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Kurz notiert

20.08.2009
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10 Min

Klemens Lühr (26) studiert im 10. Semester Psychologie in Magdeburg. Er arbeitete von April 2008 ein Jahr mit einem "weltwärts"-Stipendium für den Nicaragua-Verein Göttingen in Bildungsprojekten in La Paz Centro, Nicaragua.

Dass ich für ein Jahr in ein Entwicklungsland gegangen bin, hatte vor allem mit Neugier zu tun. Ich bin schon nach dem Zivildienst ein paar Wochen mit dem Rucksack durch Mittelamerika gereist. Aber da war ich immer nur für ein paar Tage an einem Ort. Jetzt wollte ich auch einmal an diesem Ort leben.

Auf der Internetseite von "weltwärts" habe ich mir verschiedene Anbieter angeschaut. Für den Nicaragua-Verein habe ich mich entschieden, weil der sehr viel Interesse an mir gezeigt hat. Die Vorsitzende hat mir auf meine Anfrage eine riesenlange E-Mail geschrieben, da habe ich mich gleich gut aufgehoben gefühlt.

Ich wollte natürlich gerne an einem Psychologie-Projekt mitarbeiten. Es gibt in La Paz Centro gerade einmal eine Psychologin für 40.000 Menschen. Bedarf wäre also da gewesen. Aber ich konnte zu Beginn nur sehr schlecht Spanisch, so dass es von vorneherein hieß, dass ich flexibel sein müsse.

Also habe ich die ersten vier Monate in einer Behindertenschule geholfen. Zunächst bin ich nur mit dem Lehrer mitgelaufen. Dann habe ich pro Tag drei bis vier Kindern Einzelunterricht gegeben. Zum Beispiel habe ich mit einem Jungen geübt, Laute zu formen.

Hilfe für Frauen

Mein wichtigstes Projekt war eines für Frauen in entfernter gelegenen Dörfern. Gewalt in Familien, besonders gegenüber Frauen, ist in Nicaragua ein großes Problem, doch die Menschen reden nicht darüber. Gerade Frauen wollten nicht mit Fremden, die noch dazu nicht einmal fließend ihre Sprache können, über ihre Probleme sprechen. Also haben wir uns mit dem Nicaragua-Verein Hamburg, der Städtepartnerschaft Hamburg-Léon, zusammengeschlossen. Die arbeiten schon seit Jahren auf diesem Gebiet. Auch der Bürgermeister von La Paz Centro hat sich beteiligt, denn bei ihm arbeitet die einzige Psychologin der Umgebung.

Wir haben uns auf die Organisation beschränkt, also den Ortsvorstehern unser Projekt vorgestellt, einen Raum beschafft und den Geländewagen zur Verfügung gestellt. Nach einigen Monaten sind wir dazu übergegangen, die Frauen in den Gemeinden als Multiplikatoren auszubilden. Wenn ein Projekt dauerhaft erfolgreich sein soll, muss es schließlich von Einheimischen weitergeführt werden.

Zu erleben, wie die Frauen, die uns gegenüber zunächst sehr verschlossen waren, nach drei oder vier Sitzungen zu erzählen begannen - das war für mich das schönste Erlebnis. Am furchtbarsten war für mich, als ein Junge in meiner Nachbarschaft auf offener Straße von der Polizei erschossen wurde. Danach hat ein wütender Mob das Polizeipräsidium angezündet und es gab Berichte in den nationalen Medien.

Ungewohnte Ruhe Als ich wieder nach Deutschland kam, musste ich mich vor allem an die Ruhe gewöhnen. Ich habe ja die ganze Zeit in einer Gastfamilie mit zwei Kindern und anderen weltwärts-Teilnehmern gewohnt. Das Haus stand allen offen, vom Geschäft der Großmutter nebenan kam oft Besuch.

Ich mache mir keine Illusionen: Der Aufenthalt hat mir noch mehr genützt als den Menschen in Nicaragua. "weltwärts" ist aus meiner Sicht weniger Entwicklungshilfe, sondern in erster Linie ein Bildungsprojekt.

Heike Böttcher (30), arbeitet derzeit als Projektreferentin im Rückkehrer-Programm von peace brigades international (pbi) in Berlin. Unterstützt von "weltwärts" ging sie für 12 Monate nach Mexiko und arbeitete dort in einem Menschenrechtsprojekt der pbi.

Ich habe im mexikanischen Chilpancingo im Bundesstaat Guerrero bedrohte Menschenrechtsverteidiger begleitet - bei ihrer Arbeit in abgelegenen indigenen Gemeinden, bei Behördengängen, Gerichtsprozessen oder bei öffentlichen Veranstaltungen. Das Prinzip ist Abschreckung durch Präsenz. Unsere Begleitung soll den Handlungsspielraum der Menschenrechtler sicherstellen. Wer diejenigen bedroht, mit denen wir zusammenarbeiten, muss sich im Klaren sein, dass wir eine internationale Organisation sind und dass es bei Verbrechen gegen die von uns begleiteten Personen auch internationale Reaktionen gibt.

Zu meiner Arbeit gehörte es auch, Risiko- und Sicherheitsanalysen zu erstellen. Wo und wann ist es besonders gefährlich? Wer ist an dem Konflikt beteiligt? Woher kommt die Aggression? Szenarien und Reaktionen schon im Vorfeld abschätzen zu können und damit Risiken für die Menschenrechtsverteidiger zu senken, ist unser Ziel.

Notfallnummer

Wie ganz Mexiko ist auch Guerrero sehr stark militarisiert. Zu einer angespannten Sicherheits- und Menschenrechtslage führt auch die weit verbreitete Straflosigkeit und die Kriminalisierung von Menschenrechtlern. Gerade sie werden häufig aufgrund gefälschter, ihnen untergeschobener Beweise angeklagt. Das hat zur Folge, dass sie ihrer politischen Arbeit kaum nachgehen können. Wie auch, wenn sie all ihre Ressourcen in die eigene Verteidigung stecken müssen?

Auf die Situation und das gewisse Risiko, das mit der Arbeit verbunden ist, kann man sich nur teilweise vorbereiten. Pbi verpflichtet die Teilnehmer im Vorfeld zu einem einwöchigen Training und einem Ausreisecoaching. Die persönliche Sicherheit wird auch vor Ort immer wieder thematisiert, beispielsweise in Workshops mit einer Psychologin. Außerdem sind wir bei der Arbeit nie allein unterwegs, haben Notfallnummern dabei, zum Beispiel auch die der deutschen Botschaft. Wenn wir in abgelegenen Gemeinden unterwegs sind, halten wir über Satellitentelefon ständig Kontakt mit unserem Team. Entscheidend ist, dass man auch auf sich selber achtet. Ständig in einem Kontext von Repression zu agieren, hat bei mir zu dem Gefühl geführt, ein Stück weit meine Leichtigkeit verloren zu haben. Die Anspannung und Unsicherheit, außerdem das ständige Erreichbarsein und das Fehlen eines Rückzugsraumes - das alles wird zum Dauerstress. Auch im Urlaub braucht man Zeit, um das Erlebte zu verarbeiten und die Gedanken zumindest ein Stück weit von dem Projekt zu lösen.

Bewusste Entscheidung

Dass ich pbi als Entsendeorganisation gewählt habe, war eine sehr bewusste Entscheidung und ein längerer Prozess. Besonders wichtig war mir das Prinzip der Nichteinmischung. Pbi arbeitet nur auf Grundlage von Petitionen. Menschenrechtsorganisationen können sich an uns wenden und unsere Begleitung anfragen.

Auch wenn die Organisationen auf uns zukommen, ist es eine Herausforderung, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Aber Vertrauen ist natürlich nicht nur in die eine Richtung wichtig. Wir müssen uns beispielsweise auch sicher sein, dass die Organisation, die unseren Schutz anfragt, gewaltfrei agiert.

Aufgezeichnet von Nicole Tepasse.

Weltbank, KfW und IWF sind wichtige Institutionen für die Durchführung unserer entwicklungspolitischen Aufträge. Wenn sie den richtigen Auftrag haben, werden sie ihn auch richtig ausführen. Angesichts der Herausforderungen durch Klimawandel, Hungersnöte und Wirtschaftskrise wird es aber künftig darauf ankommen, dass die Strategie- und Abstimmungsfähigkeit der Auftraggeber verbessert wird, um die Effizienz ihres beträchtlichen Mitteleinsatzes zu verbessern. Außerdem werden sie noch mehr mit der Privatwirtschaft zusammenarbeiten müssen, um mehr Synergieeffekte für Geber und Nehmer zu heben. Da muss Deutschland als einer der wichtigsten Geber die Initiative ergreifen.

In der Krise sind stabile Finanzinstitutionen unverzichtbar. Weltbank, IWF und auch die deutsche KfW-Entwicklungsbank, die ihre Aktivitäten 2008/2009 bereits weiter ausgedehnt hat, müssen jetzt die tragenden Säulen bei der Finanzierung der Armutsbekämpfung sein. Sie sind es, die mit antizyklischen Maßnahmen die schlimmsten Folgen der Krise in den Entwicklungsländern abfedern können. Nur sie können den Ausfall privater Banken bei der Kreditvergabe kompensieren und langfristige Investitionen sichern. Die G20 haben in London erhebliche Mittel für die internationalen Finanzinstitutionen mobilisiert. Geld, mit dem ein Konjunkturprogramm für Entwicklungsländer aufgelegt werden sollte.

Weltbank und Internationaler Währungsfonds sind bedeutende Akteure in der Entwicklungspolitik. Ohne sie ist eine moderne Entwicklungszusammenarbeit nicht denkbar. Allerdings muss das krakenhafte Anwachsen immer neuer Organisationen und Unterorganisationen im multilateralen Sektor ein Ende haben. Die Zahl der Sonderfonds und "Fazilitäten" muss reduziert werden, damit brauchbare Ergebnisse herauskommen können. Deutschland könnte hierbei eine Vorbildfunktion erfüllen, wenn es endlich auch seine eigenen Strukturen in diesem Bereich ordnet, insbesondere bei den Durchführungsorganisationen. Dann bleibt auch die KfW handlungsfähig.

Die Handlungsfähigkeit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mache ich nicht in erster Linie an den Institutionen fest, sondern an der konkreten Politik. Eine wirksame Zusammenarbeit setzt einen Systemwechsel in der Wirtschafts-, Energie- und Handelspolitik sowie eine andere - friedliche! - Außenpolitik voraus. IWF und Weltbank waren bislang vor allem Herrschaftsinstrumente des Nordens über den Süden. Mit ihrer Vergabepolitik haben sie Entwicklung eher blockiert als befördert. Beide Institutionen müssen vollständig in das UN-System eingeordnet, die Entscheidungsstrukturen grundlegend demokratisiert werden.

Die Zukunft wird den Institutionen gehören, die sich den neuen globalen Herausforderungen stellen. Die Weltbank muss sich den "Green New Deal" auf die Fahnen schreiben: Armutsbekämpfung, Klima- und Umweltschutz gehören zusammen. Der IWF muss die neuen Machtverhältnisse wiederspiegeln, Konditionen für Kredite für mehr soziale Gerechtigkeit verändern, den Ländern mehr politischen Spielraum lassen und seine wirtschafts- und finanzpolitisch orthodoxe Haltung überwinden. Zur besseren Handlungsfähigkeit gehört auch die Zusammenführung der finanziellen und technischen Zusammenarbeit. KfW und GTZ sollten in einer zu gründenden Entwicklungsagentur ihre Stärken bündeln.

Ziel 1

Halbierung von extremer Armut und Hunger, sichere Arbeit für alle

Fortschritte

Vor allem in Asien, aber auch in Lateinamerika, hat sich aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung der Lebensstandard breiter Bevölkerungsschichten verbessert.

Schwierigkeiten

Die weltweite Rezession bedroht dieses Ziel. Vor allem in Afrika sind Machtstrukturen und Korruption wichtige Hemmnisse. Besonders in Afrika südlich der Sahara sind die Verbesserungen bisher gering.

Ziel 2

Grundschulbildung für alle Kinder

Fortschritte

In den meisten Zielregionen gehen inzwischen mehr als 90 Prozent der Kinder zur Schule - eine deutliche Verbesserung.

Schwierigkeiten

In Afrika südlich der Sahara hat sich die Situation ebenfalls verbessert, dort gehen allerdings bisher nur 71 Prozent der Kinder in die Schule. Die Programme funktionieren vor allem, wenn Hilfsleistungen für die Eltern an eine Schulpflicht gekoppelt sind.

Ziel 3

Geschlechter-Gleichberechtigung in der Bildung

Fortschritte

In zwei Dritteln der Länder gehen inzwischen gleich viele Mädchen wie Jungen in die Grundschule.

Schwierigkeiten

Insgesamt sind noch immer 55 Prozent der Kinder, die nicht zur Schule gehen, Mädchen. Problemgebiete sind Afrika, Ozeanien und Westasien. Religiöse Gründe, Mädchen nicht in die Schule zu schicken, sind schwer auszuräumen. Auch die hygienischen Verhältnisse in der Schule spielen, etwa für muslimische Mädchen, eine Rolle.

Ziel 4

Reduzierung der Kindersterblichkeit um zwei Drittel

Fortschritte

2006 lag die weltweite Kindersterblichkeit der unter Fünfjährigen erstmals unter 10 Millionen. In Ruanda sank sie dank verbesserter Gesundheitsversorgung in nur zwei Jahren (2005-2007) sogar um 30 Prozent.

Schwierigkeiten

Etwa zwei Dutzend Länder haben seit 1990 gar keine Fortschritte bei der Reduzierung der Kindersterblichkeit gemacht, vor allem in Afrika südlich der Sahara. Die Vereinten Nationen setzen hier auf zwei Mittel: die Ausbildung von Geburtshelfern und die Verteilung imprägnierter Moskitonetze. Beides könnte die Sterblichkeit bei Geburt und durch Malaria deutlich reduzieren.

Ziel 5

Reduktion der Müttersterblichkeit um zwei Drittel, universeller Zugang zu Mitteln der Familienplanung

Fortschritte

Zwischen 1990 und 2006 ist die Müttersterblichkeit jährlich um ein Prozent gesunken. Teenager bekamen bis zum Jahr 2000 insgesamt weniger Kinder.

Schwierigkeiten

Nach der Jahrtausendwende stoppte der Trend zu weniger Geburten sehr junger Frauen. In Afrika südlich der Sahara liegt die Wahrscheinlichkeit einer Frau, an Geburtskomplikationen zu sterben, noch immer bei 1:22 (vgl. zu 1:7300 in reichen Ländern). Um das Ziel zu erreichen, müsste die Müttersterblichkeit jährlich um 5,5 Prozent sinken.

Ziel 6

Stopp der Ausbreitung von HIV, universeller Zugang zu Aids-Medikamenten, Zurückdrängen anderer Krankheiten wie Malaria und Tuberkulose.

Fortschritte

Neuinfektionen mit HIV sind zwischen 2001 und 2007 von 3 auf 2,7 Millionen jährlich gesunken, der Zugang zu antiretroviralen Medikamenten hat sich deutlich verbessert. In Äthiopien wurde durch Insektizid-imprägnierte Moskitonetze die Malaria- sterblichkeit von 2005 bis 2007 halbiert. Die Tuberkuloseraten sind weltweit leicht gesunken - hier könnte das Ziel schon deutlich vor 2015 erreicht sein.

Schwierigkeiten

Noch immer leben geschätzte 22 Millionen Menschen in Afrika südlich der Sahara mit HIV. Malaria ist nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen in Afrika. Verhaltensänderungen, die die Rate von HIV-Infektionen reduzieren können, sind schwer durchzusetzen, Aids-Medikamente hingegen sehr wirkungsvoll. Sie reduzieren auch die Infektionsraten. Weltweit gibt es große Probleme mit Tuberkuloseerregern, die gegen die gängigen Therapien resistent geworden sind.

Ziel 7

Nachhaltiges Wirtschaften, Reduktion des Verlustes von Biodiversität, Zugang zu sicherem Trinkwasser, Verbesserung der Lebensbedingungen der Slumbewohner

Fortschritte

Seit 1990 haben 1,6 Milliarden Menschen erstmals Zugang zu sicherem Trinkwasser bekommen. Vor allem in Südamerika und Asien haben sich die Lebensbedingungen in Slums zum Teil verbessert. Erfahrungen etwa in Millennium-Villages-Projekten zeigen, dass große Verbesserungen mit überschaubarem finanziellem Aufwand in Selbstverwaltung der Einwohner nachhaltig möglich sind. Die Ozonschicht schädigende Chemikalien sind zudem beinahe abgeschafft, große Naturgebiete wurden unter Schutz gestellt.

Schwierigkeiten

Eine Milliarde Menschen leben noch immer ohne sicheres Trinkwasser, 2,6 Milliarden unter unzureichenden hygienischen Bedingungen. Ein Drittel der weltweiten Stadtbevölkerung lebt in Slums, die Hälfte davon unter extrem unsicheren und unhygienischen Bedingungen. Das Artensterben scheint sich zu beschleunigen, der Ausstoß von Kohledioxid hat zugenommen.

Ziel 8

Aufbau einer globalen Entwicklungs-Partnerschaft. Dazu gehören unter anderem spezielle Programme für die ärmsten und am stärksten benachteiligten Länder, fairer Handel und faire Finanzsysteme, sinnvoller Umgang mit der Schuldenkrise der armen Länder, günstiger Zugang zu essenziellen Medikamenten, Nutzung moderner Technologien

Fortschritte

Die Entwicklungshilfe für die ärmsten Länder ist seit 2000 stärker gestiegen als das durchschnittliche Bruttoinlandprodukt der Geberländer. Die beim G8-Gipfel in Gleneagles 2005 beschlossenen Schuldenerlässe haben die Schuldenlast deutlich gesenkt. Im Bereich Technologie wächst vor allem der Mobilfunk in den Entwicklungsländern.

Schwierigkeiten

Die meisten reichen Länder, auch Deutschland, erfüllen ihre finanziellen Zusagen bisher nicht. Handelsbarrieren für Entwicklungsländer sind kaum abgebaut worden. Der Zugang zu billigen Medikamenten hat sich nur geringfügig verbessert. Die Zahl der Internetzugänge liegt in den ärmsten Ländern bei nur etwa einem Prozent.