Maßnahmen gegen den Missbrauch von Zeitarbeit
Arbeit
Gegen den Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung soll künftig schärfer vorgegangen werden. Der Bundestag stimmte am Donnerstag einem entsprechenden Entwurf der Regierung zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (17/4804) mit der Mehrheit von Union und FDP in der vom Ausschuss für Arbeit und Soziales geänderten Fassung (17/5238) zu. Das Parlament hat damit den Weg frei gemacht für die gesetzliche Einführung der sogenannten Drehtürklausel. Sie untersagt Unternehmen, Arbeitnehmer zu entlassen oder nicht weiter zu beschäftigen und sie anschließend zu schlechteren Arbeitsbedingungen wieder einzustellen. Ein Gesetzentwurf der Linksfraktion zur "strikten Regulierung der Arbeitnehmerüberlassung" (17/3752) lehnte das Parlament mit Koalitionsmehrheit ab.
"Die Zahlen auf dem deutschen Arbeitsmarkt stimmen", betonte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in der Debatte. Dennoch hätten "viele Menschen in Deutschland den Eindruck, dass etwas nicht stimmt in Zeiten der Globalisierung". Dieser Eindruck entstehe gerade bei vielen in Zeitarbeit Beschäftigten. Einige Unternehmen hätten bislang Schlupflöcher für die Schlechterstellung von Arbeitskräften genutzt, die es nun zu schließen gelte. Die Ministerin betonte zugleich die Notwendigkeit des "Equal-Pay-Prinzips" nach dem Grundsatz "Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit" sowie einer Lohnuntergrenze.
SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil betonte, die von der Ministerin angesprochene Lohnuntergrenze sei ihr in zähen Verhandlungen abgerungen worden. Zudem verschweige von der Leyen, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zwar das Equal-Pay-Prinzip vorsehe, dieses aber in der Praxis nicht die Regel sei. Heil betonte, Zeitarbeit solle vor allem als Instrument zur Abfederung der Auftragsspitzen innerhalb der Unternehmen fungieren, "nicht als Instrument für Lohndumping, so wie es jetzt die Regel ist".
Der FDP-Abgeordnete Heinrich Kolb sagte, Zeitarbeit sei für seine Partei ein "wichtiges Instrument zur Gewährleistung von Flexibilität am Arbeitsmarkt". Die Liberalen wollen "Zeitarbeit erhalten und auch künftig am deutschen Arbeitsmarkt gangbar machen", aber keinen Missbrauch der Zeitarbeit: "Wir sind gegen eine Verdrängung der Stammbelegschaft durch Zeitarbeit und gegen eine Lohndifferenzierung nach unten", betonte Kolb und appellierte an die Tarifparteien, in der Frage von Equal Pay zu einer Lösung zu kommen.
Der CDU-Parlamentarier Karl Schiewerling warnte die Opposition vor einer pauschalen Sichtweise der Thematik. "Es gilt, die Zeitarbeitsbranche differenziert zu betrachten", mahnte er. Daher müsse man sehr genau hinschauen, an welcher Stelle Veränderungen erforderlich seien. Schiewerling fügte hinzu, es habe "Missbrauch in der Zeitarbeit gegeben. Dem schieben wir nun mit der Lohnuntergrenze und der Eins-zu-Eins-Umsetzung der EU-Richtlinie einen Riegel vor".
Eine "Minimalreform" sei der Gesetzentwurf der Koalition, kritisierte die Grünen-Abgeordnete Beate Müller-Gemmeke. Dieser werde den Anforderungen der Realität nicht gerecht. "In keiner anderen Branche müssen so viele Arbeitskräfte beim Staat eine Aufstockung durch Sozialleistungen beantragen", sagte sie. Daher führe nur eine konsequente Regulierung der Zeitarbeit zu einer Verbesserung der Lage. Der vorliegende Gesetzentwurf bleibe bedeutungslos für Leiharbeiter und bediene die Interessen der Unternehmen.
Für die Linksfraktion lehnte ihre Abgeordnete Jutta Krellmann die Einführung einer Lohnuntergrenze ab. Zugleich kritisierte sie die im Regierungsentwurf vorgesehene Drehtürklausel. "Wo soll denn eine Verbesserung sein, wenn nach sechs Monaten eine Einstellung wieder möglich ist?", fragte Krellmann und fügte hinzu: "Ihre angestrebten Regelungen laden zur Umgehung ein."