14 AUSSCHEIDENDE ABGEORDNETE Das Parlament | Nr. 8-9 | 15. Februar 2025 Mario Brandenburg (FDP) »Ich gelangte eher zufällig in den Bundestag« Nach zwei Wahlperioden verlässt Mario Brandenburg das Parlament. Der Liberale aus der Pfalz findet Amtszeitbegrenzungen gut Ein märchenhafter Anfang bei einem Porträt über Mario Brandenburg wäre, dass er seinen Rückzug aus dem Bundestag beschloss, als sein Reb- knorzen im Berliner Büro vertrockne- te. Ist natürlich nicht so. Die Wein- pflanze in einem offenen Weinfass verdorrte zwar tatsächlich, „zu viel Schatten“, sagt Brandenburg und schaut aus dem Fenster im ersten Stock auf die Wilhelmstraße. Aber seine Entscheidung, nicht noch ein- mal für eine Legislatur zu kandidie- ren, hatte er bereits im Mai 2024 kundgetan, also lange vor dem Bruch der Regierungskoalition. Der Pfälzer ist kein großer Fan von Berlin Seine Erklärung dazu sagt einiges über die Person. „Ich bin seit 2017 Bundestagsabgeordneter, das wird ein Viertel meines bisherigen Lebens gewesen sein“, sagt er. „Für etwas, das nie mein Plan war, ist das eine lange Zeit, und eine Verlängerung wäre wie eine Verschiebung.“ Dann sind da noch Frau und zwei Töchter, „Berlin ist nicht gerade ums Eck“. Brandenburg, 41, ist Abgeordneter der FDP aus Rheinland-Pfalz. Der Rebknorzen, ein als Weinlager umge- stalteter Baumstamm und ein Um- zugskarton mit Weinflaschen zeugen von seinen Versuchen, ein Stück Pfalz an der Spree zu wahren. „Ich mag Berlin nicht wirklich, bevorzuge das Leben im ländlichen Raum. Es ist we- niger hektisch.“ indes Brandenburg zuschaut, Wer sieht nicht gerade einen bewegungs- losen Stein. Er schlägt das rechte Bein auf dem Sofa unter den linken Ober- schenkel, lächelt viel und redet zügig. Vieles hat an ihm einen Zug. „Ich komme aus der Softwarebranche und gelangte eher zufällig in den Bundes- tag.“ Wirtschaftsinformatik hatte er studiert, dann bei SAP den Drei- schritt aus Softwareentwicklung, Be- ratung und internationalem Vertrieb absolviert. Wenn er heute Schülern etwas über SPD Andres, Dagmar Annen, Niels Baehrens, Heike Berghahn, Jürgen Breymaier, Leni Budde, Katrin Daldrup, Bernhard Diaby, Karamba, Dr. Diedenhofen, Martin Franke, Edgar, Dr. Gava, Manuel Gerdes, Michael Heidenblut, Dirk Hellmich, Wolfgang Hitschler, Thomas Juratovic, Josip Katzmarek, Gabriele Kreiser, Dunja Kühnert, Kevin Lehmann, Sylvia Lutze, Thomas Mende, Dirk-Ulrich Mittag, Susanne Müller, Bettina Müntefering, Michelle Nietan, Dietmar Post (Minden), Achim Rimkus, Andreas Rix, Sönke Rosemann, Martin, Dr. Roth (Heringen), Michael Ryglewski, Sarah Schäfer (Bochum), Axel Schiefner, Udo Stein, Mathias Tausend, Claudia Ullrich, Frank Vontz, Emily ein.“ Jedenfalls sei eine Ampel auf Bundesebene nicht unmöglich ge- worden, „es hat nur jetzt nicht mehr funktioniert“. Am Ende sei alles mit- einander verknotet und blockiert worden. „Fußballmannschaften set- zen auch immer auf neue Spieler, da ist in der Zukunft an Bündnissen nichts ausgeschlossen.“ Wenn sich einzelne zu wichtig nehmen, ist das ein Problem Und, hat er im Schatten der derzeiti- gen Regierungskrise und der schlech- ten Umfragewerte seine Entschei- dung noch einmal überdacht – läuft er ein Stück weit davon? „Das Gegen- teil ist der Fall“, entgegnet Branden- burg. „Genau solch ein Denken ist ein Problem in unserem Land. Wenn sich Einzelne zu wichtig nehmen und sa- gen, ohne sie würde es nicht laufen, führt das in der Regel zu schlechten Ergebnissen.“ Er werde nun seinen Nachfolger als Kandidat im Wahlkreis unterstützen, „der hat ein anderes Feuer, andere Ziele und ein anderes Verständnis – und das ist gut so“. Ei- ne Amtszeitbegrenzung, das sei für ihn ein Mittel „gegen die Verstopfung des Systems“. Im Gemeinderat wird er nun weiter- machen, da wird er dann Parkbuch- ten und keine Forschungsprogram- me verhandeln. Im Juni 2022 wurde Brandenburg Nachfolger des zurück- getretenen Parlamentarischen Staats- sekretärs Thomas Sattelberger im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Digitale Agenda, Aus- gründungen und die Förderung von Computerspielen bestimmten seine Agenda als Politiker. Davon erzählt auch das große Gemälde, unter dem er sitzt: ein Kopf, aus dem Gebäude wachsen – durchaus ansehnlich und verwirrend zugleich. „Das war ein Projekt meines Büros“, erzählt er, „die Mitarbeiter befahlen einer KI, ‚blauer Stuhlgang‘ zu malen“. Mit dieser Wortschöpfung wollten sie die Künstliche veräppeln. „Aber dann hat sie uns überrascht.“ Das wird ihm gefallen haben. jr T Intelligenz Mario Brandenburg tritt nicht wieder für den Bundestag an. ©picture alliance / Metodi Popow Informatik erzähle, komme er sich vor wie „Opa, der vom Krieg berich- tet, in diesen zehn Jahren ist so viel geschehen“. Ein Berufswechsel stehe jetzt an. „Neu ist besser als alt, und ja ist besser als nein.“ Das klingt schon ziemlich nach FDP. Jedenfalls fragte er sich: „Bin ich noch hungrig, kann ich noch was lernen, ist es fair zur Fa- milie?“ In der Abwägung kam heraus, dass Brandenburg im kommenden Jahr nach etwas Neuem suchen wird. „Das ist gewachsen“, sagt er, „ich wollte selbstbestimmt entscheiden, früh und fair“. Was nach dem Mandat kommt, weiß Brandenburg noch nicht Was wird dann kommen? „Das steht nicht fest. Erst führe ich mein Man- dat ordentlich zu Ende, dann küm- mere ich mich um meine Mitarbeiter, und schließlich steht dann vielleicht Familienurlaub an.“ Eine Gründung schwebe ihm vor, oder eine Rückkehr zu SAP. Oder: „Auch ein ‚MBA in Wi- ne, Sustainability & Sales‘ am Wein- campus Neustadt würde mich rei- zen.“ Oder, oder: „Europapolitik könnte ich mir auch vorstellen. Denn alles mit Bezug zu Innovation und Technologie ist europäisch.“ Den Bundestag habe er schon als recht deutsch empfunden. „Bei SAP hatte ich ein internationales Leben, war viel unterwegs.“ Man neige ihm hier- zulande, sagt er, zu sehr zu Ängstlich- keit. „Beharren ist aber für mich eher ein Fremdwort. Nach vier bis fünf Jahren in einer Tätigkeit halte ich es kaum aus.“ Hat man ihm früher in seiner Kind- heit gesagt, der Junge müsse mal an die frische Luft? „Oh ja, sehr oft. Ich bin fest davon überzeugt, dass ich ei- ne leichte Form der ADHS habe, aber ich brauche die Diagnose nicht. Ich mag Schlaf nicht sehr, man sieht wach eben mehr.“ Er empfinde dies auch nicht als Leiden, „es ist eben so“. Die Mehrheit der Gesellschaft könne da offener sein. „Dieses libera- le Denken, das ich mir wünsche, führte mich mitunter zur FDP.“ Seine Rechnung klingt nüchtern: Die CDU sei ihm zu christlich, die SPD glaube zu sehr ans Kollektiv, die Grünen zeigten sich zu emotional und bevor- mundend „und die Ränder links und rechts sind für mich Schwachsinn“. Als Pfälzer hat ihn das Aus der Am- pelkoalition getroffen, schließlich re- giert dort solch ein Bündnis seit Jah- ren. Das merkt man, obwohl er mä- andernd darüber spricht. „Die Ampel ist nicht das Problem“, sagt er, „da sind Personen aneinander geschei- tert“. Im Umsetzungsgrad könne sich diese Regierung sehen lassen. „Aber die Art war keine gute Werbung, und das zahlt genauso auf die Demokratie DIESE ABGEORDNETEN TRETEN NICHT MEHR AN Westphal, Bernd CDU/CSU Braun, Helge, Prof. Dr. Brehmer, Heike Damerow, Astrid Ferlemann, Enak Friedrich (Hof), Hans-Peter, Dr. Gädechens, Ingo Gröhe, Hermann Grosse-Brömer, Michael Grübel, Markus Grund, Manfred Grundmann, Oliver Grütters, Monika, Prof. Hüppe, Hubert Irlstorfer, Erich Kaufmann, Michael, Prof. Dr. Klein, Volkmar Koeppen, Jens Lehrieder, Paul Leikert, Katja, Dr. Loos, Bernhard Magwas, Yvonne Pahlmann, Ingrid Ramsauer, Peter, Dr. Rief, Josef Schön, Nadine Straubinger, Max Tebroke, Hermann-Josef, Dr. Thies, Hans-Jürgen Tillmann, Antje Wanderwitz, Marco Weiss (Wesel I), Sabine Wellenreuther, Ingo Widmann-Mauz, Annette Bündnis 90/Die Grünen Bayram, Canan Bsirske, Frank Wechsel im Hohen Haus: 147 Abgeordnete des 20. Deutschen Bundestages treten nicht wieder zur Wahl an. © Deutscher Bundestag / Thomas Köhler / photothek Deligöz, Ekin Ganserer, Tessa Gehring, Kai Gelbhaar, Stefan Grundl, Erhard Hoffmann, Bettina, Dr. Kekeritz, Uwe Keul, Katja Kindler, Sven-Christian Klein-Schmeink, Maria Kretschmann, Johannes F. Künast, Renate Kurth, Markus Lindner, Tobias, Dr. Menge, Susanne Müller-Gemmeke, Beate Nestle, Ingrid, Dr. Özdemir, Cem Rößner, Tabea Schulz-Asche, Kordula Spallek, Anne Monika, Dr. Strengmann-Kuhn, Wolfgang, Dr. Walter-Rosenheimer, Beate Weishaupt, Saskia Wenzel, Stefan FDP Aschenberg-Dugnus, Christine Bodtke, Ingo Boginski, Friedhelm Brandenburg (Südpfalz), Mario Gerschau, Knut Höferlin, Manuel Hoffmann, Christoph, Dr. Houben, Reinhard in der Beek, Olaf Kruse, Michael Lenders, Jürgen Müller-Rosentritt, Frank Raffelhüschen, Claudia Sauter, Christian Seestern-Pauly, Matthias Todtenhausen, Manfred AfD Beckamp, Roger Benkstein, Barbara Friedhoff, Dietmar Glaser, Albrecht Harder-Kühnel, Mariana Iris Moncsek, Mike Münz, Volker Pohl, Jürgen Rinck, Frank Schmidt, Eugen Schneider, Jörg Wundrak, Joachim Die Linke Birkwald, Matthias W. Domscheit-Berg, Anke Ferschl, Susanne Hahn, André, Dr. Hennig-Wellsow, Susanne Korte, Jan Lötzsch, Gesine, Dr. Möhring, Cornelia Pau, Petra Perli, Victor Renner, Martina Riexinger, Bernd Sitte, Petra, Dr. Vogler, Kathrin Fraktionslose Abgeordnete Cotar, Joana Huber, Johannes Seitz, Thomas Spaniel, Dirk, Dr. Wissing, Volker, Dr. Witt, Uwe