2 MENSCHEN UND MEINUNGEN Das Parlament - Nr. 30-32 - 20. Juli 2024 GASTKOMMENTARE SIND E-AUTOS DIE ZUKUNFT? Ja, aber nicht so! PRO Der Gedanke, man könne ein Datum für t a v i r P © Holger Appel, »Frankfurter Allgemeine Zeitung« z a t : o t o F © Marie Frank, »Die Tageszeitung, taz« das Ende der Zulassung neuer Perso- nenwagen mit Verbrennungsmotor festlegen und de facto nur eine Tech- nik für die Zukunft erzwingen, war von Anfang an naiv. Weiß doch schließlich alle Welt, dass von 2035 an nur Elektroautos in der EU zugelassen werden dürfen, werden Komponenten, Materia- lien, Zulieferungen, einfach alles rund um diese Technik teurer. Nicht irgendwann, sondern sofort. Die Versorgung mit Rohstoffen schwenkt um, die Gefahr ist offensichtlich. China kontrolliert 75 Pro- zent der Batterieherstellung und 90 Prozent der Gewinnung von Lithium. Damit das Elektroauto nicht nur auf dem Papier, sondern tatsächlich CO2-neutral fährt, braucht es eine vollständig re- generative Stromproduktion, die aber liegt in wei- ter Ferne. Die Menschen erkennen das, und sie sind nicht bereit, für ein Auto, das ihnen im Alltag weniger Flexibilität bietet, mehr zu bezahlen. An die Stelle des Verbrennerverbots gehört eine Ver- ringerung des Schadstoffausstoßes in berechenba- rer Kontinuität. Das Wie gehört in die Hände der Ingenieure und Unternehmer, nicht auf den grü- nen Tisch der Politik. Ein Hebel liegt zudem in der Bestandsflotte, die, mit E-Fuels betrieben, auf ei- nen Schlag den Umweltschutz deutlich verbessern könnte. Es gibt immer auch eine wirtschaftliche Komponente. Das Elektroauto ist heute nur mit Subvention halbwegs marktfähig. Es muss aber aus sich heraus wettbewerbsfähig werden. Die in- dustrielle Basis wackelt, wenn politischer Wunsch und des Bürgers Wirklichkeit nicht zusammenpas- sen. Es ist höchste Zeit für eine technologieoffene Revision. Wahrscheinlich sind E-Autos die Zukunft, aber lassen wir die entlang sinnvoller Leitplanken den Markt richten, er kann das besser als Brüssel. Klimakatastrophe zu. Wenn wir so wei- terleben und produzieren wie bisher, wird es über kurz oder lang keinen le- benswerten Planeten mehr geben. Ebenso unum- stritten ist: Die bisherigen Klimaschutzmaßnah- men reichen bei weitem nicht aus. Das liegt vor al- lem daran, dass Wirtschaftsinteressen vor ökologi- sche und humanitäre Belange gestellt werden. Die mächtige Automobil- und Öl-Industrie torpediert erfolgreich jede Klimaschutzmaßnahme, die ihre Gewinne schmälern könnte. Obwohl der Verkehr der einzige Bereich ist, in dem die Treibhausgasemissionen zugenommen haben und er ein Viertel des europäischen CO2-Aussto- ßes verursacht, wird darüber diskutiert, das Aus für den Verbrennermotor ab dem Jahr 2035 zu kip- pen. Dabei ist die Maßnahme durch die Ausnahme für E-Fuels mit ihrer mehr als fragwürdigen Um- weltbilanz bereits jetzt stark verwässert und kommt viel zu spät. Das ist schlicht verantwor- tungslos. Statt am Verbrenner-Aus zu rütteln, müsste die Politik sehr viel radikalere Maßnahmen ergreifen, um die Mobilitätswende einzuleiten: au- tofreie Innenstädte, ein Verbot von Inlandsflügen, massiver Ausbau des ÖPNV, Schluss mit sinnlosen Transporten, um billiger zu produzieren. Das ist nicht populär, aber notwendig. Wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen, dass nicht alle ein oder sogar mehrere Autos besitzen können – egal ob mit oder ohne Benzin. E-Autos mit ihren unökolo- gischen und menschenunwürdigen Produktionsbe- dingungen sind keine Lösung. Wenn wir wollen, dass Städte lebenswert sind und die Erde bewohn- bar bleibt, muss der motorisierte Individualverkehr der Vergangenheit angehören. Falscher Ansatz CONTRA A lle wissen es: Die Welt steuert auf eine . Kontakt: gastautor.das-parlament@bundestag.de Herausgeber Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Fotos Stephan Roters Mit der ständigen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte ISSN 0479-611 x (verantwortlich: Bundeszentrale für politische Bildung) Anschrift der Redaktion (außer Beilage) Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon (0 30) 2 27-3 05 15 Telefax (0 30) 2 27-3 65 24 Internet: http://www.das-parlament.de E-Mail: redaktion.das-parlament@ bundestag.de Chefredakteur Christian Zentner (cz) V.i.S.d.P. Stellvertretender Chefredakteur Alexander Heinrich (ahe) Redaktion Dr. Stephan Balling (bal) Lisa Brüßler (lbr) Carolin Hasse (cha) (Volontärin) Claudia Heine (che) Nina Jeglinski (nki) Claus Peter Kosfeld (pk) Johanna Metz (joh) Sören Christian Reimer (scr) CvD Sandra Schmid (sas) Michael Schmidt (mis) Helmut Stoltenberg (sto) Alexander Weinlein (aw) Redaktionsschluss 19. Juli 2024 Druck und Layout Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH & Co. KG Kurhessenstraße 4– 6 64546 Mörfelden-Walldorf Leserservice/Abonnement Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 32 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 32 E-Mail: fazit-com@cover-services.de Anzeigenverkauf, Anzeigenverwaltung, Disposition Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 36 Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 36 E-Mail: fazit-com-anzeigen@cover-services.de Abonnement Jahresabonnement 25,80 €; für Schüler, Studenten und Auszubildende (Nachweis erforderlich) 13,80 € (im Ausland zuzüglich Versandkosten) Alle Preise inkl. 7% MwSt. Kündigung jeweils drei Wochen vor Ablauf des Berechnungszeitraums. Ein kostenloses Probeabonnement für vier Ausgaben kann bei unserer Vertriebsabteilung angefordert werden. Namentlich gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Für unverlangte Einsendungen wird keine Haftung nur mit übernommen. Nachdruck Genehmigung Redaktion. Für Unterrichtszwecke können Kopien in Klassenstärke angefertigt werden. der „Das Parlament“ ist Mitglied der Informationsgesellschaft zur Feststellung der Verbrei- tung von Werbeträgern e. V. (IVW) Für die Herstellung der Wochenzeitung „Das Parlament“ wird Recycling-Papier verwendet. Herr Frei, die deutschen Autoherstel- ler sind von der Antriebswende ernüch- tert. Die Verkaufszahlen sind rückläufig. In der ersten reinen E-Auto-Fabrik Europas, dem VW-Werk in Zwickau, fürchtet die Belegschaft derzeit um ihre Jobs. Was ist zu tun, um gegenzusteuern? Wir müssen den Fakten ins Auge blicken. Die Ampel-Koalition hat die Branche mas- siv verunsichert. Das Auslaufen des Um- weltbonus war ein fatales Signal. Um Si- cherheit in einen Markt zu bringen, sind stabile Rahmenbedingungen der Schlüssel. Schnellschüsse bewirken das Gegenteil. Das Abschaffen des Umweltbonus wurde als Zeichen gewertet, dass E-Autos und Plug-In-Hybride politisch nicht mehr ge- wünscht sind. Als Unionsfraktion haben wir deshalb gefordert, dass der Umweltbo- nus wieder eingeführt wird. Wir brauchen weiterhin politische Signale, die die Elek- tromobilität stützen. Dazu zählt unter an- derem auch der Aufbau von Ladestationen. Die VW-Krise ist in Ostdeutschland zum Politikum geworden. Im September wird in Sachsen gewählt, in Umfragen liegt die rechtsextreme AfD auf Platz eins. Die AfD behauptet, dass „die hoch- subventionierte grüne Planwirtschaft auf ganzer Linie gescheitert“ sei. Wie gut sind die ostdeutschen Länder, wie gut ist Deutschland auf die Transformation vor- bereitet? Diese Transformation stellt für Unterneh- men und Menschen gleichermaßen eine enorme Herausforderung dar. Ich denke, dass Politik vor allem die Ängste abbauen und für einen sicheren Rahmen sorgen muss. Denn das stört mich an dem Begriff der Transformation: Er suggeriert einen harten Bruch, bei dem sich sofort alles än- dert und die Politik weiß, wie die Zukunft aussieht. So eine Interpretation stößt zu Recht auf Vorbehalte – nicht zuletzt in Ostdeutschland. Die AfD schürt Ängste und bietet keine Lösung an. Für die Union steht fest, dass wir als Politik nicht vorge- ben wollen, welche Technologie in der Zu- kunft genutzt wird. Wir sollten selbstbe- wusst auf das Know-how in unserem Land vertrauen, dass wir diese Veränderungen bewältigen können. Gesellschaftspolitisch müssen wir darauf achten, dass sich keine Gruppen gegenseitig die Schuld für Rück- schläge zuschieben. Viel zu oft reduzieren radikale Kräfte die vielen einzelnen Men- schen, die die Veränderung erleben, auf identitäre Gruppen. Das hilft uns in der Phase des Überganges nicht weiter. Viel- mehr braucht es den Respekt und die Wertschätzung gegenüber jedem einzel- nen. Dann lassen sich die Menschen auch auf Veränderungen ein – das ist meine Überzeugung. Ein wichtiger Baustein in der Wert- schöpfungskette sind die Halbleiter in den E-Fahrzeugen. Ist die Förderung für Chipfabriken sinnvoll oder können sol- che Komponenten anderswo besser produ- ziert werden? Die Politik entscheidet nicht aktiv, wo sich eine Firma ansiedelt. Das ist eine Unter- nehmensentscheidung, die auf Basis der Standortfaktoren vor Ort getroffen wird. Hierbei können auch Zulieferer eine Rolle spielen. Deshalb geht es um keine Entwe- der-oder-Entscheidung. Von politischer Seite sollten wir die Rahmenbedingungen so ausgestalten, dass Unternehmen gerne nach Deutschland kommen. Im Falle der Chipindustrie zahlt sich eine Spezialisie- rung in den ostdeutschen Bundesländern aus, die nun zu einigen Ansiedelungen führen. Aber es braucht trotzdem Refor- men, die an den harten Faktoren wie Steu- ern und Fachkräfteverfügbarkeit ansetzen, damit wir Anziehungskraft entwickeln. Welche Schlüsse sollte die Bundesre- gierung aus der Elektro-Misere ziehen? »Ein fatales Signal« THORSTEN FREI Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion setzt auf Technologieoffenheit bei der Transformation der Autoindustrie © Tobias Koch Die Bundesregierung darf nicht vorschrei- ben, welche Technologien zum Erfolg füh- ren. Sie muss sich für Technologieoffenheit einsetzen. Die CO2-Flottenregulierung ist eine politische Wette auf eine einzige Tech- nologie. Über das Angebot der Technolo- gien entscheiden die Unternehmen. Die Union hat aus dieser Überzeugung heraus auch gegen die EU-Regulierung gestimmt, und wir fordern jetzt die Rücknahme der Regulierung. Trotzdem ist gewiss, dass Elektromobilität in Zukunft eine wegwei- sende Technologie sein wird. Es ist daher richtig, dass sich alle Unternehmen, egal ob großer Konzern oder mittelständischer Zulieferer, auf den Weg gemacht haben. Auf EU-Ebene und von Seiten der CDU/CSU-Fraktion wird nun das Aus vom Verbrenner-Aus gefordert. Wie sol- len die Übergangszeiten dazu aussehen? Der Verbrennungsmotor muss auch nach 2035 eine Zukunft haben. Wir wollen die- se Technologie, die für unsere Automobil- industrie enorm wichtig ist, heute und in Zukunft nutzen. Dazu wollen wir Wege er- PARLAMENTARISCHES PROFIL öffnen, wie man den Verbrenner auch nach 2035 klimafreundlich weiterbetreiben kann. Zum Beispiel mit E-Fuels. Das ist schon deshalb sinnvoll, weil wir eine große Verbrenner-Bestandsflotte haben, die sonst beim Klimaschutz außen vor bleiben wür- de. Der Verbrenner, der mit klimafreundli- chem Kraftstoff betrieben wird, leistet ei- nen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele im Verkehrssektor. Unser technologieoffener Ansatz schafft die not- wendigen Rahmenbedingungen. Was ist zu tun, um Elektrofahrzeuge besser in den Markt zu bringen? Die deutschen Autohersteller bieten derzeit kaum Fahrzeuge unter 20.000 Euro an. Wann kommen aus Deutschland preis- günstige E-Autos? Die sogenannten „Early-Adopter“ haben sich für die Elektromobilität entschieden. Die Bundesregierung hat sich durch diesen vermeintlichen Trend täuschen lassen. Und zu allem Übel hat sie die Förderung der Elektromobilität früher gestoppt, als allge- mein erwartet wurde. Aber wie dem auch sei: Die deutschen Hersteller bieten viele Elektromodelle an und erweitern das Port- folio dauernd. Neue Produkte erobern den Markt nun einmal nicht über Nacht. Aktuell drängen vor allem chinesi- sche Anbieter auf den europäischen Markt. Werden sie erfolgreich sein, oder haben europäische Hersteller doch noch einen Heimvorteil? Unser Land ist bekannt für seine Automo- bilindustrie. Weltweit sind die Autos der hiesigen Unternehmen eng verknüpft mit dem Versprechen von Qualität und Sicher- heit. Gleichzeitig bringen die ausländi- schen Hersteller Konkurrenz für die E-Au- tos in Deutschland. Das muss aber nicht schlecht sein – der Wettbewerb kann die Transformationen unsere deutschen Tradi- tionshersteller beschleunigen. Diese müs- sen nun auch in der Elektromobilität ihre Klasse beweisen. Ist es sinnvoll, dass die EU-Kommissi- on Zölle auf E-Autos aus China einfüh- ren will? Wie soll sich die Bundesregie- rung dazu verhalten? Deutschland profitiert als Exportnation von einem offenen und regelbasierten Welthandel. Die EU-Kommission hat nun regelwidrige Handelspraktiken Chinas fest- gestellt. Daher braucht es ein Signal an China, die Regeln des Welthandels einzu- halten. Das Vorgehen der EU schafft Raum für Verhandlungen, die nun intensiv ge- führt werden müssen. Wir sollten einen Handelsstreit unter allen Umständen ver- meiden. Er kennt am Ende nur Verlierer. Was muss passieren, um die Elektro- wende zu entpolitisieren? In den USA und in Europa wird die Antriebsart der Autos immer mehr zur Glaubensfrage. In den sozialen Medien finden sich unzähli- ge Inhalte, die E-Autos als umweltschäd- licher als Verbrenner darstellen, teilwei- se verknüpft mit bizarren Verschwörungs- erzählungen. Um eine sachliche Debatte zu führen, muss gute und bezahlbare klimafreundliche Mo- bilität zur obersten Maxime im Bereich der Individualmobilität und des Güterverkehrs mit dem Lkw gemacht werden. Dazu haben wir bereits mehrfach entsprechende Initiati- ven in den Deutschen Bundestag einge- bracht. Das Erreichen der Klimaschutzziele ist mit verschiedenen Technologien mög- lich. Wir dürfen nicht vergessen: Eine ideo- logiegetriebene Debatte hilft niemandem. Das Interview führte Nina Jeglinski. Thorsten Frei (CDU), ist Erster parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und seit 2013 Mitglied im Bundestag. Der aus dem Kiez: Stefan Gelbhaar Beim Eintritt in dieses Büro befällt einen eine Gemüt- lichkeit. Sind es die Holzwände im Trakt, die herunter- gelassenen Jalousien oder die Socken, mit denen sich der Abgeordnete zeigt? Stefan Gelbhaar, im Wahlkreis 76 Berlin Pankow direkt für die Grünen in den Bundestag ge- wählt, verbreitet eine Entspanntheit, die mit Müßiggang nichts zu tun haben kann, wenn man sich seinen Terminkalender an- sieht. Und dennoch. Vielleicht ist es das Kiezgefühl, das vom geborenen Berliner ausgeht. Doch die Themen, die der 48-Jähri- ge beackert, erfordern Beharrlichkeit und Kraft, da kann es mit der Gemütlichkeit schnell vorbei sein. „In Deutschland gibt es 49 Millionen Autos bei 84 Millionen Einwohnern“, sagt Gelbhaar. „Das bedeutet, alle Deutschen passen schon auf die Vordersitze – und dann stünden noch Millionen Autos leer rum. Da darf man schon die Effizienz hin- terfragen.“ Die Ausgangslage: Bisher genießen Autos im öf- fentlichen Raum eine Menge Platz, mehr als es beispielsweise Spielplätze gibt. „Fahrräder oder der Öffentliche Personennah- verkehr (ÖPNV) brauchen und bekommen deutlich weniger Platz“. Man kann nicht sagen, dass der Jurist untätig geblieben wäre, seit er 2017 in den Reichstag einzog. Gelbhaar engagier- te sich für Fahrradstellplätze im Bundestag, triezte die Bundes- regierung wegen der Fördermittel für den ÖPNV, nervte den Bund, damit endlich Abbiegeassistenten für Lkw zum Standard werden und setzte mit durch, dass Fahrradpolitik auch Angele- genheit auf Bundesebene wird. Der Familienvater verzichtete unlängst auf das Auto, als es kaputtging, und befand: „Es geht eben auch ohne“. Schwebt ihm ein autofreies Berlin vor? „Das ist für viele Menschen eine große Vision. Allerdings macht allein der Wirtschaftsverkehr rund die Hälfte des Berliner Autover- kehrs aus. Es ist kompliziert.“ Hört man Gelbhaar länger zu, fällt mehrmals das Wort „lo- gisch“. Dass zum Beispiel Eintreten für mehr Ökologie in der Politik logisch sei – das hatte er angenommen, als er begann, ..................................................................................................................................................... l e s s e k n r o B a i l u J »Fehlen die Bündnis- grünen, bleiben Umwelt und Klima irritierender- weise immer wieder auf der Strecke.« © sich näher für sie zu interessieren. „Doch es sind dann stets die Bündnisgrünen, welche die ökologischen Projekte und Themen vorantreiben. Fehlen die Bündnisgrünen, bleiben Umwelt und Klima irritierenderweise immer wieder auf der Strecke.“ In Pankow aufgewachsen, wurde der damals 13-Jährige Zeuge des Berliner Mauerfalls, beziehungsweise: „Ich verschlief ihn, musste ja am nächsten Tag zur Schule. Ich erinnere mich aber, dass es ein Donnerstagabend war.“ Die Veränderung vollzog sich teils ganz konkret: Plötzlich konnte ein Gehweg normal be- treten werden, der noch Tage zuvor militärische Sperrzone war. Dem Teenager präsentierte sich ein „fast unglaubliches Berliner Überangebot an Kultur, an Clubs, an Kinos, an Konzerten.“ Doch die Erfahrung von Arbeitslosigkeit in nahezu jeder ost- deutschen Familie prägten das Bild noch stärker. All das führte zum Studium der Rechtswissenschaft in Berlin, als waschechter Berliner kam er quasi aus seinem Kiez nicht mehr heraus. Warum auch? Gelbhaar trat als Student den Grü- nen bei, genauer: Bündnis 90/Die Grünen, diese Bezeichnung ist ihm wichtig. Er begann mit Engagements auf Bezirksebene, wurde Delegierter – im Beruf dann Anwalt und Strafverteidiger. 2005 wurde er in Pankow Kreisvorsitzender, einte den zerstrit- tenen Parteiverband, vielleicht war es seine entspannte Art? Zwei Themen machte er damals aus: Mieten und Verkehr. Ge- gen die Erhöhung von Mieten mobilisierte er Widerstand wie gegen den Ausbau der Berliner Stadtautobahn A 100. Die Ver- kehrspolitik wurde dem „ÖPNV-Kind“ zum Kernthema. Woher kommt dieses Dranbleiben, ist es Ehrgeiz? „Das Wort ist nicht meins – es ist eine komische Kombination aus Ehre und Geiz.“ Dann sagt er: „Das können andere besser beurteilen, aber viel- leicht bin ich in gewisser Weise konsequent.“ Wie es so ist, wenn man in Kindheit und Jugend Leistungssport betrieb, Schwimmen, Schach und Handball. „Aber das ist lange her. Im- merhin, das Radfahren nach Hause ist geblieben.“ Jan Rübel T