6 EUROPAWAHL 2024 Das Parlament - Nr. 22-23 - 25. Mai 2024 Brüsseler Bürokratie SUBSIDIARITÄT Der Königsweg beim Bürokratieabbau heißt Digitalisierung, dadurch könnten Genehmigungsverfahren einfacher und schneller werden Katarina Barley »Mein Leben ist sehr stark mit Europa verbunden« Die SPD sah schon mal bessere Zeiten, da kommt ihr eine „Allzweckwaffe“ gerade recht. Katarina Barley, neben dem Luxembur- ger Nicolas Schmit Spitzenkandidatin der eu- ropäischen Sozialdemokraten, trägt diesen Spitznamen zurecht. In wenigen Jahren sam- melte die geborene Kölnerin Erfahrungen in mehreren Spitzenämtern – und ist nun zum zweiten Mal das SPD-Gesicht für die Europa- wahl seit 2019. „Mein Leben ist sehr stark mit Europa ver- bunden“, sagt Barley. Ihr Vater: Brite. Ihr Ehe- mann: ein niederländischer Basketballtrainer. Und durch den spanisch-niederländischen Ex- Mann, den sie beim Studium in Paris kennen- lernte, haben ihre zwei Söhne Großeltern mit vier verschiedenen Nationalitäten. Schließlich ist Barley an ihrem Wohnort Trier nah an Lu- xemburg, Frankreich, Belgien. Klare Abgrenzung In den aktuellen Wahl- kampf zieht Barley mit einer klaren Abgren- zung von CDU und CSU. „Die SPD verbindet wirtschaftliches Wachstum, soziale Gerechtig- keit, Arbeitnehmerrechte und Klimaschutz“, sagt sie über das, was die SPD Europa geben könne. „Das können wir besser als alle ande- ren Parteien.“ Und was machen die anderen? „Wir stellen fest, dass die Konservativen im Europawahlkampf eine Tonalität anschlagen, d n r e b n e n n e V f l o R / a p d / e c n a i l l a - e r u t c i p © a Katarina Barley die eher die Vorurteile über Europa betont, anstatt die Vorzüge“, sagte Barley im Berliner „Willy-Brandt-Haus“ in der Partei-Zeitung „Vorwärts“. Noch während ihres Studiums trat die Kölnerin 1994 der SPD bei. Barley amtiert derzeit als Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. Besonders gegen Rechtsstaatlichkeits-Verstöße engagierte sie sich und legte sich etwa mit Ungarns Minis- terpräsident Viktor Orbán an; sie forderte ei- nen härteren Umgang mit der Budapester Re- gierung als ihn die EU-Kommission letztlich einschlug. „Wir leben in einer Zeit, in der die- se Europäische Union massiv attackiert wird“, sagte Barley im „Vorwärts“. Deshalb bleibe es im Wahlkampf ganz klar das Bestre- ben der Sozialdemokratie, „herauszustellen, warum diese Europäische Union wichtig ist, warum sie existenziell ist für den Wohlstand in Deutschland“. Hoffnungsträgerin Für die SPD verkörpert Barley eine Hoffnung, weil in ihrer europapo- litischen Arbeit kein Plan B vorgesehen ist. 2019 gab sie ihr Amt als Bundesjustizministe- rin auf, um in den EU-Wahlkampf zu ziehen und machte auch klar, dass dies unabhängig vom Ausgang der Wahl geschehe. Da war sie erst seit sechs Jahren auf der großen politi- schen Bühne. 2013 zog Barley in den Bundes- tag ein, zwei Jahre später machte der damali- ge SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sie zur Generalsekretärin. „Im Bundestag bin ich gleich in den Europa-Ausschuss gegangen“, erinnert sie sich. 2017 dann wurde sie Bun- desfamilienministerin, übernahm übergangs- weise auch das Bundesarbeitsministerium und wechselte ein Jahr später ins Amt der Bundesjustizministerin. Dies knüpfte an ihre bisherige Laufbahn an: Die Volljuristin hat als wissenschaftliche Mit- arbeiterin am Bundesverfassungsgericht ge- arbeitet und dann Erfahrungen als Richterin am Landgericht und am Amtsgericht gesam- melt. Seit September 2022 steht Barley dem Arbeiter-Samariter-Bund Deutschlands vor. Bei den Europawahlen im Jahr 2019 fuhren die Sozialdemokraten mit Barley nur magere 15,8 Prozent ein. Und man ahnt, dass es auch dieses Mal schwierig wird. Bei einer Veran- staltung in Freiburg im Breisgau sagte sie dem Sender SWR, auch wenn der Rechtsruck in vielen Ländern der Europäischen Union nicht mehr zu verhindern sei, jetzt könnten die Menschen in ganz Europa beeinflussen, wie sich das Europäischen Parlament zusam- mensetzt. Deswegen sei es dieses Mal beson- ders wichtig, wählen zu gehen. Jan Rübel T Unternehmen wünschen sich weniger Bürokratie, vor allem bei der sogenannten Identifikations- und Dokumentationspflicht. © picture-alliance/Zoonar/Chalirmpoj Pimpisarn »Für jeden einzelnen Ladepunkt braucht es einen eigenen Förderantrag.« Verband kommunaler Unternehmen die von des Glaubt man den zahlreichen Kritikern angeblich maßlosen Regulierungsei- fers der Europäischen Uni- on, dann handelt es sich beim Brüsseler Europavier- tel, dem Amtssitz von Parlament, Kommis- sion und Rat der 27 Mitgliedsstaaten, um das Habitat eines wahren Bürokratiemonsters. Einer gefräßigen Paragrafenkra- ke, Belgiens Hauptstadt aus das Regi- ment über die nationalen Verwaltungen und Unter- nehmen übernommen hat. Die bis in kleinste Details hinein bestimmt, wie Wirt- schaft und Gesellschaft in der EU zu funktionieren haben. Allenthalben kla- gen auch in Deutschland viele Betriebe, Selbstständi- ge und Verbände über den „Bürokratie- Wahnsinn“ auf dem europäischen Binnen- markt – zu Recht? Zunächst zeigt ein Vergleich, dass der ver- meintlich monströse Beamtenapparat in Brüssel die Dimensionen sprengt, die in deutschen Amtsstuben üb- lich sind: Die EU-Kommission beschäftigt etwa 32.000 Bedienstete, die bayerische Landeshauptstadt München allein sogar 40.000. Dennoch ist der bürokratische Output, den das Europäische Parlament und der Europäische Rat im vergangenen Jahr produziert haben, beachtlich: Allein 2023 wurden von diesen beiden Institutio- nen 330 Basisrechtsakte und 165 Ände- rungsrechtsakte erlassen, nicht zu verges- sen jene mehr als 1.000 Durchführungs- und sonstigen Rechtsakte der EU-Kommis- sion, die von den Mitgliedsländern umge- setzt werden müssen, obwohl die Kommis- sion – anders als Parlament und Rat – über kein eigenes Initiativrecht verfügt. Das Prinzip „One in, One out“, das 2022 einge- führt worden war, um den Bürokratieauf- wand in Europa einzuhegen, greift in der Praxis (noch) nicht. Längst wird nicht für jede neue Vorschrift eine bestehende Rege- keineswegs lung abgeschafft, wie es die „Agenda zur Besseren Rechtsetzung“ eigentlich vorsieht. Kein Wunder, dass fast 43 Prozent der Bun- desbürger laut einer Studie des Bonner In- stituts für Mittelstandsforschung „Wut, Zorn und Aggressivität“ verspüren, wenn sie an den von bürokratischen Auflagen verursachten Zeit- und Kostenaufwand denken – unabhängig da- von, wer die Vorschriften erlassen hat. Tatsächlich ist ja auch der Bund nicht ge- rade untätig, was Genehmi- gungen oder Kontrollen an- langt: Mit 1.800 Bundesge- setzen und mehr als 50.000 Einzelnormen weist Deutschland im internatio- nalen Vergleich eine der höchsten Regulierungsdich- ten auf, die von Ländern und Kommunen initiierten Vorschriften kommen noch dazu. Und aus Brüssel drohen neue Belas- tungen: Die Ausweitung der europäischen Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit führen dazu, dass ab 2025 etwa 13.000 deutsche Unternehmen schrittweise berichtspflichtig werden. Die Betroffenen müssen sich da- nach auf mehr als 1.000 Punkte einstellen, die sie zu erheben und zu dokumentieren haben. „Dieser Bürokratismus“, fürchtet Ulrich Stoll, Familienunternehmer aus Ba- den-Württemberg, „hemmt das Wachs- tum“. Die Mehrkosten für eine GmbH mit weltweit 20.000 Lieferanten schätzt Stoll auf zwei Millionen Euro. Proteste gegen Bürokratie In jüngster Zeit tönten die Proteste gegen zu viel Büro- kratie besonders schrill aus der Landwirt- schaft. Parallel zu seinen öffentlichen De- monstrationen überall in der Bundesrepu- blik lancierte der Deutsche Bauernverband einen 17 Seiten umfassenden Forderungs- katalog zur „Entlastung der Landwirtschaft und zum Bürokratieabbau“. Die Kritik der Agrarier richtet sich etwa gegen Pläne der EU-Kommission „zur massiven Ausweitung der Erhebung von Kriterien und Daten bei den landwirtschaftlichen Betrieben“, gegen das geltende EU-Recht zu „Stilllegung und Brachen“ sowie zu „Doppelregelungen“ im Fach- und Umweltrecht. Holger Hennies, Landwirt aus Niedersachsen, hält zum Bei- spiel die europäischen Vorgaben zum Tier- transport für „nicht praktikabel“. So sollen „die Transportzeiten von Tieren zur Schlachtung auf neun Stunden begrenzt werden“, inklusive Be- und Entladezeit. Hennies: „Das ist unrealistisch, denn es gibt in Deutschland schon heute Regionen, in denen kein Schlachtbetrieb in acht be- ziehungsweise neun Stunden erreicht wer- den kann.“ So vielfältig, wie die Strukturen der bun- desdeutschen Landwirtschaft sind, so diffe- renziert fallen auch die Urteile über Brüsse- ler Direktiven aus. Jürgen Jakobs, der im brandenburgischen Beelitz einen großen Spargelhof betreibt, lobt grundsätzlich die „erheblichen Vorteile“, die der gemeinsame Binnenmarkt in Europa den Bauern bringt. Dennoch nennt er „die überbordende Bü- rokratie“ ein erhebliches Problem. Im be- trieblichen Alltag ertrinke er zuweilen „in Anforderungen, die teils nicht nachvoll- ziehbar sind“, meint Jakobs. Beispiele sei- en die unterschiedlichen Pflanzenschutz- auflagen oder die oft undurchsichtigen EU-Subventionen, die er am liebsten ab- schaffen würde. Manchmal allerdings, so gibt der Obst- und Gemüsebauer zu be- denken, wünsche er sich sogar mehr ge- meinsamen Markt, also auch mehr euro- päische Harmonisierung – etwa beim Mindestlohn, der Sozialversicherung oder den Bewirtschaftungsvorgaben. Tatsächlich haben die Landwirte den zu- ständigen Bundesminister Cem Özdemir (Grüne) auf ihrer Seite, wenn es um den „Abbau unnötiger Bürokratie“ geht: „Wir wollen die Landwirtschaft vom Zuviel an Bürokratie befreien und schlanke, einfache und effiziente Regelungen“, erklärte Özde- mir jüngst. Doch was heißt das in der Pra- xis? Parteifreunde des Schwaben warnen davor, dass „Bürokratieabbau mit Stan- dardabbau verwechselt“ werde. Das sei ökologisch „der falsche Weg“. Der Duis- burger Grünen-Bundestagsabgeordnete Fe- lix Banaszak, der früher als Referent für Europa-Parlamentarier seiner Partei arbei- tete, verlangt deshalb, dass „Klimaschutz für die Unternehmen lukrativ und einfach gemacht werden“ müsse. Nur dann könne „Europa als klimaneutraler Wirtschafts- standort im globalen Wettbewerb mithal- ten.“ Das neu gewählte EU-Parlament müs- se sich sofort an diese riesige Herausforde- rung im Rahmen des „Green Deal“ ma- chen. Verwaltungsprozesse beschleunigen Für viele Experten heißt der Königsweg beim Bürokratieabbau Digitalisierung. Dadurch könnten Genehmigungsverfahren verein- facht und Verwaltungsprozesse beschleunigt werden. So setzen auch die Steuerberater zunehmend auf „digitale Möglichkeiten“ ih- rer Mandanten, den europäischen Binnen- markt zu nutzen. Allerdings fehle für mög- lichst unbürokratische Abläufe in der EU noch die erforderliche Planungs- und Rechtssicherheit nicht zuletzt für angehende Steuerberater, kritisiert Torsten Lüth, Präsi- dent des Deutschen Steuerberaterverbandes. > STICHWORT Subsidiaritätsprinzip > Subsidiarität bedeutet, dass Eigenver- antwortung vor staatliches Handeln ge- stellt wird und die Eigenleistung und die Selbstbestimmung des Individuums und der Gemeinschaften – beispielsweise der Kommunen – gefördert werden. Das Subsidiaritätsprinzip besagt daraus fol- gend, dass höhere staatliche Institutio- nen nur dann (aber auch immer dann) regelnd eingreifen sollten, wenn die Möglichkeiten des Einzelnen, einer klei- neren Gruppe oder einer niedrigeren Hierarchie-Ebene allein nicht ausreichen, eine bestimmte Aufgabe zu lösen. An- ders gesagt bedeutet das, dass die Ebe- ne der Regulierungskompetenz immer so niedrig wie möglich und so hoch wie nö- tig angesiedelt sein sollte. nki Ziemlich konkret sind auch die Forderun- gen, die eine verwandte Berufsgruppe an die künftige EU-Kommission stellt. Der Düssel- dorfer Rechtsanwalt Dirk Uwer wünscht sich, dass sich Brüssel „einmal eine ganze Legislaturperiode nur der Abschaffung von bürokratielastigen Rechtsvorschriften wid- met“. Davon gebe es nämlich einfach zu vie- le, besonders im Umweltrecht. In Uwers Wirtschaftskanzlei kümmert sich zum Beispiel „ein mehrköpfiges, hochqua- lifiziertes Team mit hohem Aufwand um die Erfüllung der geldwäscherechtlichen Sorgfalts-, Identifizierungs- und Dokumen- tationspflichten“. In zwei Jahrzehnten sei seine Sozietät „trotz dieser Anstrengungen noch auf keinen Geldwäscheverdachtsfall gestoßen“. Für Uwer ein Beleg „für weitge- hend wirkungslose, aber teure, aufwändige Bürokratie“. Ein ähnlicher Fall liege in der sogenannten DAC6-Richtlinie der EU vor, die den verpflichtenden Informationsaus- tausch im Bereich grenzüberschreitender Besteuerung vorsieht. Auch hier stünden, so Uwer, „Aufwand und Nutzen in keinem angemessenen Verhältnis“. Als „total über- flüssig und hemmend“ schließlich sieht der Anwalt die Vorschrift an, selbst für bloß einstündige Besprechungen im EU-Ausland eine „A1-Bescheinigung“ der Deutschen Rentenversicherung mit sich führen zu müssen: „Das zeigt, wie weit sich die EU praktisch vom Gedanken eines Europas ohne Grenzen entfernt hat.“ Nicht bloß Selbstständige und Privatfirmen ächzen häufig unter den bürokratischen Auflagen der EU. Auch die im Verband kommunaler Unternehmen (VKU) organi- sierten 1.500 Stadtwerke, Ver- und Entsor- gungsbetriebe von Städten und Gemein- den in Deutschland mit rund 283.000 Be- schäftigten sind davon unmittelbar betrof- fen. Zwar begrüßt der VKU, „dass wir in Europa einen gemeinsamen Weg zur Kli- maneutralität gehen“, doch bei der Umset- zung dieses Ziels stoßen die kommunalen Energie-, Wasser- und Telekommunikati- onsversorger ebenso wie bei der Abwasser- und Abfallbeseitigung auf Belastungen, die finanzielle und personelle Ressourcen ver- schlingen. Markante Beispiele sind die Pflichten der Nachhaltigkeitsberichterstat- tung und der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Ein VKU-Sprecher: „Für jeden einzelnen Ladepunkt müssen wir ei- nen eigenen Förderantrag stellen und jedes halbe Jahr berichten. Schneller wären wir, wenn wir mit einem Förderantrag mehrere Ladepunkte beantragen und nur einmal im Jahr berichten müssten.“ Der Vergleich zwischen den Bürokratielas- ten aus Brüssel und aus Berlin fällt beim VKU differenziert aus: „Brüssel hat bei sei- ner Gesetzgebung oft Konzerne im Sinn, Berlin weitet dann leider häufig die EU- Vorgaben bei der Umsetzung in deutsches Recht in Eigenregie auf den Mittelstand aus.“ Diese „deutsche Marotte“ bereite dem kommunalen Mittelstand „echt Kopf- schmerzen“. Tatsächlich ist in Brüssel zu hören, dass rund die Hälfte aller EU-Richt- linien und -Verordnungen auf deutsche Initiative oder mit deutscher Unterstützung zustande kommen. Beziehungen zu Brüssel Der europapoliti- sche Sprecher der CDU/CSU-Bundestags- fraktion, Gunther Krichbaum, spielt den Ball zurück ins Feld der EU. Sein Argument: Während früher auf neun Richtlinien aus Brüssel eine Verordnung kam, habe sich dieses Verhältnis heute umgedreht. Die Fol- ge: EU-Verordnungen gelten in den Mit- gliedsländern unmittelbar, Richtlinien müs- sen von den nationalen Parlamenten erst umgesetzt werden, mit einem gewissen Ge- staltungsspielraum für die jeweiligen Volks- vertretungen. Krichbaum: „Bei Verordnun- gen ist der Bundestag komplett außen vor.“ Er fordert daher, die Beziehungen zwischen Brüssel und den 27 EU-Mitgliedstaaten „vom Kopf auf die Füße zu stellen: Die EU gibt den Rahmen vor, die nationalen Parla- mente füllen ihn aus“. Allerdings räumt Krichbaum ein, die wach- sende „Eingriffstiefe“ durch die europäische Bürokratie habe auch etwas mit der zuneh- menden Integration zu tun, „die nicht oh- ne gemeinschaftliche Rechtsetzung zu ha- ben“ sei. Dennoch plädiert der CDU-Euro- paexperte dafür, dass „die Eingriffstiefe der europäischen Regelungen begrenzt wird, damit den Mitgliedsstaaten mehr Spielräu- me bleiben“. Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke hat Verständnis für die Notwendigkeit, Normen zu vereinheitlichen. Das könne durchaus wie eine zusätzliche Belastung wirken, sei aber oft nur der Ersatz für bis- heriges Regelwerk auf nationaler Ebene. Al- lerdings sieht er im Wunsch der Politik, „Gerechtigkeit und Gleichheit durch staat- liche Eingriffe herbeizuführen“, etwa durch die EU-Kommission, eine unnötige Belas- tung und einen Kostentreiber für die Wirt- schaft, zumal die Brüsseler Beamten „vom Alltag etwa eines deutschen Mittelständlers viel weiter entfernt sind als ihre Kollegen in Berlin oder in den Bundesländern“. Fricke bemängelt, dass in Europa vielfach Transparenz und Gewaltenteilung fehlten: „Das funktioniert nicht richtig.“ Dennoch lässt der Jurist nichts auf die Segnungen der EU gerade für die europäischen Grenz- regionen kommen. Fricke selbst ist häufig in den Niederlanden unterwegs und kann sich dort perfekt in der Landessprache ver- ständigen. Gunther Hartwig Der Autor ist freier Journalist in Berlin.