Mehr Schutz vor Fälschungen
ARZNEIMITTEL Viel Zustimmung für Novelle. Kritik an Lockerungen des Werbeverbots
Die von der Bundesregierung geplante Arzneimittelgesetz-Novelle stößt bei Experten auf breite Zustimmung, im Detail jedoch auf zum Teil harsche Kritik. Mit ihrem Gesetzentwurf (17/9341) will die Bundesregierung das Eindringen von gefälschten Arzneimitteln in die legale Lieferkette wirksamer verhindern, etwa indem die Handelswege transparenter gemacht werden. In einer Anhörung des Gesundheitsausschusses vergangene Woche äußerten die meisten Sachverständigen ihr Einverständnis. Dies trifft auch auf die geplante Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Human-Arzneimittel hinsichtlich der Pharmakovigilanz zu. Damit ist die Überwachung von Arzneimitteln auf Nebenwirkungen gemeint, die beispielsweise in den Zulassungsstudien noch nicht entdeckt wurden. Zu beiden Kernvorhaben liegen Europäische Richtlinien vor, die in deutsches Recht umgesetzt werden sollen.
"Neue Sorglosigkeit"
Ferner sollen im Heilmittelwerbegesetz Änderungen vorgenommen werden, die laut Gesetzentwurf der weiteren Liberalisierung des Heilmittelrechts dienen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Buko Pharmakampagne bemängelten in diesem Zusammenhang die geplanten Lockerungen des Werbeverbots für nicht verschreibungspflichtige Medikamente. Die Möglichkeit für Hersteller, künftig für nicht verschreibungspflichtige Schlaf- und Beruhigungsmittel zu werben, schaffe "eine neue Sorglosigkeit" bei Verbrauchern im Hinblick auf diese Produkte, betonten etwa die Verbraucherschützer.
Mehrere Verbände kritisierten die geplante Ausweitung der Arzneimittelpreisverordnung auf solche EU-Länder, die befugt sind, Arzneimittel nach Deutschland zu versenden. "Die Bundesregierung strebt mit diesem Rabattverbot eine Vereinheitlichung der Wettbewerbsbedingungen im Versandhandel an, die vor allem chronisch kranke Menschen künftig finanziell stark belasten wird", betonte der vzbv. Die Neuregelung führe dazu, dass ausländische Versandapotheken ihren deutschen Kunden keine Boni oder Rabatte mehr gewähren dürfen. Vor allem chronisch kranke Menschen müssten in der Folge erhebliche Zuzahlungen für Medikamente leisten. Die European Association of Mail Service Pharmacies machte zudem europarechtliche Bedenken geltend.
Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, Friedemann Nauck, begrüßte in der Anhörung ausdrücklich die von der Koalition geplante Möglichkeit, dass Ärzte in speziellen Notfallsituationen sterbenskranken Patienten in der ambulanten Behandlung Betäubungsmittel zur Verfügung stellen dürfen.
Thema der Anhörung war zudem ein Antrag der Linksfraktion (17/9556). Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller befürwortete das Anliegen der Linken, den Medikamenten-Versandhandel auf nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu beschränken.