WOHNGELD : Mehr Mittel für bezahlbaren Wohnraum
Sachverständige begrüßen Reform der Bundesregierung, fordern aber eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung an die Einkommen
In Deutschland muss jeder Haushalt knapp 30 Prozent seines Nettoeinkommens für die Miete aufbringen - in Hamburg sind es sogar 47 Prozent und in Berlin 45 Prozent. Für viele Mieter ist das Wohngeld daher eine wichtige Hilfe, um nicht in die Armut abzurutschen. Um das Wohngeld an die Einkommensentwicklung anzupassen, hat die Bundesregierung im Mai einen Gesetzentwurf zur Wohn-geldreform (18/4897) vorgelegt. Das Gesetz sieht eine Erhöhung des Wohngeldes - das jeweils zur Hälfte vom Bund und von den Ländern bezahlt wird - für rund 870.000 Haushalte vor. Bislang erhielt ein Zwei-Personen-Haushalt im Jahr 2012 durchschnittlich 112 Euro Wohngeld. Nach der Reform sollen es 186 Euro sein. Mit der Reform wird das Wohngeld an die Entwicklung der Einkommen und Warmmieten angepasst. Die letzte Anpassung war 2009 erfolgt.
Positives Echo Bei einer Anhörung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit stieß der Gesetzentwurf in der vergangenen Woche auf ein überwiegend positives Echo. Als Kritikpunkte der Reform nannten einige Sachverständigen, dass das Wohngeld nicht dynamisch angepasst werde und die frühere Heizkostenkomponente darin nicht mehr enthalten sei. Für die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände begrüßte Waltraud Meier-Sienel die Anhebung der Tabellenwerte und des Einkommensfaktors sowie die Möglichkeit, die Wohngeldförderung unterbrechen zu können. Sie sprach sich gleichzeitig für eine Dynamisierung des Wohngeldes aus, bei der auch die Kosten für die Heizung und Warmwasser miteinbezogen werden sollten. "Darauf haben wir lange gewartet", sagte Axel Gedaschko vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen und lobte, dass mit der Reform rund 320.000 Mieter mehr Anspruch auf Wohngeld hätten. Dies zeige, wie groß der Bedarf sei. Auch er sprach sich für eine Dynamisierung des Wohngeldes aus, um auch in Zukunft "die Durchmischung der Quartiere zu erhalten".
Auch der Vertreter des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln, Ralph Henger, unterstrich die positiven Aspekte des Gesetzentwurfs: Es wende sich klar an Haushalte, die bedürftig seien und habe nur "geringe Fehlanreize". Mit Hinweis auf steigende Mieten und höheren Wohnbedarf in den Großstädten, sagte er: "Die wichtigste Antwort ist, dass wir mehr Bautätigkeit vorweisen." Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund merkte an, dass mit den neuen gesetzlichen Bestimmungen der "Status quo von 2009 nicht geschafft werde" und nach der Erhöhung rund 870.000 Haushalte Anspruch auf Wohngeld hätten. Nach 2016 werde diese Zahl wieder schrumpfen, kritisierte er und forderte eine regelmäßige Anpassung der Leistung. Auf die Frage, was ein angemessener Zeitraum dafür sein könne, sagte er: "Wir halten einen zweijährigen Überprüfungszeitraum für sinnvoll". Axel Gedaschko sprach sich in diesem Zusammenhang für die Koppelung an einen Index aus, der regelmäßig vom Parlament überprüft werde. Christoph Hahn vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte, dass "die Bundesregierung die Leistungsfähigkeit des Wohngeldes erhöhen will". Sie sei ein "wichtiges sozialpolitisches Element" und verhindere in vielen Fällen, dass die Grundsicherung beantragt werden müsse. Gleichzeitig müssten aber insgesamt auch die Mittel für den Wohnungsbau weiter angehoben werden.
Birgit Fix vom Deutschen Caritasverband bedauerte ebenfalls, dass mit dem Gesetzentwurf "weniger Haushalte als 2009 erreicht werden". Sie kritisierte den so genannten "Drehtüreffekt", durch den im Laufe der Zeit immer mehr Menschen aus der Förderung herausfielen. Gleichzeitig lobte sie den Ansatz, Alleinerziehende durch höhere Freibeträge stärker zu fördern. Durch die neu eingeführte Freibetragsregelung werde dies jedoch "konterkariert", mahnte sie.