10 EUROPA UND DIE WELT Das Parlament - Nr. 5-7 - 31. Januar 2022 Ausgebremst USA Präsident Joe Biden droht bei der Reform des Wahlrechts zu scheitern. Zehn Monate vor den Zwischen- wahlen im Kongress ist das ein schlechtes Omen für die Demokraten sieben Prozent, der Bei seinem Amtsantritt im Ja- nuar 2021 hatte Joe Biden ver- sprochen, die amerikanische Demokratie werde sich unter seiner Führung als ruhiger, verlässlicher Dienstleister für breite Bevölkerungsschichten präsentieren. In der Realität hat eine größer werdende Mehrheit der Amerikaner nach dem ersten Amtsjahr erhebliche Zweifel, ob der 79-Jährige politisch und ökonomisch ein- lösen kann, was er in Aussicht gestellt hat. Bidens ambitionierte Reform-Agenda ist nach dem rund 2000 Milliarden US-Dollar starken Corona-Hilfspaket und dem rund tausend Milliarden Dollar schweren Infra- struktur-Programm ins Stocken geraten; auch weil in den Reihen der eigenen De- mokratischen Partei Schlüsselfiguren Wi- derstand leisten. Umfragen zeigen, dass der Präsident schleichend Rückhalt verliert. Stabil 60 Prozent plus x sind unzufrieden mit ihm. Die hohe Inflationsrate von zu- letzt stagnierende Kampf gegen die Pandemie und die Re- kordzahl von fast zwei Millionen Asylsu- chenden an der Grenze zu Mexiko sind Gründe dafür. Die wichtigste Zielmarke aller Bestrebun- gen Bidens, die Stimmung zu drehen, ist der 8. November. Dann werden bei den „midterms” alle 435 Mitglieder des Reprä- sentantenhauses und 34 von hundert Se- natoren/-innen neu gewählt. Im Senat gibt es heute ein 50:50-Patt. Im „House” benö- tigen die Republikaner fünf Sitze mehr, um die Macht zu übernehmen. „Mehr als machbar”, sagen Analysten. Käme es so, wäre Biden schlagartig fast je- de politische Beinfreiheit genommen. Vor- haben mit nachhaltiger Strahlkraft hätten so gut wie keine Chance. Joe Biden würde bis zur nächsten Wahl ein Dasein als „lame duck” („lahme Ente“) fristen. In der De- mokratischen Partei würden Konflikte zwi- schen Gemäßigten und Links-Progressiven offen ausbrechen. Umfragen und massive Veränderungen beim politisch gesteuerten Zuschnitt der Wahlbezirke die mehrheitlich den Republikanern in die Hände spielen, machen aus heutiger Sicht eine Wahlniederlage der Demokraten sehr wahrscheinlich. („gerrymandering”), Schrittweise Aushöhlung Dazu kommen elementare Probleme mit dem Allerheiligs- ten – dem Wahlprozess. Die Republikaner treiben Veränderungen voran, die nach Überzeugung von Kritikern der „Grand Old Party” das Wahlrecht schrittweise aus- höhlen. Nach Zählung des „Brennan Cen- ter for Justice” haben allein im vergange- nen Jahr 20 republikanisch regierte Bun- desstaaten mehr als 30 Gesetze verabschie- det, die unter dem Strich die Stimmabgabe erschweren sollen. Mal wird die Briefwahl, die dem Wahlverlierer von 2020, Donald Trump, bis heute ein Dorn im Auge ist, eingeschränkt. Mal wird die Vorlage eines landesweit nicht vorgeschriebenen Perso- nalausweises zur Voraussetzung gemacht. Vereinzelt soll, etwa im Südstaat Georgia, Helfern das Verteilen von Wasserflaschen oder Snacks an wartende Bürger verboten werden, die am Wahltag vor den oft dünn gesäten Wahlbüros stundenlang in der Warteschlange ausharren müssen. Alles in allem, so die Überzeugung der Demokra- ten und unabhängiger Organisationen, sol- len Wählerschichten benachteiligt werden, etwa Afro-Amerikaner, die traditionell die Partei mit dem Esel im Wappen wählen. Noch massiver sind die Bemühungen der Republikaner, den Einfluss von lokalen und regionalen Wahlbehörden und der Kongresse auf Ebene der Bundesstaaten zu erhöhen. Sie sollen de facto in den Stand versetzt werden, die Stimmenauswertung nach dem Urnengang nach politischer Op- portunität steuern zu können. Bis zu den „Midterms“ bleibt Joe Biden nicht viel Zeit, wichtige Vorhaben umzusetzen und eine Mehrheit der Republikaner im Kongress zu verhindern. In Umfragen verliert der Präsident ein Jahr nach Amtsantritt zunehmend an Rückhalt. © picture-alliance/AP/Susan Walsh Ein Indiz: In 15 Bundesstaaten kandidie- ren gerade zehn Republikaner für das bei Wahlen wichtigste Schlüsselamt des „secre- tary of state”. Sie teilen Trumps komplett widerlegte Behauptung, ihm sei die Wahl 2020 durch Betrug der Demokraten „ge- stohlen” worden. Kämen diese Funktionäre ans Ruder, könnten unliebsame Wahler- gebnisse nachträglich „frisiert” werden, be- fürchten US-Medien. In dieses Spektrum gehört auch das von Republikanern ver- folgte Ziel, die Listen der Wahlmänner und -frauen für das „electoral college”, das letzt- lich den Präsidenten wählt, auf bundes- staatlicher Ebene mit loyalen Parteigängern zu bestücken – um so am Ende den ge- wünschten Kandidaten in Washington an die Macht zu bringen. Die Demokraten wollen dieser maßgeblich durch Trump befeuerten Entwicklung mit zwei Gesetzen beikommen, die nationale Mindeststandards festlegen. Dazu gehört zum Beispiel die Ausweitung von Brief- wahl-Möglichkeiten, eine automatische Re- gistrierung von Wählern ohne Passzwang, das Wahlrecht für ehemalige Strafgefange- ne und die Festsetzung des Wahltages auf einen Feiertag, um der arbeitenden Bevöl- kerung mehr Möglichkeiten der politi- schen Partizipation zu geben. Im anderen Paket bekäme das Justizministerium Hebel in die Hand, um potenziell diskriminie- rende Wahlgesetze in den Bundesstaaten zu neutralisieren. Dieses Recht wurde 2013 vom Obersten Gerichtshof einkassiert. Widerstand in eigenen Reihen Doch alle Versuche der Demokraten, die Wahlgesetze wetterfest zu machen, scheiterten bisher am Widerstand von zwei Nein-Sagern aus den eigenen Reihen, die Republikaner sind ohnehin geschlossen dagegen. Die Sena- toren Joe Manchin (West Virginia) und Kyrsten Sinema (Arizona) weigern sich hartnäckig, einen gewichtigen Stolperstein aus dem Weg zu räumen – den Filibuster. Nur wenn die „heilige Kuh” des Interessen- ausgleichs – eine Sperr-Minorität, die der Minderheit erlaubt, Gesetzesvorhaben der Mehrheit zu blockieren – geschlachtet wür- de, könnten die Gesetze bei einem 50:50 Stimmen-Patt durchkommen. Doch da- nach sieht es nicht aus. Dabei hatte Joe Biden in das Vorhaben viel politisches Kapital investiert. Am ersten Jahrestag der Erstürmung des Kapitols am 6. Januar 2021 – ein von Ex-Präsident Do- nald Trump animierter Mob wollte die Ver- fassung aus den Angeln heben und die Zer- tifizierung des Biden-Wahlsieges hintertrei- ben – beschwor er seine Landsleute mit bohrenden Fragen: „Werden wir eine Nati- on sein, die politische Gewalt als Regelfall akzeptiert? Werden wir eine Nation sein, in der wir es zulassen, dass parteiische Wahl- helfer den rechtmäßig zum Ausdruck ge- brachten Willen des Volkes umstoßen?” Bi- den appellierte an die Amerikaner: „Wir dürfen uns nicht erlauben, so ein Land zu werden.” Die Gewissheit, dass die Abwehr- schlacht gelingt, konnte er ihnen nicht ge- ben. Dirk Hautkapp T Der Autor ist USA-Korrespondent der Funke Mediengruppe. Tausende Migranten harren weiter aus BELARUS Situation im Grenzgebiet bleibt kritisch Die polnische Regierung gewährt Medien und humanitären Helfern keinen Zugang. Die Lage an der belarussisch-polnischen Grenze bleibt unübersichtlich. Nach Schät- zungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) befinden sich noch immer rund 1.500 Geflüchtete und Mi- grantinnen und Migranten in Belarus, die auf eine Einreise in die EU hofften, berich- tete eine Vertreterin des Auswärtigen Amtes (AA) vergangene Woche Menschenrechtsaus- im schuss. 628 von ihnen sei- en in einem sogenannten Logistikzentrum nahe der polnischen Grenze unter- gebracht, das wegen man- gelhafter Sicherheits- und Hygienestandards auf Dau- er nicht für eine Unterbrin- gung geeignet sei. In Polen seien 1.670 Personen in geschlossenen und 1.076 in offenen Aufnahmeein- richtungen untergebracht. Da die polnische Regierung den Zugang für humanitäre Helfer und mediale Be- richterstatter eingeschränkt habe, sei die Lage dort schwer einzuschätzen. Die EU wirft dem belarussischen Machtha- ber Alexander Lukaschenko vor, die Ge- flüchteten absichtlich ins Grenzgebiet ge- schleust und sie bei der irregulären Migrati- on in die EU aktiv unterstützt zu haben, nachdem die Europäische Union im Juni 2021 verschärfte Sanktionen gegen das Re- gime verhängt hatte. Wie die AA-Vertreterin erklärte, seien 2021 mindestens 20.000 Menschen über Belarus in die EU gekom- men, 11.000 von ihnen seien irregulär nach Deutschland eingereist. Polen, Litauen und Lettland hätten den Grenzschutz verstärkt und Notstandsmaßnahmen, darunter eine Einschränkung des Asylrechts, beschlossen. Dass Polen im November 2021 den Zu- gang zum Grenzgebiet per Gesetz zu be- schränkt und „Pushbacks“, also das Zu- rückdrängen von Geflüchteten und Mig- ranten nach Belarus, legalisiert habe, ver- stößt nach Ansicht der Bun- desregierung gegen europäi- sches und internationales stellte die Außen- Recht, amts-Vertreterin klar. Polen müsse der EU-Kommission, der Grenzschutzagentur Frontex sowie unabhängi- gen Beobachtern Zugang zum Grenzgebiet gewähren und geltendes Recht beim Umgang mit den Geflüchte- ten einhalten. Zum Vorschlag der EU- Kommission, das EU-Recht an den Grenzen zu Belarus vorübergehend auszusetzen, sagte die Außenamts-Vertrete- rin, die Bundesregierung stimme ihre Posi- tion dazu noch ab. Einig sei sie sich mit der Kommission, physische Grenzbefesti- gungen, wie die von Polen geplante 186 Kilometer lange Mauer an der Grenze zu Belarus, nicht mitzufinanzieren. Die polnische Regierung steht wegen Be- richten über Pushbacks und die Internie- rungen von Geflüchteten seit Monaten in der Kritik. Die Außenamts-Vertreterin be- richtete, inzwischen seien mehr als 5.000 Migranten in ihre Länder zurückgekehrt, die Zahl der Grenzübertritte sei stark zu- rückgegangen. joh T Nahezu 300 Millionen Menschen in Not MENSCHENRECHTE Hunger weltweit stark angestiegen Dem Welt- ernährungs- programm fehlen bis zu sechs Milliarden US-Dollar. Der Direktor des Welternährungspro- gramms der Vereinten Nationen (WFP), David Beasley, hat vergangene Woche im Ausschuss für Menschenrechte und huma- nitäre Hilfe vor einer Hungersnot in meh- reren Ländern gewarnt. Die Corona-Pande- mie und ihre wirtschaftli- chen Folgen hätten die Hungersituation drastisch verschärft. Hätten vor Aus- bruch der Pandemie welt- weit noch 135 Millionen Menschen Hunger gelitten, seien es nun 285 Millionen Menschen, berichtete Beas- ley. 45 Millionen davon lit- ten unter extremen Hunger. In 43 Staaten, darunter Af- ghanistan, Äthiopien, Je- men und Staaten in der Sa- helzone wie Niger und Bur- kina Faso, drohten Hungersnöte und da- mit auch eine neue Massenmigration. Grund für die gegenwärtige Situation seien neben der Corona-Pandemie auch die weltweit zunehmenden Konflikte, Krisen und Klimakatastrophen. Es sei möglich, die Regionen zu stabilisie- ren, wenn genügend Finanzmittel zur Ver- fügung stünden, erklärte Beasley. Aktuell fehlten dem WFP aber bis zu sechs Milliar- den US-Dollar, umgerechnet rund 5,3 Mil- liarden Euro, um Nothilfe zu leisten. Beas- ley verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass Deutschland als nach den USA zweitgröß- ter Geber des WFP weitere Unterstützung leisten wird. Um den Hunger zu über- winden und größere Migra- tionsbewegungen zu ver- hindern, brauche es insbe- sondere Hilfe bei der An- passung an Klimaverände- rungen. Dazu sei aber ein anderer Ansatz gefragt, sag- te Beasley. Humanitäre Hil- fe und Entwicklungsprojek- te wie bisher getrennt zu betrachten, sei nicht mehr zielführend. Partner wie Deutschland und die USA hätten ver- standen, dass es einer effektiveren, strate- gisch angelegten Hilfe bedürfe, lobte der WFP-Direktor. Mit ihrer Unterstützung ha- be das Welternährungsprogramm etwa be- gonnen, Ernteprogramme und Programme zur Landverbesserung zu entwickeln. Diese zeigten messbaren Erfolge: In der Sahel-Re- gion etwa hätten durch Landverbesserungs- maßnahmen und Schulspeisungen Migra- tionsbewegungen abgenommen. sas T »Der IS ist noch längst nicht besiegt« 20 Jahre Guantanamo BUNDESWEHR Anti-IS-Einsatz im Irak verlängert. Terrormiliz versucht, ihre Präsenz in der Region auszubauen USA Linke fordert Schließung des Gefangenenlagers Die Bundeswehr bleibt für weitere neun Monate im Irak, um die irakischen Sicher- heitskräfte beim Kampf gegen die Terror- miliz „Islamischer Staat“ (IS) zu unterstüt- zen. Für einen entsprechenden Antrag (20/408) der Bundesregierung votierten vergangenen Freitag in namentlicher Ab- stimmung 553 Abgeordnete, 110 lehnten ihn ab. Es gab eine Enthaltung. Somit kön- nen weiterhin maximal 500 bewaffnete Soldatinnen und Soldaten vor Ort sein. Neben dem Fähigkeitsaufbau für die iraki- schen Streit- und Sicherheitskräfte sind sie unter anderem zuständig für Lufttranspor- te, See- und Luftraumüberwachung sowie Aufklärung und Lagebilderstellung. Einsätze in Syrien sind mit dem neuen Mandat auch formal ausgeschlossen, nach- dem die Bundeswehr ihre Aufklärungsflüge in dem irakischen Nachbarland schon im Frühjahr 2020 eingestellt hatte. Bei der letzten Mandatsverlängerung von Oktober 2021 bis Ende Januar 2022 wurde zudem bereits die Höchstzahl der eingesetzten Soldatinnen und Soldaten von 700 auf 500 heruntergesetzt, weil die Luftbetankung von Jordanien aus von den internationalen Partnern der „Koalition der Willigen“ kaum noch genutzt wird. Obwohl die irakische Regierung 2017 ih- ren Sieg über den IS erklärt hatte, geht von kleineren Gruppen der Terrormiliz weiter- hin große Gefahr aus: Erst am 21. Januar wurden mehr als 70 Menschen bei zwei Angriffen des IS in Syrien und dem Irak ge- tötet. Einem Bericht der Vereinten Natio- nen aus dem Jahr 2021 zufolge sind schät- zungsweise 10.000 IS-Kämpfer nach wie vor in Syrien und dem Irak aktiv. „Der IS ist noch längst nicht besiegt“, ur- teilte Michael Müller (SPD). Dieser Terror könne auch in Deutschland wieder eine Rolle spielen, daher dürfe man nicht auf halber Strecke aufgeben, „dieses Morden zu beenden“. Der Einsatz sei zudem von der irakischen Regierung ausdrücklich ge- wünscht. „Sie erwartet, dass sich die Bun- desrepublik weiter engagiert.“ Kurswechsel Die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen hatte sich im Bundestag bis- her gegen eine Verlängerung des Mandats ausgesprochen, weil sie den Einsatz in Sy- rien als völkerrechtswidrig ansah. Das neue Mandat sei jedoch wesentlich verbes- sert und stehe auf einem solideren Funda- ment, sagte Sara Nanni (Grüne) nun. Es fokussiere sich auf den Irak und sehe au- ßerdem eine umfassende Evaluierung vor. Gleichwohl ändere sich nichts an der poli- tischen Bewertung ihrer Fraktion, „dass solche Einsätze besser im Rahmen von Systemen kollektiver Sicherheit stattfinden sollen“, als in einer Koalition der Willigen. Norbert Röttgen (CDU) begrüßte den Kurswechsel der Grünen. In der Konse- quenz sei „der verfassungs- und völker- rechtliche Konsens über diesen und ver- gleichbare Einsätze breiter geworden“, lob- > S T I C HW O RT Das neue Mandat > Geschichte Die Bundeswehr engagiert sich seit 2015 im internationalen Anti-IS- Einsatz, um ein Wiedererstarken des Ter- rors in der Region zu verhindern. > Beteiligung Syrien ist im Mandat als Einsatzgebiet künftig ausgeschlossen. Im Irak ist die Bundeswehr, anders als in Sy- rien, auf ausdrückliche Einladung der dortigen Regierung im Einsatz. > Erfolgskontrolle Das Mandat soll erst- mals umfassend evaluiert werden. Insbe- sondere die Lage vor Ort, der irakische Bedarf und die rechtlichen Rahmenbe- dingungen sollen dabei eine große Rolle spielen. te er. Die Lage im Land sei nach wie vor fragil, der Irak brauche weiter internationa- le Unterstützung. Für die FDP betonte Ul- rich Lechte, dass Mandat sei inzwischen multilateral eingebettet in die Nato-Missi- on im Irak. Dieses Vorgehen sei seiner Fraktion „besonders wichtig“. AfD und Die Linke lehnten das Mandat er- neut ab. Gerold Otten (AfD) kritisierte, es sei ein „offensichtlicher Formelkompro- miss der linksgelben Koalition“. Zwar sei Syrien nicht mehr Einsatzgebiet des Man- dats, der Anti-IS-Einsatz Counter Daesh existiere aber weiterhin. Auch seien die Nato-Trainingsmission und der Anti-IS- Einsatz in Syrien zwei Aufträge in einem Mandat, die geografisch wie methodisch unterschiedliche Ziele verfolgten. Er for- derte, das Mandat zu teilen, damit der Bundestag über beide getrennt abstimmen könne. Nach Ansicht von Zaklin Nastic (Linke) sieht ein Erfolgskonzept anders aus. Das im Irak von den USA implementierte und für Korruption anfällige System habe das Land „ins Verderben gestürzt“. Der IS habe erst unter US-Besatzung so mächtig werden können. Er nähre sich aus dem Groll der Bevölkerung gegen die fremden Besatzer. „Haben Sie in all den Jahren eigentlich nichts dazugelernt?“, fragte Nastic. joh T Die Linksfraktion dringt auf die Schlie- ßung des US-Gefangenenlagers Guantana- mo. In einem Antrag (20/485), über den der Bundestag in der vergangenen Woche erstmalig debattierte, verlangen die Abge- ordneten, die Regierung solle die US-Ad- ministration nachdrücklich zur „umgehen- den Schließung“ des als Antwort auf die Anschläge des 11. September 2001 errichte- ten Lagers auffordern. „Brutale Realität“ Auf Kuba habe das US-Militär unter der Ausrufung des „globa- len Kriegs gegen den Terror“ im Januar 2002 mit der Verhaftung zahlreicher Men- schen aus unterschiedlichen Ländern be- gonnen. Das Lager sei zum Ort für grausa- me Verbrechen geworden, erinnerte Zaklin Nastic (Linke) in der Debatte. Folter, bruta- le Misshandlungen und unbefristete Inhaf- tierungen ohne Anklage und Gerichtsver- fahren - das sei seit 20 Jahren „brutale Rea- lität“ in Guatanamo. Noch immer säßen dort etwa 40 Menschen in Haft. Dass US- Präsident Biden das Lager schließen wolle, sei zu begrüßen, so die Abgeordnete , doch der Kongress lege ihm „Steine in den Weg“. Nastic appellierte an die Abgeordneten, ein klares Zeichen für Rechtsstaatlichkeit zu setzen - auch gegenüber den USA. Men- schenrechtsverletzungen in China oder Russland würden von der Bundesregierung angeprangert, zu „Nato-Kriegsverbrechen“ aber schweige sie. Während die meisten Fraktionen das An- liegen des Antrags im Grundsatz teilten und wie Derya Türk-Nachbaur (SPD) mahnten, die USA müssten den letzten Ge- fangenen endlich rechtsstaatliche Verfah- ren auf amerikanischem Boden ermögli- chen, so wurde doch auch Kritik laut: Knut Abraham (CDU) hielt den Linken Anti- amerikanismus vor. Das Lager Guantana- mo sei falsch gewesen. Die USA hätten ih- ren Fehler aber längst erkannt - beheben könnten sie ihn nur selbst. Peter Heidt (FDP) verwies zudem darauf, dass sich der Bundestag bereits 2006 ge- schlossen gegen Guantanamo ausgespro- chen habe. Ein neuer Antrag sei unnötig. Es brauche vor allem keinen Antrag „der mehrfach umbenannten SED“, um auf völ- kerrechtswidrige Haftbedingungen hinzu- weisen, griff dann auch Jürgen Braun (AfD)die Linke scharf an. Weniger „Selbstgerechtigkeit“ empfahl Jür- gen Trittin (Grüne): Die Auflösung von Guantanamo sei nicht „trivial“, daran sei schon Präsident Obama gescheitert. Zu- dem tue sich auch Deutschland schwer, deutsche IS-Kämpfer aus kurdischen La- gern in Syrien zurückzuholen. . sas T