2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 15-16 - 11. April 2023 GASTKOMMENTARE WENIGER GRUNDGESETZÄNDERUNGEN? Kurz, klar und schön PRO Die Mütter und Väter des Grundgeset- t a v i r P © Daniel Goffart, »Wirtschaftswoche«, Düsseldorf t a v i r P © Tatjana Heid, »Frankfurter Allgemeine Zeitung« zes waren Meister der kurzen, präg- nanten Sprache. Bei der Formulierung der vorläufigen Verfassung, als das unser Grundgesetz damals in der Hoffnung auf die noch ausstehende Wiedervereinigung galt, schrie- ben sie einfache, aber klare Sätze auf: Die Würde des Menschen ist unantastbar, alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, Männer und Frauen sind gleichberechtigt, die Wohnung ist unverletzlich, politisch Verfolgte genießen Asylrecht. Die ersten 19 Artikel galten als Richtschnur des neuen, freien, demokratischen Staats – sie waren im Wortsinn ein „Grund“-Gesetz, das heißt, sie sollten ledig- lich die Grundzüge und den Wesenskern dessen festlegen, was im Detail spezialgesetzlichen Rege- lungen überlassen blieb. Vergleicht man die erste Fassung des Parlamentarischen Rats in Bonn mit dem heutigen Text des Grundgesetzes, dann fallen zahlreiche Erweiterungen ins Auge, die mit der sprachlichen Schönheit und Präzision der Urfas- sung nicht mehr viel gemein haben. Der Grund da- für findet sich in dem nur allzu bekannten Bedürf- nis deutscher Juristen und Politiker, alles möglichst umfassend zu regeln. Das Resultat sind leider oft Sprachungetüme, die keiner mehr versteht. Dahinter steckt aber auch die Neigung der Politi- ker, alles Wünschenswerte in die Grundgesetztexte zu zwängen. Der Artikel 12a zum Wehrdienst ist dafür ein ebenso trauriges Beispiel wie der Artikel 17a zur Einschränkung der Meinungs- und Ver- sammlungsfreiheit oder der Artikel 16 a zum Asyl- recht. Mit solchen ausufernden Regelungen wird wohl auch versucht, das Bundesverfassungsge- richt einzuhegen und die schmerzlichen Korrektu- ren der Richter in den roten Roben auf ein Mini- mum zu begrenzen. zig Jahre alt wurde, war es bereits mehr als sechzig Mal geändert wor- den. Betroffen war ungefähr jeder zweite Artikel, einige sogar mehrfach. Das Grund- gesetz, könnte man sagen, ist eine Dauerbaustel- le. Aber ist das schlimm? Nein. Es ist notwendig. Wichtig ist: Manches bleibt unantastbar. Eine Grundgesetzänderung darf weder den föderalen Staat in Frage stellen, noch die Mitwirkung der Länder an der Gesetzgebung schleifen und auch nicht die in den Artikeln 1 und 20 festgelegten Grundsätze berühren. Zudem sind die Hürden für eine Grundgesetzänderung hoch. Sowohl der Bun- destag als auch der Bundesrat müssen ihr mit Zweidrittelmehrheit zustimmen. Und doch muss Raum für Wandel sein. Das zeigt ein Blick in die Geschichte. In seiner An- fangszeit war das Grundgesetz gedacht als Provi- sorium für einen – damals noch nicht souveränen – Teilstaat. Gemacht mit Blick auf die Vergangen- heit, Leitgedanke „Nie wieder“. Seither hat das Land sich verändert. Und das Grundgesetz musste Schritt halten. Das war schon in den 1950er Jah- ren so, als es um die Frage der Wiederbewaffnung ging, bei den Notstandsgesetzen 1968, bei den Verfassungsänderungen nach der Wiedervereini- gung und auch, als 1994 der Umweltschutz als Staatsziel ins Grundgesetz aufgenommen wurde. Vergangenes Jahr dann wurde die Verfassung für das Bundeswehr-Sondervermögen geändert. Auch das eine Reaktion auf eine sich wandelnde Welt. Das Grundgesetz ist kein statisches Gebilde, darf es nicht sein. Wäre es das, würde es an Akzeptanz verlieren – und wie eine Verfassung für eine längst vergangene Zeit wirken. Raum für Wandel CONTRA A ls das Grundgesetz im Mai 2019 sieb- Mehr zum Thema der Woche auf den Seiten 1 bis 12. Kontakt: gastautor.das-parlament@bundestag.de Herausgeber Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Fotos Stephan Roters Mit der ständigen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte ISSN 0479-611 x (verantwortlich: Bundeszentrale für politische Bildung) Anschrift der Redaktion (außer Beilage) Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon (0 30) 2 27-3 05 15 Telefax (0 30) 2 27-3 65 24 Internet: http://www.das-parlament.de E-Mail: redaktion.das-parlament@ bundestag.de Chefredakteur Christian Zentner (cz) V.i.S.d.P. 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Frau Göring-Eckardt, Sie waren erst vor wenigen Wochen in der Ukraine und sagten im Februar, das Land verteidige nicht nur sich selbst, sondern auch unse- re Freiheit und Sicherheit. Was hat denn der Krieg in der Ukraine mit unserer Freiheit zu tun? Es geht dabei ja auch um einen Kampf der Systeme, der Demokratie gegen die Auto- kratie: Die Diktatur Russlands greift ein de- mokratisches Land an – ein Land, das sich intensiv auf den Weg der Demokratie ge- macht hat und dafür auch sehr viele selbst gestellte Aufgaben erfüllt, zum Beispiel die Korruptionsbekämpfung. Wir wissen, dass die Ukraine Teil der europäischen Familie ist. Dass dort die Freiheitsrechte verteidigt werden, liegt auf der Hand. Wenn man mit Ukrainerinnen und Ukrainern redet, be- sonders mit jungen Leuten, geht es ihnen darum, dass sie die Freiheitsrechte, die de- mokratische Verfassung hoch schätzen, dass sie sie verteidigen – trotz aller Gefahr für Leib und Leben, dass sie nie wieder in einer Diktatur landen wollen, wie es viele in der Sowjetunion erfahren haben. Und warum es auch um unsere Sicherheit geht? Wenn Russland merkt, dass es die Ukraine angreifen und Territorien ohne Widerstand besetzen kann, ist das natürlich auch eine Einladung in Richtung anderer Länder der Europäischen Union und der Nato. Sie sagten, das Land hat sich auf den Weg zur Demokratie gemacht. Die Bil- der vom Maidan in Kiew 2014, als der Platz voller Demonstranten war, erin- nern auch die Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989 in Leipzig, als Zehntausende auf die Straße gingen, oh- ne zu wissen, ob sie damit Freiheit oder Leben riskieren. Sehen Sie auch solche Parallelen? Es gab schon 2004 auf dem Maidan die Orangene Revolution, bei der zum ersten Mal junge Leute demokratische Entwick- lungen in der Ukraine eingefordert haben. Das war schon zehn Jahre vor dem Euro- maidan von 2014 – den Weg Richtung De- mokratie ist die Ukraine also schon viel länger gegangen. Ich stand 2004 und 2014 auf dem Maidan, und natürlich war das für mich mit Erinnerungen getränkt an die De- monstrationen am Ende der DDR, ob in Leipzig, in Berlin, in Plauen, in Erfurt bei mir zu Hause. Da gab es einen Moment, an dem sich zu einer kleinen Gruppe Op- positioneller die Menschen drumherum mit auf den Platz stellten. Einige hatten ei- nen Einkaufsbeutel, sind also nach dem Einkaufen mit zur Demonstration gegan- gen. Das wurde so zur Massenbewegung, die nicht mehr in der Diktatur leben woll- te, sondern in Freiheit. das Freiheitsversprechen Damals hieß es noch „Wir sind das Volk“, später dann „Wir sind ein Volk“ – da wurde der Ruf nach der Vereinigung mit der Bundesrepublik laut. Lockte da mehr des Grundgesetzes oder die Wohlstandsver- heißung der D-Mark? Es war mit Sicherheit beides. Ich gehörte zu der Zeit zu denen, die es erstmal mit ei- nem eigenständigen, dritten Weg versu- chen wollten, weil ich fand, dass es große Vorteile haben kann, demokratische Struk- turen auszuhandeln und zu entwickeln. Es ist anders gekommen, und das Wohl- standsversprechen war natürlich für viele sehr relevant – wobei es manchmal auch eine etwas undifferenzierte Wahrnehmung dieses westdeutschen Wohlstands gab. Die Bundesrepublik war in den Jah- ren der Teilung immer auch der Gegen- entwurf zur DDR – und umgekehrt. Hat das Grundgesetz mit seinen Freiheitsga- rantien auch den Herrschaftsanspruch der SED in Frage gestellt? Ja, natürlich, das hat es. Die SED war nicht nur die Staatspartei, sondern nahm für sich »Sie muss verteidigt werden« KATRIN GÖRING-ECKARDT Die Vizepräsidentin des Bundes- tages über das Grundgesetz und das Eintreten für Freiheits- bewegungen und Demokratie dass es eine Chance war, die wir hätten nutzen sollen. Denn das hätte auch dazu geführt, dass sich die alte Bundesrepublik nochmal fragt, ob sie unverändert so wei- termachen will. Und es hätte einen Aus- handlungsprozess darüber gegeben, was man gemeinsam wichtig findet. Im dama- ligen Verfassungsentwurf des Runden Ti- sches sind Elemente enthalten, über die wir bis heute diskutieren. Zum Beispiel? Zum Beispiel die Frage des Rechts auf Ar- beit oder des Rechts auf Wohnen. Aber auch die Frage direkter Demokratie. Di- rektdemokratische Elemente wurden dann abgetan, und jetzt lernen wir mühsam als Bundesrepublik gemeinsam – bis hin zu den Bürgerräten, die wir gerade einführen –, dass direktdemokratische Elemente total sinnvoll sind, um Akzeptanz für gemein- sam vorbereitete Entscheidungen zu schaf- fen. Die Erfahrung von Unfreiheit und Unterdrückung steckte auch den Mitglie- dern des Parlamentarischen Rates in den Knochen, die Weltkrieg und zwölf Jahre NS-Diktatur hinter sich hatten. Ist das dem Grundgesetz noch anzumerken? Auf jedem Fall ist das dem Grundgesetz anzumerken. Die Machtkonzentration auf eine Person oder Institution hat zuvor eine sehr große Rolle gespielt. Mit dieser Ge- schichte im Rücken lässt sich die parla- mentarische Vielfalt und Ländervielfalt besser verstehen, als wenn man nur das Gefühl hat, alles müsse mehrfach beraten werden, um die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen. Freiheitsrechte Für uns ist es heute selbstverständ- lich, mit einer Verfassung zu leben, die elementare garantiert. Machen wir uns zu wenig klar, dass die- se Rechte früher auch hierzulande blutig erstritten werden mussten? Der Blick in unsere Geschichte zeigt, wie dankbar wir für unsere heutigen Freiheiten sein können. Dass heute wieder so viele Demokratiefeinde und Demokratieveräch- ter in unserem Land laut sind und entspre- chende Wahlergebnisse lässt schon manchmal fragen, ob einige diese Geschichte vergessen haben. Vor allem aber folgt daraus, dass wir wissen müssen, dass Demokratie auch heute jeden Tag ver- teidigt werden muss. Manchmal geht es da- bei um Widerspruch bei rassistischen Sprü- chen auf der Familienfeier, ein anderes Mal um knallharte Strafverfolgung, wenn De- mokratiefeinde illegal Waffen horten. erzielen, Nochmal zu den Parallelen zwischen den Demonstrationen auf dem Maidan und den Montagsdemos in der DDR. Sol- che Parallelen gibt es auch zu heutigen Freiheitsbewegungen. Erwachsen daraus auch Verpflichtungen für uns? Dass wir es mit einer friedlichen Revoluti- on geschafft haben, lag an denen, die sie gemacht haben, aber auch daran, dass wir international unter massiver Beobachtung standen. Wenn man jetzt diejenigen über- all auf der Welt sieht, die heute unter Le- bensgefahr die Demokratie verteidigen oder erringen wollen, ist es für uns eigent- lich eine Selbstverständlichkeit, dort soli- darisch zu sein und zu unterstützen, wo wir können und es gewollt ist. Das ist eine Grundverpflichtung für uns, die wir in Frei- heit und Demokratie leben dürfen. Die Fragen stellte Helmut Stoltenberg. Katrin Göring-Eckardt (56) ist seit 2021 wie auch schon von 2005 bis 2013 Vizepräsidentin des Bundestages, dem sie seit 1998 angehört. Von 2002 bis 2005 sowie 2013 bis 2021 war die Thüringerin Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. © picture-alliance/photothek/Thomas Trutschel in Anspruch, zu wissen, was gut für die Leute ist. Dieses „Wir wissen, was euer Weg ist“, dieses „Wir entscheiden, ob du Abitur machen darfst und was du studieren darfst“, „Wir entscheiden, in welche Länder du reisen darfst und welche Bücher du le- sen darfst“ – das hat alles nichts mit den ersten Artikeln des Grundgesetzes zu tun, in denen es um die Würde und Freiheit des Einzelnen geht bis hin zur gelebten Religi- onsfreiheit. Das Grundgesetz hat in jeder Hinsicht dem widersprochen, was die SED für sich in Anspruch genommen hat. 1990 ging es dann darum, ob die DDR dem Grundgesetz beitritt oder eine neue Verfassung für ganz Deutschland erarbeitet und zur Abstimmung gestellt werden soll. War es eine verpasste Chan- ce, auf eine solche gesamtdeutsche Verfas- sung zu verzichten? Auf der einen Seite war es schwer, einen solchen Weg gehen zu wollen, weil sehr viele nationale und internationale Fragen in sehr kurzer Zeit geklärt werden mussten und Handlungsfenster drohten kleiner zu werden. Auf der anderen Seite sage ich klar, PARLAMENTARISCHES PROFIL Die Vielgereiste: Katrin Uhlig Dass die Entscheidung für den Ort des Parlamentari- schen Rates auf Bonn fiel, nicht auf Frankfurt, Karlsru- he oder Celle, das kann Katrin Uhlig verstehen: „Es ist Zuhause“, sagt sie. Uhlig vertritt im Bundestag in Ber- lin den Bonner Wahlkreis, und wenn die Grüne am Rhein auf den alten Plenarsaal des Bundestags blickt, „ist das für mich ein Zei- chen des demokratischen Lebens“. Für sie, die 2021 mit einem Vorsprung von 216 Voten die Erststim- men gewann, war Bonn als Lebensort erste Wahl gewesen. Sie ar- beitete in den Zehnerjahren für die Landtagsfraktion in NRW, brauchte eine neue Wohnung und entschied sich für 45-minütiges Pendeln zwischen Bonn und Düsseldorf. Da sei das Stadtzentrum, der Bezug zu Beethoven, der rheinische Karneval „und ein interna- tionales Flair“, schwärmt sie. Immerhin beherbergt die Stadt im- mer noch Bundesbehörden und den extraterritorialen UN-Campus, „Leute mit ihren Badges prägen zuweilen schon die Straßen“. In Berlin sitzt die 40-Jährige im Ausschuss für Klimaschutz und Energie, „ich bin froh, dass die Fraktion mir dieses Privileg gege- ben hat.“ Im Gespräch, hier in ihrem Büro aus Holzwänden, wird ihr selbst auffallen, dass sie dieses Wort oft benutzt: Privileg. Dass sie irgendeine Tätigkeit nur nebenbei verrichten würde, kann man sich schwer vorstellen. An diesem Freitag fährt sie nicht mit dem Zug von Berlin nach Bonn zurück: Es gibt einen digitalen Parteiter- min am Abend – „bei den Baustellen und Funklöchern auf der ICE- Strecke ist mir das zu unsicher mit dem W-LAN, deshalb nehme ich den Zug erst am Samstag“. In die Politik kam sie wegen des Klimawandels. „Das war und ist einfach zu wichtig“, sagt sie, erklärt es wie eine Selbstverständlich- keit: Die in Wuppertal Aufgewachsene arbeitete nach ihrem Studi- um bei der European Climate Foundation in Den Haag, dann als wissenschaftliche Mitarbeiterin für Energie und Klimaschutz im Landtag und als Fachgebietsleiterin beim Bundesverband der Ener- gie- und Wasserwirtschaft. Es war die Zeit, in der sie bei den Grü- nen eintrat, es passte am besten. ..................................................................................................................................................... i i k s n m a K / g a t s e d n u B / e n ü r G © »Es ist ein Privileg, so viele Bereiche kennenzulernen. Zu erfahren, was Menschen bewegt, im Positiven wie im Negativen.« Und Uhlig begann sich auf lokaler Ebene zu engagieren, wurde Beisitzerin im Kreisvorstand Bonn und dann Co-Vorsitzende. Man hört, sie habe damals eine Menge geleistet – dann also die Kandi- datur für den Bundestag und dann die Klimapolitik in Berlin; folge- richtig angesichts ihres Lebenslaufs, aber für eine Newcomerin auch nicht selbstverständlich in einer Fraktion, die auf dem Gebiet eine gewisse Kernkompetenz für sich beansprucht. Zuerst hatte die Abiturientin an ein Medizinstudium gedacht, sich auch erfolgreich auf einen Platz beworben. Aber Uhlig hatte auch von einem Fach gehört, das in wenigen Worten schwer zu be- schreiben ist – vielleicht reizte das Studium in Sprachen, Wirt- schafts- und Kulturraumstudien an der Passauer Universität sie auch deshalb. Sie kam herum. Nach Spanisch und Mandarin im Vordiplom zog sie für ein Jahr nach Peking; die USA hatte sie be- reits als Austauschschülerin kennengelernt, im Studium legte sie ferner in San Juan einen Stopp ein. „Die Sprache und Kultur faszi- nierten mich“, sagt sie zum Chinesischen. Aber dann war da der Klimawandel. Der legte sich über jede Faszi- nation. Uhlig begann nach dem Studium in Den Haag, der Rest ist bekannt. Ihr Büro ist spartanisch eingerichtet, Informationen über die beste Pekingente in Berlin, oder rheinische Lokale in der Hauptstadt, sind ihr schwer zu entlocken – „ich bin in Berlin, um zu arbeiten“. Und in Bonn? „Für mich als Wahlkreisabgeordnete ist es ein Privileg, so viele Themenbereiche kennenzulernen – das würde ich in einer an- deren Position nicht. Zu erfahren, was Menschen bewegt, im Posi- tiven wie im Negativen.“ Nun sucht sie in einem großen unausgepackten Pappkarton nach einer Karte. Die erklärt vielleicht, warum sich die Delegierten des Parteitages für sie als Wahlkreiskandidatin entschieden: Sie hatte vorher an ihrem Monitor geklebt, darauf der Spruch: „Könnte, wollte, müsste, machen.“ Die ersten drei Worte sind durchgestri- chen. Jan Rübel T