Wege aus dem Abseits
HONDURAS Wahlsieger Porfirio Lobo kämpft um Anerkennung. Er will das zerstrittene Land versöhnen
Aus den Präsidentschaftswahlen am 29. November in Honduras ist der oppositionelle Kandidat Porfirio Lobo als klarer Sieger hervorgegangen. Gemäß vorläufigen Ergebnissen der Wahlbehörde erzielte der Konservative knapp 56 Prozent der Stimmen. Damit ließ der 61-jährige Großgrundbesitzer seinen Rivalen Elvin Santos von der regierenden Liberalen Partei weit hinter sich. Er kam lediglich auf 38,2 Prozent und räumte seine Niederlage ein. Die weiteren drei angetretenen Kandidaten kleinerer Parteien erzielten jeweils um die zwei Prozent der Stimmen.
Erdrutschartig gewann Lobos "Nationale Partei" auch bei den gleichzeitigen Parlaments- und Kommunalwahlen. Im Kongress, dem Einkammerparlament des zentralamerikanischen Landes, werden die Konservativen mindestens 70 der insgesamt 128 Sitze erhalten. Das sind 15 mehr als bisher. Die Liberalen erhalten mindestens 44 Sitze (minus 11), der Rest geht an vier kleinere Parteien. Das zeigen Hochrechnungen aufgrund der bisher bekannten Teilergebnisse. In 252 der 298 Kommunen des Landes gewann die Nationale Partei. Sie regiert zukünftig auch die Hauptstadt Tegucigalpa, wo sich Ricardo Alvarez als zukünftiger Oberbürgermeister durchsetzte.
Profitiert hat Lobo von dem seit fünf Monaten anhaltenden Disput um die bisherige Präsidentschaft in Honduras, mit dem sich das Land ins internationale Abseits manövrierte. Der Streit wird von zwei Mitgliedern der Liberalen Partei geführt, nämlich dem Übergangspräsidenten Roberto Micheletti und dem Ende Juni gewaltsam gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya, der in seiner Amtszeit zunehmend die Politik von Venezuelas Linkspräsidenten Hugo Chávez kopierte. Zelayas gewaltsame Absetzung am 28. Juni verurteilten die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und die Vereinten Nationen im Juli als "Staatsstreich". Sie forderten die Wiedereinsetzung Zelayas.
Ungewiss ist nun die internationale Anerkennung Lobos, der bei den Wahlen 2005 Zelaya noch knapp unterlegen war. Wortführer derjenigen Länder, die Lobos Sieg nicht anerkennen wollen, ist Brasilien. Es sei "eine Frage des Prinzips", die unter der "Putschregierung" von Micheletti durchgeführten Wahlen nicht anzuerkennen, erklärte Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva beim ibero-amerikanischen Gipfel in Portugal. Geteilt wird diese Auffassung bisher unter anderem von Spanien und dem von Venezuela angeführten Linksbündnis mit Bolivien, Nicaragua und Kuba.
Angeführt von den USA vertritt hingegen eine zunehmende Zahl von Ländern die pragmatische Position, mit der Anerkennung der Wahlen einen Ausweg aus der Krise zu finden. So sprach das US-Außenministerium von einem "nötigen und wichtigen Schritt vorwärts". Die Wahlen hätten "den internationalen Normen genügt", sagte der US-Vizestaatssekretär für Lateinamerika, Arturo Valenzuela, und gratulierte "dem zukünftigen Präsidenten" Lobo zum Sieg.
Gegensätzliche Positionen
Die Europäische Union sprach in einer ersten Reaktion von einem "bedeutenden Schritt hin zur Normalisierung der Krise". Eine klare Stellungnahme wird aber frühestens am 7. Dezember erwartet, wenn sich die 27 Außenminister treffen. Die Mitgliedsländer vertreten gegensätzliche Positionen. Ebenso widersprüchlich bewerteten Abgeordnete des Bundestages die Wahlen in Honduras (siehe Interview und Text rechts).
Erschwert wird die internationale Anerkennung durch die harte Haltung des bisherigen honduranischen Parlaments, dem Kongress. Er lehnte am 3. Dezember mit klarer Mehrheit die Wiedereinsetzung Zelayas ab und bestätigte damit seine Position vom 28. Juni. Damals wählten die Abgeordneten nach einem gefälschten Rücktrittsschreiben Zelayas Micheletti zum Interimspräsidenten. Die erneute Parlamentsabstimmung war in einem Ende Oktober unter US-Vermittlung zwischen Micheletti und Zelaya erzielten Kompromiss vorgesehen.
Zweifel herrschen auch noch hinsichtlich der Wahlbeteiligung. Die Wahlbehörde bezifferte sie auf rund 61 Prozent der gut 4,5 Millionen Wahlberechtigten - ein historischer Rekord. Statistiker der regierungsunabhängigen Beobachterorganisation "Hagamos Democracia" ermittelten hingegen eine Beteiligung von unter 48 Prozent. Zelaya, der im Vorfeld zum Boykott aufgerufen hatte, bezifferte sie gar auf unter 40 Prozent und sprach von "betrügerischen Wahlen".
In seinen ersten Erklärungen nach dem Wahlsieg kündigte Lobo einen "nationalen Dialog" an, um die Krise zu überwinden. Zugleich rief er das Ausland dazu auf, die Strafmaßnahmen gegenüber Honduras zu beenden.
Gemäß Schätzungen der Wirtschaft verlor das Land in den fünf Monaten nach dem Staatsstreich etwa 200 Millionen Dollar an Auslandsinvestitionen. Ebenso viel entging dem verarmten zentralamerikanischen Staat an Entwicklungshilfe und Krediten, die eingefroren wurden.