ENERGIespeicher : Die Balance wahren
Forscher wollen Stromspeicheranlagen effizienter und günstiger machen
Strom ist wie Eiscreme - eine verderbliche Ware: So wie der Eisbecher ungenießbar wird, wenn er zu lange in der Sonne steht, so droht ein Blackout, falls Energie nicht sofort verbraucht wird. Denn das Stromnetz kann Energie nur transportieren, nicht jedoch speichern. In Vor-Energiewende-Zeiten war das kein Problem. Drohten Angebot und Nachfrage aus dem Gleichgewicht zu geraten, passten die Kraftwerksbetreiber die Leistung ihrer Anlagen an. Mit dem Ausbau der wetterabhängigen Wind- und Solarenergie wird es jedoch immer schwieriger, die Balance zu wahren. Langfristig kommt das Energiesystem daher nicht ohne Stromspeicher aus: Sie nehmen überschüssige Energie auf und gleichen Defizite aus.
Fallende Preise Welche Technologien können dies leisten? Für die Deutsche Energie-Agentur (dena) stehen die Pumpspeicherkraftwerke an erster Stelle. Sie seien die derzeit einzig verfügbaren großtechnischen Stromspeicher, betont die dena. Doch angesichts der stark gesunkenen Börsenpreise für Strom lohnt es für die Energiebranche derzeit nicht, in neue Anlagen zu investieren. Zudem verändern Pumpspeicherkraftwerke mit ihren künstlichen Wasserbecken das Landschaftsbild, so dass der Bau neuer Anlagen politisch nur schwer durchsetzbar wäre.
Batteriespeicher Umso größere Hoffnungen ruhen daher auf den Batteriespeichern. Immer mehr Betreiber von Photovoltaikanlagen installieren kleine Speichersysteme, um möglichst viel ihrer Solarenergie selbst zu verbrauchen. Zudem experimentiert eine Reihe von Versorgern derzeit mit Großspeichern, die lokale Stromnetze stabilisieren sollen. Befeuert wird diese Entwicklung von rapide sinkenden Preisen. Allein in den vergangenen zwölf Monaten sind die Batterien laut Bundesverband Solarwirtschaft um ein Viertel günstiger geworden. Für die Betreiber sind sie allerdings immer noch ein Zuschussgeschäft.
Doch die Preise fallen weiter. "Wir rechnen mit einem weiteren Rückgang von maximal zehn Prozent im Jahr", sagt Martin Ammon vom Marktforschungsunternehmen EuPD Research. Hausbesitzer profitieren dabei vom Wettbewerb, den die Autobranche auslöst - die Hersteller suchen nach zusätzlichen Abnehmern für die Batterien, die sie für Elektroautos entwickeln. So haben Daimler, Bosch und Tesla eigene Solarspeicher auf den Markt gebracht.
Neue Technologien Zudem arbeiten Forscher momentan an neuen Materialien und Konzepten, die Kosten sparen und die Kapazität steigern sollen. Vielversprechend sind dabei zum Beispiel Redox-Flow-Batterien, bei denen nicht Feststoffe wie Lithium oder Blei, sondern Flüssigkeiten als Kernkomponenten eingesetzt werden.
Hohe Erwartungen verbinden sich auch mit der Power-to-Gas-Technologie. Diese Anlagen nutzen überschüssigen Strom, um per Elektrolyse Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten. Der Wasserstoff lässt sich dann - entweder pur oder weiterverarbeitet zu Methan - im bestehenden Gasnetz speichern. Haushalte können damit heizen, die Fahrer von Erdgasautos ihre Tanks füllen. Und wenn der Brennstoff in Gas- und Blockheizkraftwerken eingesetzt wird, entsteht daraus wieder Strom. Rund 25 solche Anlagen gibt es hierzulande bereits. Damit soll vor allem die Technologie erprobt werden.
Mehr Effizienz Geld verdienen lässt sich mit ihnen nicht, da die Kosten hoch sind. Das wird sich so schnell nicht ändern, meint Julia Michaelis vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe. "Wir gehen davon aus, dass sich Power to Gas für die Anlagenbetreiber nicht vor 2030 rechnen wird."
Auch beim Wirkungsgrad haben die Wissenschaftler noch sehr viel zu tun. Denn bislang gehen nach Berechnungen des Öko-Instituts bei der Umwandlung von Strom zu Gas und wieder zu Strom bis zu 70 Prozent der Energie verloren. In einem EU-Forschungsprojekt unter Leitung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wollen Wissenschaftler den Wirkungsgrad von Power to Gas jetzt deutlich steigern, indem sie die bei der Methanisierung anfallende Abwärme für die Elektrolyse nutzen.
Unter einem schlechten Wirkungsgrad leidet auch eine andere Speichertechnologie, der in den 1970er Jahren eine große Zukunft prophezeit wurde, ohne dass sie sich jemals hätte durchsetzen können - der unterirdische Druckluftspeicher. Er funktioniert im Prinzip so: Strombetriebene Pumpen pressen Luft in poröse Gesteinsschichten. Drängt dann die Luft zurück an die Oberfläche, treibt sie über eine Turbine einen Generator an. Bei der Kompression geht allerdings noch viel Wärme verloren. Einige Unternehmen und Forschungsinstitute entwickeln deswegen derzeit ein Konzept, diese Wärme zu verwerten. Bei Magdeburg soll in den nächsten Jahren eine Pilotanlage entstehen.
Der Autor arbeitet als freier Energiejournalist in München.