2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 40-41 - 04. Oktober 2022 GASTKOMMENTARE IP-ADRESSEN SPEICHERN? Besser als der Zufall PRO t a v i r P © Helene Bubrowski, »Frankfurter Allgemeine Zeitung« g n u t i e Z r e n i l r e B / g n i l ö r F i e k M © Markus Decker, Redaktionsnetzwerk Deutschland Seit mehr als 15 Jahren streitet die Politik über die Vorratsdatenspeicherung. In die- ser Frage zeigt sich das Spannungsverhält- nis von Freiheit und Sicherheit wie unter einem Brennglas: Darf man die Daten aller Bürger speichern, weil die Polizei einen Teil davon zur Strafverfolgung braucht? Der Europäische Ge- richtshof hat nun klargemacht, dass das keine Fra- ge von Ja oder Nein ist, sondern von welche und wie lange. Er hat verschiedene rechtssichere Wege aufgezeigt. Einer davon: die allgemeine Speiche- rung von IP-Adressen für eine begrenzte Zeit. IP-Adressen geben Rückschluss darauf, über wel- ches Gerät Internetaktivitäten gelaufen sind. Sie werden bei jeder Einwahl neu vergeben. Für Er- mittler sind sie oft der einzige Ansatzpunkt, um Straftaten im Internet aufzuklären, aber derzeit hängt es vom Zufall ab, ob die Adresse noch ei- nem Anschluss zugeordnet werden kann. Im Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpor- nographie ist die Anzahl der Verfahren, in denen mangels gespeicherter IP-Adresse kein Täter er- mittelt werden konnte, wegen verbesserter Koope- ration der Behörden gesunken. Es bleiben aber mehr als 2.000 Verbrechen pro Jahr, die deshalb ungesühnt bleiben. Die Bedeutung von IP-Adres- sen im Kampf gegen Extremismus steht weniger im Fokus, obwohl sie da sehr hilfreich wären. Das zeigt der Terroranschlag von Hanau: Der Täter hat- te auf seiner Internetseite rassistischen Hass ver- breitet, es gab 500 Zugriffe vor der Tat. Es ist nicht mehr zu ermitteln, ob das Mitglieder eines rechts- extremem Netzwerks waren. Datenschutz hat zurecht einen hohen Stellenwert, aber er gilt nicht absolut. Ohne die Speicherung von IP-Adressen zahlt die Gesellschaft an anderer Stelle einen Preis, der zu hoch ist. die Vorratsdatenspeicherung. Seit bald zwei Jahrzehnten for- dern Bundesinnenminister ihre Einführung, während Bundesjustizminister eben diese ablehnen. Dazwischen liegen zahlreiche Ge- richtsurteile. Zwar hat der Europäische Gerichtshof nun zumindest die Speicherung von IP-Adressen erlaubt, doch besteht kein zwingender Grund, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Zunächst würde diese Speicherung den Hauptein- wand gegen die Vorratsdatenspeicherung ja be- stätigen: dass nämlich die Daten aller Bürger er- fasst würden, um den schweren kriminellen Hand- lungen einer kleinen Minderheit auf die Spur zu kommen. Überdies ist diese Speicherung gar nicht nötig. Denn wie Justizminister Marco Buschmann (FDP) ausführt, kann die große Mehrheit aller ein- schlägigen Hinweise auf sexuelle Gewalt etwa aus den USA schon heute auch ohne Vorratsdatenspei- cherung ausermittelt werden. Und schließlich blie- be der Verdacht im Raum, dass die Speicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung schwerer Krimi- nalität nur das Einfallstor wäre für die Bekämp- fung aller potenziell rechtswidrigen Handlungen. Buschmann hat Recht: Es gibt eine Alternative – die „Quick Freeze“-Methode, bei der einschlägi- ge Daten erst gespeichert werden, wenn ein kon- kreter Verdacht im Raum steht und ein Richter zu- stimmt. Dann könnten auch Standort- und Verbin- dungsdaten gespeichert werden, nicht allein IP- Adressen. Dies wäre also nicht nur grundrechts- schonender, sondern womöglich sogar effektiver. Deutschland sollte deshalb diesen Weg beschrei- ten – und den Streit um die Vorratsdatenspeiche- rung endlich zu den Akten legen. Mehr zum Thema der Woche auf den Seiten 1 bis 3. Kontakt: gastautor.das-parlament@bundestag.de Alternative nutzen CONTRA W enig ist so alt wie der Streit um Herausgeber Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Fotos Stephan Roters Mit der ständigen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte ISSN 0479-611 x (verantwortlich: Bundeszentrale für politische Bildung) Anschrift der Redaktion (außer Beilage) Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon (0 30) 2 27-3 05 15 Telefax (0 30) 2 27-3 65 24 Internet: http://www.das-parlament.de E-Mail: redaktion.das-parlament@ bundestag.de Chefredakteur Christian Zentner (cz) V.i.S.d.P. 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September 2022 Druck und Layout Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH & Co. KG Kurhessenstraße 4– 6 64546 Mörfelden-Walldorf Leserservice/Abonnement Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 32 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 32 E-Mail: fazit-com@cover-services.de Anzeigenverkauf, Anzeigenverwaltung, Disposition Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 36 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 36 E-Mail: fazit-com-anzeigen@cover-services.de „Das Parlament“ ist Mitglied der Informationsgesellschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW) Für die Herstellung der Wochenzeitung „Das Parlament“ wird Recycling-Papier verwendet. »Vom Urteil gedeckt« LARS CASTELLUCCI Der SPD- Innenpolitiker spricht sich für die Speicherung von IP-Daten aus, um schwere Kriminalität zu verfolgen Herr Castellucci, der Europäische Gerichtshof hat jüngst die ohnehin ausgesetzte deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung abgeräumt und für europarechtswidrig erklärt. Wie bewerten Sie das Urteil? Das ist ein gutes Urteil. Es ist zu res- pektieren, dass die allgemeine und un- terschiedslose Speicherung von Ver- kehrs- und Standortdaten nicht mög- lich sein soll. Das Verhältnis von Frei- heit und Sicherheit muss in der Balan- ce bleiben. Das ist mit der alten Geset- zeslage nicht gelungen und das war auch absehbar. Jetzt haben wir Klarheit durch das EuGH-Urteil und können neu in die Gesetzgebung einsteigen. Mit dem Urteil hat der Gerichts- hof Spielräume für die Speicherung von Daten hervorgehoben. Aktuell wird in der Politik vor allem über die Möglichkeit, anlasslos Daten zu IP-Adressen zur Bekämpfung von Kri- minalität zu speichern, diskutiert. Die Union fordert das, Bundesinnen- ministerin Nancy Faeser (SPD) hat Sympathien für dieses Vorgehen, Bundesjustizminister Marco Busch- mann (FDP) nicht. Wie stehen Sie dazu? Ich halte eine Speicherung von IP- Adressen für einen eng begrenzten Zeitraum für vertretbar. Wir müssen dann klar regeln, dass der Zugriff auf diese Daten nur erfolgen kann, wenn es dafür einen Anlass gibt, also wenn es sich um eine schwere Straftat han- delt, und wenn ein Richter zustimmt. Ich finde, bei schweren Straftaten ste- hen wir fast schon unter Zwang, zu sa- gen: Wir tun alles, damit Aufklärung möglich ist. Was meinen Sie damit konkret? Wir beobachten zum Beispiel einen deutlichen Anstieg der Delikte im Be- reich der sexualisierten Gewalt gegen Kinder im Netz. Da muss die Frage be- antwortet werden, warum wir in dem Bereich nicht aufgeklärte Falle haben, die eigentlich aufgeklärt werden könn- ten, wenn man dieses Instrument nut- zen würde. Dann muss entweder eine Alternative benannt werden, die auch tragfähig ist und zu Ergebnissen führt. Oder man muss halt sagen, dass der Schutz der Freiheitsrechte höher ge- wichtet wird als das Leid der Men- schen, das wir eigentlich verhindern oder mindestens aufklären könnten. Da entscheide ich mich wie Ministerin Faeser dafür, den Sicherheitsbehörden solche Instrumente an die Hand zu ge- ben. Welche Rolle spielen denn IP- Adressen bei den Ermittlungen in diesem Bereich? Aus den Vereinigten Staaten bekom- men unsere Behörden beispielsweise vom „National Center for Missing & Exploited Children“ regelmäßig und ansteigend Hinweise auf mögliche Straftaten vor allem im Bereich der Kinderpornographie. In diesem Jahr könnten es erstmals über 100.000 Hin- weise sein. Dazu gibt es in der Regel IP-Adressen, die unsere Behörden in die Lage versetzen, entsprechende Er- mittlungen aufzunehmen. Wir können nicht ausländische Dienste angewiesen bleiben, bei denen uns dann egal ist, wie die zu ihren Da- ten kommen. dauerhaft auf diese Das setzt voraus, dass die Ermitt- lungsbehörden IP-Adressen auch einem Anschluss oder Gerät zu- geordnet können... Genau, im Moment haben wir da eine ungeregelte Situation. Telekommuni- © Deutscher Bundestag/Stella von Saldern kationsanbieter gehen bei der Speiche- rung von IP-Adressen unterschiedlich vor. Mittlerweile gibt es Anbieter, die überhaupt keine IP-Adressen mehr speichern, weil es für ihre Prozesse, et- wa die Abrechnung, nicht mehr nötig ist. Daran sieht man, dass die techni- sche Entwicklung weitergeht. Darum müssen wir uns immer wieder neu an- schauen, was gesetzlich notwendig ist. Was entgegnen Sie Kritikerinnen und Kritikern dieser Idee, etwa bei D64, einem der SPD nahestehenden di- gitalpolitischen Verein? Dort wird die „Massenüberwa- IP-Speicherung chung“ abgelehnt – und gezieltere In- strumente wie die Login-Falle gefordert. als Das sind alles hochrelevante Beiträge in einer Diskussion, in der man zu ei- ner Abwägung kommen muss. Aber auch bei der Login-Falle soll zu einem bestimmten Zeitpunkt eine automati- sierte Übertragung der IP-Adresse statt- finden. Wenn die aber gar nicht gespei- chert wird, dann wird auch die Login- Falle nicht funktionieren. Das würde dann aber gegen das im Koalitionsvertrag vorgesehene und vom Justizminister vorgeschlage- ne „Quick Freeze“-Verfahren spre- chen, bei dem die Verbindungsdaten beim Vorliegen eines konkretem An- lasses sozusagen „eingefroren“ wer- den sollen, bevor sie gelöscht wer- den. Auch da müssten die Daten, die einge- froren werden sollen, erstmal vorhan- den seien. Und es ist schon jetzt mög- lich, sich mit richterlichem Beschluss anlassbezogen die Daten von einem Internetprovider geben zu lassen. Quick Freeze ist nur eine Verbesserung, wenn es wirklich schnell geht und auch dann im Nutzen aus meiner Sicht begrenzt. Das klingt so, als wäre für Sie die IP-Speicherung keine Ergänzung, sondern eine Alternative zu „Quick Freeze“. Nein, ich würde diese Instrumente erstmal in den Raum stellen und dann fragen, was kommt in welchem Fall in Betracht und unter welchen Bedingun- gen. Wir werden das Thema in der Ko- alition absehbar sehr streitig diskutie- ren. Ich sage aber klar: Das EuGH-Ur- teil hat zwar die bisherige Regelung eingestampft. Die Vorschläge zur Spei- cherung von IP-Adressen sind aber ge- nau von diesem Urteil gedeckt. Deswe- gen ist es auch berechtigt, jetzt darüber zu sprechen und auszuloten, ob wir uns dazu durchringen können. Wie groß ist aus ihrer Sicht der Handlungsdruck? Muss nun schnell ein Gesetzentwurf kommen oder soll- te erst die im Koalitionsvertrag ange- kündigte „Überwachungsgesamtrech- nung“ abgewartet werden? Es gibt den unmittelbaren Druck von steigenden Deliktzahlen, das halte ich für relevant. Überwachungsgesamt- rechnung ist ohnehin nicht meine Be- grifflichkeit. Das hört sich für mich nach Überwachungsstaat an, den man nun bilanzieren müsste. Wir leben aber nicht in einem Überwachungs- staat, sondern in einem der freiesten Länder der Welt. Und diese Freiheit muss man auch schützen. Ich glaube, wir haben ein sehr hohes Schutzniveau der Privatsphäre. Dafür sollten wir auch weltweit Werbung machen. Muss, ganz allgemein gefragt, der freiheitliche Staat damit leben, dass es digitale Räume und Kanäle gibt, die durch technische Gegebenheiten wie etwa Verschlüsselung so gesichert sind, dass es schlicht keinen Zugriff für Ermittler gibt? Was stimmt, und das ist in der Frage enthalten, ist, dass wir tendenziell hin- terherhinken. Wir müssen aber am Ball bleiben. Ich würde es umgekehrt sagen: Dinge, die in der analogen Welt nicht gehen, sollten auch in der digita- len Welt nicht gehen. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Die Fragen stellte Sören Christian Reimer. T Lars Castellucci ist stellvertretender Vorsitzender des Innenausschusses. Im Bundestag sitzt er seit 2013. PARLAMENTARISCHES PROFIL Mit Bedacht: Alexander Throm M anchmal konzentriert sich Alexander Throm zwei, drei Stunden nur aufs Vorderrad. Dann verlässt er sich in der Natur rund um Heilbronn auf seine Si- cherheit mit Hilfe von Mundschutz und Rücken- protektor – auf dem E-Mountainbike durch den Schlamm. Sicher- heit als Motto begleitet den 54-Jährigen auch, wenn er in Berlin als innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag Themen um Recht und Ordnung behandelt, „für mich elementare Grundlagen der Gesellschaft, neben Wohnung und Essen eines der Grundbedürfnisse“. Es ist Donnerstag, zwischen zwei Telefonaten bittet Throm ins Bü- ro. Seit 2017 ist er direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises und im Innenausschuss des Bundestages – eigentlich ist der An- walt auf Arbeitsrecht und auf Bau- sowie Architektenrecht speziali- siert, „ich wollte mal was anderes machen“, sagt er. Ein Dauerthe- ma auf seiner Agenda: die anlasslose Vorratsdatenspeicherung. Um die muss neu verhandelt werden, seitdem der Europäische Ge- richtshof die derzeitige Regelung verworfen hat. „Das Urteil hat mich nicht überrascht“, sagt er, „ich erwarte aber, dass wir die ge- währten Möglichkeiten ausschöpfen“. Denn: Zur Bekämpfung schwerer Kriminalität können die Mitgliedstaaten unter strikter Be- achtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine umgehende Sicherung solcher Daten sowie eine allgemeine und unterschieds- lose Speicherung von IP-Adressen vorsehen, erklärten die Richter. Throm setzt sich für eine rückwirkende Speicherung der jeweils sechs vergangenen Monate ein. Der Attentäter von Hanau zum Beispiel, der neun Bürger aus rechtsextremen und rassistischen Motiven heraus erschossen hatte, „der hatte auf seiner Website 500 Zugriffe“, sagt Throm, „und die konnten nicht mehr ermittelt werden“. Die kritische Haltung der FDP und von Bundesjustizminister Marco Buschmann teilt der Christdemokrat nicht, wird gar etwas lauter, als das Gespräch auf die Liberalen kommt. „Ich verstehe sie nicht, das ist total verbohrt und ideologisch verblendet.“ Sagt man nicht ..................................................................................................................................................... »Das Urteil hat mich nicht überrascht. Ich erwarte aber, dass wir die gewährten Möglichkeiten ausschöpfen.« k a w o N a i l u J / T B D © gemeinhin, die FDP sei ideologiefrei? „Das sagt nur die FDP selbst. In der Innenpolitik ist die FDP eher ideologisch links ausgerichtet.“ Gibt es denn theoretisch die Möglichkeit eines Missbrauchs bei der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung? „Nicht durch den Staat. Das geht doch nur über richterlichen Beschluss.“ Ansonsten ist Throm eher ruhigen Gemüts. Er redet langsam, be- dächtig, einprägsam. Wägt seine Worte ab. Ist auch vorsichtig. Ein- fach drauflos redet er mit Journalisten nicht. Und mit seiner Hei- mat eng verbunden scheint er, mit den Neckarauen, der Natur wie der Wirtschaft, „wir sind eine absolute Boomregion mit viel Zuzug von Akademikern aus ganz Deutschland“. Warm ist es dort auch, und guten Wein gibt es ebenfalls. In die weite Welt zog es Throm kaum. Nach dem Abitur in seiner Heimatstadt studierte er in Mannheim, pendelte aber schon damals zu seiner damaligen Freundin und späteren Ehefrau zurück nach Heilbronn, wo er als Anwalt zu arbeiten begann und mit 27 Jahren in den Stadtrat ge- wählt wurde. „Zeitlich hat es nie gepasst“, sagt er zur Frage, ob ein ferner Ort zwischenzeitlich gelockt habe. „Und ich wollte schnell in den Beruf.“ Warum? Er lächelt. „Ich wollte schnell vom Lernen weg.“ Außerdem: „Andere gehen Tennisspielen“, sagt er, „mein Hobby ist die Kommunalpolitik“. Politisch war seine Familie kaum, die Eltern hatten einen Großhan- del, „sie besaßen die gute schwäbische Mischung aus Konservatis- mus und Liberalismus.“ Mit dem Freundeskreis sei er als Gymnasi- ast in die Junge Union gekommen, erinnert sich Throm. Die deut- sche Einheit, die Westorientierung, das waren die damals ihm wichtigen Themen. Ihm gefiel, gestalten zu können, er zog 2011 in den Landtag Baden-Württembergs ein und verlor 2016 sein Direkt- mandat wieder gegen die Mitbewerberin von den Grünen. Kam dann in den Bundestag – und nun dort in die Opposition. Das schmerzt jemanden, der gestalten will. Doch da grinst er nur. „Die Opposition von heute ist die Regierung von morgen.“ Dann wartet der nächste Termin. Jan RübelT