Korrupte Ärzte im Visier
GESUNDHEIT I Opposition fordert neuen Straftatbestand
Die Oppositionsfraktionen dringen nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Korruption von Kassenärzten auf Konsequenzen. In einer Aktuellen Stunde verlangten SPD, Die Linke und Grüne vergangenen Freitag im Bundestag, einen Straftatbestand zur Medizinerbestechung einzuführen. Wenn die Koalition jetzt nicht handele, sei dies "eine Legitimierung der Korruption im Gesundheitswesen", sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Edgar Franke. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) kündigte an, mögliche schärfere gesetzliche Vorschriften zu prüfen.
Der BGH hatte am 22. Juni entschieden, dass sich niedergelassene Kassenärzte, die für die Verordnung von Arzneimitteln Geschenke oder Vergünstigungen von Pharma-Unternehmen annehmen, nicht wegen Bestechlichkeit strafbar machen. Eine solche Strafbarkeit hätte vorausgesetzt, dass ein Kassenarzt als Amtsträger oder Beauftragter der Krankenkassen tätig ist. Beides sei nicht der Fall, entschieden die Richter.
Bahr sagte, sein Ministerium werde das BGH-Urteil gründlich auswerten und prüfen, "ob und welche Konsequenzen" daraus zu ziehen sind. Dazu zähle auch die Frage, "ob bestimmte Verbote strafbewehrt sein sollten". Der Minister schränkte ein, es gebe bereits zahlreiche Regelungen gegen Korruption im Gesundheitswesen. Zugleich betonte er die Freiberuflichkeit von Ärzten als "hohes Gut", an dem die schwarz-gelbe Koalition festhalten wolle.
Ähnlich argumentierte Unions-Gesundheitsexperte Jens Spahn (CDU). Die Freiberuflichkeit der Ärzte bedeute einen "Mehrwert für Patienten". Der Opposition warf Spahn vor, die Ärzteschaft "unter Generalverdacht" der Korruption zu stellen. Der FDP-Abgeordnete Erwin Lotter ergänzte, die SPD versuche, "ein totes Pferd zu reiten".
"Monetäre Verlockungen"
Franke sagte, die Patienten müssten "sicher sein, dass bei der Entscheidung eines Arztes allein medizinische Gründe für eine Therapie ausschlaggebend sind" und "nicht monetäre Verlockungen". Deutschland habe hervorragende Ärzte. Gerade deshalb brauche es eine wirksame Abschreckung, denn "ein Arzt, der betrügt, schädigt immer auch seine richtig abrechnenden Kollegen", betonte Franke. Für Die Linke bekräftigte Harald Weinberg die Forderung nach einer strafrechtlichen Regelung. Auch die Mehrheit der Ärzte wünsche sich, dass die strafrechtliche Lücke bei der Korruptionsbekämpfung im Gesundheitswesen geschlossen werde. Die Grünen-Abgeordnete Maria Klein-Schmeink warnte die Koalition davor, "so zu tun, als gäbe es nichts zu tun". Sie forderte, für mehr Transparenz zu sorgen.