10 WIRTSCHAFT UND FINANZEN Das Parlament - Nr. 43-44 - 19. Oktober 2024 Die Angst vor dem »fossilen Backlash« ATOMAUSSTIEG Das Bundesamt für Strah- lenschutz (BfS) und das Umweltbundes- amt (UBA) waren mit Fragen der Laufzeit- verlängerung der letzten drei deutschen Atomkraftwerke nicht befasst beziehungs- weise in die Entscheidungen der Bundesre- gierung nicht eingebunden. Dies erklärten BfS-Präsidentin Inge Paulini und UBA-Prä- sident Dirk Messner am Donnerstag bei ih- ren Vernehmungen im 2. Untersuchungs- ausschuss, der die Umstände des deutschen Atomausstiegs untersucht. Für die nuklear- spezifische Gefahrenabwehr sei das BfS zwar zuständig, schilderte Paulini. Das ha- be aber nichts mit dem Untersuchungsauf- trag des Ausschusses zu tun. „Wir haben keine Zuständigkeit im Bereich des Unter- suchungsgegenstandes.“ Das BfS sei zustän- dig, um die Strahlenexposition der Bevöl- kerung zu erfassen, auch im nicht ionisie- renden Bereich. Man beobachte die Werte über ein eigenes Messsystem in Deutsch- land. Konfrontiert mit Aussagen auf der Home- page des Bundesamtes, wonach das Risiko der Kernkraft nicht beherrschbar sei, sagte Paulini, sie habe diese Aussage auf Unfälle wie in Tschernobyl und Fukushima bezo- gen. „Die Geschichte hat gezeigt, dass diese Technologie nicht komplett beherrschbar ist“, erklärte Paulini. Angesprochen auf ein Interview, in dem sie gesagt hatte, es wäre besser, wenn in Europa keine Kernkraftwer- ke mehr liefen, sagte die BfS-Präsidentin, wenn es keine Kernkraftwerke gebe, könne es auch keine Strahlung geben. Radioakti- vität mache vor Grenzen nicht halt. UBA-Präsident Messner sagte, er sei nicht verwundert gewesen, dass sein Amt nicht in die Diskussion einbezogen worden sei. Die Fragen der Sicherheit, um die es bei der Debatte um die mögliche Laufzeitver- längerung gegangen sei, würden in der Ar- beit des Umweltbundesamtes keine Rolle spielen. Er habe nach Beginn des Ukraine- Krieges eine „Renaissance der fossilen Energieträger“ befürchtet, einen „fossilen Backlash“. Aber der Ausbau der erneuerba- ren Energien sei der richtige Weg. hleT KURZ NOTIERT Gesetz zu europäischer Daten-Governance vorgelegt Der Bundestag hat erstmals über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur nationalen Durchführung der EU-Verord- nung über europäische Daten-Governan- ce (20/13090) beraten. Durch vertrau- ensvollen, fairen Zugang zu geschützten Daten des öffentlichen Sektors könnten mehr Daten genutzt werden, heißt es im Entwurf. Eine stärkere gemeinsame Ver- wendung geteilter Daten könne weitere Nutzeneffekte, auch im Kontext Künstli- cher Intelligenz, heben. Voraussetzung dafür sei der Daten-Governance-Rah- men. Die federführende Beratung soll der Digitalausschuss übernehmen. lbr T Unionsantrag für bezahlbaren Führerschein abgelehnt. Um die steigenden Kosten beim Führer- scheinerwerb und das lange Warten auf einen Prüftermin in den Griff zu bekom- men, schlägt die Union unter anderem die stärkere Nutzung von Fahrsimulato- ren, eine Modifizierung der Fahrlehrer- ausbildung und die Auflösung des Qua- si-Monopols bei den Fahrprüfungen vor. Den entsprechenden Antrag (20/10610) hat der Bundestag am Donnerstag je- doch mit den Stimmen der Koalition so- wie der Linken abgelehnt. hau T Bundesregierung legt Gleichwertigkeitsbericht vor Der Gleichwertigkeitsbericht 2024 (20/ 12270) kommt zu dem Ergebnis, dass die Unterschiede der Lebensverhältnisse von Stadt- und Landbewohnern abneh- men. In der Stadt fahre der Bus zwar häufiger, dafür seien auf dem Land die Mieten niedriger. Bei Wahlbeteiligung und Geburtenrate schrumpften die Un- terschiede. Am Donnerstag beriet der Bundestag den Bericht und überwies ihn an die Ausschüsse. mis T Grünes Licht für grüne Anleihen Der Bundestag hat in einem Gesetzent- wurf Regeln für als ökologisch vermark- tete Wertpapiere gebilligt (20/12781). Dafür stimmten die Ampel-Fraktionen, dagegen die CDU/CSU- und die AfD- Fraktion bei Abwesenheit der Gruppen Die Linke und BSW. Strittig war in der Debatte, ob die Regeln über die Vorga- ben der Europäischen Union hinausge- tatsächlich hen, oder ob Unionsrecht eins zu eins umgesetzt werde. bal T Hohe Standortkosten VERKEHR Keine Mehrheit für Senkung der Luftverkehrsteuer Wenige Tage, nachdem bekannt geworden ist, dass mehrere Airlines ihr Flugangebot in Deutschland aufgrund zu hoher Kosten streichen, hat sich der Bundestag mit der Situation in der Luftfahrtbranche befasst. Grundlage dafür war ein letztlich abge- lehnter Antrag der Union (20/11381), in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, sich für eine Reduzierung der Stand- ortkosten Luftverkehrsstandort Deutschland einzusetzen. Insbesondere die Erhöhung der Luftverkehrsteuer müsse zu- rückgenommen werden, verlangen CDU und CSU. Die Ampel schröpfe Airlines und Flughäfen, beklagte Ulrich Lange (CSU). Die Luftverkehrsteuer sei so hoch wie in keinem anderen europäischen Land. Un- terstützt wurde seine Forderung durch Dirk am Brandes (AfD), der gleichzeitig darauf ver- wies, dass es die Union gewesen sei, die 2011 die Luftverkehrsteuer eingeführt habe. Widerspruch kam von der Koalition. Anja Troff-Schaffarzyk (SPD) befand, die deut- sche Luftfahrt habe strukturelle Probleme jenseits der Standortkosten, denen begeg- net werden müsse. Ganz vorn stehe dabei der Personalmangel. Die Union greife die mantraartig wiederholten Klagen der Lob- byisten über hohe Standortkosten auf, statt sich mit den Fakten auseinandersetzen, kri- tisierte Susanne Menge (Grüne). Jürgen Lenders (FDP) verwies auf die ab 2026 vorgesehene nationale Quote für die Beimischung von E-Kerosin in Flugzeug- kraftstoff. „Die muss aus Sicht der Libera- len gestrichen werden“, forderte er. hau T Alternative zu Cookie-Bannern INTERNET Kommt das Ende der Cookie-Banner-Flut? Die Bundesregierung will das Surferlebnis für Internetnutzer verbessern und eine Al- ternative zu den vielen Einzelentscheidun- gen bei Cookie-Einwilligungsbannern auf Webseiten ermöglichen. Die entsprechende Verordnung (20/12718) in der Ausschuss- fassung nahm der Bundestag am Donners- tag mit den Stimmen der Koalitionsfraktio- nen gegen die von Union und AfD an. Ziel der Verordnung sei es, anerkannte Dienste zu schaffen, die Entscheidungen von Nutzern über eine Einwilligung oder Nicht-Einwilligung gegenüber einem An- bieter verwalten, hatte Digital-Staatssekre- tärin Daniela Kluckert (FDP) im Ausschuss erläutert. Nutzer sollen so ein transparen- tes Werkzeug erhalten, mit dem sie ihre Entscheidungen jederzeit nachvollziehen und überprüfen können. Hintergrund ist das Telekommunikation-Telemedien-Da- tenschutz-Gesetz, das die Schaffung aner- kannter Dienste zur Einwilligungsverwal- tung vorsieht. Allerdings auf freiwilliger Basis – für die Webseiten, aber auch für Nutzer. „Wir ermöglichen, dass solche Dienste entstehen können, schreiben das aber nicht vor“, sagte Kluckert. Sie gehe aber davon aus, dass sich daraus ein Öko- system entwickeln werde. Innerhalb von zwei Jahren soll es eine Evaluierung geben. Geprüft werden soll, ob Freiwilligkeit aus- reiche und wie die Marktentwicklung ver- laufe. Das Anerkennungsverfahren soll die Datenschutzbeauftragte durchführen. lbr T Kostenloses Mittagessen ERNÄHRUNG Gratisessen in Schulen und Kitas Die Linke fordert ein kostenloses Mittages- sen in Kindertageseinrichtungen (Kitas) und Schulen. Alle 15 Millionen Kinder und Jugendlichen, die allgemeinbildende Schulen und Kitas besuchen, sollen in öf- fentlichen Bildungseinrichtungen „gesund und schmackhaft verpflegt werden – unab- hängig vom Geldbeutel der Eltern“, heißt es in dem Antrag (20/12110) der Gruppe, der am Donnerstagabend erstmals im Bun- destag debattiert wurde. Die Finanzierung des Gratis-Mittagessens soll zu mindestens 50 Prozent aus dem Bundeshaushalt gewährleistet werden. Ein Investitionsprogramm dazu soll sicherstel- len, dass Schulen und Kitas den Bau bezie- hungsweise Umbau geeigneter Räumlich- keiten für Küchen und Mensen zur Zube- reitung frischen Essens in den Einrichtun- gen ermöglichen können. Außerdem soll der Aufbau von kommunalen Küchen ge- fördert werden und auch eine Wertschöp- fung von regionalen Produkten zur Her- stellung von Mittagessen gewährleistet sein. Um Heranwachsende an das Thema Ernährung und Lebensmittelzubereitung heranzuführen, ist in dem Antrag vorgese- hen, diese Themen stärker als bisher zu verankern. Außerdem wird die kostenfreie Bereitstellung von Trinkwasserspendern in allen Kitas und Schulen verlangt. Der Antrag wurde zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Ernährung und Land- wirtschaft überwiesen. nki T Was macht Thyssenkrupp? AKTUELLE STUNDE Streit über Industrietransformation Der Aufbau einer klimaneutralen Stahlpro- duktion ist eines der Kernprojekte von Wirtschafts-, Klimaschutz- und Energiemi- nister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen). Die Stahlbranche produziert rund 30 Prozent der CO2-Emissionen der Industrie in Deutschland. Ohne grünen Stahl ist das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 kaum zu schaffen. Zudem gilt das Projekt als ein Kernelement auch mit Blick auf den Wasserstoffhochlauf in Deutsch- land. Nun hat der kriselnde Industriekonzern Thyssenkrupp, der größte Stahlhersteller des Landes, Medienberichten zufolge ange- kündigt, seine vom Staat mit Milliarden unterstützten Pläne für eine klimaschonen- de Produktion auf den Prüfstand zu stel- len. Eines von vier Szenarien des Unter- nehmens sehe den Baustopp vor, berichte- te das „Handelsblatt“. Das Unternehmen teilte auf Nachfrage aber mit, man gehe davon aus, dass die geplante Direktredukti- onsanlage unter den gegebenen Rahmen- bedingungen realisiert werden könne. „An der Dekarbonisierung der CO2-intensiven Stahlproduktion führt langfristig kein Weg vorbei“, hieß es. Auf Verlangen der AfD-Fraktion hat am Donnerstag der Bundestag eine Aktuelle Stunde zum Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Titel: „Medienberichte über Pro- jektprüfung bei Thyssenkrupp ernst neh- men – sogenannte Grüne Transformation beenden“. »Ein Weg, den keiner mitgeht« Zum Auftakt der Debatte stellte Karsten Hilse (AfD) fest, die Energiewende in Deutsch- land sei gescheitert, und zwar vor allem wegen der – nehme man alles zusammen – extrem teuren Erneuerbaren Energien. Nun solle nach dem Willen des „Wirt- schaftszerstörungsministers Habeck“ das „Märchen vom Wasserstoff“ die gescheiter- te Energiewende ersetzen. Ein Weg, den kein anderes Land mitgehe. Und in dieser Situation nun stelle Thyssenkrupp das gan- ze Geschäftsmodell in Frage. Dem hielt Esra Limbacher von der SPD entgegen, was die AfD nicht verstehe oder nicht verstehen wolle, sei, dass die Trans- formation keine Erfindung der Politik sei – sondern weltweit eine Tatsache, weil sie die Zukunft der Industrie sei. Die Frage sei nun: Machen wir mit oder nicht, sichern wir Arbeitsplätze und Unternehmen – oder führen wir weiter unnötige ideologische Debatten? »In Wahrheit kein Interesse« Die AfD habe in Wahrheit kein Interesse an Indus- trieunternehmen, sie habe in Wahrheit kein Interesse an den Arbeitsplätzen, sie habe kein Interesse an Wohlstand, hielt Unions-Politiker Tilman Kuban der Partei vor und fügte hinzu: Sie wollen, dass mög- lichst viel kaputtgeht, um darauf ihr brau- nes Süppchen zu kochen.“ Ähnlich äußerte sich Chantal Kopf (Grü- ne), die der AfD vorwarf, es vor allem auf populistische Poltereien anzulegen, aber kein echtes Interesse zu haben. Sie habe mit der Belegschaft gesprochen, und die stehe hinter der Transformation, weil sie wisse, nur so sei der Standort zu halten. Förderung einzelner Unternehmen und einzelner Technologien – oder Emissions- zertifikate? Diese beiden Wege gebe es, um einen starken Industriestandort zu haben, sagt Lukas Köhler (FDP). Beide hätten ihre Schwächen und Stärken, deshalb brauche es einen Mittelweg, und den gehe die Am- pel, mit guten Rahmenbedingungen und Unterstützung für Unternehmen, die Un- terstützung bräuchten. Ralph Lenkert von der Gruppe Die Linke stellte die Frage: Die USA, China, Schwe- den, alle investierten massiv in Wasserstoff – warum will der ThyssenKrupp diese Spar- te verkaufen? Lenkerts Vermutung: Dabei gehe es wohl mehr um Boni und Profite. Christian Leye von der BSW teilte seine Be- obachtung, dass die AfD in der von ihr ver- langten dieser Aktuellen Stunde sehr wenig über Thyssenkrupp gesprochen und über die Beschäftigten der Stahlindustrie kein einziges Wort verloren habe. misT Wachstumsinitiative Die deutsche Wirt- schaft befinde sich in einer historischen Umbruchsphase. Umso dringender sei es, die Rahmenbedingungen „so zu stellen, dass Deutschland auch in Zukunft eine starke Industrienation bleibt, Arbeitsplätze gesichert werden und neue entstehen“. Die ihrer Wachs- Bundesregierung habe mit tumsinitiative erste Anreize dafür gesetzt. „Wir müssen die deutsche Wirtschaft wie- der aufs Gleis setzen“, forderte Reinhard Houben (FDP). Ein großer Beitrag dazu sei die besagte Wachstumschanceninitiative. Von der Union forderte Houben, die darin enthaltenen Maßnahmen im Bundesrat zu unterstützen. Das, so der FDP-Abgeordne- te, sei viel wichtiger, „als eine Flut von al- ten Anträgen“. Götz Hausding T > STICHWORT Lieferkettensorgfaltspflichten > Gesetz Der Gesetzentwurf „über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ (19/28649, 19/30505) wur- de am 11. Juni 2021 in namentlicher Ab- stimmung angenommen. > Inhalt Das Gesetz gilt seit dem 1. Janu- ar 2023 für Unternehmen ab einer Größe von 3.000 Mitarbeitern, seit dem 1. Janu- ar 2024 für Unternehmen ab einer Größe von 1.000 Mitarbeitern. Es verpflichtet die Unternehmen, bestimmte Sorgfalts- pflichten mit dem Ziel zu beachten, dass menschenrechtliche und umweltbezoge- ne Risiken vorgebeugt, minimiert oder beendet werden. > Kritik Die im Gesetz festgelegten Be- richtspflichten überfordern aus Sicht der Unionsfraktion die Unternehmen und sorgen für einen weiteren Bürokratieauf- wuchs. Das Lieferkettengesetz soll Unternehmen für Kinderarbeit im globalen Handel in die Verantwortung nehmen. © pa/NurPhoto/Ziaul Haque WIRTSCHAFT Lieferkettengesetz wird nicht abgeschafft Schwierige Lage Die wirtschaftliche Von Ideen aus der Vergangenheit sprach Esra Limbacher (SPD) mit Blick auf die aus dem Februar stammenden Anträge. „Das hilft doch Deutschland überhaupt nicht weiter“, befand er. sagte, Deutschland erlebe wirtschaftlich stürmi- sche Zeiten. Die SPD kämpfe „um jeden Industriearbeitsplatz in diesem Land“. Limbacher »Wir müssen die deutsche Wirtschaft wieder aufs Gleis setzen.« Reinhard Houben (FDP) Ent- wicklung in Deutschland ist schlecht. Warum das so ist, ist unter den Frak- tionen umstritten, wie sich bei der wirtschafts- politischen Debatte am Donnerstag zu drei Anträgen der Union (20/10985, 20/8413, 20/11144) zeigte. Ebenfalls umstritten ist die Frage, ob das Lieferkettensorgfalts- pflichtengesetz außer Kraft gesetzt werden sollte, wie es ein Gesetzentwurf der Union (20/11752) verlangt. Das Gesetz gilt seit dem 1. Januar 2023 für Unternehmen ab einer Größe von 3.000 Mitarbeitern, seit dem 1. Januar 2024 für Unternehmen ab einer Größe von 1.000 Mitarbeitern. Es ver- pflichtet die Unternehmen, bestimmte Sorgfaltspflichten mit dem Ziel zu beachten, dass und menschenrechtliche umweltbezogene Risiken vorgebeugt, minimiert oder beendet werden. Die Gemengelage im Bun- destag ist bei dem Thema ein wenig unübersichtlich. Die Union verlangt die Ab- schaffung, weil aus ihrer Sicht damit Wettbewerbs- nachteile für deutsche Un- ternehmen verbunden sind, hat das Gesetz aller- dings 2021 selbst mit auf den Weg ge- bracht. Das wirft ihr die AfD vor, die eben- falls eine Abschaffung fordert. Die FDP wollte das Gesetz nie haben, lehnt aber den Antrag auf Abschaffung wiederum ab. Bei den Grünen ist die Lage so, dass ihr Wirtschaftsminister Robert Habeck das Ge- setz nach eigener Aussage am liebsten mit der Kettensäge wegbolzen möchte. Der So- zialexperte der Fraktion, Wolfgang Streng- mann-Kuhn, stellte hingegen in der Debat- te fest, dass es mit der Koalition keine Ab- schaffung geben wird. Ähnlich sieht es bei der SPD aus. Während Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Jahres- konferenz des Rates für Nachhaltige Ent- wicklung die Ansicht vertrat, das Gesetz sei „aus dem Ruder gelaufen“, machte Bernd Rützel (SPD) vor dem Bundestag klar: „Die SPD steht zum Lieferkettengesetz.“ Wenig Einigkeit gab es auch in der Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung. Stefan Rouenhoff (CDU) befand, dass Deutsch- land das zweite Jahr in Folge schrumpfe, die Firmenpleiten anstiegen, Investoren das Land fluchtartig verließen und Indus- trieunternehmen allein 2024 zehntausen- de Stellen strichen, sei die „desaströse wirt- schaftspolitische Bilanz der Scholz-Ampel nach drei Jahren Regierungsarbeit“. Die Union habe schon vor Monaten konkrete Vorschläge unterbreitet, „damit Deutsch- land nicht sehenden Auges gegen die Wand fährt“, sagte Rouenhoff. Die Ampel habe die Probleme in der deutschen Wirt- schaft hingegen kleingeredet. der Themen Versäumnisse Aus Sicht von Sandra Det- zer (Grüne) ist hingegen die wirtschaftli- che Lage in Deutschland deshalb ernst, „weil unserer Exportnation die geopoliti- schen Spannungen zuset- zen“. Allein die Schwä- chung chinesischen Wirtschaft bedeute um Mil- liarden geringere Umsätze für deutsche Unternehmen. Einen Seitenhieb gab es auch in Richtung Union. Bundesregie- Vergangene rungen hätten es versäumt, an den Standortfaktoren des Landes zu arbeiten, sagte Detzer und benannte die Fachkräfte, saubere Energien, Bürokra- tieabbau sowie Geschäftsmodelle, die auf Digitalisierung und Dekarbonisierung set- zen. Die gute Nachricht lautet aus ihrer Sicht: „Diese Koalition hat die Versäumnis- se angefangen aufzuholen.“ An allen Bau- stellen werde gearbeitet, sagte die Grünen- abgeordnete. Norbert Kleinwächter (AfD) stimmte der Analyse der Union zu, dass es Deutschland immer schlechter gehe. Die Grundlagen dafür ließen sich jedoch allesamt auf Ange- la Merkel, auf Ursula von der Leyen – also auf die CDU zurückführen. Die schlimmste Rezession habe Deutschland 2010 gehabt – unter Angela Merkel. Das Verbrennerver- bot stamme von der CDU – ebenso wie der Atomausstieg. Das gleiche gelte für die „EU-Vertragsbrüche“ und auch das Liefer- kettensorgfaltsgesetz. „Die CDU ist die Choreografin des deutschen Untergangs“, sagte Kleinwächter. Die Ampelparteien sei- en lediglich die Vortänzer, die das auch noch performativ aufführten.