Transformation gibt es nicht umsonst
EUROPA
An keine andere Region richten die Länder Nordafrikas so große Erwartungen wie an Europa. Das sagte Volker Perthes von der Stiftung Wissenschaft und Politik am vergangenen Mittwoch im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Es wäre "konsequent und richtig", sagte Perthes, "wenn die EU erklären würde, dass die Union für das Mittelmeer gescheitert ist. Wir brauchen eine neue Partnerschaft". Denkbar sei etwa eine "Gemeinschaft der Demokratien" im Mittelmeerraum. Anders als bei der Mittelmeerunion hinge die Mitgliedschaft dann nicht mehr von der geographischen Lage, sondern von demokratischen Standards ab.
Nach Einschätzung des Wissenschaftlers haben Staaten wie Ägypten und Tunesien "die Chance auf eine konsolidierte Demokratie". Unterstützen könne die EU diese Länder beispielsweise bei Wahlen oder Justizreformen. Als wichtigen Akteur für die Transformationsprozesse in Nordafrika und den Nahen Osten nannte Perthes die Türkei, die "intensive Kontakte" mit den Ländern der Region pflege. Sie könne auch als Modell für die Transformationsländer dienen. Schließlich sei sie von einer Militärdiktatur zu einer Demokratie geworden, "die den Namen verdient".
Perthes machte auch deutlich, dass "man keine Transformation umsonst bekommt. Sie muss uns auch etwas wert sein". Damit nahm er Bezug auf Forderungen, die Grenzen für Flüchtlinge zu schließen. Zum einen sei dies gar nicht möglich. Auf der anderen Seite brauche Europa gut ausgebildete Migranten, und mit denen habe man es in diesem Fall in der Regel zu tun. "Die Realpolitiker müssen sich überlegen, ob sie lieber 30.000 Bootsflüchtlinge haben wollen oder 30.000 Graduierte, an die Visa verteilt werden." Diese könnten sich in Europa weiter bilden und ihre Erfahrung mit in ihre Länder nehmen. Davon profitiere letztlich auch die EU. "Das wäre ein Anfang", sagte Perthes. "Und Europa würde zeigen, dass es offen ist."