Kleine Biografien der großen Geschichte
KUNST Ausstellung "Die Nacht war ich da, an die Mauer gelehnt" im Bundestag
Die Gestalten auf den neun Gemälden sind nur schemenhaft zu erkennen. Auf jeder Leinwand steht in düsteren Farben ein Mensch regungslos in einer Telefonzelle. Kristina Volke, stellvertretende Kuratorin der Kunstsammlung des Bundestages, nennt sie ein Sinnbild für die deutsche Teilung. Die Werke von Einar Schleef sind ab sofort zusammen mit Fotografien von Seiichi Furuya bis Ende Mai im Mauer-Mahnmal des Bundestages im Rahmen der Ausstellung "Die Nacht war ich da, an die Mauer gelehnt" zu besichtigen.
Schleef ist vor allem für seine Arbeit als Regisseur und Autor bekannt, wohnte Anfang der 1970er Jahre in Ost-Berlin, später in Frankfurt und West-Berlin. Zwar habe er der DDR 1976 den Rücken gekehrt, sagte Kristina Volke bei der Ausstellungseröffnung am vergangenen Donnerstag. "Aber er kam nie von der Mauer los." Die Figuren auf den sogenannten Telefonzellenbildern "sind nicht zuerst Handelnde, sondern Wartende". Höchstens eine von ihnen zeige Schleef selbst. Sie verdeutlichten die innerdeutsche Teilung. Die Fotos von Furuya wiederum zeigten sehr persönliche Eindrücke von dem Leben seiner Familie im Ost-Berlin vor dem Mauerfall, erläuterte Volke. Sie sind kombiniert mit einem Text von Schleef über den Tod von Furuyas Frau.
"Wir setzen eine schöne, aber auch stolze Tradition fort", sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert zu Furuyas Bildern. Schon mehrfach habe der Bundestag Fotos ausgestellt, die sich mit der Berliner Mauer auseinandergesetzt hätten. Die Ausstellung sei ein "schöner Beleg dafür, dass die sogenannte große Geschichte und die kleinen Biografien mehr als nur zufällig zusammenhängen". Schließlich gedenke man 2014 nicht nur des Ausbruchs beider Weltkriege, sondern auch dem Mauerfall vor 25 Jahren.
"Ich bin ein sehr politischer Mensch", sagte Furuya am Rande der Ausstellung. Deswegen freue er sich besonders über die Schau im Bundestag. Mit Berlin verbinde er viel, weil er hier Mitte der 1980er Jahre als Dolmetscher für eine Baufirma gearbeitet habe.
Die Ausstellung ist bis zum 31. Mai im Mauer-Mahnmal des Deutschen Bundestages zu sehen. Öffnungszeiten sind Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr, der Eintritt ist frei. Schleefs "Telefonzellenbilder" sind noch bis zum 23. März zu sehen. Danach werden sie gegen andere seiner Werke getauscht.