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An die Leine genommen

EUROPAPARLAMENT Brüssel reguliert Hedge Fonds und private Beteiligungsgesellschaften

15.11.2010
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3 Min

Besser hätte das Timing kaum sein können. Als am vergangenen Donnerstag die 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen in Seoul zum G20-Treffen zusammenkamen, stimmte in Brüssel das Europäische Parlament (EP) mit großer Mehrheit den neuen Regeln für Hedge Fonds und zu. Die EU hat damit gleich die Vorgabe der G20 erfüllt, Bereiche des Finanzmarkts, die bisher kaum reguliert waren, an die Leine zu nehmen.

Die neuen Regeln treten zum Januar 2011 in Kraft, den EU-Mitgliedstaaten bleiben zwei Jahre Zeit, um sie in nationales Recht umzusetzen. "Wir nehmen die hochriskanten Hedge-Fonds aus der Grauzone und stopfen nationale Schlupflöcher", sagt der CDU-Abgeordnete Burkhard Balz. Der SPD-Abgeordnete Udo Bullmann lobt das Gesetz als einen "wichtigen Baustein, um den schwarzen Schafen der Finanzbranche das Wasser abzugraben". Die sozialdemokratische Fraktion hatte sich bereits seit 2002 im EP für eine Regulierung alternativer Investmentfonds stark gemacht.

Konkret müssen alle europäischen Fonds-Manager künftig bei der nationalen Börsenaufsicht einen Pass beantragen. Diesen erhalten sie nur, wenn sie ihre Anlagestrategien und ihre Bewertungsmethoden offenlegen. Die Fonds-Manager müssen außerdem ein Mindestkapital nachweisen und sicherstellen, dass das Fondsvermögen in Depotbanken verwahrt wird. Fonds-Manager aus Drittstaaten können den Pass ab 2015 beantragen, allerdings nur, wenn sie aus Staaten stammen, die mit den EU-Behörden kooperieren und internationale Steuer- und Geldwäscheabkommen respektieren. Auf diesem Wege soll ausgeschlossen werden, dass Manager aus Steuerparadiesen den Pass erhalten.

Verfügen die Fonds-Manager über einen Pass einer nationalen Behörde, können sie ihr Investment in der gesamten EU vertreiben. Ab 2018 wird die neue Europäische Börsenaufsicht Esma einen einheitlichen EU-Pass vergeben. "Nur europäische Lösungen bringen den notwendigen Transparenz- und Stabilitätsgewinn", betont Burkhard Balz.

Die Europaabgeordneten hatten ursprünglich noch strengere Regeln gefordert, waren jedoch am Widerstand der Mitgliedstaaten gescheitert. Durchsetzen konnten sie aber, dass die Fonds, die ihren Sitz außerhalb der EU haben, zu einem effektiven Informationsaustausch über aufsichtsrechtliche und steuerrelevante Aspekte verpflichtet werden. Für Beteiligungsgesellschaften (Private Equity) erreichten die Europaabgeordneten Auflagen, die das Ausplündern von übernommenen Unternehmen künftig verhindern sollen. Diese Praxis war Auslöser für die Heuschrecken-Debatte. "Arbeitsplatzvernichtung und Zerschlagung gewachsener mittelständischer Betriebe zur Gewinnmaximierung sind nicht mehr möglich", betont der Vorsitzende des EP-Rechtsausschusses Klaus-Heiner Lehne (CDU). In den ersten beiden Jahren nach der Übernahme kann der Investor nicht mehr uneingeschränkt Gewinne ausschütten.

Manchen Abgeordneten gehen die Regeln nicht weit genug. "Der europäische Schutz vor räuberischen Managementpraktiken bleibt völlig ungenügend", kritisiert Sven Giegold von den Grünen, die gegen die Richtlinie gestimmt haben. Auch die Informationsrechte für Arbeitnehmer empfindet er als mangelhaft. Allerdings ging es vielen seiner Kollegen darum, Beteiligungsgesellschaften nicht komplett zu verhindern. "Private-Equity-Beteiligungen sind unverzichtbar für die Mittelstandsfinanzierung", betont Lehne: "Es war wichtig, Private-Equity- Investoren nicht aus Europa zu verbannen, gleichzeitig aber den Wildwuchs zu verhindern." Auch die Grünen haben jedoch betont, dass Private-Equity-Fonds eine wichtige Finanzierungsquelle von Unternehmen sein können.

Die Richtlinie enthält verbindliche Regeln für die Vergütung von Managern. Die Mitgliedstaaten hatten freiwillige Vorgaben in diesem Bereich bevorzugt. Zudem sieht sie vor, dass die nationalen Regierungen weitergehende Regeln erlassen können, etwa indem sie den Zeitraum für die Gewinnausschüttungsbeschränkung verlängern. "Ich erwarte von der deutschen Bundesregierung, dass sie zum Wohle der Beschäftigten und Unternehmen von dieser Möglichkeit Gebrauch macht", sagt Bullmann. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat die Bundesregierung ebenfalls aufgefordert, den Freiraum für eine Verschärfung der Auflagen zu nutzen.

Das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten haben 18 Monate um die neuen Regeln für alternative Anlagen gerungen. Vor allem Großbritannien hatte sich lange gegen das Gesetzesvorhaben gewehrt. London ist der wichtigste Finanzplatz für alternative Anlagen in der EU, die zu 80 Prozent dort verwaltet werden. Die Branche hatte massiv Lobby gegen die Regeln gemacht. "Statt dieses Schattenreich der Finanzmärkte konsequent zu regulieren, haben Rat und Parlament den Finanzlobbies nachgegeben", kritisiert Grünen-Parlamentarier Giegold.

2017 soll nun überprüft werden, ob die neuen Regeln funktionieren.