4 THEMA DER WOCHE Das Parlament - Nr. 48 - 28. November 2022 Der Haushalt 2023 ist be- schlossen. Nach langen und intensiven Beratun- gen in den Fachausschüs- sen sowie im Haushalts- ausschuss passierte der Haushaltsentwurf vergangenen Freitag in namentlicher Abstimmung das Hohe Haus. 378 Abgeordnete der Koalitionsfraktionen und ein fraktionsloser Abgeordneter stimm- ten mit Ja, 283 Abgeordnete der Oppositi- onsfraktionen mit Nein – Enthaltungen gab es keine. Damit kann der Bund im kom- menden Jahr mit Ausgaben in Höhe von 476,29 Milliarden Euro rechnen. Das sind noch einmal 31,1 Milliarden Euro mehr als im Regierungsentwurf. Gegenüber dem lau- fenden Jahr fallen die Ausgaben allerdings um 19,5 Milliarden Euro geringer aus. Das gilt auch für die Neuverschuldung: Zwar liegt sie mit 45,61 Milliarden Euro deutlich über der noch im Regierungsentwurf veran- schlagten (17,25 Milliarden Euro), aber noch deutlicher unter der für diese Jahr ein- geplanten Verschuldung von 139,18 Milliar- den Euro (siehe auch Text unten). Die Schuldenbremse wird, anders als 2020, 2021 und 2022, damit eingehalten – trotz andauernder, vielfältiger Krisen. Hinter den Haushälterinnen und Haushäl- tern der Fraktionen liegen intensive Bera- tungen. Über 67 Stunden beriet der Haus- haltsausschuss den Regierungsentwurf, da- von allein rund 18 Stunden in der berühmt- berüchtigten Bereinigungssitzung. 1.554 Änderungsanträge lagen zu dem 3.289 Sei- ten umfassenden Haushaltsplan vor. Die 1.014 von den Oppositionsfraktionen ein- gebrachten Vorschläge fanden im Haus- haltsausschuss keine Mehrheit. Das gleiche Schicksal ereilte die 25 vergangene Woche ins Plenum einge- brachten Änderungs- und Entschließungs- anträge von CDU/CSU, AfD und Die Linke. Mehr Erfolg war, wenig überraschend, den 538 Änderungsanträgen der Koalitionsfrak- tionen beschieden. Damit, so betonte Sven- Christian Kindler zum Auftakt der vergan- genen Haushaltswoche, hätten die Koaliti- onsfraktionen gezeigt, „wer der Haushalts- gesetzgeber ist“. Der Entwurf des Bundes- haushaltsplans sei „an entscheidenden Stel- len verbessert und auch korrigiert“ worden, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion. Ähnlich bilanzierte es der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Achim Post. Bundesfinanzminister Christian Lindner habe einen „klugen, ei- nen sehr klugen Haushaltsentwurf“ vorge- legt, lobte Post, „er wurde in den Beratun- gen noch ein bisschen verbessert“. Oppositionsseitig sieht man das natürlich anders. Für die CDU/CSU-Fraktion nahm sich Mathias Middelberg in der Dienstags- debatte insbesondere den Finanzminister vor. Dieser gebe vor, 2023 die Schulden- bremse ein „Schuldenbremsenumgehungsminister“. Der Haushalt 2023 werde zwar „formal ausgeglichen“ sein, aber nur, weil Lindner 2021 und 2022 „so viele Schulden auf Vor- rat“ angesammelt habe. So bemängelte der Unionsfraktionsvize, dass die Nettokredit- aufnahme von 200 Milliarden Euro im Wirtschaftsstabilisierungsfonds Jahr 2022 gebucht werde, obwohl die Ausgaben erst 2023 und 2024 anfallen würden. einzuhalten, dabei erwartungsgemäß sei er ins »Rekordschuldenmacher« Und Lindner ist für Middelberg auch ein „Rekordschul- denmacher“, wie er vorrechnete: 60 Milliar- den Euro Neuverschuldung im Nachtrags- haushalt für 2021, rund 140 Milliarden Euro im Haushalt 2022, 100 Milliarden Euro für das Sondervermögen Bundeswehr, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) während der Finanzdebatte am Dienstag © picture-alliance/dpa/Michael Kappeler Die Warnung ETAT 2023 Der Finanzminister blickt schon auf 2024, Union und AfD kritisieren Tricksereien mit Sondervermögen 200 Milliarden Euro für den „Doppel- Wumms“ im Wirtschaftsstabilisierungs- fonds. „Das sind zusammen insgesamt 500 Milliarden Euro in einem Jahr. Das ist die höchste Neuverschuldung, die es in dieser Republik je gab“, kritisierte der Christde- mokrat. Durch die hohen Schulden und die steigenden Zinskosten würden auch die künftigen Spielräume enger. „Das wird die Handlungsspielräume, gerade der Jüngeren, in Zukunft dramatisch eingrenzen, auch für ein wichtiges Thema wie etwa Klimapoli- tik.“ Der Haushalt sei daher weder ehrlich noch nachhaltig, befand Middelberg. Ähnlich argumentierte Peter Boehringer (AfD). Die Neuverschuldung liege 2023 tat- sächlich bei fast 190 Milliarden Euro, doch die über Sondervermögen aufgenommenen Schulden würden nicht mitgezählt und so fast 150 Milliarden Euro verschleiert, kriti- sierte der haushaltspolitische Sprecher sei- ner Fraktion. „Ein Trick“, den die Union zu Zeiten der Großen Koalition mit eingeführ- te habe, sagte Boehringer in Richtung Mid- delberg und Union. Er forderte den Bun- destag auf, sich einer Normenkontrollklage seiner Fraktion anzuschließen, um den Haushalt vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Auch kritisierte Boeh- ringer die Schuldenpolitik der Bundesregie- rung und der damit zusammenhängenden steigenden Zinskosten. Die AfD habe über Jahre gefordert, das niedrige Zinsniveau zu nutzen. „Seit 2017 hätte man Nullzinsen, teilweise sogar Negativzinsen für deutsche Neuschulden auf 30 Jahre festschreiben können. Getan hat es der heutige Kanzler nie“, sagte der Abgeordnete in Richtung des ehemaligen Finanzministers und heutigen Bundeskanzlers. Insbesondere die Kritik der Union wollten die Koalitionäre nicht auf sich sitzen lassen. Der Grüne Kindler warf der Union vor, die Finanzierung der Gas- und Strompreis- bremse abgelehnt, aber im Haushaltsver- fahren keine Alternativen vorgeschlagen zu haben. Er folgerte: Wenn keine Alternativen vorgelegt werden, dann lehne die Union die Hilfen ab. „Sie lassen mit Ihrer Politik die Menschen in der Kälte allein.“ Vorwürfe Christoph Meyer (FDP) warf der Union Doppelstandards vor. 2020 habe die Union das „Kunststück“ fertiggebracht, auf der einen Seite die Schuldenbremse nicht einzuhalten, 60 Milliarden Euro aus dem Kernetat zu entnehmen und auf der ande- ren Seite 600 Milliarden Euro über ein Son- dervermögen ins Schaufenster zu stellen. „Sie sind nicht nur keinen Deut besser, wenn Sie das kritisieren; vielmehr haben Sie es schlimmer gemacht. Wir ordnen die Finanzen und tun das, was Sie in den letz- Flexible Bremse ten Jahren nicht auf den Weg gebracht ha- ben“, schoss der stellvertretende Fraktions- vorsitzende der Liberalen. Thorsten Rudolph (SPD) stellte der Kritik der Opposition die „seriöse und verantwor- tungsvolle Finanzpolitik“ der Ampel entge- gen. Dazu gehöre es auch, dass die krisen- bedingten Mittel für die Bundeswehr und Energiehilfen „jeweils gesondert ausgewie- sen werden: transparent und mit klarer Zweckbestimmung“, begründete der Haus- haltspolitiker die Nutzung von Sonderver- mögen. Auch die Einhaltung der Schulden- bremse zähle dazu. Die „Solidität der Koali- tion“ zeige sich dabei in „zwei der wichtigs- ten Kennziffern“: So werde zum einen die Schuldenquote in den nächsten Jahren „trotz aller Entlastungspakete und Abwehr- schirme“ leicht sinken. Zum anderen plane der Bund mit Rekordinvestitionen in Höhe von 71 Milliarden Euro. „Die für 2023 ge- plante Neuverschuldung wird gerade nicht verfrühstückt, sondern komplett und voll- ständig in die Zukunft unseres Landes in- vestiert, damit unsere Kinder es besser ha- ben“, sagte der Sozialdemokrat. Kapitänsbinde Die Kritik von Seiten der Linken hatte eine deutlich andere Schlagsei- te als von Union und AfD. Gesine Lötzsch kritisierte insbesondere die Steuerpolitik der Koalition. Krisen seien immer ein „Ge- schenk für Vermögende“, beschleunigten sie doch die Umverteilung von unten nach oben. „Sie müssen diese dreiste Umvertei- lung endlich stoppen. Alles andere ist ein Skandal“, forderte die haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion. Doch die Bundes- regierung weigere sich beharrlich, „Krisen- gewinne“ zu besteuern. „Selbst die mickrige Zufallsgewinnsteuer steht in den Sternen, und die Stromlobbyisten sorgen dafür, dass diese Steuer auf ein Minimum eingedampft wird“, kritisierte Lötzsch in der Dienstagsde- batte. Am Freitag – zum Abschluss der Haushaltswoche – legte die Linken-Abge- ordnete noch einmal nach. Der Haushalt sei „nicht sozial, nicht friedlich, nicht öko- logisch“. Einen Schuldigen machte die Haushaltspolitikerin auch aus. Es sei schon erstaunlich, „wie die schwindsüchtige FDP den Kurs dieses Regierungstankers vorgibt“. Hätte sie eine Kapitänsbinde an diese Regie- rung zu verteilen, „würde Sie Herr Lindner bekommen“, sagte Lötzsch. Der so angegriffene Minister nahm es sportlich und bedankte sich bei Lötzsch für die „Worte der Anerkennung“. Ernsthafte- ren Dank richtete er in Richtung aller Haus- hälterinnen und Haushälter für intensive und konstruktive Beratungen. Der nun be- schlossene Haushalt gebe „Orientierung in schwierigen Zeiten“. „Wir bewältigen die Krisen, aber wir vernachlässigen die Zu- kunftsaufgaben dieses Landes nicht“, resü- mierte Lindner. Haushaltspolitisch warnte der Liberale da- vor, sich zu sehr zu rühmen, die Schulden- bremse erreicht zu haben. Das gesamtstaat- liche Defizit sei enorm. Der Finanzminister verteidigte zudem die Entscheidung, Gas- und Strompreisbremse über den Wirt- schaftsstabilisierungsfonds zu finanzieren, da man so mehr Flexibilität habe. Frei nach dem Motto „Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt“ widmete sich Lindner auch dem Etat 2024. Rücklagen, von denen der Haushalt 2023 noch kräftig profitiert, gebe es nun keine mehr. Gleichzeitig müsse das Ambitionsniveau bei Investitionen ins Kli- ma, bei der Digitalisierung sowie bei der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit noch ge- steigert werden. Lindner macht klar: „Der Haushalt 2024 wird noch herausfordernder als dieser.“ Sören Christian Reimer T KURZ NOTIERT Hochlauf bei den Investitionen Der nun beschlossene Haushalt für 2023 sieht mit 71,47 Milliarden Euro deutlich höhere Ausgaben für Investitionen vor als ursprünglich geplant. Gegenüber dem Re- gierungsentwurf fallen die so veranschlag- ten Ausgaben um 13,1 Milliarden Euro hö- her aus – und gegenüber dem laufenden Jahr um 19,93 Milliarden Euro. Mit Blick auf die Etats der Ministerien fallen insbe- sondere neu veranschlagte investive Aus- gaben beim Bundesministerium für Wirt- schaft und Klimaschutz ins Gewicht (siehe Seite 8). Hier verzeichnet der beschlossene Etat mit nun 6,6 Milliarden Euro für Inves- titionen ein Plus von 1,3 Milliarden Euro gegenüber dem Regierungsentwurf. Im Ver- kehrsetat sind mit 21,68 Milliarden Euro weiterhin die größten Investitionsausgaben aller Ministerien vorgesehen, der Betrag liegt um 229,7 Millionen Euro über dem Regierungsentwurf. Zudem werden diverse Darlehen als Inves- titionen verbucht. Wie das Bundesfinanzmi- nisterium schon bei der Vorstellung aus- führte, gilt das etwa für das Darlehen an den Gesundheitsfonds (eine Milliarde Euro) sowie ein Darlehen an den „Resilience and Sustainability“ Trust des Internationalen Währungsfonds. Gleiches gilt auch für die neu hinzugekommenen zehn Milliarden Euro, die für die Aktienrente genutzt wer- scr T den sollen (siehe Seite 6). Etat des Bundestages PARLAMENT Beim Deutschen Bundestag soll ein unabhängiger Polizeibeauftragter beziehungsweise eine unabhängige Polizei- beauftragte angesiedelt werden. Für die Umsetzung des im Koalitionsvertrag der Ampelparteien vereinbarten Vorhabens sind im Haushalt 2023 die ersten Weichen gestellt. Im Einzelplan 02 des Deutschen Bundestages sind entsprechende Personal- mittel und Stellen für einen Aufbaustab eingeplant. Die Mittel sollen vorerst ge- sperrt werden, der Aufhebung der Sperren muss der Haushaltsausschuss zustimmen. Die Ausgaben für den Deutschen Bundes- tag sollen 2023 nunmehr 1,14 Milliarden Euro betragen, das sind 31,7 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr. Mit 750,5 Millionen Euro stellen die Personalausga- ben den größten Ausgabeposten dar, für sächliche sollen 203,1 Millionen Euro verausgabt werden können, für Zuweisungen und Zuschüsse 160,8 Millionen Euro. Für die Diäten der Abgeordneten sind 2023 89,4 Millionen Euro veranschlagt, für die Aufwandsentschädigungen 40,8 Millio- nen Euro. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abgeordneten sind 276,6 Millionen Euro eingeplant. Die Zuschüsse an die Fraktionen belaufen sich auf 126,1 Millionen Euro. Deutlich erhöht wurde im parlamentarischen Verfahren die Förde- rung für das Deutsche Institut für Men- schenrechte. Das Institut soll 2023 5,2 Mil- lionen Euro nach 3,7 Millionen Euro im laufenden Jahr erhalten. Der Einzelplan passiert den Bundestag in zweiter Lesung bei Enthaltung der AfD einstimmig. scr T Verwaltungsausgaben Mehr Geld für Lindner SCHULDENREGEL Weil nächstes Jahr ein Abschwung droht, kann der Finanzminister tiefer in die Kreide gehen FINANZEN Plus für Informationstechnikzentrum Bund Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kann einen großen Haken auf seiner To-Do-Liste machen: 2023 soll – so sieht es der nun beschlossene Haushalt vor – die Schuldenbremse tatsächlich greifen. Damit endet zumindest im Kernhaushalt vorerst die haushaltspolitische Notlage, die mit der Corona-Pandemie vor rund zweiein- halb Jahren begann. Nahm der Bund 2020 noch 113,77 Milliarden Euro sowie 2021 216,53 Milliarden Euro neue Schulden auf und plant in diesem Jahr mit einer Netto- kreditaufnahme von 139,18 Milliarden Euro, sind im kommenden Jahr neue Kre- dite in Höhe von 45,610 Milliarden Euro geplant. Düstere Aussichten Die Neuverschuldung fällt allerdings deutlich höher aus, als Lindner bei der Vorstellung des Regierungs- entwurfes für den Bundeshaushalt vorgese- hen hatte. Seinerzeit hatte der Liberale noch mit einer Nettokreditaufnahme von 17,25 Milliarden Euro geplant und war da- mit genau im Rahmen der nach der Schul- denregel des Grundgesetzes erlaubten Neu- verschuldung geblieben. Doch auch der neue Ansatz bleibt knapp in diesem Rah- men. Grund dafür ist, dass die Schuldenre- gel, wie Lindner auch in der Debatte (siehe oben) bemerkte, eine gewisse Flexibilität zulässt, gerade mit Blick auf die Wirt- schaftsentwicklung. Diese hat sich seit Vor- stellung des Entwurfes nämlich deutlich eingetrübt. Ging man im Sommer noch von einem leichten Wachstum der Volks- wirtschaft aus, stehen die Zeichen nun auf Abschwung. Grundsätzlich lässt die Schuldenregel eine strukturelle Neuverschuldung von 0,35 des nominalen Bruttoinlandsproduktes zu. Das wären für 2023 12,61 Milliarden Euro. Dazu tritt das Saldo der finanziellen Trans- aktionen. Das bezieht sich beispielsweise auf ausgegebene Darlehen und Darlehens- rückflüsse. Für 2023 beträgt das Saldo - 17,67 Milliarden Euro, unter anderem, weil die Aktienrente über ein Darlehen aufgebaut werden soll. Die Nettokreditauf- nahme darf um diesen Betrag höher ausfal- len. Konjunkturkomponente Dann kommt die Konjunktur ins Spiel: Läuft’s gut, dann muss die Nettokreditaufnahme niedriger ausfallen. Im sommerlichen Regierungs- entwurf war erwarteten Wachstums deswegen eine Minderung von 2,9 Milliarden Euro vorgesehen. Nun dre- hen sich die Vorzeichen: Weil es düster aufgrund des Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kann in dem Geschäftsbereich sei- nes Ministeriums im kommenden Jahr mit Ausgaben in Höhe von 9,67 Milliarden Euro rechnen. Der mit Koalitionsmehrheit gegen die Stimmen der Opposition be- schlossene Etatansatz (20/3526, 20/3508) liegt damit 160,9 Millionen Euro über der ursprünglichen Planung für den Einzelplan 08 im Regierungsentwurf für 2023 und 843 Millionen Euro über dem Soll für 2022. Die ausgebrachten Verpflichtungser- mächtigungen fallen mit 3,91 Milliarden Euro um 1,68 Milliarden höher aus als im Regierungsentwurf. Der Großteil der Mittel ist für die Zollver- waltung eingeplant, die zum Geschäftsbe- reich gehört. Mit 3,21 Milliarden Euro liegt der Ansatz um rund 100 Millionen Euro über dem Soll des Ministeriums aussieht, darf der Bund zusätzlich 15,3 Milliarden Euro aufnehmen. Dahinter ste- hen, wie überhaupt bei der ganzen Schul- denregel, EU-Vorgaben. In der Summe be- trägt die maximal zulässige Kreditaufnah- me 45,616 Milliarden Euro, Lindner bleibt immerhin 60 Millionen Euro darunter. Teure Schulden Allerdings fällt nicht nur die Neuverschuldung höher aus, auch die Ausgaben für den Schuldendienst schnel- len in die Höhe. Plante das Finanzministe- rium bei Vorlage des Entwurfes noch mit Ausgaben für Zinsen und Co. in Höhe von 29,55 Milliarden Euro, rechnet der be- schlossene Etat mit Ausgaben in Höhe von 39,84 Milliarden Euro – 23,64 Milliarden Euro mehr als im laufenden Jahr. Das liegt zum einen an der höher ausfal- lenden Neuverschuldung, zum anderen an den steigenden Zinsen. Die Europäische Zentralbank hat inzwischen zwei große Zinsschritte verkündet, um der Horror-In- flation zu begegnen, entsprechend kostet aber auch die deutsche Staatsverschuldung wieder mehr als in den vergangenen Jah- ren. So sind nun beispielsweise für „Dis- agio auf Bundesanleihen, Bundesobligatio- nen, Bundesschatzanweisungen, unverzins- liche Schatzanweisungen und Darlehen“ 15,83 Milliarden Euro statt 8,58 Milliarden Euro im Regierungsentwurf veranschlagt. Höher fallen auch die Rückstellungen für inflationsindexierte Bundeswertpapiere aus. Statt geplanter 7,6 Milliarden Euro sind nun 7,6 Milliarden Euro (Soll 2022: 4,6 Milliarden Euro) veranschlagt. scr T 2022. Die Ausgaben für das Informations- technikzentrum Bund (ITZ Bund) schlagen mit 1,42 Milliarden Euro zu Buche, ein deutliches Plus von rund 288 Millionen Euro zum Soll 2022. Bei den Programm- ausgaben sind die Wiedergutmachung des Bundes mit 1,52 Milliarden Euro der größ- te Posten. Einen Großteil des Ausgabesteigerungen gegenüber dem Regierungsentwurf wird mit Mehrbedarf für die Umsetzung des Sanktionsdurchsetzungsgesetzes II begrün- det, der 2023 im gesamten Geschäftsbe- reich mit rund 88 Millionen Euro zu Bu- che schlagen soll. Auch Teile der neu aus- gebrachten Verpflichtungsermächtigungen beziehen sich darauf. Die geplante Aufnahme der IBAN in die Steueridentifikationsnummern-Daten- bank führt ebenfalls zu neu veranschlag- ten Kostensteigerung. Beim Bundeszen- tralamt für Steuern sind dafür 2023 zu- sätzliche Mittel in Höhe von 19,1 Millio- nen Euro veranschlagt worden. Beim In- formationstechnikzentrum Bund liegen die Mehrausgaben dafür bei 9,5 Millio- nen Euro. Zudem ist im Geschäftsbereich der Zoll- verwaltung eine Verpflichtungsermächti- gung in Höhe von 1,3 Milliarden Euro für Mietzahlungen ausgebracht. Sie soll ab 2027 greifen und ist laut Bereini- gungsvorlage als verbindliche Refinan- zierungszusage der Baukosten für die von der Bundesanstalt für Immobilien- aufgaben zu errichtenden elf Einsatztrai- ningszentren erforderlich. scr T