2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 43-45 - 21. Oktober 2023 GASTKOMMENTARE IST LEGALISIERUNG DAS RICHTIGE SIGNAL? Win-Win-Situation PRO t a v i r P © Rainer Woratschka, »Der Tagesspiegel«, Berlin r e g n U n e f f e t S - c r a M l / t t a b s l e d n a H p © Thomas Sigmund, »Handelsblatt«, Düsseldorf Z unächst einmal: Geplant ist lediglich ei- ne Teil-Legalisierung. Für Kinder und Jugendliche bleibt Cannabis verboten. Auch Erwachsene sollen höchstens 25 Gramm besitzen dürfen, plus drei Pflänzchen. Und um Schulen, Sportstätten, Jugendzentren herum darf weder gehandelt noch gekifft werden. All das ist gut so und wichtig, denn Droge ist Droge. Wo- bei Alkohol weit gefährlicher und dennoch auch künftig wohl viel einfacher erhältlich sein dürfte. Insofern ist die Aufgeregtheit um das nun einzulö- sende Koalitionsversprechen kaum nachvollzieh- bar. Wenn Ärzteverbände nochmal vor gesundheit- lichen Risiken warnen, muss man ihnen die Frage entgegenhalten: Wie ist es denn bisher? Rund viereinhalb Millionen Menschen kiffen hierzulan- de, fast neun Prozent der erwachsenen Bevölke- rung. Die Tendenz ist steigend, die bisherige Krimi- nalisierung offenbar wirkungslos. Gleichzeitig sind die Konsumenten auf illegal beschaffte Ware an- gewiesen. Sie haben keine Ahnung, was verunrei- nigt oder gestreckt wurde, kennen nicht mal den THC-Gehalt. Ein gefährlicher Blindflug. Vor allem für Jugendliche, die natürlich munter mitmischen. Joints kreisen auf fast allen Schulhöfen. Die anvisierte Teillegalisierung verringert also nicht den Gesundheitsschutz, sie könnte ihn deut- lich erhöhen. Der Markt wäre damit weit besser als bisher zu kontrollieren. Polizei und Justiz wür- den entlastet, Konsumenten nicht mehr zu Dealern getrieben, die auch Härteres offerieren. Mit ent- sprechender Besteuerung bekäme der Staat sogar Mittel, um wirksamer in Suchtprävention zu inves- tieren – eine Win-Win-Situation für alle. Die bisherige Drogenpolitik hat sich in Doppelmo- ral geübt und den Kopf in den Sand gesteckt. Es wird Zeit, dass sich das ändert. Cannabis schade besonders dem noch wachsenden Gehirn, erläuterte Karl Lauterbach jüngst in einem Inter- view: „Bis zum 25. Lebensjahr wird das Gehirn noch umgebaut. Wer in dieser Altersphase konsu- miert, der schadet sich besonders.“ Wer jetzt denkt: „Das kann ja nicht sein. Die Koalition will doch allen Bürger ab 18 Jahren erlauben, Mari- huana und Haschisch anzubauen, zu besitzen und zu beziehen“, dem kann nur gesagt werden: Völlig konträre Meinungen gleichzeitig zu vertreten, ist für Lauterbach und die „Ampel“ kein Problem. Es überrascht deshalb nicht, dass die Koalition von ihrem Gesetzesvorhaben nicht abweicht, obwohl Ärzte, Polizeigewerkschaft und Richter vor diesem falschen Versprechen von Freiheit warnen. Die Po- lizeigewerkschaft erklärt, sie habe nicht genug Personal, das Kiffer-Dickicht an geplanten Regeln zu überwachen. Der Richterbund meint, die vorge- sehene Registrierung in einem Anbauverein würde Konsumenten abschrecken, die dann wieder auf einen Schwarzmarkt ausweichen. Von einer Ent- lastung der Justiz könne keine Rede sein. Die Kin- der- und Jugendmediziner befürchten Gesund- heitsschäden bei Jugendlichen und jungen Er- wachsenen. Man muss jetzt auch kein Psychologe sein, um vorherzusagen: Eine Legalisierung führt dazu, dass gerade junge Konsumenten das Risiko falsch einschätzen. Das gilt schon für Alkohol und Tabak und damit auch für Cannabis. Am Ende wird aber der gesamte Sachverstand nichts nützen. Die „Ampel“ wird alle Einwände von Tisch wischen. Kein Wunder: SPD, Grüne und FDP können eben auch gleichzeitig Werbung für Süßigkeiten verbieten und das Kiffen erlauben. Mehr zum Thema der Woche auf den Seiten 1 bis 3. Kontakt: gastautor.das-parlament@bundestag.de Falsches Versprechen CONTRA Der Bundesgesundheitsminister warnt. Herr Blienert, das Cannabisgesetz soll die Konsumenten entkriminalisieren und den Schwarzmarkt schwächen. Auf welchen Erkenntnissen beruht die Hoff- nung, dass das die richtige Strategie ist? Die Erfahrungen anderer Länder zeigen: Es macht Sinn, Menschen, die Cannabis kon- sumieren wollen, legale Zugänge zu er- möglichen, wenn man zugleich für konse- quenten Jugendschutz sorgt, Werbung ver- hindert und Präventionsarbeit leistet. Der klar geregelte Eigenanbau ist ein Weg, der dafür sorgt, dass Menschen nicht mehr auf den Schwarzmarkt angewiesen sind. In Ka- nada zum Beispiel sind über 70 Prozent der Cannabis-Konsumierenden bereit, le- gale Wege zu nutzen. Das zeigt, dass legale Wege angenommen werden. In europäischen Nachbarländern gibt es aber ganz unterschiedliche Erfahrun- gen mit liberaler Drogenpolitik, etwa in Portugal oder den Niederlanden. In den Niederlanden hat man mit dem Modell der Tolerierung des Verkaufs in Coffeeshops nie geklärt, woher das Canna- bis kommt. Dort hat sich die Organisierte Kriminalität das Geschäft des Anbaus und Großhandels aufgeteilt. Da gehen wir in Deutschland einen völlig anderen Weg. Und auch die Niederlande erprobt nun über Pilotprojekte, wie die Kette des Han- dels und Konsums von der Organisierten Kriminalität befreit werden kann. Die Por- tugiesen machen sehr gute Erfahrungen mit der Entkriminalisierung der Konsumie- renden, die von Präventions- und Frühin- terventionsmaßnahmen begleitet wird. Warum brauchen wir jetzt ein solches Gesetz überhaupt? Weil Verbot und Strafe definitiv die fal- schen Mittel sind, um Präventionsarbeit zu machen. Sie erschweren, über Drogen-Kon- sum zu reden und führen zur Tabuisie- rung. Kein Wunder, dass trotz Verboten und Kriminalisierung nicht weniger son- dern immer mehr konsumiert wurde. Und wir müssen dafür sorgen, dass die, die auf den Konsum nicht verzichten wollen oder können, kleineren Risiken ausgesetzt sind. Den legalen Besitz und Konsum von Cannabis sehen viele kritisch. Kinder und Jugendliche könnten durch die Frei- gabe zum Konsum ermuntert werden, denn was der Staat erlaubt, kann doch nicht schädlich sein, heißt es etwa. Die Botschaft ist eindeutig: Keine Drogen in die Hände von Kindern und Jugendli- chen unter 18 Jahren. Die Realität heute ist, dass bereits 12-Jährige Cannabis konsu- mieren – trotz aller Verbote. Darum müs- sen wir zum Beispiel über Schulen oder Sportvereine durch Prävention und Frühin- tervention eingreifen. Wir müssen eindeu- tig klarmachen, Drogen sind für unter 18-Jährige extremst ungesund. Und, wenn sie dennoch Drogen nehmen, brauchen wir flächendeckend Beratung und Hilfe. Die Angebote an Schulen sind Sache der Länder und Kommunen – mit be- kanntlich meist klammen Kassen. Wie soll Präventionsarbeit dort auf sicheren Beinen stehen? Da die Finanzierung in der Vergangenheit immer wieder zur Disposition stand, brau- chen wir jetzt eine ernsthafte Debatte darü- ber, wie wir Prävention wirklich verstetigen können. Wir haben ein Drogenproblem in Deutschland und wir brauchen verlässliche Präventions- und Hilfestrukturen! Wir kön- nen nicht nach dem Motto weiter machen: Was wir nicht sehen wollen, darum küm- mern wir uns nicht. Wir müssen genau hinschauen! Bei der Finanzierung sind Länder und Kommunen, aber auch der Bund in der Pflicht. Der Jugendschutz wird groß geschrie- ben in dem Gesetz und soll etwa durch »Wir schauen hin« BURKHARD BLIENERT Verbote reduzieren den Drogenkonsum nicht, betont der Drogenbeauf- tragte der Bundesregierung © Sucht- und Drogenbeauftragter/Thomas Ecke Zonen, in denen Cannabis nicht konsu- miert werden darf, umgesetzt werden. Wer soll das kontrollieren? Das Parlament wird ein praktikables Ge- setz beschließen, das die gesteckten Ziele erreichen wird. Es muss einen praktikablen Ansatz geben, wie Sicherheits- und Kon- trollbehörden damit vor Ort umgehen können. Wichtig ist auch, dass wir die schlechten Erfahrungen mit Alkohol und Tabak im Blick haben. Wenn wir ehrlich sind, brauchen wir eine Gesamtdebatte da- rüber, was im öffentlichen Raum möglich sein soll und was nicht. Die Frage nach ge- schützten Bereichen muss an sich gleicher- maßen für das Rauchen und den Konsum von Alkohol gelten. Das ist das Konflikt- feld, für das die Gesellschaft noch keine klare Antwort gefunden hat. Auch für die Anbauvereine sollen strikte Vorgaben für die Abgabe von Can- nabis an ihre Mitglieder gelten. Was macht Sie so sicher, dass diese Vereine die Drogen nicht doch auch außerhalb verteilen? PARLAMENTARISCHES PROFIL Diejenigen, die so einen Verein gründen, wissen um ihre Verantwortung. Zudem sind die Menschen eher bereit, sich an Re- geln zu halten, als dagegen zu verstoßen. Der Aufwand der Gründung eines Canna- bisvereins wird sich für kriminelle Akteure kaum lohnen. Außerdem werden die Verei- ne auch staatlich kontrolliert; das ist sehr unattraktiv für Kriminelle. Für die Berliner Partygänger am Wo- chenende ist es doch einfacher, auf dem Weg zum Club noch schnell im Görlitzer Park vorbeizuschauen, um sich Drogen zu besorgen oder? Deswegen ist die zweite Säule ja so wichtig, also, dass wir über lizensierte Fachgeschäfte in Modellregionen letztlich auch für die Gelegenheitskiffer Möglichkeiten schaffen, sich Cannabis legal zu besorgen. Das ist ei- ne wesentliche Ergänzung. Erst mit der zweiten Säule steht das Haus und ist be- zugsfertig. Kommen mit dieser zweiten Phase, mit den kommerziellen Lieferketten, dann doch die Coffeeshops wie in Ams- terdam? Wir reden über lizensierte Fachgeschäfte, die von außen als solche nicht erkennbar sein werden. Im Moment gibt es viele Ide- en, unterschiedliche Abgabestellen auszu- probieren, etwa auch über Apotheken. Kommerzielle und nichtkommerzielle. Da ist noch viel im Fluss. Aber noch einmal: Mit dem niederländischen Modell, wie wir es bisher kannten, hat das nichts zu tun. Künftig soll der Besitz von 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt wer- den. Wie kommt es eigentlich zu diesem Grenzwert? Mit 25 Gramm kann auch jemand, der re- gelmäßig kifft, seinen Bedarf decken und ist nicht auf den Dealer angewiesen. Der Grenzwert ist ein Kompromiss und gibt ei- ne klare Regel vor. Die jetzt gültigen unter- schiedlichen Werte für den Eigenbedarf in den Bundesländern verwirren und lösen keine Probleme. Innerhalb der Koalition sind davon noch nicht alle überzeugt. Es dürfe kein neues Bürokratiemonster entstehen, das Strafverfolgungsbehörden zusätzlich be- lastet, heißt es etwa aus der FDP. Wir schaffen mehr Jugendschutz, Gesund- heitsschutz und drängen den Schwarz- markt zurück. Das sind die gesteckten Zie- le. Dazu gehört auch ein Werbe- und Spon- soringverbot für Cannabis und Anbauver- eine. Ich vertraue auf die Abgeordneten, dass sie ein gutes Gesetz beschließen. Nicht nur in der Cannabis-Communi- ty wird argumentiert, Alkohol sei die viel schlimmere Droge. Brauchen wir nicht endlich ein umfassendes Drogenpräventi- onsgesetz mit strengen Regulierungen auch für Schnaps und Zigaretten, denn auch das Rauchen hat unter Jugendli- chen wieder zugenommen. Ich denke, wir werden in den kommenden zwei Jahren auch in dieser Debatte voran- kommen. Wir sind ein Hochkonsumland bei Alkohol, auch beim Rauchen steigen die Zahlen wieder. Das ist die Quittung da- für, dass viele Maßnahmen, die die Präven- tion gestärkt und den Schutz der Konsu- mierenden verbessert hätten, blockiert worden sind. Gut, dass wir nun über ver- stärkte Leitplanken für mehr Gesundheits- schutz sprechen. Das Gespräch führte Claudia Heine. Burkhard Blienert (SPD) beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit Drogenpolitik und ist seit 2022 Beauftragter der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen. Herausgeber Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Fotos Stephan Roters Mit der ständigen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte ISSN 0479-611 x (verantwortlich: Bundeszentrale für politische Bildung) Anschrift der Redaktion (außer Beilage) Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon (0 30) 2 27-3 05 15 Telefax (0 30) 2 27-3 65 24 Internet: http://www.das-parlament.de E-Mail: redaktion.das-parlament@ bundestag.de Chefredakteur Christian Zentner (cz) V.i.S.d.P. Stellvertretender Chefredakteur Alexander Heinrich (ahe) Redaktion Dr. Stephan Balling (bal) Lisa Brüßler (lbr) Carolin Hasse (cha) (Volontärin) Claudia Heine (che) Nina Jeglinski (nki) Claus Peter Kosfeld (pk) Johanna Metz (joh) Elena Müller (emu) Sören Christian Reimer (scr) CvD Sandra Schmid (sas) Michael Schmidt (mis) Denise Schwarz (des) Helmut Stoltenberg (sto) Alexander Weinlein (aw) Redaktionsschluss 20. Oktober 2023 Druck und Layout Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH & Co. KG Kurhessenstraße 4– 6 64546 Mörfelden-Walldorf Leserservice/Abonnement Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 32 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 32 E-Mail: fazit-com@cover-services.de Anzeigenverkauf, Anzeigenverwaltung, Disposition Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 36 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 36 E-Mail: fazit-com-anzeigen@cover-services.de Abonnement Jahresabonnement 25,80 €; für Schüler, Studenten und Auszubildende (Nachweis erforderlich) 13,80 € (im Ausland zuzüglich Versandkosten) Alle Preise inkl. 7% MwSt. Kündigung jeweils drei Wochen vor Ablauf des Berechnungszeitraums. Ein kostenloses Probeabonnement für vier Ausgaben kann bei unserer Vertriebsabteilung angefordert werden. Namentlich gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. 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In ihre Arbeit im Gesundheits- ausschuss aber bringt die geborene Leipzigerin aus dem Wahl- kreis mit dem langen Namen Ludwigslust-Parchim II – Nordwest- mecklenburg II – Landkreis Rostock I ihre Erfahrungen aus Jahr- zehnten mit mehreren Stationen bei der Barmer Ersatzkasse und nun als Leiterin zweier Fachpflegekliniken ein. Aktueller Aufreger: die von der Bundesregierung geplante Legalisierung von Canna- bis. Den Gesetzentwurf dafür hat die Ampelkoalition dem Bun- destag diese Woche zu einer ersten Aussprache vorgelegt. „Das Thema wird komplett unterschätzt“, sagt sie. „Gesund- heitsschäden können schon beim ersten Mal auftreten.“ Eine Le- galisierung bedeute die Ermöglichung des Einstiegs in ein Sucht- verhalten. „Junge Menschen können es eben nicht einschätzen“, so Borchardt. Das klingt etwas pauschal. Aber die Christdemo- kratin verweist auf Experten. „Alle warnen vor den Schäden, es kommen deutliche Mehrbelastungen für die Psychotherapeuten hinzu.“ Schließlich sei das menschliche Gehirn bis zum 25. Le- bensjahr noch in der Wachstumsphase – und besonders anfällig für die Effekte des Drogenstoffs. Sie sei nicht blauäugig, sagt sie, Cannabis werde ja zuweilen konsumiert, „aber warum flächendeckend erlauben?“ Probiert habe sie es nie, „ich bin wohl zu spießig“. Medizinisch gesehen hält Borchardt Cannabis durchaus für sinnvoll, „es soll ruhig von Ärzten niederschwellig verschrieben werden, zum Beispiel bei Depressionen“. Ansonsten wünsche sie sich eine neue Debatte über Alkohol und Nikotin: „In der Suchtaufklärung haben wir noch nicht das richtige Mittel der Wahl gefunden.“ Borchardt kennt das Gesundheitswesen vor allem aus der Praxis. Nach ihrem Lehramtsstudium in Leipzig sah sie ob der wenigen ..................................................................................................................................................... »Experten warnen vor den Schäden, es kommen Mehrbelastungen auf die Psychotherapeuten zu.« o r ü B - B d M © Stellen Anfang der 1990er-Jahre keine Zukunft dort und fing bei der Barmer an. Von der Pieke auf hoch gearbeitet habe sie sich, sagt sie. Bildete sich zur Krankenkassen-Betriebswirtin fort und absolvierte ein Master-Fernstudium im Gesundheitsmanage- ment; ab 2012 war sie Regionalgeschäftsführerin Schwerin und wechselte als Referentin zur Landesvertretung Hamburg, schließ- lich der Wechsel zum Internationalen Bund als Geschäftsbe- reichsleiterin Pflege. Im Bundestag dann sah sie, „dass bei der Gesundheit Theorie und Praxis weit auseinander liegen“. Man denke die Prozesse zu wenig zu Ende, die angestoßen werden. Von Gesundheitsthemen war die ehemalige Leistungssportlerin seit ihrer Jugend fasziniert, die Handballerin interessierte sich für den Einklang von gesunder Ernährung und Sport. „Und es gibt einen sensationellen Wohlfühleffekt.“ Als die Mauer fiel, steckte Borchardt noch mitten im Studium. „Ich war eher ein ruhiger, beobachtender Vertreter“, erinnert sie sich. „Am Anfang fand ich auch alles besorgniserregend, hoffte, dass die Montagsdemos nicht eskalieren.“ Mit dem neuen Sys- tem, sagt sie, musste sie erstmal warmwerden, entdeckte dann aber die vielen Möglichkeiten. Was dann kam, ist bekannt. Ihr Elternhaus sei nicht politisch gewesen, „wenn, dann eher FDP-CDU“. Für die Politik begann sie sich zu engagieren, weil sie viel Unkenntnis zum Gesundheitswesen feststellte. „Ich fragte mich dann: Wo soll ich mich engagieren? Die SPD verteilte das Geld, das vor allem vom Mittelstand kam. Den schützte die CDU.“ 2013 trat sie bei den Christdemokraten ein, schlug sich drei Jahre später bei der OB-Wahl in Schwerin tapfer; die Stadt ist eher sozialdemokratisch orientiert. Schließlich warf sie ihren Hut in den Ring für die Bundestagskandidatur und erhielt den Zuspruch der Partei. Über die Landesliste zog sie in den Bundes- tag ein. Ihre Zukunft? „Gerne weiterhin im Gesundheitsaus- schuss. Und irgendwann die CDU in der Regierungsverantwor- tung.“ Jan Rübel T