2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 25 - 19. Juni 2023 GASTKOMMENTARE IST EIN NATIONALER SICHERHEITSRAT NÖTIG? Zwingend notwendig PRO Deutschland verfügt nun über eine Si- s b e r K s a e r d n A © Eva Quadbeck, Redaktionsnetzwerk Deutschland d a R m i s s a N i / l e g e p s s e g a T © Anja Wehler-Schöck, »Der Tagesspiegel«, Berlin Gibt schon Gremien CONTRA Einen Nationalen Sicherheitsrat wird es in cherheitsstrategie, aber leider über kein Gremium, das die Vorhaben mit Leben füllt und umsetzt. Dabei wäre dies umso dringender, als dass die Sicherheitsstra- tegie zwar viele richtige Hinweise und Ansätze enthält. Am Ende bleibt aber doch im Nebel, wie Deutschland konkret seine Wehrhaftigkeit stärken, sich vor den Folgen von Naturkatastrophen schüt- zen und Cyberangriffe verhindern wird. Ein nationales Gremium für die Sicherheit des Lan- des ist in einem föderalen Staat wie Deutschland zwingend notwendig. Sicherheitslücken im Verfas- sungs- und Datenschutz bei der Verfolgung von Kriminalität und dem Schutz vor Verbrechen sind allzu oft auf die durch den Föderalismus zerklüfte- te Behördenlandschaft zurückzuführen. Deutsch- lands Rückständigkeit im Digitalen tut ihr Übriges dazu, dass auch der sicherheitsrelevante Informa- tionsfluss zwischen Behörden nicht funktioniert. Spätestens der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hätte für die Bundesregierung Anlass sein müssen, einen Nationalen Sicherheitsrat ins Leben zu rufen. Nun lassen der Kanzler und sein Kabinett durchblicken, man brauche ein solches Gremium gar nicht. Das aber ist eine Verschleierung der Tat- sachen. In Wahrheit konnten sich das Kanzleramt und das Außenministerium nicht über Ausrichtung und Zuständigkeiten einigen. Dabei lautet die Binsenweisheit: Stärke nach au- ßen setzt Einigkeit im Innern voraus. Ein Nationa- ler Sicherheitsrat wäre also operativ und symbo- lisch hilfreich für den Schutz von Bevölkerung, In- frastruktur und Wirtschaft. In akuten nationalen Notlagen braucht es ohnehin ein solches Gremi- um. Man führe sich vor Augen, wie sehr ein sol- cher Rat in der Pandemie gefehlt hat. Deutschland auf absehbare Zeit nicht ge- ben. Soviel steht mit der Veröffentlichung der Nationalen Sicherheitsstrategie nun fest – und kommt wenig überraschend. Denn auch der Streit um die Einrichtung eines solchen Rats hatte die Verabschiedung der Strategie monate- lang verzögert. Geht es um die mögliche Verschie- bung von Kompetenzen zwischen Ressorts, wird in Berlin mit harten Bandagen gekämpft. Ein Gremium nach Vorbild des US-amerikanischen National Security Council, das beim Präsidenten angesiedelt ist, wurde von manchen als Heilsbrin- ger im deutschen Ringen um strategischen Klar- blick gesehen. Doch während eine verbesserte Ab- stimmung und engere Verzahnung zwischen den Ressorts in Fragen nationaler Sicherheit bitter Not tut, muss Deutschland dafür keine neuen Struktu- ren schaffen. Tatsächlich gibt es mit der Abteilung 2 im Bundeskanzleramt bereits einen Unterbau, der dem des NSC durchaus ähnlich ist. Und mit dem Bundessicherheitsrat und dem Sicherheitska- binett existieren Gremien, in denen eine regelmä- ßige Abstimmung stattfinden kann. Um die Koordinierung zu verbessern, müssten ihre Rolle aufgewertet und ihre Ausstattung erweitert werden. Dafür braucht es politischen Willen. Dass die neue Strategie – die noch dazu den Titel „Inte- grierte Sicherheit“ trägt – die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Ressorts weitge- hend ausklammert, ist bedauerlich. Es lässt be- fürchten, dass das Ressortdenken auch künftig die Entscheidungsprozesse bestimmen wird. Und lässt Zweifel aufkommen, wie unter solchen Vorausset- zungen die Nationale Sicherheitsstrategie syste- matisch und koordiniert umgesetzt werden kann. Mehr zum Thema der Woche auf den Seiten 1 bis 3. Kontakt: gastautor.das-parlament@bundestag.de Bisher haben Bundesregierungen von Zeit zu Zeit ein Weißbuch zur Sicher- heitspolitik erarbeitet. Jetzt hat die Re- gierung eine Nationale Sicherheitsstrate- gie beschlossen. Was ist daran anders? Die Nationale Sicherheitsstrategie ist unter Beteiligung des Bundeskanzlers, aller Bun- desministerien sowie der Bundesländer entstanden. Sie ist damit umfassender als die Weißbücher, die sich relativ eng auf Verteidigungs- und Sicherheitspolitik kon- zentriert haben. Beißt sich eine Nationale Sicherheits- strategie nicht mit Bestrebungen auf EU-Ebene, eine geopolitische Strategie und eine Politik der integrierten Sicher- heit zu entwickeln? Im Gegenteil. Europäische Partner wie Franzosen und Spanier haben auch ihre ei- genen nationalen Sicherheitsstrategien for- muliert. In den 2000er Jahren wurde eine Europäische Sicherheitsstrategie erarbeitet, die mit dem Strategischen Kompass 2022 aktualisiert worden ist. Entscheidend ist, dass sich die Sicherheitsstrategien zur Stär- kung der Europäischen Union bekennen. Die deutsche tut das völlig eindeutig, inso- fern ist da kein Widerspruch. Sicherheitsstrategie Im Koalitionsvertrag von 2021 heißt es: „Wir werden im ersten Jahr der neu- en Bundesregierung eine umfassende Na- tionale vorlegen.“ Jetzt hat es deutlich länger gedauert. Was waren die Gründe für die Verzöge- rung? Diejenigen, die die deutsche Sicherheits- strategie wollten, haben sich an das Vorge- hen in den USA angelehnt. Dort wird die Strategie alle vier Jahre aktualisiert, mit klarem Fokus auf außen- und sicherheits- politische Herausforderungen. Aber im Laufe der Erarbeitung hier in Berlin wurde deutlich, dass der Sicherheitsbegriff breiter verstanden wird und Aspekte der inneren Sicherheit hinzukamen. Insofern haben auch das Innenministerium und die Bun- desländer eine stärkere Rolle gespielt, als sie es in den USA bei der Strategie-Erarbei- tung tun. Das hat den Prozess verlangsamt, es war aber gleichzeitig eine enorm wichti- ge Lernerfahrung. Wenn bei Amtsantritt der nächsten Bundesregierung eine dann neue Sicherheitsstrategie entwickelt wird, weiß man schon, wer zu beteiligen ist. Es gab aber doch auch Kompetenzge- rangel, manche sagen auch Eifersüchte- leien zwischen den beteiligten Ressorts, die zu einer Verzögerung geführt haben. Das ist, glaube ich, normal. Und natürlich ist die Erarbeitung einer Nationalen Sicher- heitsstrategie kein Vorgang, bei dem man sämtliche Kompetenzstreitereien zwischen Ministerien wie auch zwischen verschiede- nen Ebenen des politischen Systems der Bundesrepublik auflösen kann. Insofern: Ja, es hat Gerangel gegeben, aber das ist in Berliner Prozessen völlig normal. Am Ende ist entscheidend: Gibt es ein Ergebnis? Und da lautet die Antwort: Ja. Von Vielen sowohl aus der Wissen- schaft als auch aus der Politik war im Vorfeld gefordert worden, einen Nationa- len Sicherheitsrat zu schaffen, gerade an- gesichts der aktuellen Lage. Dazu kommt es jetzt nicht. Wie sehr bedauern Sie das? Das bedauere ich und das ist ein Mangel. Die Nationale Sicherheitsstrategie hätte auch institutionell umgesetzt werden müs- sen. Alle unsere wichtigen Partner haben einen solchen Nationalen Sicherheitsrat, Deutschland ist hier eine Ausnahme. Die FDP, die den gesamten Prozess ja aufs Gleis gesetzt hat, die Rat und Strategie im Wahlprogramm hatte und dann noch in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt hat, wird weiterhin daran arbeiten, einen solchen Nationalen Sicherheitsrat einzu- richten. »Das ist ein Mangel« ALEXANDER GRAF LAMBSDORFF Der FDP-Fraktionsvize wirbt weiter für die Schaffung eines Nationalen Sicherheitsrates © fdpbt.de Zu China enthält das Dokument we- nig, hierzu soll irgendwann eine sepa- rate Chinastrategie der Bundesregie- rung vorgelegt werden. Aber ist eine Nationale Sicherheitsstrategie, welche eine der größten Herausforderungen weitgehend ausklammert, nicht ein Tor- so? Die Nationale Sicherheitsstrategie ver- steht sich ausdrücklich als Dachstrategie. Sie setzt in Bezug auf China, aber auch in Bezug auf Russland und andere Länder und Regionen den Ton. Sie ist aber nicht gleichbedeutend mit der konkreten Poli- tik, diese wird in Einzelstrategien im De- tail ausgearbeitet. Interessant ist daher, wie die Nationale Sicherheitsstrategie das Thema China intoniert, denn hier zeich- net sich der Duktus der kommenden Chi- na-Strategie ab. Viele Länder, die man früher als Blockfreie bezeichnet hätte, zeigen jetzt wenig Neigung, sich der Position des speziell zu Russland anzu- Westens schließen. Es zeichnet sich also ab, dass PARLAMENTARISCHES PROFIL der Westen möglicherweise einsamer ist, als man gedacht hätte. Gibt es in der Nationalen Sicherheitsstrategie An- sätze, die dem Rechnung tragen? Die gibt es und die waren uns auch be- sonders wichtig. Denn die Beschreibung, wie Sie sie in Ihrer Frage formulieren, ist ja zutreffend. Gerade Staaten in Afrika, aber auch die sogenannten BRICS-Staaten tun sich schwer damit, sich einfach dem Westen anzuschließen. In der Nationalen Sicherheitsstrategie ist der sehr klare Ap- pell enthalten, auf diese Länder zuzuge- hen, die Zusammenarbeit und das gegen- seitige Verständnis für die jeweiligen Posi- tionen zu vertiefen. Mit anderen Worten: Das Problem ist erkannt, es ist damit zwar noch nicht gebannt, aber es kann jetzt bearbeitet werden. Wir sollten die Strategie nicht als Abschluss, sondern als Anfang eines oder mehrerer Prozesse an- sehen. Insofern ist Vieles, das in der Stra- tegie enthalten ist, ein Arbeitsauftrag für die Zukunft. Es gab unmittelbar nach der Vorstel- lung der Nationalen Sicherheitsstrate- gie von verschiedenen Seiten die Kritik, da wären viele schöne Sätze drin, aber das alles sei nicht im Haushalt mit Prioritäten unterlegt. Ich kann verstehen, dass man fragt, wie das alles bezahlt werden soll, auch da wir in einer wirtschaftlichen Rezession ste- cken und die Haushaltsmittel knapp sind. Auf der anderen Seite enthält die Strategie ein bemerkenswert deutliches Bekenntnis zum Zwei-Prozent-Ziel der Nato für die Bundeswehr, das auch Bun- desfinanzminister Lindner im Zuge der Vorstellung der Strategie noch einmal be- tont hat. Das ist natürlich eine ausgaben- wirksame Aussage. Ich glaube, wir werden in den Haushaltsverhandlungen der nächsten Wochen und Monate sehen, dass die bessere Ausstattung der Bundes- wehr und die Schließung von Fähigkeits- lücken unserer Streitkräfte als klare Priori- tät erkannt worden sind. Sie sind gelernter Diplomat und sol- len bald neuer deutscher Botschafter in Moskau werden. Die Benennung eines außenpolitischen Schwergewichts, wie Sie es sind, auf diesen Posten ist zwei- fellos ein politisches Signal. Mit wel- chen Gedanken und welchen Gefühlen gehen Sie diese Aufgabe an? Mit Dankbarkeit, dass die Bundesregie- rung mir diese Aufgabe zutraut, aber auch in dem Bewusstsein, dass die politischen Beziehungen zu Russland zurzeit in einer ganz schwierigen Phase stecken. Die Hoffnung muss sein, dass sich das eines Tages verbessert, nur leider gibt es derzeit kaum Anzeichen, die darauf hindeuten. Und wie groß ist die Wehmut des streitlustigen Politikers, der Sie bald nicht mehr sein dürfen? Ich habe die Entscheidung ja bewusst ge- troffen, niemand hat mich dazu gezwun- gen. Insofern, ja, es wird den einen oder anderen Moment geben, wo es mich in den Fingern juckt und ich gerne einen Tweet absetzten möchte. Ich bin aller- dings, wie Sie selber gesagt haben, gelern- ter Diplomat, werde mich entsprechend zurückhalten und hoffe dann, dass mich das nicht allzu sehr belastet. Aber ich bin da ganz zuversichtlich. Das Gespräch führte Peter Stützle. T Alexander Graf Lambsdorff ist stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion und seit 2017 Abgeordneter des Deutschen Bundes- tages. Zuvor war er Mitglied des Europäischen Parlaments und von 2013 bis 2017 dessen Vizepräsident. Herausgeber Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Fotos Stephan Roters Mit der ständigen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte ISSN 0479-611 x (verantwortlich: Bundeszentrale für politische Bildung) Anschrift der Redaktion (außer Beilage) Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon (0 30) 2 27-3 05 15 Telefax (0 30) 2 27-3 65 24 Internet: http://www.das-parlament.de E-Mail: redaktion.das-parlament@ bundestag.de Chefredakteur Christian Zentner (cz) V.i.S.d.P. Stellvertretender Chefredakteur Alexander Heinrich (ahe) Redaktion Dr. Stephan Balling (bal) Lisa Brüßler (lbr) Carolin Hasse (cha) (Volontärin) Claudia Heine (che) Nina Jeglinski (nki) Claus Peter Kosfeld (pk) Johanna Metz (joh) Elena Müller (emu) Sören Christian Reimer (scr) CvD Sandra Schmid (sas) Michael Schmidt (mis) Denise Schwarz (des) Helmut Stoltenberg (sto) Alexander Weinlein (aw) Redaktionsschluss 16. Juni 2023 Druck und Layout Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH & Co. KG Kurhessenstraße 4– 6 64546 Mörfelden-Walldorf Leserservice/Abonnement Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 32 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 32 E-Mail: fazit-com@cover-services.de Anzeigenverkauf, Anzeigenverwaltung, Disposition Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 36 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 36 E-Mail: fazit-com-anzeigen@cover-services.de Abonnement Jahresabonnement 25,80 €; für Schüler, Studenten und Auszubildende (Nachweis erforderlich) 13,80 € (im Ausland zuzüglich Versandkosten) Alle Preise inkl. 7% MwSt. Kündigung jeweils drei Wochen vor Ablauf des Berechnungszeitraums. Ein kostenloses Probeabonnement für vier Ausgaben kann bei unserer Vertriebsabteilung angefordert werden. Namentlich gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. 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Ein bisschen wie ein unabhängiger Richter, wenn der Vize-Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses die Nationale Sicherheitsstrategie (NSS) kommentiert, welche eine Bundesregierung erstmals vorleg- te. „Es war notwendig, endlich einmal einen Blick darauf zu rich- ten, was Sicherheit alles bedeutet“, sagt er am Telefon, „und das ist eben nicht nur militärisch“. Erndl, 48, zählt Facetten auf: Dazu gehörten mitunter die Erfahrungen aus Corona, die Lieferketten, „es ist indes ein Prozess, der verinnerlicht werden muss, von der Regierung wie von der Gesellschaft, um sich regelmäßig damit auseinanderzusetzen“. Ansonsten, so Erndl, drohe der Sicherheits- strategie ein Schicksal wie dem Weißbuch. „Ob das Ganze das Papier wert ist, wird sich durch konkretes Han- deln erweisen“, so der Bayer weiter. „Für uns in der Union ist es elementar, dass der Verteidigungsetat signifikant gesteigert wird, und zwar im regulären Haushalt – die NSS hat dazu nur eine vage Formulierung.“ Auch moniert er, dass sich die Koalition nicht auf einen Nationalen Sicherheitsrat einigen konnte. „Er wäre wichtig als Analyse-Gremium, bei dem Dinge zusammenlaufen.“ Warum also gab es keine solche Sicherheitsstrategie unter der Kanzlerschaft Angela Merkels? „Mit Corona, Donald Trump und dem Ukraine-Krieg kamen schon neue Entwicklungen“, sagt er. Und schiebt dann hinterher: „Man kann schon kritisch einräumen, dass man sowas auch schon vor zehn Jahren hätte machen kön- nen, aber damals hat man mit dem Weißbuch Sicherheit eben en- ger betrachtet.“ Dass der studierte Elektrotechniker im Bundestag für Außenpolitik zuständig ist, überrascht auf den ersten Blick. „Ich arbeitete nach meinem Studium in der Halbleiterindustrie“, erklärt er, „das ist ei- ..................................................................................................................................................... k c i r K / e c n a i l l a - e r u t c i p / a p d © »Für uns in der Union ist es elementar, dass der Verteidigungsetat signifikant gesteigert wird – und zwar im regulären Haushalt.« ne globale Industrie, transkontinental. Ich hatte viel Austausch mit Kollegen und Kunden weltweit.“ Neben der Leidenschaft für Tech- nik habe es da seit seiner Jugend eine für Politik gegeben. Bei sei- nem Einzug in den Bundestag im Jahr 2017 bewarb sich Erndl für den Ausschuss Wissenschaft und Forschung – das war der techni- sche Teil seiner Interessen. Parallel aber bewarb er sich für den Aus- wärtigen Ausschuss – der politische Teil seiner Interessen. Im Elternhaus in Künzing sei jetzt nicht regelmäßig über Politik dis- kutiert worden, „aber die Eltern sind interessiert und wählen na- türlich CSU“ – wie das halt oft passiert. Die Region ist konservativ geprägt. Sein Freundeskreis in der Jugend sei politisch gewesen, man habe viel diskutiert, zuerst über lokale Themen, dann kamen andere, auch globale, hinzu. Mit 15 war er Zeitungsleser, mit 16 trat er in die JU ein, die Jugendorganisation der Union. Nach dem Realschulabschluss folgten eine Ausbildung zum Energieelek- troniker, dann die Fachoberschule und der Wehrdienst, schließlich das Studium an der Fachhochschule Passau, Schwerpunkt Mikro- elektronik. Erndl kam im Job herum. Der Politik aber blieb er erhal- ten, sitzt seit 2002 im Gemeinderat Künzing. Dann kam die Chance im Bund. 2017 gewann Erndl den Wahlkreis Deggendorf und ver- teidigte ihn 2021 – einer mit 55 Kommunen; im letzten Wahlkampf fuhr er jeden mit dem Fahrrad an. Seit 2017 wandelt er also nun zwischen zwei Welten. Die eine ist in Berlin, dazu mit der Außenpolitik. Die andere ist im Wahlkreis, da geht es um Fördermittel und andere Anliegen. Und manchmal kommt man in der Hauptstadt zusammen, in der „Ostbayernrun- de“, einem Zusammenschluss von CSU-Abgeordneten, um Interes- sen für den ländlich geprägten Raum zu formulieren. Der Runde steht Erndl vor. Eine „starke Stimme“ solle die Region haben. Wa- rum öffnet sich der Kreis dann nicht gegenüber Abgeordneten an- derer Fraktionen? „Erstmal suchen wir Verbündete in den eigenen Reihen, dann zieht es weitere Kreise“, sagt er. Es klingt abgewo- gen, wieder einmal. Jan Rübel T