Das Parlament - Nr. 39 - 23. September 2023 IM BLICKPUNKT 9 Ein rätselhafter Fall CORONA Die Suche nach dem Ursprung des Coronavirus Sars-Cov-2 ist eine komplizierte, langwierige Puzzlearbeit. Fachleute halten einen natürlichen Ursprung für wahrscheinlich, diskutiert wird aber auch über einen möglichen Laborunfall. Wissenschaftler und Politiker hoffen auf mehr Daten aus China und die Bereitschaft zur Kooperation fährlich bezeichnen könnte“, sagte er in dem Interview. Er habe von diesen Versu- chen nichts gewusst. In dem Statement in „The Lancet“ hätten er und andere Forscher „für die Kollegen aus Wuhan die Hand ins Feuer gelegt, wurden aber über die Projekte nicht informiert“. Er bevorzuge jedoch nach wie vor die These, dass es sich um ein natürliches Phänomen handele „und dass man die Spuren davon noch irgendwo fin- den kann“. Drosten vermutet eine Übertra- gung mittels Schleichkatzen oder Marder- hunden als Zwischenwirte. Auffällige Proteine Theißen fasst in sei- nem Buch die Fragestellungen bezüglich der Evolution des Virus zusammen. So sei etwa das Spike-Protein auf der Oberfläche von Sars-Cov-2 mit der dortigen Rezeptor- bindedomäne (RBD) erstaunlich gut an den Menschen angepasst. Die RBD von Sars-Cov-2 scheine „wie geschaffen“ für menschliche Zellen. Die RBD beim Virus sind das Gegenstück zum ACE2-Rezeptor (Angiotensin Converting Enzyme) beim Menschen. Die ACE2-Rezeptoren gelten beim Men- schen als Eintrittspforte für das Virus. Sars- Cov-2 kann von dort leicht in die Atemwe- ge gelangen. Womöglich sei dies im Labor erreicht worden, indem das Virus zuvor Mäusen mit menschlichen ACE2-Rezepto- ren injiziert wurde, mutmaßt Theißen. Auffällig ist nach Ansicht von Forschern auch die sogenannte Furin-Schnittstelle beim Coronavirus, die bei solchen Viren normalerweise nicht vorkommt und die Infektiosität des Erregers beeinflusst. Die Furin-Schnittstelle könnte durch geneti- sche Manipulation eingebaut worden sein, meint der Genetiker Theißen. Auch Dros- ten nimmt in dem SZ-Interview Bezug auf dieses Merkmal und räumt ein: „Das Einfü- gen einer Furin-Spaltstelle wäre ein theore- tisch denkbares Laborexperiment.“ Die Fu- rin-Spaltstelle sei „zwar auffällig, aber kein Beweis für einen nicht-natürlichen Ur- sprung“. an W enn in den USA das Federal Bureau of Investigation (FBI) die Ermitt- lungen sich zieht, geht es nicht um kleine Fische. Seit sich das FBI Ende Februar 2023 im „Fall Corona“ zu Wort ge- meldet hat, ist allen klar, dass die Pande- mie wohl nicht als „cold case“ zu den Ak- ten gelegt wird. FBI-Direktor Christopher Wray gab sich im konservativen US-Sender „Fox News“ keine Mühe, um die Sache he- rumzureden: „Das FBI geht schon seit ge- raumer Zeit davon aus, dass der Ursprung der Pandemie höchstwahrscheinlich ein möglicher Laborunfall in Wuhan ist.“ Wray fügte hinzu: „Hier geht es um ein mögli- ches Leck in einem von der chinesischen Regierung kontrollierten Labor.“ Das hören die Chinesen trotz der Ein- schränkung „möglich“ nicht gerne und de- mentierten die These. China verfolgt offi- ziell zwei Linien: Entweder ist das Virus aus dem Ausland gekommen und/oder na- türlichen Ursprungs. Der US-Kongress verabschiedete 2023 ein Gesetz, wonach Geheimdienstkoordinato- rin Avril Haines so viele Informationen wie möglich über den Ursprung des Virus frei- geben und der Öffentlichkeit zugänglich machen sollte. US-Präsident Joe Biden un- terzeichnete das Gesetz im März 2023. Er setze darauf, künftige Pandemien besser verhindern zu können, hieß es. Komplexe Recherchen Das Wissen über das Virus und die Krankheit Covid-19 ist in den Pandemie-Jahren enorm gewach- sen. Allerdings stehen Wissenschaftler, Me- diziner, Gesundheitspolitiker und die Be- völkerung in der zentralen Frage, woher das Virus eigentlich stammt, noch immer vor einem Rätsel. Welchen Weg hat der Er- reger genommen, und wo ist er erstmals auf einen Menschen übergesprungen? Diese Fragen beschäftigen Experten welt- weit, manche Wissenschaftler vergleichen die komplexen Recherchen mit einem un- gelösten Kriminalfall, wobei die Frage im Raum steht, ob der Fall überhaupt noch zu lösen ist. Zoonosen, also die Übertragung eines Erre- gers von Tieren auf Menschen (und umge- kehrt), sind Teil der Evolution, das kann man ungünstig finden, verhindern lässt es sich nicht. Die Rolle Chinas im Kampf ge- gen das Coronavirus wurde allerdings von Anfang an skeptisch verfolgt, insbesondere von Politikern, die dem autoritär geführten Land vorhalten, nicht alle relevanten Da- ten offenzulegen oder eine effektive Unter- suchung der Herkunft des Virus gezielt zu verhindern. Der ehemalige amerikanische Präsident Donald Trump sprach vom „China-Virus“ und sorgte damit für Empörung, weil eine einseitige und zudem unbelegte Schuldzu- weisung kein sinnvoller Beitrag im Kampf gegen einen internationalen Gesundheits- notstand ist. In der Folge schlugen sich se- riöse Forscher auf die Seite Chinas, schon um den Verschwörungsmythen Trumps et- was entgegenzusetzen, was in Teilen der Wissenschaft ebenfalls für Kopfschütteln sorgte. Wildtiere Experten halten es für wahr- scheinlich, dass die Corona-Pandemie auf einem Wildtiermarkt in der chinesischen Millionenstadt Wuhan begann, denselben Weg hat nach bisheriger Erkenntnis schon Sars-Cov-1 vor rund 20 Jahren genommen, das vermutlich von Fledermäusen über Schleichkatzen und Marderhunde als Zwi- schenwirte auf Menschen übergesprungen ist. Andere Forscher wie auch die Weltge- sundheitsorganisation (WHO) verweisen auf die Nähe spezialisierter biologischer Si- cherheitslabore in Wuhan zum Fischmarkt Huanan, auf dem vor dem Corona-Aus- bruch auch Wildtiere gehandelt wurden. Die WHO entsandte Mitte Januar 2021 ei- ne Expertenkommission nach Wuhan, um dort mit Fachleuten aus China den mögli- chen Ursprung des Virus zu ergründen. China hatte zuvor eine unabhängige Un- tersuchung abge- lehnt. Die mehrwöchige Forschungsreise erbrachte keine eindeutigen Ergeb- nisse, offenbar auch deswe- gen, weil die Chinesen den Zugriff auf wichtige Rohda- ten aus biologischen Insti- tuten verweigerten, wie Ex- perten der WHO anschlie- ßend beklagten. lange Vier Szenarien Die WHO fasste die Rechercheergeb- nisse der Reise nach China in einer Studie mit vier Szenarien zum Ur- sprung des Corona-Virus zusammen. Mög- lich bis wahrscheinlich ist demnach eine direkte Übertragung von einem Tier auf den Menschen. Wissenschaftler halten es für denkbar, dass Fledermäuse das Virus übertragen haben. Andererseits ist eine di- rekte Corona-Infektion von einer Fleder- maus auf einen Menschen bisher nicht nachgewiesen worden. Zudem ist Wuhan rund 1.600 Kilometer entfernt von den be- kannten Fledermaushöhlen in Yunnan, wo in Fledertieren Antikörper gegen das Virus gefunden wurden. Eine wahrscheinliche bis sehr wahrschein- liche Variante ist die Übertragung von ei- nem Zwischenwirt auf den Menschen. Hier kommen Schuppentiere oder Nerze in Be- Die Rolle Chinas im Kampf gegen das Virus wurde immer skeptisch verfolgt. tracht, die auf Wildtiermärkten verkauft wurden, somit wäre der Markt in Wuhan ein denkbarer Corona-Hotspot gewesen. Nach einer dritten Variante, die von der WHO als möglich eingeschätzt wird, ist das Virus über gefrorene oder gekühlte Nah- rungsmittel verbreitet worden. So könnte das Virus auch nach China importiert wor- den sein, eine Variante, die von Offiziellen in China gerne genannt wird. Die Men- schen hätten sich entweder an der konta- minierten Verpackung infiziert oder an dem Tier. Kritiker dieser Theorie geben zu bedenken, dass eine Oberflächeninfektion bei Sars-Cov-2 selten ist und es keine Hin- weise darauf gibt, dass es durch eine Le- bensmittelinfektion zu Ausbrüchen kam. Außerdem bleibt ungeklärt, warum die In- fektionen zu Beginn in Wuhan und nur dort aufgetreten sind. Laborhypothese In These vier geht es um die Mög- lichkeit eines Laborunfalls in China. Viele Wissen- schaftler, darunter chinesi- sche Forscher sowie die dortige Regierung schließen diesen Ursprung des Virus kategorisch aus. Die WHO spricht in ihrer Analyse von unwahr- einem äußerst scheinlichen Fall, zumal es sich auch bei den bisheri- gen Epidemien mit Coronaviren (SARS/ MERS) offenkundig um natürliche Zoono- sen handelte. Jedoch merkt die WHO in ihrem Bericht an, dass eines der Labore in Wuhan, die sich mit Fledermausviren be- fassen, ausgerechnet Anfang Dezember 2019 in der Stadt umgezogen ist, und zwar in die Nähe das Huanan-Marktes, von wo aus die Epidemie vermutlich ihren Anfang nahm. Die Laborhypothese beinhaltet genauge- nommen zwei Szenarien: Bei Laborarbei- ten könnte das Originalvirus entwichen sein. Alternativ wäre es auch denkbar, dass im Labor ein verändertes Virus geschaffen wurde, das entwichen ist. Hier kommt die umstrittene Gain-of-function-Forschung (GOF) ins Spiel, die das Ziel verfolgt, Appell an China Nach der ergebnislosen Spurensuche in China 2021 machte die WHO im Februar 2023 klar, dass der Fall Corona nicht zu den Akten gelegt wird. WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghe- breyesus forderte China dazu auf, bei der Suche nach dem Ursprung von Sars-Cov-2 stärker zu kooperieren. WHO-Nothilfeko- ordinator Mike Ryan erklärte, der Rat un- abhängiger Experten für Strategien bei der Suche nach den Ursprüngen neuer Krank- heitserreger (Sago) habe klare Empfehlun- gen für die in China nötigen Studien gege- ben. „Solange wir diese Studien nicht ha- ben, bleiben alle Hypothesen zum Ur- sprung des Virus auf dem Tisch.“ Damit spielte er auf die Laborhypothese an. Die WHO weiß, dass ohne die Hilfe Chinas keine Fortschritte bei der Lösung des Coro- na-Falls zu erwarten sind. WHO-Direktor Tedros legte im März 2023 nach und forderte alle Länder dazu auf, Er- kenntnisse über den Ursprung des Virus zu teilen. Tedros versicherte, es gehe nicht da- rum, Schuldige zu finden, sondern darum, „den Ursprung der Pandemie besser zu ver- stehen, um künftigen Epidemien und Pan- demien besser vorzubeugen und sich bes- ser auf sie vorzubereiten“. Die Chinesen reagierten scharf: Eine Au- ßenamtssprecherin in Peking erklärte, die Suche nach dem Ursprung des Virus sei ei- ne wissenschaftliche Angelegenheit, die nicht „politisiert“ werden sollte. Die For- schungsmission der WHO 2021 in Wuhan habe eine Laborpanne „höchst unwahrscheinlich“ sei. Die Labor- theorie dürfe nicht aufgebauscht und Chi- na nicht weiter verleumdet werden. Über neue Indizien, die für eine Zoonose sprechen, berichtete die Zeitschrift „The At- lantic“ im März 2023. So habe die chinesi- sche Seuchenbehörde CDC wichtige Daten unlängst vorübergehend in die frei zugäng- liche Genomdatenbank „Gisaid“ einge- stellt, dort seien sie quasi zufällig analysiert worden. Demnach enthielten Proben, die vom Huanan-Markt 2020 stammen und positiv auf Sars-Cov-2 ge- testet wurden, Genmaterial vom Marderhund. WHO- Chef Tedros sagte dazu: „Diese Daten liefern uns keine endgültige Antwort auf die Frage, wie die Pan- demie begonnen hat.“ Im- merhin gehört der Marder- hund weiter zum Kreis der „üblichen Verdächtigen“. ergeben, dass Patient Null Aufhorchen ließ im Juni 2023 ein Be- richt der unabhängigen US-Publikationen „Public“ und „Racket News“, der sich mit der Laborhypothese befasst und auf die 2019 erkrankten WIV- Mitarbeiter Bezug nimmt. Demnach spre- chen Indizien dafür, dass „Patient Null“ am WIV an GOF-Experimenten gearbeitet hat. Laut US-Regierungsquellen hätten ver- mutlich drei chinesische Forscher zu den ersten Menschen gehört, die mit Sars- Cov-2 infiziert wurden, darunter Ben Hu, ein Schüler von Shi. Der ehemalige WHO- Berater Jamie Metzl spricht in dem Artikel von einem „Game Changer“, wenn sich be- weisen ließe, dass Hu der erste an Covid-19 erkrankte Mensch gewesen ist. „Das wäre die Smoking Gun.“ Die Beweislage ist lei- der weiterhin besonders brüchig in diesem rätselhaften Fall. Claus Peter Kosfeld T Eine Recherchereise der WHO nach Wuhan 2021 (im Bild das Forschungsinstitut) brachte keinen Durchbruch in der Frage nach dem Ursprung des Coronavirus. © picture-alliance/AP/Koki Kataoka Krankheitserreger besser zu verstehen und womöglich zu steuern. Die Veränderung von Genen kann dabei zur Verstärkung der Genaktivität führen oder zu neuen Gen- funktionen (GOF-Mutation). Die GOF- Forschung wird eingesetzt, um bei der Ent- wicklung von Impfstoffen früh auf Verän- derungen des Virus reagieren zu können, sie ist somit von biologischem und medi- zinischem Interesse. Laborrisiken Umstritten ist die GOF-For- schung wegen der Laborrisiken (Englisch Biosafety), aber auch wegen des Risikos ei- ner missbräuchlichen Verwendung (Biose- curity). Weil die GOF-Forschung einen po- tenziell doppelten Verwendungszweck er- möglicht, sprechen Experten von Dual-Use Research of Concern (DURC) oder auch Gain-of-Function Research of Concern (GOFROC). Wie aus einer Expertise des Bundestages von 2021 hervorgeht, haben Forschergrup- pen aus den USA und den Niederlanden 2012 Varianten des Vogelgrippevirus H5N1 erzeugt, die im Unterschied zu dem be- kannten Virustyp zwischen Säugetieren in der Luft übertragen werden konnten. US- Präsident Barack Obama hat daraufhin 2014 ein Moratorium beschlossen, durch das die Finanzierung von GOF-Experimen- ten insbesondere mit Influenza-, SARS- und MERS-Viren ausgesetzt wurde. Die Trump-Regierung hob das Moratorium im Dezember 2017 wieder auf. In Wuhan befassen sich gleich zwei große Forschungsinstitute insbesondere mit Fle- dermausviren, das Wuhan Center for Disease Control and Prevention (CDC), das im Dezember 2019 umgezogen ist, und das Wuhan Institute of Virology (WIV). Das WIV betreibt ein Hochsicher- heitslabor der höchsten Sicherheitsstufe BSL4 (Biosafety level). Dort befindet sich angeblich die größte Sammlung von Coro- naviren in Asien, darunter einer der engs- ten genetischen Verwandten von Sars- Cov-2 mit dem Kürzel RaTG13 (96,2 Pro- zent Übereinstimmung). Genetisch noch mehr Übereinstimmung (96,8 Prozent) weist nur ein Virus mit dem Namen BANAL-52 auf, das in Laos bei Fle- dermäusen isoliert werden konnte. Die re- lative genetische Nähe zu Sars-Cov-2 ist aber kein Hinweis auf den Ursprung des Virus, denn die Genome unterscheiden sich erheblich voneinander, evolutionsge- netisch liegen Jahrzehnte zwischen den Vi- ren. Es müsste in der Natur also eigentlich Viren geben, die Sars-Cov-2 genetisch viel ähnlicher sind. Die bekannte chinesische Virologin Shi Zehngli, die am WIV arbeitet, beschwor, dass ihr Institut mit der Epidemie nichts zu tun habe. Das US-Außenministerium stell- te genau dies im Januar 2021 infrage und erklärte, es gebe Hinweise darauf, dass Mit- arbeiter des WIV im Herbst 2019 erkrankt seien. Verzweifelter Forscher Undurchsichtig ist die Rolle des britischen Zoologen Peter Daszak, der dem US-Forschungsverbund Ecohealth Alliance vorsteht. Daszak war an Laborprojekten in Wuhan beteiligt, arbei- tete mit der Fledermausexpertin Shi zu- sammen und schloss einen Laborunfall stets vehement aus. Gelder für die GOF- Forschung in China sollen 2018 über Eco- health aus den USA beantragt worden sein. Wäre es möglich, dass die Pandemie das Resultat chinesischer Laborforschung mit Hilfe von US-Finanzmitteln ist? Die Laborhypothese löste unter Wissen- schaftlern eine scharfe Kontroverse aus, weil die Datenlage aus China unvollstän- dig blieb und damit Verschwörungsmythen beförderte. Der Genetiker Günter Theißen schildert in seinem 2022 erschienenen Buch „Das Virus. Auf der Suche nach dem Ursprung von Covid-19“ seine Verzweif- lung, als er feststellen muss, dass wichtige Hinweise auf einen nicht natürlichen Ur- sprung des Virus ignoriert werden. Theißen behauptete nicht, dass der Erreger aus einem Labor entwichen sei, er forderte nur, dass diese Möglichkeit bedacht und untersucht werden sollte und schreibt: „Meine Darstellung ist kein Krimi, sondern die Geschichte eines Skandals. Sie besteht darin, dass der Kommissar nicht bereit ist, hartnäckig den Umständen dieses merk- würdigen Ereignisses auf den Grund zu ge- hen.“ Der Evolutionsbiologe beklagte, wer der Anschauung führender Forscher nicht folge, riskiere, als Verschwörungstheoreti- ker gebrandmarkt zu werden. Er hinterfrag- te in dem Kontext auch die Rolle renom- mierter Fachzeitschriften wie „Nature“, „Science“ oder „The Lancet“, die mit der Veröffentlichung von Fachpublikationen enormen Einfluss auf die wissenschaftliche Debatte hätten, aber auch in der Lage sei- en, Außenseiterpositionen abzublocken. Frühe Festlegung Als auch der Hambur- ger Physiker Roland Wiesendanger zu dem Schluss kam, dass die Indizien eher für ei- nen Laborunfall in Wuhan sprechen, war Theißen erleichtert, weil er mit seinen Fra- gen nicht mehr allein dastand. Die For- scher kritisierten, dass sich prominente Vi- rologen, darunter Christian Drosten von der Berliner Charité, früh auf die Zoonosen-Theorie festgelegt hätten. Sie bezo- gen sich auf einen Artikel in „The Lancet“ von März 2020, in dem die Autoren den chinesischen Forschern Respekt zollen und von be- „Missinformationen“ züglich des Virus-Ursprungs sprechen. Zu den Unter- zeichnern gehörte damals neben Drosten auch Das- zak. Drosten äußerte sich im Februar 2022 via „Süddeutsche Zeitung“ vorsichtiger zum Ursprung des Virus. Er sei immer offen gewesen für beide Möglich- keiten, allerdings halte er einen natürli- chen Ursprung des Virus aus dem Tierreich für wahrscheinlicher. Für die Laborhypo- these gebe es keine vergleichbar hochwerti- gen Indizien. Der Virologe berichtete, aus inzwischen veröffentlichten Berichten gehe hervor, dass das WIV in einem Projekt der Ecohealth Alliance mit GOF experimen- tiert habe. Dabei seien den Fledermausvi- ren neue Spike-Proteine eingebaut worden. Die so konstruierten Viren hätten sich bes- ser vermehren können. Zugleich rügte Drosten die Experimente in chinesischen Labors. „Es wurden in Wuhan durchaus Sachen gemacht, die man als ge- Der Marderhund gehört weiter zum Kreis der Verdächtigen.