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KARIKATURENSTREIT : Spott wider Gott

Beim Lachen über Religion hört für einen fundamental interpretierten Islam der Spaß auf

13.04.2015
True 2023-08-30T12:28:00.7200Z
2 Min

Humor ist, wenn man trotzdem lacht? Von wegen! Beim Lachen, so scheint es zumindest im fundamental interpretierten Islam, hört der Spaß auf. Die afghanischen Taliban wollen es am liebsten ganz aus ihrem Gottesstaat verbannen so wie der „Islamische Staat“ aus seinem „Kalifat“. Und das sind nur die radikalen Auswüchse religiöser Spaßallergie. Man findet sie ja auch in Umberto Ecos „Name der Rose“, wo der tieffromme Priester Jorge das Lachen für so lästerlich hält, dass er dafür Todsünden bis zum Mord begeht. Doch es bedarf keiner Reise ins Mittelalter, um heiterer Blasphemie auf die Spur zu kommen. Da reicht ein Blick in die Gegenwart.

Anfang Januar stürmten zwei bewaffnete Männer die Pariser Redaktion der Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“, töteten elf Mitarbeiter und auf der Flucht einen Polizisten. Anlass für die Attentäter war eine Serie missliebiger Karikaturen, die das Magazin veröffentlicht hatte. Ein gezeichneter Mohammed drohte etwa 2011 vom Titelblatt „100 Peitschenhiebe, wenn du nicht vor Lachen stirbst“ - mit solchen Karikaturen stellt die Redaktion auch das - unter Theologen durchaus umstrittene - islamische Bilderverbot auf die Probe.

Damals folgte ein Brandanschlag auf „Charlie Hebdo“ - ohne Opfer. Zwei junge Franzosen arabischen Ursprungs aber nahmen Anfang 2015 das Sonderheft „Charia Hebdo“ zum Anlass ihres Angriffs, der nach Lesart der meisten Europäer kein Medium zum Ziel hatte, sondern der westlichen Gesellschaftsform im Ganzen. Der Anschlag gelte der Meinungs- wie Pressefreiheit oder einfach auch der Freiheit, sich darüber zu amüsieren, was man eben amüsant findet.

Lachen folgt allenfalls vor der Pointe dem Verstand; danach ist es die unwillkürliche Kontraktion diverser Muskeln. Diesen Impuls zu unterdrücken, käme dem Verbot des Kniesehnenreflexes gleich. Ob Kalauer oder Karikatur: Verunglimpfungen herrschender Verhältnisse finden sich bereits auf altägyptischen Papyri oder antiken Vasen und haben sich auch in Tyranneien wie der nationalsozialistischen nie unterkriegen lassen.

Das millionenfach kopierte „Je suis Charlie“ wurde zwar recht schnell zum PR-Logo, das sich auf Transparenten, Tassen, T-Shirts ebenso verkaufte wie es der fremdenfeindliche „Front National“ oder die Pegida-Bewegung in Deutschland für sich reklamierte, deren Anhänger Medien in anderen Zusammenhängen sonst als „Lügenpresse“ titulieren .

Ob wirklich jeder Witz über eine Religion oder ihre Anhänger lustig ist – darüber besteht Dissens. Das Satire-Magazin „Titanic“ machte 1995 ein Kruzifix samt „Balkensepp“ zum Klopapierhalter und erntete dafür zwar eine Anzeige der katholischen Kirche, ansonsten aber eher Kopfschütteln als Konsequenzen. Anders erging es zehn Jahre später der dänischen Tageszeitung „Jyllands Posten“. Die zwölf Mohammed-Karikaturen der Zeitung sorgten in der islamischen Welt für einen Aufruhr mit mehr als Hundert Toten. Es folgten Boykotte dänischer Waren. der Zeichner Kurt Westergaard wurde unter Polizeischutz gestellt. 2006 rief hingegen die iranische Tageszeitung Hamshahri zu einem Wettbewerb auf, bei dem die zwölf „besten“ Holocaust-Karikaturen prämiert werden sollten. Ob Taliban und IS darüber lachen können, ist nicht bekannt.