2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 30-31 - 25. Juli 2022 GASTKOMMENTARE KÖNNEN WIR UNS NOCH LEISTEN ZU REISEN? Eine Frage der Dosis PRO »Angebot bricht weg« ANJA KARLICZEK Die Hotel- Fachfrau und Tourismus-Expertin der Union über fehlendes Personal, mangelnde Vernetzung und Nachhaltigkeit als Vorteil Das hat vielfältige Gründe. Viele beginnen eine gastronomische Ausbildung, weil sie nichts anderes gefunden haben. Dann merken sie, dass das vielleicht nicht sofort der Traumjob ist. Wenn sie dann noch et- was anderes finden, von dem sie eher glau- ben, dass es den Wünschen entspricht, dann hören sie auf. Das müssen wir versu- chen zu vermeiden. Ich habe ja bereits von der manchmal fehlenden Wertschätzung für diese Berufe gesprochen. Wenn wir die- se wieder den jungen Menschen entgegen- bringen, dann werden wir auch mehr Be- werber finden. Ein Thema, das bei den ganzen Kri- sen momentan in den Hintergrund tritt, auch im Tourismus, ist der Klimaschutz und die Nachhaltigkeit. Wo kann die Branche ansetzen? Zum einen ist Naturtourismus ein Riesen- faktor geworden. Ich wohne zum Beispiel an einem Wanderweg. Ich sehe dort über- wiegend junge Leute, weniger ältere Men- schen. Da hat sich unheimlich was entwi- ckelt. Auch in einem anderen Bereich ist das Thema Nachhaltigkeit angekommen. Aufgrund der gestiegenen Energiepreise sind Unternehmen wie Hotels, Restaurants oder auch der Flugverkehr quasi gezwun- gen, den Verbrauch zu senken, da sie die Kosten nicht eins zu eins auf den Besucher und den Gast umlegen können. Ich bin da aber gar nicht negativ, da viele Unterneh- mer schon früher begonnen haben, ihre Betriebe umwelt- und klimafreundlich um- zurüsten. Das Thema Nachhaltigkeit ist an- gekommen und es ist ein Wettbewerbsfak- tor. Für wie sinnvoll halten Sie Siegel, um Reisenden, die nach nachhaltigen An- geboten suchen, noch stärker Orientie- rung zu bieten? Man sollte an der Zertifizierung ansetzen, die es heute schon gibt. Also bewährte La- bel um den Punkt Nachhaltigkeit erwei- tern. Denn genau das ist das Problem: Dass wir immer etwas Neues schaffen, statt an das anzuknüpfen, was bereits da ist. Apropos Übersichtlichkeit: Die fehlt momentan an den deutschen Flughäfen. Was ist da falsch gelaufen? Natürlich tragen auch die Airlines eine Ver- antwortung. Sie haben die Situation mas- siv unterschätzt. Aber gerade in den Sicher- heitsbereichen ist die öffentliche Hand zu- ständig. An der Stelle muss man sich schon mal an die eigene Nase fassen: Über die Airlines schimpfen ist zu wenig. Die Bun- despolizei hätte sich auch besser aufstellen müssen. Es ist ein bisschen wohlfeil, da an- deren die Schuld zuzuschieben. Reisebüros und Gewerkschaften haben schon im letz- ten Jahr vor den Personalengpässen ge- warnt. Niemand hat darauf reagiert. Die zweite Warnung gab es ja zu Ostern. Spä- testens dann hätte die Bundesregierung an Lösungen arbeiten müssen, langfristigen wie kurzfristigen. Da ist viel zu viel Zeit vertrödelt worden. Irgendwann hätte man da mal wachwerden und an Lösungen ar- beiten müssen. Ich glaube nicht, dass die 2.000 Arbeitskräfte aus der Türkei, die nun zu uns an die Flughäfen kommen, vor En- de August anfangen können. Wir brauchen einen Flug-Gipfel, bei dem langfristige Lö- sungen erarbeitet werden. Außerdem brau- chen wir den kurzfristigen Einsatz von Kräften der Bundespolizei, die an anderen Stellen aktuell nicht benötigt werden. Zu- dem muss die Zusammenarbeit der betei- ligten Stellen mit den Jobcentern verbessert werden. Das Gespräch führte Elena Müller.T r e p p ö K s i r I l © Michael Pohl, »Redaktionsnetzwerk Deutschland«, Hannover h t a r o M r a m g a D © Waltraud Schwab, »die tageszeitung«, Berlin an R eisen stellt uns in diesem Sommer vor nie geahnte Herausforderungen – Re- kordwarteschlangen Flughäfen, verspätetes Gepäck, horrende Miet- wagenpreise, dazu die stets mitschwingende Fra- ge: Was passiert, wenn ich mich im Urlaub mit Co- rona infiziere? Und überhaupt: Sollte man aus Gründen des Klimaschutzes nicht ohnehin besser aufs Reisen verzichten? Das wäre fatal. Wer die Welt verstehen will, muss sie selbst erle- ben. Vorurteile lassen sich am besten vor Ort ab- bauen. Und mehr noch: Um das eigene Umfeld zu Hause gedanklich durchdringen zu können, ist es unerlässlich, auch andere Gegenden zu kennen. Selbst wenn die Eindrücke im Urlaub oftmals noch so banal sein mögen – wir lernen am meisten von dem, was wir zuvor nie vermisst haben. Ein Ver- zicht aufs Reisen, wie während der Corona-Shut- downs, verändert Menschen. Und dies nicht zum Positiven. Die Frage der Stunde muss vielmehr sein, wie Kli- maschutz und Tourismus in eine vernünftige Ba- lance zu bringen sind. Gar nicht zu reisen mag ei- nes der wirksameren Mittel gegen den Klimawan- del sein. Es würde aber Probleme in anderen Be- reichen der Gesellschaft schaffen. Und es wäre – hoffentlich – zumindest in Europa utopisch. Durchsetzen sollte sich vielmehr die Erkenntnis, dass etwa der Wochenendtrip nach New York ganz sicher nicht mit dem Klimaschutz vereinbar ist und dass die Bahn zumindest auf Inlandsstrecken oft- mals die sinnvollere Alternative zu Flugzeug und Auto darstellt. Wichtig ist aber auch, selbst bei Fernreisen kein zu schlechtes Gewissen haben zu müssen – es kommt vielmehr auf die Dosierung an. Länger reisen, bewusster, dafür seltener: Diese Formel könnte ein Anfang sein. Check-Ins sind ein gutes Zeichen. Das Tamtam darüber ist indes das letzte Aufbäumen einer verwöhnten Gesell- schaft. Ein Flug nach London – tausend Euro – ein Skandal! Als wäre ein Recht auf billiges Fliegen in Gefahr. Alle fragen: Wie konnte es so weit kom- men? Niemand fragt: Warum sollten Flugreisende ein Anrecht darauf haben, keinen klimagerechten Preis zu bezahlen und nicht warten zu müssen? Über die immer länger werdenden Schlangen der Hungrigen vor den Ausgabestellen der Tafeln gibt es keinen Aufschrei. Was ist wichtiger: nicht zu hungern oder nicht fliegen zu können? Reisen ist dank der Reise-, der Flug-, der Touris- musbranche verkommen. Alles soll billig sein. Das Erlebnis ist reduziert auf blauen Himmel und eine Liege am Strand. Was früher die Schönheit einer Gegend ausgemacht hat, sind nun Ferienanlagen. Der Dreck rechts und links des Hotels wird überse- hen. Wie überhaupt der Dreck des Reisens egal ist. Urlaub ist reduziert auf Konsum. Was konsumiert wird, geben Hotelketten und Investmentfonds vor. Nein, wir können uns das Reisen nicht mehr leis- ten. Bevor jemand ein Ticket für eine Pauschalreise kauft, soll er/sie/es eine Prüfung in Wahrnehmung machen. Stellen Sie sich eine Stunde in einen Wald und schreiben Sie dann einen Aufsatz: Was ich im Wald gesehen habe. Stellen Sie sich eine Stunde auf eine Wiese und schreiben dann einen Aufsatz: Was ich auf der Wiese gesehen habe. Der Aufsatz muss zehn Seiten lang sein. Solange Sie keine zehn Seiten schaffen, besteigen Sie kein Flugzeug. Denn erst wenn Sie sehen lernen, kapieren Sie, was im Begriff ist, für immer verloren zu gehen: die Sinnesreise nämlich. Mehr zum Thema der Woche auf den Seiten 1 bis 12 Kontakt: gastautor.das-parlament@bundestag.de Auf Konsum reduziert CONTRA Die Schlangen an den Flughafen- Frau Karliczek, zunächst einmal die Frage: Wohin führt Sie ihr nächster Ur- laub? In die Berge. Und wir fahren mit dem Au- to, sicher ist sicher… Bleibt einem gerade ja auch fast nichts anderes übrig. Ja, es herrscht gerade ein ganz schönes Durcheinander… Natürlich geht ein Teil auf die Corona-Pandemie zurück. Aber auch darauf, dass es sehr schwer ist, genü- gend Leute zum Arbeiten zu finden. Der Mangel an Arbeitskräften hat sich ja gerade nochmal massiv verstärkt. Bis vor Corona galt eine Arbeit im Tourismus als ein Beruf mit Jobgarantie. Das war eine boomende Branche. Egal wo man hinschaute, es wuchs alles, es wurde immer besser. Jetzt merken wir, dass es auch Risiken gibt, die auch für diese Branche nicht sofort zu be- wältigen sind. Ihre Familie führt ein Hotel in Broch- terbeck. Können Sie aus erster Hand be- richten, wie es in der Branche gerade aussieht? Da kommt jetzt nach der Pandemie, mit dem Ukraine-Krieg und der Inflation wirk- lich eins zum anderen. In den Bereichen, in denen es schon vor der Pandemie viel touristischen Verkehr gab, ist es wieder gut angelaufen. Die Menschen wollen raus, sich erholen nach den anstrengenden Mo- naten. Da ist der Mitarbeitermangel das größte Problem – auch, weil immer noch viele Mitarbeiter durch eine Corona-Infek- tion ausfallen. Ein weiteres Problem ist, dass die Menschen wegen der steigenden Preise sich schon einmal mehr überlegen, was sie sich leisten wollen und können und was nicht. Unter diesen Umständen wird Ur- laub schnell zum Luxus. Wird Reisen im- mer mehr zum Hobby für Menschen mit Geld? Wir müssen die gesamte Palette des Ange- bots betrachten. Zum Beispiel bieten Fami- lienferienstätten viele attraktive und preis- werte Möglichkeiten. Aber natürlich muss die Angebotsmenge auch zur Nachfrage passen, wie zum Beispiel auf den Cam- pingplätzen. Bis jetzt waren wir immer auf dem aufsteigenden Ast, es wurde alles im- mer qualitativ besser und am Ende ein bisschen teurer. Jetzt ist die Situation eine ganz andere, das Angebot muss zur Nach- frage passen. Viel größer ist glaube ich das Problem, dass uns das Angebot in weiten Teilen wegbricht. Wo muss die Politik da eingreifen? Wir brauchen eine bessere Vernetzung und Organisation. Es ist alles sehr klein- teilig organisiert, zum Beispiel im Bereich Verkehr. Das kann man mit Hilfe digitaler Angebote auf eine neue Ebene heben. So kann man beispielsweise Besucherströme besser lenken oder Angebot und Nachfra- ge schneller zusammenbringen. Wichtig ist, dass die Regionen ein durchgängiges Angebot anbieten, zum Beispiel bei der Versorgung oder den Wanderrouten. Bei diesen niedrigschwelligen Angeboten, die aber im Alltag und in den Ferien beson- ders spürbar sind, ist in den vergangenen Jahren zu viel weggebrochen. Um das zu beheben, muss man sich besser vernet- zen. Dies hilft, dass Wanderer oder Rad- touristen schneller das für sie passende Angebot finden. Und die Digitalisierung hilft, dass die Anbieter besser erfahren, zu welchen Zeiten sie ihre Dienstleistungen anbieten. Nehmen wir an, die Angebote wären prinzipiell da – es fehlt ja aber an allen Ecken und Enden an Menschen, die die Arbeit machen. Wie kann man wieder mehr Arbeitskräfte für die Branche ge- winnen? © Sabine Braungart zweite ist, dass wir klar machen müssen, dass es im Tourismus hochattraktive Ar- beitsfelder mit vielfältigen persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten Ich wünschte mir, dass dies mehr in den Mit- telpunkt der Debatte rückt – genau wie die- se Berufe einfach mehr Wertschätzung ver- dienen. gibt. Wir brauchen mehr Flexibilität im Bereich der Arbeitszeit. Man darf ja nach gelten- dem Recht maximal zehn Stunden pro Tag arbeiten. Manche Mitarbeiter – nicht nur in der Gastronomie – würden lieber an vier Tagen ein oder zwei Stunden mehr arbei- ten und damit eine Vollzeitstelle an vier Tagen abdecken. Es geht hier auch nicht darum, endlos zu arbeiten, sondern die Möglichkeit zu schaffen, dass jemand seine Ruhezeiten so planen kann, wie er das braucht. Es geht nicht um Verdichtung von Arbeit, sondern um mehr Flexibilität. Das Wo es auch besonders fehlt, ist der Nachwuchs: Fast die Hälfte der Azubis in der Gastronomie bricht die Ausbildung ab. Anja Karliczek ist tourismuspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion. Die ehemalige Bundesministerin für Bildung und Forschung sitzt seit 2013 im Bundestag. Herausgeber Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Fotos Stephan Roters Mit der ständigen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte ISSN 0479-611 x (verantwortlich: Bundeszentrale für politische Bildung) Anschrift der Redaktion (außer Beilage) Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon (0 30) 2 27-3 05 15 Telefax (0 30) 2 27-3 65 24 Internet: http://www.das-parlament.de E-Mail: redaktion.das-parlament@ bundestag.de Chefredakteur Christian Zentner (cz) V.i.S.d.P. 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Juli 2022 Druck und Layout Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH & Co. KG Kurhessenstraße 4– 6 64546 Mörfelden-Walldorf Leserservice/Abonnement Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 32 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 32 E-Mail: fazit-com@cover-services.de Anzeigenverkauf, Anzeigenverwaltung, Disposition Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 36 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 36 E-Mail: fazit-com-anzeigen@cover-services.de „Das Parlament“ ist Mitglied der Informationsgesellschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW) Für die Herstellung der Wochenzeitung „Das Parlament“ wird Recycling-Papier verwendet. PARLAMENTARISCHES PROFIL Der Fachmann: Stefan Zierke Z um Tourismus kam Stefan Zierke, weil er damit den Leuten Freude verkaufen konnte. Das ist über 30 Jah- re her, nun ist er tourismuspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und kümmert sich um das, was er Rahmenbedingungen für eine Branche nennt, von der er sagt: „Der Tourismus hat es eh schon schwer, da muss man es ihm nicht noch schwerer machen.“ Es ist Donnerstagnachmittag, er ruft kurz aus seinem Büro an, gleich gehen die Beratungen im Plenarsaal weiter. Zierke ver- steht sich als Fürsprecher eines nachhaltigen Tourismus in Deutschland. Grenzen im „Fremdenverkehr“ sieht er vor allem auf der sozialen Ebene. „Die Gehälter sind zu niedrig“, sagt er. „Da ist ein Fachkräftemangel vorprogrammiert.“ Zierke, 51, for- dert Bezahlungen, die über dem Mindestlohn liegen. Mehr Bedeutung solle der Tourismus an sich in der Bundespoli- tik bekommen, sagt er. „Mit rund vier Prozent des Bruttoin- landsprodukts trägt Tourismus mehr bei als der Maschinenbau. Aber wer hat die größere politische Vertretung und Sichtbar- keit?“ Gerechtigkeit hatte den gebürtigen Prenzlauer einst in die SPD gebracht. „In meiner Familie, in meinem Freundesum- feld, da haben eigentlich alle irgendwie sozialdemokratisch ge- tickt“, erinnert er sich. „Es sollte nach 1989 nicht nur Gewinner und Verlierer geben, sondern alle sollten vom neuen System profitieren.“ Eingetreten ist er indes erst 2008, da war er 37. In der DDR hatte er nach der Schule eine Lehre zum Werkzeugma- cher abgeschlossen, begann 1990 mit dem Wehrdienst noch in der NVA und beendete ihn in der Bundeswehr. Und dann? „Bankkaufmann war nicht meins“, erinnert er sich, dann kam die Idee mit dem Verkaufen von Freude. Es folgte die Ausbil- dung zum Reiseverkehrskaufmann, er leitete die Vollreisebüros der Volksbank Uckermark in Templin und in Prenzlau, „in der Uckermark sah ich von Beginn an Potenzial“, sagt er, „unsere Marke ist, dass wir ein ländlicher Raum sind, wie man ihn sich vorstellt“ – mit den Berlinern, die so gern rausfahren. ..................................................................................................................................................... s s e r p o t o F - r e l s i e G / a p © »Der Tourismus hat es ohnehin schon schwer, da muss man es ihm nicht noch schwerer machen.« Danach die Weiterbildung zum Touristikfachwirt, 2003 über- nahm Zierke die Geschäftsführung des Tourismusverbandes Uckermark, eine Region, in der vieles von der Branche abhängt. Das rückte ihn auch mehr in die Sphären der Politik hinein. Als Sachverständiger sprach er öfters vor der Stadtverordnetenver- sammlung von Prenzlau und merkte dann, „dass die Politiker aus nicht sachlichen Gründen anders handelten, als man ihnen empfahl“. Die Konsequenz: Wenn, so dachte sich Zierke, Du et- was verändern willst, musst Du dorthin, wo gestaltet wird. Also der Eintritt in die SPD, in der er zügig Verantwortung über- nahm, „man kannte mich ja in der Uckermark“. Aus der Region habe er von Beginn an Unterstützung erfahren, sagt er. Doch das Direktmandat für den Bundestag im Wahlkreis Ucker- mark Barnim I errang er erst 2021; 2013 und 2017 zog er über die Landesliste ein. Denn schon kurz nach seiner Mitgliedschaft in der SPD war er in die Stadtverordnetenversammlung einge- zogen, wurde bald darauf Fraktionsvorsitzender. Ein Jahr nach seinem Bundestagsmandat wurde er in den Kreistag gewählt, die Verbundenheit mit der Region verfestigte sich formell. „Das Direktmandat 2021 gab noch einmal einen Ruck, damit zeigte sich, dass es sich lohnt, zu kämpfen“, sagt er. „Es ist auch ein Stück mehr Verantwortung für die Region.“ Region, dieses Wort benutzt er oft. 2018 gab es einen kurzen Ausflug weg von der Tourismuspoli- tik, da ernannte ihn das Kabinett Merkel IV zum Parlamentari- schen Staatssekretär im Bundesministerium für Familien, Senio- ren, Frauen und Jugend – bis zum Ende der Großen Koalition und der Übergabe des Ressorts an die Grünen. Nun also wieder zurück zu den Kernthemen. Dass der Gesetz- geber bei der Digitalisierung hinterherlaufe, wurme ihn, so Zier- ke. Und wo sieht er sich in zehn Jahren? Zierke lacht laut auf. „Auf jeden Fall auch im Urlaub, mit meiner Frau auf einem Campingplatz in Italien.“ Jan Rübel T