Das Parlament | Nr. 16-19 | 12. April 2025 MEINUNG 15 GASTKOMMENTARE: ZOLL-DEALS MIT TRUMP? Verhandeln, was denn sonst? Keine Verhandlung ohne Hebel PRO CONTRA Der beste Deal für die EU wäre, ein Freihandelsabkommen mit den USA abzuschließen. Zur Zeit der Obama-Regierung verhandelte die EU-Kommission, die für die Mitgliedstaaten die Handelspolitik macht, genau darüber mit Washington. Im Interesse der Europäer wäre ein Freihandelsabkommen, das mög- lichst viele Bereiche umfasst, Industrie- ebenso wie Agrarprodukte, aber auch Dienstleistungen, wozu etwa auch die um- fangreich genutzten Angebote von Netflix, Meta und anderer Techgiganten gehören. Die Dienstleistungen sollten unbedingt in die Verhandlungsmasse einbezogen wer- den, weil die Europäische Union hier ein Defizit hat. Im Idealfall einigen sich beide Seiten darauf, im gegenseitigen Austausch keine oder so gut wie keine Zölle zu erheben und nichtta- rifäre Handelshemmnisse wie unterschied- liche Standards zu beseitigen. Da Donald Trump das entsprechende Angebot bereits ausgeschlagen hat, sollte die EU jetzt den Boden für Verhandlungen bereiten. Dazu gehört, dass sich die EU wohl dosiert gegen das von Trump angerichtete Zoll-De- saster wehrt. Die ersten Gegenmaßnahmen, zunächst gegen Stahl, sind so ausgefallen, dass sie nicht den europäischen Verbrau- Markus Grabitz © Privat cher treffen, sondern den USA wehtun. Wie das Beispiel China zeigt, sollte sich die EU davor hüten, gegenüber den USA in eine Es- kalationsspirale bei Zöllen einzusteigen. Die von Trump gerade gewährte Atempause von 90 Tagen sollte von der EU genutzt wer- den, den USA Angebote für Zolldeals zu un- terbreiten. Mit der Macht des Binnenmark- tes von 450 Millionen Verbrauchern im Rü- cken und geschickt gesetzten Nadelstichen durch die Gegenmaßnahmen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man sich einig wird. Ein Deal mit möglichst geringen Zoll- sätzen wäre im Interesse aller, der Amerika- ner und der Europäer. Markus Grabitz T Der Autor ist Redakteur bei Europe.Table. Erste Gegenzölle auf US-Importe hat die Europäische Union nun beschlossen. Sie sind eine Antwort auf die Zölle, mit denen US-Präsident Donald Trump Einfuhren von Stahl und Aluminium aus der EU in die USA belegen lässt. Allerdings erfolgt die europäische Reaktion mit Augenmaß: Die Ab- gaben treten wohl nach und nach in Kraft, der wirtschaftliche Schaden für US-Firmen hält sich zunächst in Grenzen. Doch die EU demonstriert damit, dass sie sich wehren kann und will. Sie weiß um ihre Stärke. Sie droht, die andere Seite zu schädigen, unter- breitet aber gleichzeitig ein Angebot zur Güte, das in der Bereitschaft zu Verhandlungen und eventuellen Rücknahme der eigenen Zolldro- hung besteht. Diese Taktik ist auch deshalb klug, weil sich, im Gegensatz zu einer Eskalati- on, die negativen Auswirkungen für europäi- sche Unternehmen wohl zunächst in Grenzen halten lassen. Wichtig ist, dass trotzdem der Hebel angesetzt wird, denn ohne Hebel nützen Verhandlungen nichts. Einseitige Deals, von de- nen nur die USA profitieren, sind zu vermeiden, ausgewogene Vereinbarungen mit Pluspunkten für beide Seiten dagegen wünschenswert. Vielleicht lässt sich auf diese Art eine beidersei- tige Reduzierung der neuen Handelsabgaben erreichen. Auch das EU-Angebot eines größe- ren Null-Zoll-Abkommens liegt auf dem Tisch. Hannes Koch © Privat Schließlich kann man Trumps Wunsch entge- genkommen, mehr Flüssiggas in den USA zu kaufen, um das amerikanische Defizit im Wa- renhandel mit Europa zu verringern. Gas von Trump ist besser als Gas von Putin. Sollte der US-Präsident aber weiter „No“ sagen, gar mit zusätzlichen Zöllen reagieren, müssen die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten den Druck erhöhen. Weitere Einfuhrabgaben für US-Produkte wären gerechtfertigt, auch Steuern auf digitale Dienstleistungen. Parallel sind Hausaufgaben zu erledigen: Hürden im europäischen Binnenmarkt abbauen und den Austausch mit Handelspartnern wie Indien, Südamerika, Kanada ausweiten. Hannes Koch T Der Autor arbeitet als freier Journalist in Berlin. LESERPOST vor Ostern“ Zur Ausgabe 14-15 vom 29.3.2025, „Spannungen auf Seite 3: Krise internationaler Weltordnung, Klimakrise, Demokratiekrise, Wirt- schaftskrise und weitere Krisen be- stimmen öffentliche Debatten. Konstruktive Vorschläge zur Bear- beitung dieser Polykrise sind in den schwarz-roten Koalitionsverhand- lungen zu entwickeln, um die par- lamentarische Demokratie der Bundesrepublik gegen Angriffe von innen und außen zu schützen. Da- zu bedarf es einer auf sozialen und ökologischen Fortschritt ausgerich- teten Innen- und Außenpolitik. Diese hat sich durch die reflektierte Austarierung der Werte Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Ver- antwortung auszuzeichnen. Zivil- gesellschaftliche Akteur:innen, die sich für die Verteidigung der Demo- kratie gegen rechts, für Humanität und für Umweltschutz einsetzen, zu diskreditieren und das Informa- tionsfreiheitsgesetz, durch das poli- tische Missstände aufgedeckt wer- den konnten, zu schleifen ist defi- nitiv der falsche politische Weg. Menschenfeindliche Narrative, die Schutzsuchenden und Bürgergeld- empfänger:innen die Schuld an der Polykrise zuschreiben, dürfen von Parteien nicht vertreten und propa- giert werden. Zur Ausgabe 13 vom 22.3.2025, „Kopf der Woche, Optimal und digi- tal“ auf Seite 1: Julia Klöckner ist eine würdige Nachfolgerin von Bärbel Bas im zweithöchsten Amt der Bundesre- publik. Klöckners ambitionierte Ankündigung zur Änderung der Geschäftsordnung des Bundesta- ges, die Digitalisierung zu optimie- ren und voranzubringen, ist auch aus meiner Sicht eine essenzielle Maßnahme. Wolfgang Schäuble, ihr Vorgänger im Amt, von der CDU, würde verschmitzt sagen: „Isch nisch over!“ Ich sage: „Einfach mal machen!“ Marcel Remme, Tübingen Ursula Reichert, Hanau SEITENBLICKE Herausgeber: Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin Mit der ständigen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte ISSN 0479-611 x (verantwortlich: Bundeszentrale für politische Bildung) Leserservice/Abonnement: Fazit Communication GmbH c/o Cover Service GmbH & Co. KG Postfach 1363, 82034 Deisenhofen Telefon (0 89) 8 58 53-8 32, Telefax (0 89) 8 58 53-6 28 32 E-Mail: fazit-com@cover-services.de Anschrift der Redaktion (außer Beilage) Platz der Republik 1, 11011 Berlin Telefon (0 30) 2 27-3 05 15, Telefax (0 30) 2 27-3 65 24 Internet: http://www.das-parlament.de E-Mail: redaktion@das-parlament.de Chefredakteur: N.N. Stellvertretender Chefredakteur: Alexander Heinrich (ahe) V.i.S.d.P. 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Verträgt sich der plötzliche Großeinkauf mit dem Kontostand? An schlechten Tagen siegt der überhebliche Herr Bedenkenträger, der uns darüber belehrt, dass wir wieder schwer im Dispo stehen, obwohl der Monat noch nicht mal zur Hälfte abgerissen ist. Dann greift die familiäre Schuldenbremse, die teure Ente fliegt zurück ins Kühlregal, Nudeln füllen schließlich auch den Magen. An guten Tagen setzt sich Frau Zuver- sicht durch mit dem Hinweis auf die langfristigen Vorteile des Sondervermö- gens bei der örtlichen Sparkasse, trotz der horrenden Dispo-Zinsen: Hochwerti- ge Lebensmittel sind eben teurer als die geschmacksneutrale Billo-Packung mit Fertigfutter, die wir letzte Woche schon hatten. Wir leben damit gesünder und länger, das rechnet sich am Ende. Die Ente bleibt. Der kluge Bürger hat die neue Groko, die von Kritikern verächtlich Schuko genannt wird, schon verstanden, bevor sie über- haupt im Amt ist! Die Einkäufe der neuen Koalition werden besonders beherzt ausfallen, schließlich sind die Euronen gerade im Überfluss vorhanden, quasi Gehaltserhöhung und Lottogewinn gleichzeitig. Als neue Fach- lektüre werden im Haushaltsausschuss Dagobert-Duck-Hefte verteilt mit Anlei- tung zum „Baden im Geld“. Der Chefver- käufer bei ThyssenKrupp hat sich im ört- lichen Dorfladen schon mal Anregungen geholt und fragt nun: „Darf es ein U-Boot mehr sein?“ Die klammen Kommunen legen jetzt jede Rechnung in der Haupt- stadt vor und skandieren fröhlich: „Ber- lin, Berlin, wir fahren nach Berlin.“ Liebe Mitbürger: Es ist ernst, nehmen Sie es auch ernst. Claus Peter Kosfeld T