, und nun obendrauf der Krieg mit zum Beispiel den tausenden Flüchtlingen, die täglich in Deutschland ankommen. „Diese Kosten haben wir noch nicht drin, dazu fehlt uns im Moment die Übersicht. Aber wir müssen halt mit der Etatplanung beginnen.“ Schäfer bewertet das Entlastungspaket der Koalition sehr positiv. „Die steigenden Kosten für die Verbraucher spiegeln sich nur zum Teil an der Zapfsäule, es trifft auch etwa Heizkosten und Le- bensmittel“. Deshalb sind die Energiepreispauschale und der Fa- milienzuschuss für Schäfer besonders wichtig. Er strebt eine wei- tere Entlastung gerade für Bezieher von Grundsicherung an. „Die Situation ist extrem volatil. Schwer abzusehen, wie sich die konjunkturelle Lage entwickeln wird.“ Jedenfalls halte er es für sehr wahrscheinlich, dass auch im nächsten Jahr die ursprünglich avisierte schwarze Null nicht erreicht wird. „Es wird auch nicht möglich sein, alle Belastungen eins zu eins auszugleichen.“ Sein Lebenslauf sieht viele Stationen der Fortbildung und des En- gagements, wie ein Staffellauf. Da waren auf der einen Seite die ..................................................................................................................................................... i i k s n m a K / n e n ü r G e D / 0 9 B © i »Die Situation ist extrem volatil. Schwer abzusehen, wie sich die konjunkturelle Lage entwickeln wird.« Mitarbeit in der Schülervertretung der Klosterschule und in der Fachschaft sowie dem Studierendenrat der Uni. Und andererseits strebte der in einem unterfränkischen Dorf aufgewachsenen Jun- ge früh hinaus – in der elften Klasse besuchte der Sohn einer Hauswirtschaftslehrerin und eines Arztes mit Hilfe des Parlamen- tarischen Patenschaftsprogramms eine Highschool im Mittleren Westen der USA. Nicht der einzige Aufenthalt damals in Amerika: Es folgten Studien am Beloit College und in Berkeley; weitere Sti- pendien in Japan und Russland komplettierten das Mosaik der Ausbildung in Wirtschaftswissenschaften samt Dissertation an der Universität Erfurt. Schäfer: „Das war immer der Reiz des Neuen. Ich wollte auch andere Bildungsstätten kennenlernen.“ Geraten Leute wie Schäfer in die Politik, arbeiten sie oft hinter den berühmten Kulissen. Organisieren und koordinieren, hecken Strategien aus und planen ihre Umsetzung. Nach vier Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Grünen-Abgeordneten wechselte Schäfer 2012 in die Landesverwaltung Baden-Würt- tembergs, arbeitete als Referent und Referatsleiter, unterbro- chen von der zwischenzeitlichen Aufgabe des Büroleiters von Cem Özdemir, als der 2017 Spitzenkandidat der Grünen bei den Bundestagswahlen war. Schäfer verhandelte auch in den Jamai- ka-Gesprächen mit, welche Lindner dann beendete. Ist er immer noch sauer auf den FDP-Parteichef? „Nun, das Aufgabenheft ist seitdem größer geworden“, sagt Schäfer mit Blick auf die Große Koalition, die von 2017 bis 2021 wirkte. Dann aber der Wechsel in die Legislative, vor die Kulissen. In Ess- lingen, wohin Schäfer mit seiner Familie gezogen war, kandidier- te er 2021 für den Bundestag, zog über die Landesliste ein. Im Bundestag ist er zuweilen an der Tischtennisplatte der Frakti- on zu sehen. „Ich hoffe, dass bald auch rote und gelbe Spieler sich zu uns trauen“, lächelt er. Auch Lindner? „Ach, der ist wohl mehr im Motorsport unterwegs. Aber willkommen ist er natürlich immer.“ Jan Rübel T