6 WIRTSCHAFT UND FINANZEN Das Parlament - Nr. 21-22 - 23. Mai 2022 Der Ausbau der erneuerba- ren Energien, die Sanie- rung von Straßen, die Di- gitalisierung der Behör- den – das dauert alles zu lange. Darüber ist man sich fraktionsübergreifend einig. Woran die Verzögerungen aber liegen und vor allem, wie man sie beheben kann, darüber gehen die Meinungen der im Bundestag vertrete- nen Fraktionen dann aber doch auseinan- der. Das wurde in der Debatte eines An- trags deutlich, den die CDU/CSU-Fraktion in der vergangenen Woche vorgelegt hatte und der am Donnerstag im Bundestag be- raten wurde. In dem Antrag (20/1854) „Planungs- und Genehmigungsverfahren weiter beschleu- nigen – Für Wohlstand, Versorgungssicher- heit und ökologischen Mehrwert“ fordern die Abgeordneten der Union mehr Tempo bei Planungs-, Genehmigungs- und Bau- verfahren. Man wolle mit „umfassenden und fortlaufenden Investitionen“ den „nachhaltigen Umbau hin zur Klimaneu- tralität, die Digitalisierung aller Lebensbe- reiche, den Erhalt und Ausbau der wirt- schaftlichen Leistungskraft sowie die Ver- sorgungssicherheit Deutschlands“ sicher- stellen. „Modernisierter Artenschutz“ Die Uni- onsfraktion schlägt in dem Antrag unter anderem vor, den Natur- und Artenschutz zu „modernisieren“, ein Punkt, an dem sich viele Redner der anderen Fraktionen abarbeiteten. Unter anderem solle sich der Bundestag für eine „eine zeitlich begrenzte Ausnahme von der Pflicht zur Umweltver- träglichkeitsprüfung für Großprojekte zur Stärkung der deutschen und europäischen Energieunabhängigkeit“ einsetzen. Zudem solle das naturschutzrechtliche Vermei- dungsverbot, durch das vermeidbare Be- einträchtigungen der Natur erst gar nicht erfolgen sollen, zu einer „Vorgabe, die in einem Abwägungsprozess auch überwun- den werden kann“ umgestaltet werden. Die Koalition arbeite mit Nachdruck an der Planungs- und Verfahrensbeschleuni- gung und da besonders am Ausbau der er- neuerbaren Energien, sagte Carsten Träger (SPD) bei der Debatte des Antrags. Diese Ziele stünden bereits im Koalitionsvertrag. Doch der Regierung sei wichtig, Verfahren zu beschleunigen, ohne dafür „das Recht zu schleifen“, wie es die Union mit ihren Vorschlägen zum Arten- und Naturschutz tue, sagte Träger. Einen Angriff auf den Artenschutz sieht auch die AfD. Andreas Bleck sagte im Ple- num, die Union positioniere sich mit dem Antrag völlig einseitig: Es gehe ihr nicht um Artenschutz, sondern um den schnelle- ren Ausbau von Windkraftanlagen. Die Vorschläge der Fraktion, den Ausbau der Windkraft und der Freiflächenphotovol- taik-Anlagen durch die Anpassung des Po- pulationsschutzes von Wildtieren voranzu- bringen, sei kein modernisierter, sondern ein „kastrierter Artenschutz“. Für die Union hatte Steffen Bilger zuvor den Antrag vorgestellt. Er sagte, die Heraus- forderungen, vor denen Deutschland mo- mentan stehe, seien „enorm“. „Wir brau- chen deshalb umfassende Investitionen - nicht irgendwann, sondern jetzt.“ Die Uni- on erkenne zwar an, dass sich etwas tue, aber das sei zu wenig, befand Bilger. Die Ampelregierung vertue unnötig Zeit mit Debatten darüber, was gute und was weni- ger gute Infrastruktur sei und die Bundesre- gierung handele nur auf sehr begrenzten Feldern. Neben der Anpassung der Regeln für den Natur- und Artenschutz will die Datenaustausch wird einfacher SANKTIONEN Die gegen Russland ver- hängten Sanktionen sollen in Deutschland effektiv durchgesetzt werden. Der Bundes- tag stimmte am Donnerstag dem von den Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP eingebrachten Entwurf eines ersten Geset- zes zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen (20/1740, 20/1892) zu. Für den Gesetzentwurf stimmten die Koaliti- onsfraktionen SPD, Grüne und FDP sowie die Fraktion Die Linke. Die CDU/CSU- Fraktion stimmte dagegen, die AfD-Frakti- on enthielt sich. Mit dem Gesetz sollen der Datenaustausch zwischen Bundes- und Länderebene ver- bessert sowie Möglichkeiten geschaffen werden, Vermögen zu ermitteln und Ver- mögensgegenstände bis zur Aufklärung der Eigentumsverhältnisse sicherzustellen. Sanktionierte Personen, die gegen die An- zeigepflicht ihrer Vermögen verstoßen, müssen mit Strafen bis zu einem Jahr Frei- heitsstrafe oder Geldstrafe rechnen. Außer- dem enthält der Entwurf Regelungen, um Konten, Schließfächer und Wertpapierde- pots von sanktionierten natürlichen Perso- nen und von Unternehmen in Deutsch- land ermitteln zu können. Abgelehnt wurde von den Koalitionsfrak- tionen sowie der AfD ein Antrag der CDU/ CSU (20/1726), die unter anderem ein Verbot der Barzahlung bei Immobilienkäu- fen und die Einrichtung einer Geldwäsche- verdachtsdatenbank, die vor Immobilien- transaktionen abgefragt werden müsse, ge- fordert hatte. Nur die CDU/CSU votierte dafür, die Linksfraktion enthielt sich. hle T Das soll alles schneller gehen PLANUNGSVERFAHREN Die Union will Bauvorhaben und Gerichtsprozesse beschleunigen, die anderen Fraktionen sorgen sich um die Rechtssicherheit Konkurrieren um den Luftraum: Rotmilan und Windkraftanlage © picture-alliance/Zoonar/SEIFERT BIRGIT Union das Planungs- und Genehmigungs- recht, Verwaltungsverfahren und das Ver- waltungsprozessrecht grundlegend überar- beitet sehen. Außerdem müssten sämtliche Akten und Urkunden digitalisiert werden, um „die behördenübergreifende Zusam- menarbeit zu verbessern“, heißt es in dem Antrag. „Effiziente Bürgerbeteiligung“ Auch die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger solle „effizienter“ werden. Es wird deshalb ein „Kompetenzzentrum Bürgerbeteiligung zur besseren Vermittlung zwischen staatli- chen und privaten Interessen“ gefordert. Die Union bewerte die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Planungsver- fahren als „Umsetzungsbremse“, kritisierte Christina-Johanna Schröder (Bündnis 90/ Die Grünen). Die Beteiligungsrechte sollen beschnitten werden und würden lediglich „mit ein bisschen Digitalisierung garniert“, sagte Schröder. Dass sich Planungen in Deutschland verzögerten, liege nicht an Bürgerinnen und Bürgern, sondern an feh- lendem Personal und mangelnder Ausstat- tung in den Behörden. Das sieht auch der Abgeordnete Klaus Ernst von der Fraktion Die Linke so: „Wir alle wollen schnellere Verfahren, aber wie kriegen wir das hin?“ Es brauche zualler- erst eine sichere finanzielle Ausstattung der Behörden, zudem müsse der Personalman- gel behoben werden. Doch den Mangel, den die Union nun beheben wolle, habe sie in den vergangenen Legislaturperioden durch einen „kaputtgesparten Staat“ selbst verursacht. „Recht nicht aufweichen“ Für Konstantin Kuhle (FDP) herrscht „im Prinzip“ eine große Einigkeit über die Dringlichkeit des Themas Planungsbeschleunigung. Mit dem LNG-Projekt (s. Text rechts) zeige die Am- pel, dass es möglich ist, zügig voranzukom- men. „Diese Kreativität und diesen Prag- matismus brauchen wir auch in anderen Bereichen.“ Doch das schnelle Vorankom- men müsse auch immer mit rechtsstaatli- chen Grundsätzen vereinbar sein, es dürfe nicht zu einer Aufweichung des Rechts kommen, sagte Kuhle. Im Anschluss an die rund einstündige De- batte wurde der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, AfD und Die Linke gegen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion abge- lehnt. Elena Müller T Streit über Getreideanbau auf Brachen LANDWIRTSCHAFT Union scheitert mit Antrag zur Nahrungsmittelversorgung Antrag abgelehnt, Streit schwelt weiter – so ließe sich der aktuelle Stand der Debatte umreißen, die seit Wochen über eine Aus- weitung der Getreideproduktion aufgrund der infolge des Ukrainekriegs drohenden Nahrungsmittelkrise geführt wird. Vergan- gene Woche war sie im Bundestag in eine neue Runde gegangen. Zwar scheiterte die Unions-Fraktion bei der Abstimmung mit ihrem Antrag (20/ 1336), in dem sie die Forderung nach Hil- fen für die Ukraine mit dem Drängen auf „krisenfesten Landwirtschaft“ ver- eine band: Der Bundestag, der die Vorlage zu- sammen mit einem AfD-Antrag zur Entlas- tung von Landwirten angesichts gestiege- ner Düngemittelpreise (20/1865) beraten hatte, wies sie entsprechend der Beschluss- empfehlung (20/1880) mit 410 zu 246 Stimmen ab. Enthaltungen gab es keine. Abkehr von Agrarreform Doch beendet ist die Diskussion damit nicht: Werden da- bei doch zentrale Ziele der lange heiß um- kämpften EU-Agrarreform infrage gestellt, die ab 2023 Subventionen teilweise an Umweltauflagen knüpft. Landwirte fordern angesichts von Weizenknappheit und ra- sant steigenden Preisen mehr Flächen für den Getreideanbau, um die heimische Ver- sorgung zu sichern und mehr Export zu er- möglichen. Im Blick haben sie dabei vor allem sogenannte ökologische Vorrangflä- chen. Die Union plädiert daher auch dafür, die Pflicht zur Stilllegung von vier Prozent der Ackerflächen aufzuheben – so wie es die EU-Kommission mit ihrem Aktions- programm zur Ernährungssicherung Ende März befristet erlaubt hat. Die „Zwangsstil- legung“ müsse gestoppt werden, forderte Dieter Stier (CDU) im Plenum. Mit dieser „einfachen Weichenstellung“ lasse sich die Krise zumindest mildern. Das Nein der Ampel werde sich als Hypothek erweisen. Noch deutlicher wurde Max Straubinger (CSU): Er bezichtigte die Bundesregierung, aus ideologischen Gründen nicht bereit zu sein, den Hunger in der Welt zu bekämp- fen. Dabei lasse sich durch die Nutzung von Freiflächen eine Million Tonnen Wei- zen zusätzlich produzieren, das seien zehn Prozent des Ausfalls, so Straubinger. Die Union kämpfe weiter dafür, dass die Stillle- gungspflicht im kommenden Jahr nicht y e s s o B l . H i / l e k n w k c i l b / e c n a i l l a - e r u t c i p © Getreideernte in Deutschland umgesetzt werde. Solche Vorwürfe wies An- ne Monika Spallek (Grüne) zurück: Exper- ten seien sich in einer Anhörung einig ge- wesen, dass Getreideanbau auf Brachflä- chen wenig bringe, sondern mehr schade. „Rolle rückwärts“ Die CDU/CSU-Frakti- on verlange eine „Rolle rückwärts“, als gäbe es keine „Biodiversitäts- und keine Klima- krise“, kritisierte die Grüne. Auch die bei- den anderen Koalitionsfraktionen äußerten sich ablehnend: Ingo Bodtke (FDP) ge- stand zwar ein, dass es mittel- und langfris- tig höhere Erträge auf begrenzten Ackerflä- chen brauche. Dennoch dürften Ertrags- steigerungen nicht zulasten der Umwelt ge- hen. Der Liberale sprach sich für die Nut- zung grüner Biotechnologie aus. Rita Hagl-Kehl (SPD) hingegen zerpflückte den Unions-Antrag Punkt für Punkt, um dann zu dem Schluss zu kommen: „Sie ha- ben das Ziel, globale Ernährungssicherheit mit Klimaschutz und Biodiversität unter ei- nen Hut zu bringen, total verfehlt.“ Dieses Argument teilte Ina Latendorf (Lin- ke), dennoch hielt sie den „Regierungen der letzten Jahrzehnte“ vor, mitverantwort- lich an der Krise der Welternährung zu sein: Aus „Profitgier“ seien regionale Ver- sorgungstrukturen zerstört worden. Nur die AfD befürwortete den Unions-An- trag. Einzig das Thema Dünger sei darin zu kurz gekommen, begründete Frank Rinck den Antrag seiner Fraktion. Es brauche ei- ne „intensive Landwirtschaft mit pflanzen- gerechtem Düngereinsatz – und keine Mangelversorgung“. sas T Beschleunigter Bau von LNG-Terminals PROTESTE Umweltverbände fürchten um ihre Rechte Die Anlagen sollen so gebaut werden, dass sie „wasserstoff- ready“ sind. Die Bundesregierung hat es eilig. Der Bun- destag macht Tempo: Am Donnerstag ver- gangener Woche verabschiedete das Parla- ment den Gesetzentwurf (20/1742) „zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases“ (LNGG) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und CDU/CSU; AfD und Linke enthielten sich. . Bereits im April hatte die Ampel-Koalition drei Milliarden Euro für die Anmietung von vier schwimmenden Flüssiggas-Termi- nals freigegeben, jetzt folgte das Beschleu- nigungsgesetz, dem am Freitag auch der Bundesrat zustimmte. Das Gesetz soll es ermöglichen, Flüssiggas- Terminals im Eilverfahren einzurichten. Bisher hat Deutschland kein eigenes LNG-Terminal. Das soll sich ändern. In Wilhelms- haven wurde jüngst der symbolische erste Ramm- schlag gesetzt. In Brunsbüt- tel ist ein ähnliches „Floa- ting Terminal“ geplant. Die schwim- provisorischen menden Terminals sollen ab 2025 durch feste Anla- gen an Land ersetzt wer- den. Geplant ist, dass die LNG-Anlagen so gebaut werden, dass sie „wasserstoffready“ sind, also nach der ökologischen Transfor- mation weiter nutzbar. Hintergrund des ganzen Vorhabens ist das Bestreben der Bundesregierung, nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine Deutschlands Abhängigkeit von russischen Energielieferungen - Kohle, Öl, Gas - schnellstmöglich zu verringern und sich für einen möglichen Lieferstopp Russlands zu wappnen. Die russischen Gas-Einfuhren sollen per- spektivisch ganz ersetzt werden – insge- samt rund 40 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Fürs erste aber geht es darum, schon bis zum kommenden Winter zwei LNG-Terminals in Deutschland errichtet zu haben, um damit Flüssiggas aus den USA oder Katar einführen zu können. Damit das in so vergleichsweise kurzer Zeit mög- lich wird, sieht das LNGG vor, bestimmte Verfahrensschritte bei der Genehmigung Forderung von Flüssiggas-Terminals zu umgehen. Da- bei geht es um Eingriffe in die sonst übli- chen Genehmigungsprozesse. So soll der Bau der Terminals und die Anbindung an das Gas-Leitungsnetz mit deutlich geringe- ren Auflagen verbunden sein, die sich an EU-Minimalstandards orientieren. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist bei den sogenannten Floating Terminals nicht mehr nötig. Fristen für die Bürgerbeteili- gung werden deutlich verkürzt. Das stößt nicht überall auf Beifall. Es gibt umwelt- und klimapolitische Be- denken: Zum Beispiel, weil im Fracking- Verfahren gewonnenes Gas eine schlechtere Umweltbi- lanz als Pipeline-Gas hat oder weil die Errichtung der Terminals die Schweinswale in der Nordsee gefährden könnte. Mancher von Umwelt- und Klimaverbän- den haben die Koalitions- fraktionen per Änderungs- antrag zum Gesetzentwurf noch vor der Abstimmung im Bundestag entsprochen. So sollen Ausnahmen von der Umweltverträglichkeitsprüfung nur für die zwei schon im Winter benötigten schwimmenden Terminals zulässig sein. Nicht dagegen für landseitige Terminals. Diese könnten erst mittelfristig genutzt werden, leisteten deshalb keinen relevan- ten Beitrag zur Energiesicherheit und soll- ten so auch nicht Gegenstand des Gesetzes sein, hatten die Verbände gefordert. Dieser Argumentation schlossen sich die SPD-, die Grünen- und die FDP-Fraktion an. Die Umweltverbände treiben aber auch grundsätzlichere Sorgen um. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sprechen von einem verheeren- den Regelwerk. Das Gesetz stelle grundle- gende Beteiligungsmöglichkeiten in Frage, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Besonders problematisch ist aus Sicht der Umwelthilfe, dass jahr- zehntelang erkämpfte Rechte völlig abge- schafft oder gekürzt würden. mis T Ambitionierte Ziele, schwer umzusetzen ERNEUERBARE ENERGIEN Anhörung zur EEG-Novelle Experten sehen bei den Maßnahmen für die Aus- bauziele Nach- besserungs- bedarf. Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminis- ter Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grü- nen) hat ein umfangreiches Gesetzespaket für eine Abkehr von fossilen Energien vor- gelegt. Statt aus Atom, Gas und Kohle soll schon bald nur noch Strom aus Wind, Sonne und Biomasse durch die deutschen Netze fließen. Bereits in zwölf Jahren soll dieses Ziel erreicht werden. Zu diesem Zweck sollen das Erneuerbare-Energien- Gesetz (EEG) neu gefasst und weitere Ge- setze aktualisiert werden. Bei der Anhörung im Ausschuss für Klima- schutz und Energie in der vergangenen Woche zollten Verbandsvertreter den ambi- tionierten Ausbauzielen für Wind- und Sonnenenergie ganz überwiegend Respekt; unterm Strich wurde aber auch deutlich, dass die Ex- perten bei den Maßnah- men zur Erreichung der Nachbesserungsbe- Ziele darf sehen. Grundlage der zweistündigen Anhörung war der „Entwurf eines Ge- zu Sofortmaßnah- setzes men für einen beschleunig- ten Ausbau der erneuerba- ren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsek- tor“ (20/1630) und das „Windenergie-auf-See-Ge- setz“ (10/1634). Was bemängelten die Experten? Kerstin Andreae (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, BDEW) wünschte sich noch mehr Beschleunigung von Planung und Genehmigung. Die Feststellung, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt, sollte auch für den Netzausbau gelten und in anderen Gesetzen festgeschrieben wer- den, um im Falle konkurrierender Interes- sen den Erneuerbaren Vorrang zu geben. Sebastian Bolay (Deutscher Industrie- und Handelskammertag, DIHK) forderte ein Ende der staatlichen Förderung bei Wind und Photovoltaik. Auch Andreas Kuhl- mann (Deutsche Energie-Agentur, Dena) warb für eine Stärkung marktnaher, nach- fragegetriebener innovativer Ge- schäftsmodelle. Für mehr Akzeptanz der Bevölkerung ge- genüber der Errichtung von Windrädern und der Installation von Solaranlagen hält Finn-Christopher Brüning (Deutscher Städ- te- und Gemeindebund, DStGB) eine ver- und pflichtende finanzielle Beteiligung der Kommunen für sinnvoll. Ingbert Liebing (Verband kommunaler Unternehmen - VKU) hält die Ausbauziele nur für erreich- bar, wenn zum Beispiel Solarenergie auf Dächern attraktiver gemacht würde, vor al- lem durch eine erweiterte und verbesserte Mieterstromförderung. Aktuell seien ge- werblich genutzte Gebäude von der Mieter- stromförderung ausgeschlossen. Das sei nicht zielführend. Während Sandra Rostek (Bundesverband Erneuerbare Energie, BEE) konstatierte, dass mit dem Kompromiss zum naturver- träglichen Ausbau drastische neue Hürden für die Windenergie zu entstehen drohten, forderte Magnus J. K. Wessel (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, BUND), re- gelmäßig im Gesetzestext klarzustellen, dass Energie- erzeugungs-Anlagen nur naturverträglich zulässig und förderfähig seien. Stefan Thimm (Bundesver- band der Windparkbetrei- ber Offshore, BWO) kriti- sierte, das EEG werde nicht den und nicht der Rolle der Off- shore-Energien internatio- nal gerecht – denn global gebe es einen Wettkampf um Investoren, und die brauchten Rechtssicherheit und Verlässlichkeit. Diese biete der Gesetzent- wurf aber nicht. Frank Hennig, Diplomingenieur für Kraft- werksanlagen und Energieumwandlung, war es vorbehalten, grundsätzlich zu wer- den und mit dem Gesetzentwurf und sei- nen Machern hart ins Gericht zu gehen. Die Präambel der EEG-Novelle beziehe sich auf das 1,5-Grad-Ziel, nach dem Deutsch- land seine „gesamte Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik“ ausrichte. Das kollidiere mit dem Paragrafen 1 des Energiewirt- schaftsgesetzes, das eine „möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effi- ziente und umweltverträgliche“ Versorgung als Ziel vorgibt, sagte Hennig. Die Tatsache, dass der Begriff der Versorgungssicherheit in der EEG-Novelle ganze zweimal vorkom- me, zeige ein „massives Unverständnis der Funktionsweise des Stromversorgungssys- tems hinsichtlich der notwendigen Gleich- zeitigkeit von Stromerzeugung und -ver- brauch“. Michael Schmidt T Ausbauzielen