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Parlamentarisches Profil : Energisch gegen Rechts: Petra Müller

Die FDP-Abgeordnete Petra Müller plant ein Schülerpodium und setzt auf demokratische Mittel im Kampf gegen Neonazis.

16.07.2012
True 2024-02-07T09:42:36.3600Z
3 Min

Stolberg im Rheinland ist ein hübsches Örtchen, Kupferstadt, durch die der Vichtbach plätschert, in der Altstadt erhebt sich die Burg, 12. Jahrhundert, Namensgeberin der Stadt und Wahrzeichen. Eine idyllische Kleinstadt. Doch jedes Jahr im April pilgern Neonazis hierher, veranstalten einen "Trauermarsch" für den vor vier Jahren in Stolberg erstochenen 19-jährigen Kevin Plum - in ihren Augen ein Mord aus "Deutschfeindlichkeit", war der Täter doch libanesischer Abstammung.

Für Petra Müller ist das ein unhaltbarer Zustand. Als Abgeordnete des Wahlkreises Aachen Stadt hat die FDP-Politikerin ein Auge auf das Umland - und empfindet es als Pflicht, sich dort gegen Rechts zu engagieren. Als das Justizministerium einen Schülerwettbewerb gegen Rechtsextremismus lancierte (siehe Seite 14), entschied sie sich bewusst für Stolberg, um für den Wettbewerb zu werben. Als nächstes plant sie eine Podiumsdiskussion an einer Schule in Stolberg, bei der auch ein Vertreter des Zentralrates der Muslime teilnehmen soll. "Gerade die jüngeren Generationen müssen sensibilisiert werden", betont Müller. Denn bei den Jüngeren setzten Neonazis an: an Schulen, in Vereinen, in der Jugendarbeit. "Sie reden ja erst einmal nicht über Politik oder Fremdenfeindlichkeit", sagt Müller. Vielmehr kümmerten sie sich um die Probleme der Jugendlichen, böten Hilfe, eine Gemeinschaft. "Sie bedienen sich demokratischer Mittel, und wir müssen ihnen mit demokratischen Mitteln entgegentreten."

Dazu gehört die Arbeit vor Ort, im Wahlkreis, in der Umgebung. Aber auch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu der dem "Nationalsozialistischen Untergrund" angelasteten Mordserie an griechisch- und türkischstämmigen Kleinunternehmern. Ob der Untersuchungsausschuss erfolgreich sein wird? Menschen, die nicht im politischen Betrieb seien, erwarteten immer schnelle und bahnbrechende Ergebnisse, sagt Müller. "Doch in der Politik lernt man: Es geht in kleinen Schritten voran und die Ergebnisse sind weniger spektakulär." Doch sie ist sicher: Ergebnisse wird es geben.

Dass es in der Politik manchmal langsamer als gewünscht vor sich geht, hat Müller auf ihrem Weg in den Bundestag erfahren. Nach anstrengendem Wahlkampf wurde sie 2005 ins Parlament gewählt - um ihren Sitz kurz darauf wegen einer Nachwahl in Dresden zu verlieren. Grund war das "Alabama-Paradoxon, wie Müller erläutert. Danach kann bei einer Erhöhung der Gesamtsitzzahl eine Partei bei demselben Stimmergebnis einen Sitz verlieren. Das Ergebnis: Müller draußen, ein thüringischer Abgeordneter drinnen. Heute kann sie darüber lachen - laut und herzhaft -, aber damals "war es schon hart".

2009 hat es dann mit dem Mandat geklappt. Heute ist Petra Müller Schriftführerin, Obfrau im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Sprecherin für Stadtentwicklungspolitik und eine der wenigen Frauen im FDP-Arbeitskreis Infrastruktur und Umwelt. Doch das ist sie gewohnt: Als die 52-Jährige 1981 ihr Architekturstudium an der FH Aachen aufnahm, gab es dort keine Damentoiletten - so wenig Frauen studierten das Fach. "Wenn ich in den ersten Jahren gesagt habe, ich sei Architektin, kam immer die Frage: ,Innen?', woraufhin ich immer antwortete: ,Nein, außen. Und hoch!'"Seit 1999 ist Müller selbstständige Architektin - mit zweijährigem Engagement bei VOX, wo sie für die Sendung "Wohnen nach Wunsch - Das Haus" mehr als 150 Häuser renovierte. Mittlerweile ist der Beruf keine Männerdomäne mehr. "Ich habe mir damals keine Gedanken darüber gemacht, dass es als Frau vielleicht schwerer sein könnte, dass man eventuell besser sein musste als Männer", sagt Müller. "Es war das, was ich machen wollte. Also habe ich es gemacht."

Seit 1983 ist Müller FDP-Mitglied - nach einem kurzen Umsehen bei der Jungen Union. "Aber da sollten Frauen vor allem für Bier und Kartoffelsalat sorgen", sagt Müller und grinst. "Und das habe ich für mich nicht unbedingt gesehen." Die politische Schwerpunktsetzung habe ihr bei der FDP ohnehin mehr zugesagt,für die sie sich heute im Wahlkreis und auch über diesen hinaus engagiert - wie in Stolberg.