Minderheit als Blitzableiter
BULGARIEN
Brennende Roma-Häuser, Straßenschlachten mit der Polizei: Ein tödlicher Verkehrsunfall, für den Roma verantwortlich sein sollen, führt in Bulgarien zu ethnischen Spannungen und überschattet die Präsidentschaftswahl am 23. Oktober.
In seltener Einmütigkeit beschworen der nicht zur Wiederwahl anstehende sozialistische Staatspräsident Georgi Parvanov und der bürgerliche Ministerpräsident Boiko Borissov den Frieden zwischen den Volksgruppen. Nationalistische Kundgebungen gegen Sinti und Roma in mehreren Großstädten lassen aber befürchten, dass ethnische Konflikte den Wahlkampf prägen.
Als aussichtsreichster Kandidat für das Amt des Staatsoberhaupts gilt Rossen Plevneliev, bisher Minister im Kabinett der konservativen Regierungspartei "Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens" (GERB). Auch dem Sozialisten und früheren Außenminister Ivailo Kalvin und der liberalen Ex-EU-Kommissarin für Verbraucherfragen, Meglena Kuneva, werden Chancen eingeräumt. Sie alle äußerten sich spät und zurückhaltend zu den Ausschreitungen, sind angewiesen auf Stimmen sowohl der ethnischen Bulgaren als auch der Roma. Angesichts der Schuldenkrise Griechenlands präsentiert Regierungschef Borissov Bulgarien gerne als Hort finanzieller Stabilität. Viele Bulgaren sind mit der wirtschaftlichen Situation im ärmsten EU-Land dennoch unzufrieden.