2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 27 - 29. Juni 2024 GASTKOMMENTARE AUSNAHMEN FÜR KLINIKEN AUF DEM LANDE? Schwieriger Spagat PRO Die zentrale Herausforderung der Kran- t a v i r P © Timot Szent-Iványi, Redaktionsnetzwerk Deutschland s b e r K s a e r d n A / P R © Kerstin Münstermann, »Rheinische Post«, Düsseldorf kenhausreform ist die Frage, wie der Spagat zwischen dem Abbau der Überversorgung in den Ballungsge- bieten und dem Erhalt einer wohnortnahen Versor- gung in ländlichen Regionen erreicht werden kann. Das ist – anders als zum Beispiel von den Krankenkassen dargestellt – nicht allein ein ge- sundheitspolitisches Problem. Vielmehr handelt es sich um ein wichtiges gesamtgesellschaftliches Thema. Schließlich wird zum Beispiel das Erstar- ken der AfD mit dem Gefühl des „Abgehängt- seins“ bestimmter Wählerschichten erklärt. Damit es nicht zu einer Schließung von Kliniken kommt, die eigentlich für die Versorgung der Be- völkerung notwendig sind, muss es zumindest in einer Übergangszeit Ausnahmen von den geplan- ten strengen Qualitätsvorgaben geben. Genau das ist aber im Gesetzentwurf auch verankert. So sind beispielsweise Abweichungen zulässig, wenn in einer Region Krankenhäuser für die Bevölkerung nicht in einer gesetzlich festgelegten Zeit zu errei- chen sind. Generell besteht die Möglichkeit, Klini- ken in neuartige Gesundheitszentren umzuwan- deln, bei denen zwar die Pflege im Vordergrund steht, aber auch kleinere Eingriffe möglich sind. Sollten die Bundesländer glaubhaft darlegen kön- nen, dass weitere Änderungen nötig sind, sollte die Koalition darauf eingehen. Der auf Bundesebe- ne und von den Krankenkassen erhobene Vorwurf, die Länder seien allesamt an einer Reform in Wirk- lichkeit nicht interessiert und würden diese nur hintertreiben wollen, ist nicht haltbar. Bedingung ist aber, dass die Ausnahmeregelunge nicht zum Dauerzustand werden. Die Zeit der „Gelegenheit- schirurgie“, die erwiesenermaßen den Patienten schadet, muss vorbei sein. die die Reform, gung ist sicher eines der zwischen Bund und Ländern umstrittensten Ge- setze der letzten Jahre. Rührt es doch an einer gewissen Urangst: „Wer kümmert sich um mich?“ Diskutiert werden unter anderem Aus- nahmen für Kliniken auf dem Land. Aber sollte ei- ne Krankenhauslandschaft deutschlandweit umgestalten soll, wirklich von vornherein erneut Ausnahmen mitplanen? Deutschland hat mit rund 1.700 Krankenhäusern die höchste Krankhaus- und Bettendichte in Europa. In der Folge führen manche Häuser auch solche Operationen durch, für die ihnen die Erfah- rung fehlt, oder die am Ende unnötig sind. Man- che Patienten wären in der Hausarztpraxis ohne- hin besser aufgehoben; andererseits bleiben Bet- ten ungenutzt, was zu vermeidbaren Kosten führt. Die Reform sieht eine wohnortnahe Versorgung bei Notfällen vor. Hier hat sich der Bund einen schlanken Fuß gemacht und die Zuständigkeiten an die Länder übertragen. Es wird hier in den Kommunen noch viele Planspiele geben müssen. Doch klar ist auch: Nicht nur die Nähe ist wichtig. Ein Krankenwagen, gut ausgestattet, der nach ei- nem Schlaganfall sofort eine weiter entfernte Spe- zialstation anfährt, ist allemal besser als eine überfüllte Notaufnahme in der Nähe, die auf diese Fälle nicht vorbereitet ist. Da geht es im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod. Schätzungen zufolge könnten so mehr als 4.000 Todesfälle jähr- lich vermieden werden. Und Umfragen zufolge ist für die meisten Menschen in Deutschland ohnehin bei Operationen die Spezialisierung eines Kran- kenhauses und eine hohe Behandlungsqualität wichtiger als eine kurze Entfernung vom Wohnort. Nicht nur die Nähe CONTRA Das Gesetz zur Krankenhausversor- Mehr zum Thema der Woche auf den Seiten 1 bis 3. Kontakt: gastautor.das-parlament@bundestag.de Herausgeber Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Fotos Stephan Roters Mit der ständigen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte ISSN 0479-611 x (verantwortlich: Bundeszentrale für politische Bildung) Anschrift der Redaktion (außer Beilage) Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon (0 30) 2 27-3 05 15 Telefax (0 30) 2 27-3 65 24 Internet: http://www.das-parlament.de E-Mail: redaktion.das-parlament@ bundestag.de Chefredakteur Christian Zentner (cz) V.i.S.d.P. Stellvertretender Chefredakteur Alexander Heinrich (ahe) Redaktion Dr. Stephan Balling (bal) Lisa Brüßler (lbr) Carolin Hasse (cha) (Volontärin) Claudia Heine (che) Nina Jeglinski (nki) Claus Peter Kosfeld (pk) Johanna Metz (joh)) Sören Christian Reimer (scr) CvD Sandra Schmid (sas) Michael Schmidt (mis) Helmut Stoltenberg (sto) Alexander Weinlein (aw) Redaktionsschluss 28. Juni 2024 Druck und Layout Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH & Co. KG Kurhessenstraße 4 – 6 64546 Mörfelden-Walldorf Leserservice/Abonnement Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 32 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 32 E-Mail: fazit-com@cover-services.de Anzeigenverkauf, Anzeigenverwaltung, Disposition Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 36 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 36 E-Mail: fazit-com-anzeigen@cover-services.de Abonnement Jahresabonnement 25,80 €; für Schüler, Studenten und Auszubildende (Nachweis erforderlich) 13,80 € (im Ausland zuzüglich Versandkosten) Alle Preise inkl. 7% MwSt. Kündigung jeweils drei Wochen vor Ablauf des Berechnungszeitraums. Ein kostenloses Probeabonnement für vier Ausgaben kann bei unserer Vertriebsabteilung angefordert werden. Namentlich gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Für unverlangte Einsendungen wird keine Haftung übernommen. Nachdruck nur mit Genehmigung Redaktion. Für Unterrichtszwecke können Kopien in Klassenstärke angefertigt werden. der „Das Parlament“ ist Mitglied der Informationsgesellschaft zur Feststellung der Verbrei- tung von Werbeträgern e. V. (IVW) Für die Herstellung der Wochenzeitung „Das Parlament“ wird Recycling-Papier verwendet. Frau Piechotta, die Krankenhäuser warten auf eine Finanzierungsreform. Was ändert sich durch das Krankenhaus- versorgungsverbesserungsgesetz? Die Krankenhausreform ist primär eine Qualitätsreform. Es geht vor allem darum, wie es gelingt, dass deutsche Krankenhäu- ser Patientinnen und Patienten so versor- gen, dass wirklich das gemacht wird, was den Gesundheitszustand verbessert. Für eine höhere Qualität muss sich aller- dings das System der Finanzierung ändern. In deutschen Krankenhäusern finden zu viele Operationen statt, die nicht sinnvoll sind, aber sehr gut vergütet werden. Das führt dazu, dass wir in Deutschland eines der teuersten Gesundheitssysteme Europas haben, aber in der Lebenserwartung im Vergleich in Westeuropa immer schlechter werden und Schlusslicht sind. Auf der Internetseite Ihrer Fraktion heißt es, Sie wollen den Druck auf die Kliniken reduzieren, indem diese künftig keine Fallpauschalen mehr erhalten, die sich an der Zahl der Operationen und Behandlungen orientieren, sondern Vor- haltepauschalen, „die weitgehend unab- hängig von der Zahl der behandelten Fälle sind“. Was heißt weitgehend? Die Krankenhausreform will Anreize für die Kliniken setzen, nur Dinge zu tun, die medizinisch sinnvoll sind, ohne den An- reiz, möglichst wenige Patienten zu behan- deln. Deswegen soll es nun eine Kombina- tion geben: Krankenhäuser erhalten Geld dafür, dass sie schlicht da sind und Struk- turen vorhalten, und zusätzlich gibt es noch einen kleineren Anteil Geld dafür, wie viele Patienten sie behandeln. Die bestehenden Fallpauschalen sor- gen bereits für ein extrem komplexes Ver- gütungssystem. Wird es durch die Vorhal- tefinanzierung noch komplizierter, Stich- worte Bürokratie und Dokumentation? Die Verwaltungs- und Abrechnungskom- plexität im deutschen Gesundheitswesen ist bereits riesig. Da künftig 60 Prozent der Einnahmen einer Klinik über die Vorhalte- vergütung finanziert werden sollen, müs- sen Kliniken in der Tat verstärkt nachwei- sen, dass sie bestimmte Strukturen auch wirklich vorhalten, um Leistungen qualita- tiv hochwertig zu erbringen. Andererseits könnte die Streitintensität zwischen Krankenhäusern und Kranken- kassen über die Abrechnung einzelner Fälle sinken, da diese Mengenkomponente an Bedeutung verliert. Welche Auswirkungen hat die Reform für kleine ländliche Kliniken? Die Krankenhausreform beinhaltet un- heimlich viele Detailfragen. Dabei geht es auch um dünnbesiedelte Regionen in Ost- deutschland oder an der Nord- und Ost- seeküste, und welche Ausnahmeregeln dort gelten sollen. Auch über die neuen Versor- gungszentren auf dem Land müssen wir noch diskutieren. Allerdings wurde vieles auch schon in den Verhandlungen zwi- schen dem Bund und den Ländern detail- liert verhandelt. Ist die Reform wirklich ausdisku- tiert? Bayern verbittet sich Eingriffe in seine Landeskrankenhausplanung, will notfalls vors Verfassungsgericht ziehen. Das Bundesgesundheitsministerium sieht in der Reform keinen Eingriff in die Kom- petenz der Länder. Bayern macht mit dem Thema Stimmung. Nordrhein-Westfalen dagegen ist sehr konstruktiv. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat mit Bundesgesund- heitsminister Karl Lauterbach (SPD) aber auch nicht nur freundschaftliche Worte gewechselt. Aber Herr Laumann hat sehr wohl betont, dass wir die Krankenhausreform brauchen. »Zeit ist gleich Gehirn« PAULA PIECHOTTA Die schnelle Behandlung von Schlaganfall- Patienten ist ein Ziel der Kranken- hausreform, sagt die Grünen- Abgeordnete und Ärztin. © Martin Neuhof Aber auch NRW will weiter selbst über Klinikstandorte entscheiden. NRW hat bereits eine eigene Krankenhaus- reform eingeleitet, an der wir uns als Bund orientieren. Auch Sachsen wurde hier be- reits aktiv. Insgesamt haben 14 von 16 Län- dern ihre ureigenste Aufgabe der Kranken- hausplanung einfach nicht wahrgenom- men. Das führt dazu, dass in den Krankenhäu- sern viele Dinge gemacht werden, die den Gesundheitszustand der Patienten nicht verbessern, dass Therapien in Abtei- lungen stattfinden, die dafür keine aus- reichende Expertise haben, aber zu enor- men Kosten führen und zugleich das dringend benötigte Fachpersonal für Be- handlungen binden, die keinem Patien- ten helfen, aber dem Krankenhaus viel Geld bringen. Viele Mitarbeiter bekommen einen Burn- out, weil sie sich zu Tode schuften und am Ende sehen, dass ihr Einsatz den Pa- tienten zu oft nicht mal etwas bringt, weil sie viele Tätigkeiten nur aus Abrech- nungsgründen verrichten sollen. Diese PARLAMENTARISCHES PROFIL Zustände, die auch durch fehlende Lan- des-Krankenhausplanungen bedingt sind, haben inzwischen ein Ausmaß er- reicht, dass diese zu häufig nicht quali- tätsorientierten Krankenhausbehandlun- gen erhebliche Zusatzkosten für die Ge- setzliche Krankenversicherung bedeuten. Für die Stabilität der Krankenkassen-Fi- nanzen ist aber der Bund zuständig. Des- wegen muss die Bundesregierung jetzt tä- tig werden. Ein Beispiel für Routine und Zentra- lisierung ist die Schlaganfall-Versorgung. Wie wird sich diese verändern? Ich habe selbst als Ärztin in der Neurologie gearbeitet und Schlaganfall-Patienten ver- sorgt, zuerst in Baden-Württemberg, dann in Sachsen. Besonders effektiv ist die Be- handlung eines Schlaganfalls, wenn ein Katheter zum Einsatz kommen kann, mit dem sich das Blutgerinnsel aus dem Ge- hirn absaugen lässt und der Schlaganfall gar nicht erst seine Wirkung vollständig entfalten kann. Dabei gilt: Zeit ist gleich Gehirnmasse. Je länger es dauert, bis ein Patient behandelt wird, desto mehr Ge- hirnmasse stirbt ab. In Baden-Württemberg habe ich erlebt, wie Schlaganfall-Patienten oft zuerst in eine kleine Klinik, in der es nicht mal einen Neurologen gab, gebracht wurden. Dort la- gen dann Patienten bis zu mehreren Stun- den, bis ein Schlaganfall erkannt wurde und wurden erst dann in ein Zentrum ver- legt. Im Ergebnis verstrichen wertvolle Stunden bis zur Behandlung und die Pa- tienten hatten schlechtere Behandlungser- gebnisse. In Ostdeutschland ist das überraschender- weise oft besser. Es gibt weniger kleine Krankenhäuser. Folge werden Schlaganfall-Patienten in manchen Regio- nen häufiger direkt in ein großes Kranken- haus gebracht, das sie gut behandeln kann. In Leipzig konnten wir Patienten oftmals bereits eine Stunde nach Symptombeginn behandeln und das Gerinnsel aus dem Hirn herausziehen. In Heidelberg kamen sie oft erst nach sechs oder mehr Stunden zu uns, insbesondere dann, wenn sie nicht direkt aus der Stadt kamen. In der Die Zentralisierung führt zur Frage, wie viele Kliniken schließen sollen. In Regionen, die schon in den 1990er Jah- ren einen Umbau ihrer Krankenhausland- schaft erlebt haben, wie bei uns in Ost- deutschland, müssen keine Kliniken schlie- ßen. Kleinen Kliniken wollen wir mit der Vorhaltefinanzierung helfen, mit klassi- scher Basisversorgung wirtschaftlich solide zu arbeiten. Dazu gehören beispielsweise Blinddarm-Operationen. Leider ist diese klassische Basismedizin heute für Kliniken finanziell nicht attraktiv. Das soll sich än- dern. Wie viele Klinikstandorte sollen im Westen des Landes schließen? Nochmal: Es geht nicht darum, Kranken- häuser zu schließen, sondern darum, die Behandlungsqualität zu verbessern. Die Bedingungen für die Vorhalte- pauschalen soll eine Rechtsverordnung festgelegen. Damit wird das Gesetz zu ei- ner Black Box für die Krankenhäuser. Es ist normal, dass es zu Gesetzen Rechts- verordnungen gibt. Damit sich die Kran- kenhäuser darauf gut einstellen können, sind sehr lange Übergangsphasen veran- kert. Das Gespräch führte Stephan Balling Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen) ist Fachärztin für Radiologie und seit 2021 Bundestagsabgeordnete. Sie ist Mitglied im Haushaltsausschuss des Bundestages und stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss. Der Selbstständige: Kay-Uwe Ziegler V ielleicht lag es an einem Abendessen, weswegen er in die Politik ging. Manche Politiker haben Erwe- ckungserlebnisse, und Kay-Uwe Ziegler widerfuhr es vor ein paar Jahren. Der damals parteilose Einzel- händler hatte vor einem Stadtausschuss in Bitterfeld seine Ideen zur Gestaltung der Innenstadt vortragen wollen, da hob ein FDP- Mann die Hand. „Der stellte den Antrag, dass meine Redezeit verkürzt wird“, erinnert sich Ziegler, „weil zuhause das Abendes- sen warte“. In der sich anschließenden Diskussion hörte er sich an, „dass ich mich ja selbst aufstellen lassen könne, wenn mir das nicht passt“. Ziegler, heute 60, passte es nicht. Später, im Jahr 2016, trat er in die AfD ein, „die CDU-Leute fand ich zu un- sympathisch“, und kandidierte sogleich als Oberbürgermeister in Bitterfeld-Wolfen, erhielt aus dem Stand heraus 20,9 Prozent der Stimmen. Der Geschäftsführer in der Textilbranche landete schließlich 2021 im Bundestag, direkt gewählt, und im Gesund- heitsausschuss, aus dem er gerade kommt. Es ist Mittwochmittag, im Paul-Löbe-Haus suchen die Leute Schatten. „Wir reden im Ausschuss viel zu wenig über Themen wie die Krankenhausreform“, sagt Ziegler. Die Bundesregierung plant letztere, und nicht alles daran findet der Oppositionspoliti- ker schlecht. „Wir brauchen eine Krankenhausreform, nur ist vie- les noch nicht zu Ende gedacht.“ Auch Ziegler fordert eine ge- stärkte Versorgungsqualität. „Ich hab‘ mich umgeschaut: Ja, eine Spezialisierung ist extrem wichtig“, er verweist auf Dänemark mit seinem Modell von „Super-Krankenhäusern“. Dass geplant ist, Krankenhäusern durch eine Vorhaltevergütung einigen öko- nomischen Druck zu nehmen, begrüßt er. Nur: „Ich fürchte, dass durch Lobbying einiges verwässert wird.“ Überhaupt sehe er ge- rade nicht, dass ein Fokus auf Versorgungsqualität zum Tragen komme. „Die Krankenhäuser aber müssen wissen, wohin ihr Weg geht, allein wegen der Planungssicherheit.“ Er schaut kurz auf sein Handy. Heute Nachmittag muss er mit dem ICE kurz nach Bitterfeld, dem kommunalen Krankenhaus drohe plötzlich die In- ..................................................................................................................................................... o m I . h T / / k e h t o t o h p / T B D © »Wir brauchen eine Krankenhausreform, nur ist vieles noch nicht zu Ende gedacht.« solvenz, Banken würden Darlehen verweigern. Bei Bundesge- sundheitsminister Karl Lauterbach und seiner geplanten Reform äußert der AfD-Abgeordnete einen Verdacht: „Früher äußerte er mal den Wunsch, dass in Deutschland auf 600 Krankenhäuser verzichtet wird. Diese Entscheidung will er heute nicht treffen, aber es fühlt sich so an, dass nun entsprechende Fakten geschaf- fen werden.“ In Gesprächen mit AfD-Politikern landet man schnell bei Gefüh- len. Auch Ziegler, blaues Hemd, dunkelblaues Jackett und Jeans (aus dem eigenen Laden? „Natürlich!“), verweist beim Gespräch über den Klimawandel auf die Erdgeschichte der vergangenen Jahrtausende und dass sich damals aus hohem CO2-Anteil he- raus eine Eiszeit entwickelt habe – erwähnt aber nicht, dass es damals keine Industrialisierung mit den hohen Emissionen gab. Und zu Corona überzeugten ihn Masken und Impfung nicht, er beklagt, dass man genötigt worden sei. In einem früheren Leben hatte Ziegler als Veterinär-Ingenieur ge- arbeitet, aber der Fall der Mauer bescherte ihm das Berufs-Aus, da es diesen Job im Westen nicht gab. „Dabei haben wir alles gemacht, technisch war das Umfeld draußen weitgehend iden- tisch.“ Es habe ihm wehgetan, sagt er, dass er das nicht mehr machen konnte. Ein Tierarztstudium habe er beginnen können, „aber alles noch einmal von vorn – ich war 26 und dachte da- ran, wie ich mein Einkommen bestreiten konnte.“ Ziegler sattelte um, ein Großcousin aus dem Westen suchte je- manden, der Stoffe im Osten verkauft, „meine erste Negativer- fahrung mit Westdeutschen“, lächelt er ein wenig grimmig, „er verkaufte mir Stoffreste zu überteuerten Preisen“. Irgendwann die Umorientierung und der Aufbau eines eigenen Ladens, er be- steht bis heute. Und die Politik: Bei der AfD gilt Ziegler als eigen, er gehört keinen Netzwerken an, was ihm gute Landeslistenplät- ze 2017 und 2021 verwehrte. Aber es kam ja anders. Ziegler steht auf, er muss zum Bahnhof. l Jan Rübel T