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Von Brüssel nach Athen

EU-FINANZHILFE Kredite sind an strenge Auflagen geknüpft

10.05.2010
True 2023-08-30T11:25:55.7200Z
3 Min

Das erste Geld fließt schon in wenigen Tagen. Am 19. Mai werden in Griechenland alte Schulden im Wert von mehr als acht Milliarden fällig. Damit die Regierung die Gläubiger ohne Verzug bedienen kann, müssen die anderen Euro-Länder und der Internationale Währungsfonds (IWF) rechtzeitig vor dem Stichtag eine erste Tranche der versprochenen Finanzhilfe überweisen.

Selbst in Brüssel, wo die Notkredite aller 15 Euro-Partner zusammenfließen, ist jedoch noch offen, wie viel Geld in den nächsten drei Jahren zu welchem Zeitpunkt nach Athen transferiert werden muss.

Der akute Bedarf hängt nicht allein davon ab, wann alte griechische Schuldtitel fällig werden. Sondern auch davon, ob und wann die Finanzmärkte den Griechen erlauben, sich aus eigener Kraft wieder Kapital zu überschaubaren Zinsen bei privaten Investoren zu besorgen. Einige Großbanken haben bereits angekündigt, freiwillig milliardenschwere Ausleihungen (langfristige Darlehen) an den griechischen Staat verlängern zu wollen und sogar etwas frisches Geld zur Verfügung zu stellen. Das tun die Finanzkonzerne indes nicht ganz freiwillig, sondern auf sanften Druck ihrer Finanzminister hin, die sie ja immerhin mit ihrem umfangreichen staatlichen Hilfspaket im Gegenzug vor einer Umschuldung und damit vor pauschalen Abschlägen auf ihre Außenstände verschonen - jedenfalls solange das möglich sein wird und sich die Lage nicht dramatisch verschlechtert.

Milliarden-Hilfspakt

Die Zahlen, die das Ausmaß der Rettungsaktion beschreiben, sind seit einer Woche in aller Munde: Griechenland kann in den nächsten drei Jahren 110 Milliarden Euro abrufen, davon 80 Milliarden von den Euro-Partnern, der Rest kommt vom IWF. Deutschland muss dafür gut 22 Milliarden Euro bereitstellen. Dabei ist die Hoffnung, dass Griechenland nicht die gesamte Reserve nutzt, sondern sich eines Tages wieder selbst am Markt günstig Geld beschaffen kann. Günstig bedeutet konkret zu einem Zinssatz von rund fünf Prozent. Die exakte Kalkulation orientiert sich am aktuellen europäischen Durchschnittssatz am Geldmarkt, dem Euribor, auf den drei Prozentpunkte Risikoprämie und ein halber Punkt Gebühr aufgeschlagen werden.

Im schlechtesten Fall stellt den Griechen zu diesem Satz erst einmal keine Bank und kein Investor Summen zu Verfügung, die über symbolische Beträge hinausgehen. Griechenland wäre sozusagen vom Markt genommen und fast allein auf das staatliche Hilfspaket angewiesen. "Dann reicht das Geld immerhin für mindestens zwei Jahre", rechnen EU-Beamte vor. Das gilt freilich unter der Voraussetzung, dass Griechenland seine ehrgeizigen Sparzusagen einhält und glaubwürdige Anstrengungen unternimmt, um sein Defizit in diesem Jahr um sechseinhalb Prozent zu reduzieren. Denn das hat die Regierung versprochen und daran wird sie gemessen - alle drei Monate. Treten erhebliche Zweifel am Sparkurs auf, können die Euro-Finanzminister den Geldfluss vorübergehend stoppen. Sie haben insofern die Griechen unter strenger Kontrolle.

Diese Aufsicht soll - über Griechenland hinaus - innerhalb der Währungsunion schärfer werden. Nachdem der Sondergipfel am Freitag bereits Lehren aus der Schuldenkrise diskutiert hat, wird EU-Kommissar Olli Rehn am Mittwoch Vorschläge unterbreiten, wie die EU die Euro-Staaten im Rahmen der bestehenden Verträge effektiver zur Finanzdisziplin anhalten kann. Dazu wird die Androhung von Kürzungen der EU-Strukturmittel als Strafe für laxe Haushaltspolitik ebenso zählen wie frühzeitige Berichtspflichten über nationale Haushaltspläne. Das dürfte auch den Bundestag interessieren, denn es geht darum, wie weit sich Europa in das nationale Budgetrecht einzumischen wagt.