Ein Tunnel wird 100
HAMBURG St. Pauli Elbunterführung noch heute in Betrieb
Der St. Pauli Elbtunnel ist die älteste Flussuntertunnelung Europas. Und der kürzeste Weg zwischen Hamburger Hafen und dem Herz der Hansestadt, zwischen St. Pauli und Steinwerder. Doch er ist viel mehr als eine überaus praktische Verbindung unter Wasser. Er ist ein Wahrzeichen - ein Denkmal - und schützenswert obendrein. Kaum ein Tourist verlässt Hamburg, ohne das kupfergedeckte Zugangsgebäude bei den Landungsbrücken besucht zu haben. Im nächsten Jahr feiert der Tunnel, einst das Ergebnis einer spektakulären Vision und fortschrittlichen Handelns, seinen 100. Geburtstag. Diesen Anlass lässt sich die Hamburg Port Authority einiges kosten. Sie investiert bis zum Jahr 2013 einen zweistelligen Millionenbetrag in die Erneuerung und damit in den Erhalt der beiden Elbtunnelröhren bei St. Pauli.
Vorbild Glasgow
Während das große Vorbild des Tunnels damals, der Clyde Tunnel in Glasgow, bereits vor vielen Jahrzehnten aufgegeben und durch einen Neubau ersetzt wurde, ist das Hamburger Wahrzeichen noch immer in seiner ursprünglichen Bestimmung in Betrieb. Er steht seit 2003 unter Denkmalschutz. Die Hamburg Port Authority betreibt seit 2005 in Form einer Anstalt öffentlichen Rechts ein zukunftsorientiertes, nachhaltiges Hafenmanagement aus einer Hand und damit auch die Instandsetzung der Röhren. Das ist eine logistische Herausforderung, denn der Tunnel ist nicht nur eine Verkehrsverbindung, sondern fungiert auch als Dücker unter der Elbe für wichtige Versorgungsleitungen.
ln seinen besten Zeiten nutzten bis zu zwei Millionen Menschen die Verbindung unter dem Wasser. Heute sind es nur noch täglich Tausende. Rund 300.000 Pkw, 63.000 Radfahrer und 700.000 Fußgänger passieren jährlich die beiden 426,5 Meter langen Röhren. Auf zwei Fahrbahnen können Fußgänger, Radler und Pkw die Elbe unterqueren, Fahrstühle transportieren die Autos und Menschen hinunter. 23 Tunnelaufseher sorgen im Schichtbetrieb für Sicherheit.
Die um die Jahrhundertwende schnell wachsende Hafenwirtschaft auf dem südlichen Elbufer der Hansestadt beschäftigte mehr als 40.000 Werft- und Dockarbeiter, die tagtäglich über die Elbe setzen mussten. Bei schlechtem Wetter, Nebel und Eisgang konnten sich die vielen Hafenarbeiter nicht auf den Fährverkehr verlassen und mussten bis zu zwölf Kilometer lange Umwege über die Elbbrücken in Kauf nehmen. Die Hafenwirtschaft machte um die Jahrhundertwende Druck und forderte bei Politik und Behörden den Bau der Verbindung unter der Elbe.
Als der Elbtunnel im Jahr 1911 in Betrieb ging, war er eine technische Sensation und ein finanzielles Wagnis. Rund elf Millionen Goldmark wurden damals aufgewendet, um den Bau dieses spektakulären Verbindungsweges fast 24 Meter unterhalb der Wasseroberfläche zu realisieren. Der St. Pauli Elbtunnel galt und gilt noch heute als Meisterleistung der Ingenieurskunst. Rund 4.400 Arbeitskräfte arbeiteten fast vier Jahre lang daran. Sehr willkommen auf der Baustelle waren Arbeiter aus Bergwerken in Schlesien und dem Ruhrgebiet, die mit dem Schachtbau vertraut waren.
In den zurückliegenden 100 Jahren hat sich die Hafenwirtschaft stark verändert. Die traditionelle Werftarbeit ging in den 1970er und 1980er Jahren zurück, die Container traten weltweit und auch in Hamburg ihren Siegeszug an. Trotz des Strukturwandels ist der St. Pauli Elbtunnel eine einzigartige Verbindung von Hafen und Stadt geblieben. Der Tunnel hat sein nostalgisches Flair bewahrt. Die Lastenaufzüge sowie die originalen lindgrünen Kacheln, die schönen Wandreliefs und die Leuchten im Stil des Art Déco zeugen noch immer vom Zeitgeist der Jahrhundertwende. Das soll auch in Zukunft so bleiben.